BGH: Üble Nachrede - Zur Zulässigkeit einer Äußerung in einem Presseartikel

Medien- und Presserecht
08.07.20091402 Mal gelesen

Urt.v. 02.12.2008, AZ. VI ZR 219/06

Leitsatz:

Aus einer komplexen Äußerung dürfen einzelne Sätze mit tatsächlichem Gehalt nicht abgetrennt und als üble Nachrede verboten werden. Dies gilt auch dann, wenn diesen Sätzen an sich ein solcher Inhalt nicht beigelegt werden kann und die Meldung des Presseorgans im Übrigen nicht angegriffen wird.


Tatbestand:

Geklagt hatten neun zur Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) gehörenden Landesrundfunkanstalten gegen die Märkische Oderzeitung zur Zulässigkeit einer Äußerung über die ARD in derselben. Darin wird in einem Satz behauptet, "die ARD überprüfe einen eventuellen Missbrauch von Subventionen; dabei gehe es um bis zu sechsstellige Fördergelder der Mediengesellschaft Nordmedia". Gegen diese Äußerung beantragten die Klägerinnen Unterlassung auf Weiterverbreitung.

Der Unterlassungsanspruch wurde vom Bundesgerichtshof abgewiesen.


Entscheidungsgründe:

Die Meldung stelle keine üble Nachrede dar.
Die Klägerinnen wenden sich allein gegen die abgespaltene Äußerung. Diese Äußerung sei zwar als Tatsachenbehauptung anzusehen, wohl aber nicht geeignet, die Klägerinnen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Allein die Behauptung, eine Behörde prüfe Missstände, sei nicht ehrenrührig.

Die Äußerung fällt in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
Auch wenn die angegriffene Äußerung von der Wahrheit abweichen sollte, führe dies nicht ohne weiteres zu einem Verbot. Vielmehr müsse die Äußerung im jeweiligen Gesamtzusammenhang beurteilt und abgewogen werden. Eine solche Abwägung sei erforderlich, weil die Äußerung in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fiele, indem sie sich als Zusammenspiel von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung darstelle.

Freiheit der Berichterstattung
Tritt der Schutzzweck in einen Konflikt mit der Meinungsfreiheit, so sei deren Gewicht besonders hoch zu veranschlagen. Da die angegriffene Äußerung lediglich die Prüfung eines möglichen Missbrauchs zum Gegenstand hatte, müsse das Interesse der Klägerinnen an einer Untersagung gegenüber dem Grundrecht der Beklagten auf Freiheit der Berichterstattung zurücktreten.

Das Urteil zeigt einmal mehr, dass der Meinungsfreiheit eine überragende Bedeutung eingeräumt wird, auch wenn gewisse Grenzen aufgezeigt werden.

Autor: Rechtsanwalt Gulden, LL.M.
Datum: 16.02.2009
Rubrik: Presserecht
mehr über: Meinungsfreiheit, Unterlassungsanspruch, Tatsachenbehauptung
 
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