Anlagebedingungen unwirksam: 100 Milliarden Euro "Gebühren" zurück?

15.12.2024 626 Mal gelesen
Abrechnung entsprechender Erstattungsansprüche bei Investmentfonds mit "Gutscheinen" und Umsatzaufstellungen

Seit dem Kalenderjahr 2018 bis zu sechsmal erhielten Depotinhaber schriftlich die gesetzlich verpflichtende jährliche Information über alle im vorangegangenen Jahr angefallenen Kosten und Nebenkosten für ihre Wertpapiere und damit verbundene Dienstleistungen. Bei durchschnittlich mehr als einer Billion Euro in Publikumsfonds verwaltetem Privatanlegervermögen bis einschließlich 2023 und über alle Anlageklassen hinweg jährlich 1,68 Prozent davon, die Kapitalverwaltungsgesellschaften (fortan "KVG") als sogenannte "Gebühren" vereinnahmten, dokumentierten diese Kostenausweise die Umwandlung von mehr als 100 Milliarden Euro Anlegervermögen aus Investmentfonds in Einnahmen von Kapitalverwaltungen in gerade einmal sechs Jahren. Davon im Mittel 0,64 Prozentpunkte für Vertriebskosten, d. h. über 38 Milliarden Euro.

Immer mehr Privatanleger hegen Zweifel, ob alle mit den jährlichen Kosteninformationen berichteten Entnahmen von KVG rechtens waren. Sie erkennen das Potenzial der vom Gesetzgeber zu ihrem Schutz vorgesehenen Bescheinigungen und wie man sie wie einen "Gutschein" verwendet, um unzulässige renditeverkürzende Belastungen ihres Anlagevermögens im Umfang von bis zu 100 Milliarden Euro und mehr zurückzufordern:

Den Angaben im Kostenbericht könnte eine Kapitalverwaltungsgesellschaft hinsichtlich des von ihr gemanagten Fonds Name und Anschrift des Anlegers entnehmen, mit dem sie in dem ausgewiesenen Kalenderjahr in Vertragsbeziehungen stand. Sowie den Gesamtbetrag an laufenden Kosten, den sie zu Lasten der betreffenden Anlegerschaft dem Sondervermögen des Fonds entnommen hat. Ferner den z. B. als Zuwendung bezeichneten Betrag, der auf Kosten des Verwaltungsvermögens und damit des Anlegers als Bestandsprämie ausgekehrt wurde.

Schon aufgrund dieser in der Kosteninformation festgehaltenen Angaben wäre erkennbar, in welcher Höhe wenigstens dem Anleger unzulässige Entnahmen herauszugeben wären. Die Rechtfertigung von "Gebühren" müsste die Fondsverwaltung nachweisen. Das dürfte ihr nicht gelingen, wenn etwa Ausgabeaufschlags - und Kostenklausel des Investmentvertrags wegen des Vertriebskostenanteils insgesamt nichtig sind und deshalb keine taugliche Grundlage für getätigte Entnahmen darstellen. Oder - wie der Bundesgerichtshof schon entschieden hat - die Kostenklausel nicht transparent macht, was an finanzieller Belastung tatsächlich auf den Anleger zukommt. Da die Fondsbranche häufig Mustervertragsbedingungen verwendet und verbreitet bestimmte Abrechnungs - und Buchungsroutinen anwenden will, die nach einer Entscheidung des Landgerichts Frankfurt/Main allein die Anforderungen der BGH - Rechtsprechung aber nicht erfüllen, dürfte es der Regelfall sein und nicht die Ausnahme, dass KVG ihren Anlegern getätigte Entnahmen wieder zu erstatten haben.

Man sollte sich also nicht scheuen, beim geringsten Verdacht fehlender Rechtmäßigkeit von "Gebühren" Ansprüche geltend zu machen. Dafür bietet es sich an, als Zwischenabrechnung Kopien der Passagen des oder der Kostenberichte seit 2018 mit einem kurzen Begleitschreiben an die betreffende KVG zu richten, von der man Erstattung der Entnahmen verlangen will. Denn schon allein die Kostenberichte belegen den Anspruch des Anlegers. Es könnte so formuliert werden: 

Hiermit fordere ich Sie als Anleger im Fonds ... auf, mir die für den Zeitraum 1.1.2018 (je nach dem in den vorhandenen Kostenberichten tatsächlich bescheinigten Zeitraum) bis 31.12.2023 wegen unwirksamer Anlagebedingungen ohne Rechtsgrundlage entnommenen laufenden Kosten, die sich gemäß der in Kopie beigefügten Kostenausweise auf insgesamt € ... summieren, hilfsweise unter Rechnungslegung den tatsächlichen Vertriebsentgeltanteil der laufenden Kosten, herauszugeben. Ich setze dafür eine Frist bis zum ... (z. B. 10 Tage) und erwarte die Zahlung auf folgendes Konto: ... .

