Medizinrecht, Arzthaftungsrecht, Behandlungsfehler: Patientenanwälte Ciper & Coll. erneut erfolgreich vor dem Landgericht Stuttgart

Medizinrecht
09.07.201925 Mal gelesen
Landgericht Stuttgart Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Behandlungsfehler: Unzureichende Aufklärung vor Einsetzen von Multifokallinsen, 14.000,00 Euro, LG Stuttgart, Az.: 20 O 151/18

Chronologie:
Der Kläger befand sich bei den Beklagten in Stuttgart in Behandlung. Anlass der Behandlung
war eine Kurzsichtigkeit an beiden Augen. Daraufhin wurde dem Kläger von der Beklagten
zu 2) mitgeteilt, dass die natürlichen Linsen durch Multifokallinsen getauscht werden sollen.
Da dem Kläger durch die Beklagten die Information zuteilwurde, dass durch den Tausch der
natürlichen Linsen durch multifokale Linsen eine bessere Sehkraftleistung als mit einer Brille
erzielt werden kann, entschloss sich der Kläger zur Operation. Die Kosten hierfür beliefen
sich auf rund EUR 6.000,00. Da die Beklagten mit dem Slogan "Nie mehr Brille" warben, hielt
der Kläger aufgrund seiner sportlichen Aktivitäten die Operation für erstrebenswert.
Postoperativ wies der Kläger die operierende Ärztin, die Beklagte zu 2), darauf hin, dass
seine Sehschärfe nicht ausreichend ist. Diese betonte jedoch immer wieder, dass sich die Augen
zunächst erholen müssen und dass sich das Gehirn erst an die neuen Linsen gewöhnen
müsse. Nachdem der Kläger wiederholt auf die Verschlechterung des linken Auges hinwies,
erstellte die Beklagte zu 2) in ihrer eigenen Praxis eine Retina Nep, auf welcher eindeutig die
Degeneration der Netzhaut ersichtlich ist. Die Beklagte zu 2) verordnete dem Kläger Medikamente
und vertröstete ihn darauf, dass sich in Zukunft eine Besserung einstellen werde.
Über die kritische Degenerierung der Netzhaut wurde der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht
informiert.
Seit dem streitgegenständlichen Eingriff leidet der Kläger unter Lichtschwankungen und
Schwankungen im Fokusbereich (bedingt durch die falsche Zentrierung der Linsen). Die
Nachtsichtigkeit ist erheblich schlechter geworden. Aufgrund des Verstreichenlassens eines
längeren Zeitraums kann eine Zentrierung der Linsen nun auch nicht mehr vorgenommen
werden. Zusätzlich hat sich die Netzhautdegeneration verstärkt. Da der Kläger in der IT Branche
arbeitet und einen Bildschirmarbeitsplatz hat, ist das Arbeiten für ihn sehr anstrengend
und führt zur schnellen Ermüdung und Kopfschmerzen. Ebenfalls ist eine Autofahrt
bei Nacht für ihn extrem anstrengend.
Den Beklagten wird vorgeworfen, dass bereits vor dem Linsenaustausch die Netzhaut des
Klägers überprüft hätte werden müssen; z. B. durch ein computergestütztes Verfahren. Im
Ergebnis hätte dem Kläger sodann von dem Austausch der Linsen dringend abgeraten werden
müssen. Darüber hinaus erfolgte die Operation als solches nicht dem medizinischen
Standard entsprechend, zumal die Linsen nicht ordnungsgemäß zentriert wurden. Auch
wurde postoperativ nicht lege artis reagiert und auch weiterhin auf eine Zentrierung der
Linsen verzichtet.

Verfahren:
Das Landgericht Stuttgart kam im frühen ersten Termin der mündlichen Verhandlung zu
dem Schluss, dass die Aufklärung vor der Operation nicht ausreichend war und man
schon allein deshalb zu einer Haftung kommen würde. In Anbetracht der Höhe der Kosten
für die Operation und der Tatsache, dass der Kläger zwei Jahre lang Schwierigkeiten bei der
Bildschirmarbeit hatte, die Probleme allerdings mit einer Brille kompensier bar sind, hielt die
Kammer ein Schmerzensgeld in Höhe von 8.000,- ? für angemessen. Hinzu kommen 6.000,- Euro für den
materiellen Schaden.

Anmerkungen von Ciper & Coll.:
Die Parteien sind dem Vergleichsvorschlag nähergetreten. Damit konnte ein langwieriger
Prozess, in dem Gutachten zur Frage der Behandlungsfehlerhaftigkeit des streitgegenständlichen
Eingriffs eingeholt hätten werden müssen, verhindert werden, meint Dr. D.C.Ciper LLM, Fachanwalt für Medizinrecht.