Arbeitnehmer müssen nicht mehr alles machen, was der Arbeitgeber von ihnen verlangt

Arbeitsrecht Kündigung
20.12.2017334 Mal gelesen
Das Bundesarbeitsgericht hält nicht länger an seiner Rechtsprechung fest, nach der Arbeitnehmer selbst "unbillige" Anweisungen des Arbeitgebers solange befolgen mussten, bis ein Gericht deren Unbilligkeit festgestellt hatte.

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber gem. § 106 GewO berechtigt, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung zu bestimmen, sofern diese Arbeitsbedingungen nicht durch Vereinbarung oder Gesetz ausdrücklich festgelegt sind. Allerdings muss die Weisung "billigem Ermessen" entsprechen. Es müssen also die berechtigten Interessen beider Seiten hinreichend berücksichtigt werden.

Welche Möglichkeiten hat der Arbeitnehmer, wenn er der Auffassung ist, dass beispielsweise bei der Versetzung an einen anderen Arbeitsort oder der Neuregelung seiner täglichen Arbeitszeit seine Interessen und Bedürfnisse (z.B. Einkommens- und Vermögenssituation, familiäre Situation) offensichtlich missachtet wurden?

Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) galt folgendes:

Anweisungen, die gegen ein gesetzliches Verbot (z.B. eine Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit auf mehr als 10 Stunden) verstießen und deshalb nichtig waren, mussten vom Arbeitgeber nicht befolgt werden. Ein Risiko (etwa das einer Abmahnung und anschließenden Kündigung) resultierte hieraus nicht.

Waren Weisungen jedoch "nur" unbillig, bewegten sich aber im Rahmen des gesetzlich und vertraglich Zulässigen (z.B. Versetzung einer Mutter von 3 schulpflichtigen Kindern an einen 120 km entfernten Arbeitsort und Festsetzung der täglichen Arbeitszeit auf 12.00 - 20.00 Uhr), musste der Arbeitnehmer zunächst die Arbeitsgerichtsbarkeit anrufen. Erst nach deren rechtskräftiger (positiver) Entscheidung durfte er die Weisung ignorieren, andernfalls riskierte er den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses.

An dieser Rechtsprechung hält das BAG nicht länger fest. Künftig gilt:

Arbeitnehmer müssen unbillige Weisungen nicht - auch nicht vorläufig - befolgen. Unbillige Weisungen entfalten somit - im Unterschied zur bisherigen Rechtslage - nicht einmal mehr vorläufig verbindliche Wirkung. Arbeitnehmer sind nicht länger verpflichtet, während der (teils erheblichen) Dauer eines arbeitsgerichtlichen Feststellungsverfahrens quasi "in Vorleistung zu treten". Das Risiko einer unbilligen Weisung liegt beim Arbeitgeber.

Die Kanzlei Maurer-Kollegen in Mainz berät Sie gerne hinsichtlich sämtlicher Fragen des Weisungsrechts sowie des Arbeitsrechts im Allgemeinen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.