Verwirkung einer titulierten Forderung

Verwirkung einer titulierten Forderung
20.09.20112497 Mal gelesen
Aus einem Vollstreckungstitel (Urteil, Vollstreckungsbescheid oder notarielle Urkunde) kann bis zu 30 Jahre vollstreckt werden, bevor die Forderung verjährt. Kann die gleiche Forderung vorher schon verwirkt sein?

Die Verwirkung ist aus der Generalklausel des § 242 BGB, dem Grundsatz von Treu und Glauben, abgeleitet und dementsprechend gesetzlich nicht weiter ausgeführt.

Die Rechtsprechung hat die anspruchsvernichtende Einwendung der Verwirkung insoweit ausgestaltet: Ein Recht ist verwirkt, wenn es für längere Zeit nicht geltend gemacht wurde (sog. Zeitmoment) und der Verpflichtete darauf vertrauen durfte und vertraut hat, dass dieses Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend gemacht wird (sog. Umstandsmoment).

 

Bezüglich einer titulierten Darlehensforderung wurde das Zeitmoment von der Rechtsprechung bereits nach 8 bis 9 Jahren als erfüllt angesehen, wenn eine Kontaktaufnahme ohne weitere Umstände möglich gewesen wäre (LG Trier, Urteil vom 29.05.1992, Az. 2 O 174/91; AG Worms, Urteil vom 30.5.2000, Az. 3 C 9/00).

Das Umstandsmoment erfordert allerdings, dass der Verpflichtete sich mittlerweile auf ein Ausbleiben der Geltendmachung eingestellt hat und dies auch durfte. Diese Voraussetzung kann nicht alleine durch Bejahung des Zeitmoments, also einem längeren Ausbleiben der Kontaktaufnahme, angenommen werden.

Zwar nahm das LG Trier bei einer Darlehensforderung auch Bezug auf das besondere Treueverhältnis einer Bank zu ihrem Kunden, das vor allem im Bereich des Kreditwesens besondere Betreuung erfordere und hob die stärkere Stellung der Bank vor allem hinsichtlich des Überblicks über Sach- und Rechtslage hervor, trotzdem kann aber nicht alleine daraus von einem erfüllten Umstandsmoment ausgegangen werden. Es bedarf vielmehr besonderer Umstände, die ein Vertrauen auf Seiten des Schuldners begründen und erhalten. Hat der damalige Schuldner beispielsweise bis zu einem gewissen Zeitpunkt in Raten auf die Forderung gezahlt und ging davon aus, die Forderung sei beglichen, als die Raten endeten, kann der Gläubiger in der Regel nicht nach dem oben genannten Zeitraum erneut vollstrecken. Das OLG Frankfurt (Urteil vom 08.10.2002, Az. 13 W 54/02) bestätigte das Umstandsmoment unter anderem damit, dass die Schuldnerin davon ausging, der geschiedene Ehemann würde im Gegenzug zur Freistellung von Unterhaltsverpflichtungen die Forderung begleichen. Weiter erwähnte es eine positive Schufa-Auskunft, die der Schuldnerin den Eindruck der Schuldentilgung vermitteln konnte.

 

Es ist festzustellen, dass ohne besondere Umstände nicht von einer Verwirkung einer Forderung gem. § 242 BGB ausgegangen werden kann und letztendlich jeder einzelne Fall individuell beurteilt werden muss.

 

Stud. Jur. Oliver Hels für zrwd.de