Zur Zulässigkeit einer (Teil-)Berufsausübungsgemeinschaft, bezogen auf einzelne Leistungen, hier „alle diabetologischen“, nach der ÄrztezulassungsVO.

Gesundheit Arzthaftung
07.09.2015191 Mal gelesen
Nach § 33 Ärzte-ZV bedarf die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in Form einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), ebenso die Teil- BAG als Sonderform, der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Voraussetzungen für die Genehmigung einer Teil-BAG sind in § 33 Abs. 2 Satz 3 bis 5 Ärzte-ZV normiert: Nach Satz 3 a.a.O. ist die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistungen, zulässig, sofern diese nicht einer Umgehung des Verbots der Zuweisung von Versicherten gegen Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile nach § 73 Abs. 7 SGB V dient; die Sätze 4 und 5 konkretisieren das Merkmal der Umgehung.

Der Genehmigung der Teil- BAG steht nicht entgegen, dass sich der Tätigkeitsbereich der Teil-BAG auf alle diabetologischen Leistungen der beteiligten Ärzte erstrecke, mithin ein vollständiger Leistungskomplex vergesellschaftet werden soll.
§ 33 Abs. 2 Ärzte-ZV lässt die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit nicht allein in Form einer örtlichen (Satz 1 a.a.O.) sowie einer überörtlichen (Voll-)BAG (Satz 2 a.a.O.) zu; vielmehr ist nach Satz 3 a.a.O. auch die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistungen, zulässig (sog. Teil-BAG). Diese Teil-BAG wird- in Abgrenzung zur Voll-BAG- dadurch charakterisiert, dass sie auf "einzelne Leistungen" bezogen ist. Wann die gemeinsame Berufsausübung auf "einzelne Leistungen" bezogen ist, bedarf der Auslegung.

Fest steht, dass die Teil-BAG nicht lediglich die gemeinsame Erbringung einer einzigen Leistung zum Inhalt haben darf; dies wird schon durch die Verwendung des Plurals in § 33 Abs. 2 Satz 3 Ärzte-ZV ("Leistungen") erkennbar. Abzustellen ist dabei auf die "Leistung", nicht auf eine einzelne Gebührenposition, weil ggfls. mehrere Leistungen in einer Gebührenposition abgebildet sein können. Auf der anderen Seite wird der Begriff der "einzelnen Leistungen" verlassen, wenn jedenfalls einer der beteiligten Ärzte sein gesamtes Leistungsspektrum in die Teil-BAG einbringen soll.

Die in § 33 Abs. 2 Satz 3 Ärzte-ZV geforderte Zusammenarbeit bei "einzelnen Leistungen" schließt es hingegen nicht aus, dass - über eine Mehrzahl von Leistungen hinaus- auch abgrenzbare Leistungskomplexe erfasst sein können, bei denen mehrere Gebührenordnungspositionen des EBM-Ä erfüllt sind. Eine Auslegung dahin, dass zwar eine einzige Leistung für die Kooperation nicht ausreicht, aus einer Vielzahl von Einzelleistungen bestehende Leistungskomplexe aber zu weit gehen, ist nicht sinnvoll möglich. Zum einen setzen sich auch Leistungskomplexe aus einer Mehrzahl einzelner Leistungen zusammen; zum anderen wäre es verfehlt, Leistungskomplexe pauschal als Gegenstand einer Teil-BAG auszuschließen, hingegen eine Kombination weniger- für die Versorgung jedoch ungeeigneter- Einzelleistungen zu akzeptieren. Die Abgrenzung muss daher vom Versorgungsauftrag bzw. von der Behandlungsausrichtung her vorgenommen werden: Leistungen, die zur Behandlung bestimmter, im Vertrag der an der Kooperation beteiligten Ärzte beschriebener Krankheitsbilder erforderlich sind, können in einer Teil-BAG vergesellschaftet werden.

Dass auch (oder gerade) "Leistungskomplexe" zum Gegenstand einer Teil-BAG gemacht werden können, bestätigt im Übrigen die Gesetzesbegründung. Danach soll § 33 Abs. 2 Satz 3 Ärzte-ZV die Bildung von Teil-BAG "zur Übernahme spezifischer, auf die Erbringung bestimmter Leistungen bezogener Behandlungsaufträge" erlauben. So nennt die Gesetzesbegründung als Beispiel die Zusammenarbeit von Kinderärzte und Neurologen, die eine Teil-BAG zur Behandlung kinderneurologischer Erkrankungen bilden. Dann ist es konsequent, auch eine Teil-BAG für die Gesamtheit der "kinderneurologischen" Leistungen zuzulassen. Leistungen, die zur Behandlung bestimmter Krankheitsbilder erforderlich sind (und insofern einen Leistungskomplex bilden können), können auch Gegenstand einer entsprechenden Teil-BAG sein.

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber mit den Regelungen in § 87 Abs. 2b und Abs. 2c SGB V vorgibt, dass die im EBM-Ä aufgeführten Leistungen als Pauschalen (Versichertenpauschalen bzw. Grund- und Zusatzpauschalen) abzubilden sind; ggfls. sind auch Leistungskomplexe vorzusehen. Die Zusammenfassung von Leistungen zu Gruppen ist daher im Vertragsarztrecht eher die Regel, Einzelleistungen sind hingegen- zumindest rechtlich- eher die Ausnahme. Schlösse man Leistungskomplexe als zulässigen Gegenstand einer Teil- BAG aus, könnte ggfls. eine Teil-BAG sogar nachträglich unzulässig werden, wenn der Bewertungsausschuss die zum Gegenstand ihrer Leistungserbringung gemachten (Einzel-)Leistungen später zu Leistungskomplexen zusammenfasste.

Das Merkmal " einzelne Leistungen" im Sinne des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV ist selbst dann noch erfüllt, wenn sich die Kooperation auf Leistungsinhalte bezieht, die - wie etwa die Diabetologie- dem Inhalt einer Zusatz-Weiterbildung entsprechen. Dies gilt allerdings nur, soweit diese Leistungen nicht mit dem Angebot identisch sind, das die beteiligten Vertragsärzte in ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit erbringen. Ein Ausschluss von auf den vollständigen Leistungsinhalt einer Zusatz-Weiterbildung bezogenen Teil- BAG entspricht weder dem Willen des Gesetzgebers noch ist ein solcher angesichts der Vielzahl und Kleinteiligkeit der Zusatz-Weiterbildungen gerechtfertigt.