BAföG und Hartz IV: Keine Grundsicherung für Arbeitsuchende bei förderungsfähiger Ausbildung

Schule und Hochschule
04.10.20092603 Mal gelesen
Das Bundessozialgericht hat in einem Urteil vom 1.7.2009 (B 4 AS 67/08 R) entschieden, dass ein Student selbst dann keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (sog. Hartz IV, SGB II) hat, wenn er die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen des SGB II (Hilfebedürftigkeit und Erwerbsfähigkeit) erfüllt und wegen Überschreitens der Altersgrenze keine Leistungen nach dem BAföG mehr erhalten kann.
 
Der Kläger des Verfahrens ist Dipl.-Ing. für Werkstoffwissenschaften. Er hatte nach Abschluss seines Studiums im Sommer 1991 zunächst mehrere Jahre in diesem Beruf gearbeitet. Im Oktober 1992 begann er neben seiner beruflichen Tätigkeit ein weiteres Studium im Bereich Maschinenwesen. Erstmals im Jahre 1995 entwickelte der Kläger Depressionen. Ein psychologisches Gutachten der Agentur für Arbeit stellte jedoch fest, dass er weiterhin in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
 
Die ARGE bewilligte ihm daraufhin zunächst Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von September 2006 bis Februar 2007. Innerhalb eines Verwaltungsverfahrens zur Prüfung der Fortzahlung der Leistungen legte er eine Immatrikulationsbescheinigung vor, die für das Sommersemester 2007 das 39. Hochschulsemester und das 32. Fachsemester auswies. Daraufhin lehnte die Beklagte die Fortzahlung von Leistungen nach dem SGB II ab März 2007 mit der Begründung ab, wegen eines Anspruchs auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) dem Grunde nach scheide ein solcher nach dem SGB II aus (Bescheid vom 5.4.2007; Widerspruchsbescheid vom 16.5.2007).
 

Der Kläger blieb in allen drei Instanzen erfolglos: Das BSG entschied, dass seinem Leistungsanspruch entgegenstehe, dass das SGB II Grundsicherungsleistungen für Personen ausschließt, die eine Ausbildung absolvieren, die im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähig ist. Bei dem vor 16 Jahren im Jahre 1992 aufgenommenen Studium im Bereich des Maschinenwesens handelt es sich um eine nach dem BAföG im Grundsatz förderungsfähige Ausbildung. Der Kläger erhält nur deshalb keine Leistungen nach dem BAföG, weil er die insoweit maßgebliche Altershöchstgrenze von 30 Jahren überschritten hat und es sich zudem um ein Zweit- oder Ergänzungsstudium des Klägers nach abgeschlossenem Erststudium handelt. Indessen ändern die genannten individuellen Gründe für einen Ausschluss der Studienförderung durch das BAföG nichts daran, dass der Kläger in einem dem Grunde nach förderungsfähigen Studiengang eingeschrieben ist. Dies führt zum grundsätzlichen Ausschluss von SGB II-Leistungen. Ein besonderer Härtefall iS des § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II liegt ebenfalls nicht vor, zumal nicht festgestellt und auch sonst nicht erkennbar ist, dass mit SGB II-Leistungen das Studium in absehbarer Zeit abgeschlossen werden könnte oder nur so eine Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt eröffnet würde.

 

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