Zeiträume vor dem 1.1.2018 belegt man mit der entsprechenden Umsatzaufstellung zum Depot. Über die Höhe des Erstattungsbetrags vor dem 1.1.2018 hat die KVG Rechnung zu legen. Statt sie dazu aufzufordern darf der Anleger den Rückforderungsbetrag schätzen. Einen niedrigeren Wert müsste die KVG konkret einwenden: 

Hiermit fordere ich Sie als Anleger im Fonds ... auf, mir die für den Zeitraum ... (Datum des Erwerbs des Fonds) bis 31.12.2023 wegen unwirksamer Anlagebedingungen ohne Rechtsgrundlage entnommenen laufenden Kosten, die sich gemäß der in Kopie beigefügten Kostenausweise auf € ... belaufen und von denen ich angesichts der Umsatzliste annehme, dass weitere € ... (Schätzbetrag) bis zum 31.12.2017 vereinnahmt wurden, insgesamt € ..., hilfsweise unter Rechnungslegung den tatsächlichen Vertriebsentgeltanteil der laufenden Kosten, herauszugeben. Ich setze dafür eine Frist bis zum ... (z. B. 10 Tage) und erwarte die Zahlung auf folgendes Konto: ... .

Wer über die Abrechnung eines Ausgabeaufschlags verfügt oder seine Höhe anders ermitteln kann, sollte auch seine Erstattung als ungerechtfertigte Vertriebsgebühr geltend machen. Dazu könnte vor der Textpassage "Fristsetzung" folgender Satz eingefügt werden: 

Wie auch den gemäß der beigefügten Abrechnungskopie (oder z. B. erinnerten) seinerzeit von Ihnen wegen unwirksamer Aufschlagklausel ohne Rechtsgrundlage berechneten Ausgabeaufschlag von € ... .

Als Anhaltspunkt für eine Schätzung bieten sich die den Kostenausweisen ab 2018 zu entnehmenden Beträge an. Firmenbezeichnung und Adresse der KVG ließen sich ermitteln über Finanzportale und eine Anschriftensuche. Versendung und Zugang der Zwischenabrechnung sollten unbedingt als Nachweise dokumentiert werden. Es sollten keine Originalunterlagen aus der Hand gegeben, sondern nur Kopien verschickt werden.

Führte diese Eigeninitiative nicht zum Erfolg, könnte als nächster Schritt auch an die Anrufung eines Ombudsmanns oder eine externe Beitreibung und eine gerichtliche Umsetzung - gegebenenfalls (rechtsschutz)finanziert - gedacht werden. Rechtsanwalt Jens Graf, Düsseldorf, entwickelt dafür verbraucherfreundliche Vorgehensweisen. Neben den ausschließlichen Erfahrungen aus den schon erreichten höchstrichterlichen Leitentscheidungen werden auch die zukünftigen Erkenntnisse aus weiteren bereits laufenden Zivilprozessen in diese Überlegungen einfließen. Informatives zur Erstattung von Fondsgebühren allgemein findet sich in Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Jens Graf auf Anwalt24.de. Z. B. “Unwirksame Anlagebedingungen: Investmentfonds zahlten Gebühren zurück” und "Verjährung von Herausgabeansprüchen bei Investmentfonds". 

Nehmen Sie gern Kontakt auf zur Kanzlei Jens Graf Rechtsanwalt.

Düsseldorf, den 15.12.2024

Jens Graf, Rechtsanwalt
Alt - Niederkassel 14a, 40547 Düsseldorf

Telefon-Nr.: 0211 86322525 
Telefax-Nr.: 0211 86322555
E-Mail: Jens.Graf@t-online.de

www.vermögensrekonstruktion.de

Fakten zu Rechtsanwalt Jens Graf:

Rechtsanwalt Graf ist ausschließlich im Kapitalanlagenrecht tätig und vertritt die Anlegerseite. Seit 1988 begleitet er als Kanzleigründer das Kapitalanlagerecht durch Publikationen, das Erstreiten wegweisender Urteile und seriöse Öffentlichkeitsarbeit und hat zahlreiche Mandanten erfolgreich vertreten. Mit seiner über 35jährigen Erfahrung widmet er sich mit Kompetenz, Engagement und Überzeugung unabhängig der Wiederherstellung verlorenen Vermögens von Anlegern und Privatinvestoren. Nach der Erhebung WiWo-Top-Kanzleien des angesehenen Magazins WirtschaftsWoche ist Rechtsanwalt Jens Graf einer der "besten deutschen Anlegeranwälte".