BGH: Anbieter muss sich Falschberatung durch Vermittler nur in engen Grenzen zurechnen lassen

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04.08.201789 Mal gelesen
Lag eine Anlageberatung oder nur eine Anlagevermittlung vor? Diese Frage ist wichtig, wenn es um Schadensersatzansprüche aufgrund verletzter Aufklärungspflichten geht.

Der BGH stellte mit Urteil vom 5. April 2017 fest, dass sich der Anbieter eines Kapitalanlageprodukts nur unter bestimmten Voraussetzungen die fehlerhafte Beratung eines Anlagevermittlers zurechnen lassen muss (Az.: IV ZR 437/15).

In dem konkreten Fall hatte der Kläger eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen. Der Abschluss erfolgte nach einer Beratung durch einen unabhängigen Vermittler, der dem Kläger die Versicherungsbedingungen, eine Beschreibung der Lebensversicherung, eine Broschüre und eine Kundenpräsentation aushändigte. Die Lebensversicherung blieb hinter den Erwartungen zurück. Der Versicherungsnehmer verklagte daher die Versicherungsgesellschaft auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung. Er sei u.a. über das erhebliche Verlustrisiko nicht korrekt aufgeklärt worden. Der Vermittler habe die unzureichenden Informationen in den übergebenen Funktionen nicht klargestellt, sondern die Lebensversicherung als eine hervorragende Kapitalanlage mit geringem Risiko dargestellt.

In den ersten Instanzen war die Klage erfolgreich, der BGH kippte das Urteil jedoch und wies den Fall an das zuständige Oberlandesgericht zurück. Denn das OLG habe zu Unrecht eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch das Versicherungsunternehmen festgestellt. Diesem könne das Verhalten des unabhängigen Maklers nicht zugerechnet werden. Unter bestimmten Voraussetzungen sei dies zwar möglich, z.B. wenn der Makler als Vertragspartner des Versicherers auftritt und in seinem Wissen Pflichten übernimmt, die normalerweise dem Versicherungsunternehmen obliegen. Dies sei hier aber nicht der Fall. Vielmehr sei der Vermittler auf Wunsch des Kunden tätig geworden.

Der Anbieter eines Kapitalanlageproduktes sei zwar verpflichtet, vollständige und richtige Informationen zu dem Produkt zu liefern, u.a. auch zu den Chancen und Risiken. Eine Bewertung sei aber nur im Rahmen eines Anlageberatungsgesprächs geschuldet. Soweit die übergebenen Unterlagen das Produkt und seine Chancen und Risiken ausreichend darstellen, liege keine Verletzung der Aufklärungspflicht vor. Dass ein Vermittler die Geldanlage als risikoarm darstelle, sei dem Anbieter nicht zuzurechnen. Ob die Informationen in den Unterlagen ausreichend waren, muss das OLG neu bewerten.

"Der BGH hat die Verletzung der Aufklärungspflicht nichts ausgeschlossen. Das Versicherungsunternehmen als Anbieter haftet aber nur, wenn es in den Informationsunterlagen nicht ausreichend über die Risiken aufgeklärt hat. Forderungen können sich ggf. aber auch gegen den Vermittler richten. Denn wenn eine sichere Geldanlage gesucht wird, ist die Empfehlung einer fondsgebundenen Lebensversicherung ohne Hinweis auf die Verlustrisiken fehlerhaft", erklärt Rechtsanwalt Markus Jansen, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner der Kanzlei AJT.

Der BGH grenzt die Anlageberatung von der reinen Anlagevermittlung ab: Eine Anlageberatung liegt demnach regelmäßig dann vor, wenn der Anleger selbst keine ausreichenden Kenntnisse hat und deshalb von seinem Vertragspartner eine fachkundige Bewertung und Beurteilung erwartet, die er auch besonders honoriert. Der Anlagevermittler hat hingegen im Interesse des Anbieters den Vertrieb übernommen und der Anleger erwartet von ihm in erster Linie eine Auskunft über die tatsächlichen Umstände der Kapitalanlage.

 

Mehr Informationen: https://www.ajt-partner.de/kapitalanlagerecht