Widerruf: Bundesverfassungsgericht pfeift OLG Schleswig zurück

Widerruf: Bundesverfassungsgericht pfeift OLG Schleswig zurück
15.08.2016181 Mal gelesen
Die Rechtsprechung der Gerichte in Sachen Darlehenswiderruf ist nicht einheitlich. Das eher für eine bankenfreundliche Rechtsprechung bekannte Oberlandesgericht Schleswig wurde jetzt allerdings vom Bundesverfassungsgericht zurückgepfiffen (1 BvR 873/15).

"Das OLG Schleswig hat die Wirksamkeit bzw. Fehlerhaftigkeit einer gängigen Widerrufsbelehrung anders beurteilt als andere Oberlandesgerichte, wie das OLG München, OLG Köln oder OLG Brandenburg. Trotz dieser anderen Sichtweise hat es nicht die Revision zum BGH zugelassen. Im Sinne einer einheitlichen Rechtsprechung und auch wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hätte es die Revision zwingend zulassen müssen. Dieser eigenwilligen Vorgehensweise hat das Bundesverfassungsgericht nun richtigerweise einen Riegel vorgeschoben", sagt Rechtsanwalt Markus Jansen, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der Kanzlei AJT Jansen in Neuss.

Hintergrund ist eine Widerrufsbelehrung, die vor allem von Sparkassen `zigfach verwendet wurde. In der Belehrung heißt es, die Widerrufsfrist "beginne frühestens mit dem Erhalt dieser Belehrung". Außerdem wurde noch die Fußnote "Bitte Frist im Einzelfall prüfen" verwendet und es gab noch weitere Abweichungen von der gültigen Musterbelehrung. Die Oberlandesgerichte Köln, München oder Brandenburg hatten hierin eine inhaltliche Überarbeitung der gültigen Musterbelehrung gesehen. Daher sei die Widerrufsfrist nie in Gang gesetzt worden und der Widerruf auch Jahre nach Abschluss des Darlehens noch möglich gewesen.

Das OLG Schleswig kam jedoch zu einer anderen Auffassung. In konkreten Fall hatte eine Frau im Jahr 2007 ein Immobiliendarlehen bei einer Sparkasse mit der oben erwähnten Widerrufsbelehrung abgeschlossen. 2013 erklärte sie den Widerruf. Das OLG Schleswig erkannte zwar die fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Es vertrat aber die Auffassung, dass sich die Sparkasse auf Vertrauensschutz berufen könne. Denn es habe eine Belehrung verwendet, die dem gültigen Muster voll und ganz entsprochen hätte. Anders als andere Gerichte sah es in der Verwendung der Fußnote, sprachlichen Anpassungen und dem Belassen eines zu entfernenden Satzes keine inhaltliche Überarbeitung des Musters. Daher sei der Widerruf nicht fristgerecht erfolgt. Die Revision ließ das OLG Schleswig nicht zu.

Dagegen reichte die Verbraucherin Verfassungsbeschwerde ein. Mit Erfolg. Das BVerfG entschied, dass das OLG Schleswig die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hätte zulassen müssen. Es weiche nicht nur von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte ab, sondern stehe auch im Widerspruch zur Sichtweise des BGH. Darüber hinaus sei die strittige Widerrufsbelehrung bundesweit massenhaft verwendet worden. Dadurch sei die Beurteilung sehr wohl von grundsätzlicher Bedeutung. Die Nicht-Zulassung der Revision habe die Verbraucherin in ihren Grundrechten verletzt. Das OLG Schleswig muss den Fall nun erneut entscheiden.

"Das bedeutet nicht, dass das OLG Schleswig jetzt zwangsläufig zu einem anderen Urteil kommt. Stellt es sich aber nach wie vor gegen die Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte, wird es die Revision zulassen müssen. Der BGH hat in dieser Hinsicht schon verbraucherfreundlich entschieden. Somit ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts auch eine Stärkung der Verbraucherrechte beim Darlehenswiderruf", so Rechtsanwalt Jansen.

 

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