Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen enthält sehr differenzierte Regelungen über die Abrechenbarkeit von Materialien, welche für die Ausführung ärztlicher Tätigkeiten benötigt werden. Zum Teil sind diese bereits Bestandteil des ärztlichen Honorars. Andere Materialien sind, als Sachkosten oder Sprechstundenbedarf, getrennt neben der ärztlichen Leistung zusätzlich gegenüber den Leistungsträgern abzurechnen.
(siehe: Peters, https://www.anwalt24.de/fachartikel/leitfaden-zur-strafbarkeit-aerztlichen-abrechnungsverhaltens-und-der-entgegennahme-von-leistungen-dritter-teil-2-abrechnungsbetrug-untreue ; IV, 1a)
Die EBM Teil A Nr.4 besagt, dass Materialien, die nach ihrer Anwendung verbraucht sind nicht zum Praxisbedarf gemäß Teil A Nr.2 zählen. Insofern können sie, als Sachkosten, getrennt von der ärztlichen Leistung abgerechnet werden.
Wenn es sich bei den Einmalartikeln jedoch um Surrogate für Materialien handelt, die eigentlich dem Praxisbedarf zuzuordnen sind und zur mehrmaligen Verwendung dienen herrschte Uneinigkeit, ob diese gesondert abgerechnet werden können. Zum Teil werden Einmalartikel nämlich in der EBM A I Nr.2 als Praxiskosten aufgeführt, zum Teil sind sie jedoch unter Nr.4 der Regelung gesondert abrechnungsfähig. Dies sind sogenannte Sachkosten, die jeweils in direkter Beziehung zu der konkreten Behandlung stehen.
Das nordrhein-westfälische LSG hat entschieden, dass eine gesonderte Abrechnung dann jedenfalls in Betracht kommt, wenn allein die Zuordnung des Einmalartikels durch EBM A I Nr.4 zu den Verbrauchsmaterialien eindeutig möglich ist (LSG, NRW, Urt.v.16.1.2008, L 11 KA 44/06, MedR, 2010, 65, 66). Dies verbietet natürlich eine Aufzählung unter Nr.2 der Regelung.
Im Fall ging es um sterile Einmal-Abdeckungen für ambulante Operation, wobei die beklagte Kasse geltend machte, dass diese lediglich als Ersatz für wiederverwendbare Abdecktücher genutzt wurden. Diese seien ausschließlich dem Praxisbedarf zuzurechnen. Das LSG trat dieser Behauptung vor allem mit dem Argument des eindeutigen Wortlautes der Regelung entgegen. (LSG-NRW, s.o.) Das LSG verzichtete, i.S.d. der ständigen BSG-Rechtssprechung, wegen des eindeutigen Wortlautes auf eine systematische Interpretation der Norm. Eine andere Entscheidung ist daher auch vom BSG nicht zu erwarten.
Der behandelnde Arzt sei bei der Anwendung von Einmalmaterialien als Austausch für sterilisierbare Materialien jedoch dennoch zur Vorsicht gemahnt. Die Verwendung von Einmalmaterialien darf nicht wirtschaftlich unsinnig sein und den Zweck verfolgen, weitere Posten neben dem eigentlichen ärztlichen Honorar abrechnen zu können. Die Aussagekraft eines ärztliche Abrechnungspostens beinhaltet immer auch die Erklärung des Arztes, wirtschaftlich sinnvoll gehandelt zu haben. (Peters, https://www.anwalt24.de/fachartikel/leitfaden-zur-strafbarkeit-aerztlichen-abrechnungsverhaltens-und-der-entgegennahme-von-leistungen-dritter-teil-2-abrechnungsbetrug-untreue;IV, 2a). Sofern der Austausch des wiederverwendbaren Materials zum Einmalmaterial wirtschaftlich schlicht nicht nachvollziehbar ist, kann unter strafrechtlichen Gesichtspunkten durchaus auch von einer Täuschungshandlung ausgegangen werden. De facto steht dann eine Strafbarkeit wegen Betruges im Raum. Gerade eine Abrechnung wirtschaftlich unsinniger Posten über einen längeren Zeitraum kann strafrechtlich durchaus gefährlich werden. Schließlich können die Strafgerichte aus den objektiven Umständen den Schluss auf eine innere Tatseite, also auf eine Betrugsabsicht gegenüber den Krankenkassen ziehen. (vgl. Peters, https://www.anwalt24.de/fachartikel/leitfaden-zur-strafbarkeit-aerztlichen-abrechnungsverhaltens-und-der-entgegennahme-von-leistungen-dritter-teil-2-abrechnungsbetrug-untreue ;IV, 2d).
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Hilmar Peters
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