Zur Organisation der notfallmäßigen Versorgung am geplanten Großflughafen Berlin-Brandenburg

Gesundheit Arzthaftung
29.11.20131123 Mal gelesen
Den Großstadtflughafen „BER“ sollen einmal 45 Millionen Passagiere im Jahr bereisen. Bei dieser Masse an Menschen lassen sich Notfälle nicht vermeiden und bei einigen hundert Starts und Landungen am Tag muss auch der Katastrophenfall berücksichtigt werden.

Die medizinische Versorgung an Flughäfen lässt sich in fünf Kategorien unterteilen: Alltagsnotfall (Passagier bricht sich ein Bein), Arbeitsunfall (Mitarbeiter bricht sich ein Bein), ambulante Akutversorgung (Passagier hat eine Erkältung), die Katastrophe (Flugzeug stürzt ab), der Seuchenfall (Passagier hat Ebola). Da sich der Flughafen BER auf brandenburgischen Boden befindet, ist folglich das Land Brandenburg bzw. der Landkreis Dahme-Spreewald zuständig. Zusätzlich gibt die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) vor, dass der Großflughafen eine eigene Feuerwehr beschäftigen muss.

I. Alltagsnotfall

Im Alltagsnotfall holt der Rettungswagen der Feuerwehr den Passagier ab und fährt ihn bis zum Flughafentor. Denn der von der Werksfeuerwehr betriebene Rettungswagen (RTW) darf den Flughafen nicht mehr verlassen.Ursache für diese Situation ist die verteilte Zuständigkeit. Der Flughafenbetreiber sieht sich bei der notfallmedizinischen Versorgung nicht weiter in der Verantwortung, weil sie durch Werksfeuerwehr und RTW die Vorgaben der ICAO erfüllt. Ein Gesetz zur medizinischen Mindestversorgung von Flughäfen gibt es in Deutschland nicht. Zuständig für den Rettungsdienst ist in Brandenburg das Ordnungsamt des Landkreises Dahme - Spreewald.

II. Arbeitsunfall

Dasselbe findet Anwendung, wenn sich ein Arbeitsunfall ereignet. Auch der Mitarbeiter muss am Werkstor aus dem RTW der Werksfeuerwehr in den Rettungsdienst des Landkreises Dahme-Spreewald umsteigen.

III. ambulanter Notfall

In den allermeisten Fällen handelt es sich um "Kleinigkeiten": hier eine verrutschte Prothese, dort Druck im Ohr, Passagieren, denen während des Fluges schlecht geworden ist. Hier wäre eine ausreichende Versorgung gesichert, wenn ein Arzt vor Ort Tabletten oder Zäpfchen verabreicht, Spritzen setzt oder eine kurze Überwachung anordnet. Für Betroffene mit leichten Verletzungen ist es nicht zumutbar, den Flughafen zu verlassen. Eine geeignete Möglichkeit wäre das Betreiben eines Medizinischen Versorgungszentrums am Flughafen für solche Fälle.

IV. Katastrophe

In einem drohenden Katastrophenfall alarmiert der Pilot den Tower, der seinerseits die zuständige Rettungsleitstelle alarmiert, bei BER ist dieses die Regionalleitstelle Lausitz. Dort sind für jede Situation eigene Verfahren hinterlegt. Reicht der dortige Bestand an Rettungswagen nicht aus, muss Hilfe aus Berlin angefordert werden. Die Schwerverletzten werden direkt zu den umliegenden Berliner Notfallzentren gefahren, die direkt an den großen Ausfallstraßen liegen. Selbst die entferntesten Kliniken sind von BER in weniger als 10 Minuten mit dem Helikopter zu erreichen. Alle anderen Verletzten werden auf die brandenburgischen Kliniken verteilt. Die Amtshilfe durch Berlin ist unbedingt erforderlich. Das Vorhalten einer ausreichenden Zahl von Rettungsfahrzeugen am Flughafen selbst ist schlicht unmöglich. Auf dem Flughafen selbst sind dann die Sicherheitskontrollen für die Sicherheitskräfte aufgehoben. Die Helfer fahren nicht frei über das Gelände, sondern folgen einem follow- me Fahrzeug.

V. Seuche

Das Gesetz zu den Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) verlangt, dass die Bundesrepublik sog. Sanitätsflughäfen errichtet. Ziel dieser Flughäfen ist es, die internationale Verbreitung von Infektionskrankheiten zu verhindern. Der Seuchenfall ist aber selten. Den Anforderungen des IGV kommt die Betreibergesellschaft nach, indem sie ein Medical Assessment Center baut. Hier sind Verfahren hinterlegt, die nach internationalen Gesundheitsvorschriften ansteckungsverdächtigte Personen, Gepäck oder Fracht erstversorgen können. Außerdem sollen dort Kommunikationsmittel, Schutzausrüstung, Untersuchungsmaterialien, Medikamente, Quarantäneeinrichtungen, Desinfektionsmöglichkeiten und Sonderisolierstationen bereitstehen. Die Verantwortung liegt beim zuständigen Landkreis, also der Landkreis Dahme-Spreewald.