Emissionsprospekt nicht übergeben? – BGH zur Beweislast

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17.11.201793 Mal gelesen
Emissionsprospekte dienen dazu, den Anleger über alle wesentlichen Umstände für seine Anlageentscheidung aufzuklären. Dazu gehören auch die Informationen zu den bestehenden Risiken der Geldanlage.

Bei Schadensersatzklagen der Anleger geht es häufig darum, ob der Prospekt den Anlegern überhaupt und rechtzeitig vor der Zeichnung übergeben wurde.

"Klagt der Anleger auf Schadensersatz und behauptet, dass ihm der Anlageprospekt nicht oder zumindest nicht rechtzeitig übergeben wurde, trifft ihn für diese Behauptung zunächst auch die Darlegungslast. Er muss also beweisen, dass etwas nicht stattgefunden hat. Der Nachweis negativer Tatsachen ist in der Praxis natürlich mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden", erklärt Rechtsanwalt Markus Jansen, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner der Kanzlei AJT in Neuss.

Um die Schwierigkeiten des Nachweises einer negativen Tatsache auszugleichen, muss die Gegenpartei die Behauptung dann substantiiert bestreiten. Sie trifft dann die Darlegungslast. "Allerdings nur soweit ihr diese Darlegung auch möglich und zumutbar ist", so Rechtsanwalt Jansen. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 19. Oktober 2017 klargestellt (Az.: III ZR 565/16). Denn ansonsten würde die Darlegungslast vollständig umgekehrt.

In dem konkreten Fall hatte ein Anleger behauptet, dass ihm der Emissionsprospekt nicht übergeben worden sei. Die Beklagte stellte Nachforschungen an, wie die Beratungsgespräche verlaufen seien und bat den für sie tätigen Handelsvertreter um Stellungnahme. Da dieser nicht reagierte, bestritt die Beklagte Hergang und Inhalt der Beratungsgespräche mit Nichtwissen. Allerdings gehe aus der Beitrittserklärung hervor, dass der Kläger den Prospekt erhalten habe und dieses habe er auch mit seiner Unterschrift - wenn auch ohne Datum - bestätigt. Auch wenn die Beklagte die genauen Umstände der Prospektübergabe nicht darlegen könne, habe sie doch die behauptete fehlende Übergabe des Emissionsprospektes hinreichend bestritten, so der BGH.

"Kann der Sachverhalt am Ende von keiner Partei eindeutig aufgeklärt werden, geht dies zu Lasten der Partei, die die ursprüngliche Darstellungslast trägt", erklärt Rechtsanwalt Jansen.

Schwierigkeiten bei der Beweisführung können auch bei "Vier-Augen-Gesprächen" auftreten. Hat eine Partei dafür keinen Zeugen, kann sie im Sinne der "Waffengleichheit" vor Gericht angehört werden, wenn die Gegenpartei einen Zeugen hat und das Gericht sich vornehmlich auf dessen Aussagen stützt. Eine generelle Verpflichtung zur Anhörung kann daraus aber nicht abgeleitet werden. Wenn die beweispflichtige Partei "keinen" eigenen Zeugen habe, gehöre dies zu ihrem allgemeinen Prozessrisiko, so der BGH (Az.: III ZR 234/16).

 

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