Neue Haftung für Lieferanten bei mangelbedingten Ein- und Ausbaukosten

Kaufrecht
19.09.2017243 Mal gelesen
Ab dem 01.01.2018 gilt eine neue Rechtslage für das alte Streitthema: Ein- und Ausbaukosten als Schadensersatzposition innerhalb der Lieferkette.

Am 16.06.2011 entschied der EuGH, dass Ein- und Ausbaukosten beim Verbau von gelieferter mangelbehafteter Ware vom Verkäufer dem Verbraucher zu erstatten sind. Offen blieb, ob der Verkäufer sodann auch verschuldensunabhängig diesen Schaden an seine Lieferkette weiterreichen kann. Der BGH vertrat hier eine strenge Ansicht und verneinte einen solchen verschuldensunabhängigen Anspruch. Es konnte also der Fall eintreten, dass der Verkäufer dem Verbraucher Kosten ersetzen musste, die er selbst nicht von seinem Lieferanten erstattet bekam.

Diese rechtsdogmatisch nicht befriedigende Situation hat der Gesetzgeber durch den neuen § 439 Abs. 3 lösen wollen:

"Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen."

Ergänzend regelt § 445a Abs. 3 BGB:

"Die Absätze 1 und 2 finden auf die Ansprüche des Lieferanten und der übrigen Käufer in der Lieferkette gegen die jeweiligen Verkäufer entsprechende Anwendung, wenn die Schuldner Unternehmer sind."

Zu beachten ist, dass nach der Rechtsprechung die "Ein- und Ausbaukosten"  auch Transportkosten (Abtransport der mangelhaften Ware/Lieferung der mangelfreien Ware bzw. Ersatzteile) und vor allem auch die Entsorgungskosten (vgl. BGH in NJW 2012, 1073 ff.) umfassen. Durch die neue Rechtslage erhöht sich also das Haftungsrisiko der Lieferanten enorm.

Dennoch muss der Verkäufer bei der Geltendmachung dieses Anspruchs auch in Zukunft noch einiges beachten:

  • § 445 a Abs. 4 BGB n.F. regelt, dass § 377 HGB unberührt bleibt. Die kaufmännische Mängelrüge ist bei einem beiderseitigen Handelsgeschäft also weiterhin zu beachten. Ein solches wird im Rechtsverhältnis des Verkäufers zum Lieferanten in der Regel vorliegen.
  • § 445 b BGB sieht eine Regelverjährung von zwei Jahren für den Regressanspruch des Verkäufers gegen seinen Lieferanten vor. Gerade in baurechtlichen Konstellationen kann es durchaus vorkommen, dass dem Verbraucher dagegen die fünfjährige Verjährung zu Gute kommt.
  • § 439 BGB ist nicht abdingbar. AGB, die also Begrenzungen zu Gunsten des Lieferanten vorsehen oder gar die Ein- und Ausbaukosten ganz ausnehmen, dürften somit i.d.R. unwirksam sein.
  • Angemessene Pauschalvereinbarungen sind nach § 478 Abs. 2 BGB n.F. nur im Verbrauchsgüterkauf zwischen Verkäufer und Lieferant möglich.

Eine Begrenzung der Haftung sieht das Gesetz selbst vor, da die nur jeweils "erforderlichen Aufwendungen" nach § 439 Abs. 3 BGB ersetzbar sind. Hierbei handelt es sich jedoch um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im Einzelfall durch das Gericht auszulegen sein wird.