Kündigung von Schwerbehinderten - Prüfungspflicht des Integrationsamtes

Kündigung von Schwerbehinderten - Prüfungspflicht des Integrationsamtes
07.12.20141378 Mal gelesen
Wird die Kündigung von Schwerbehinderten auf verhaltensbedingte Gründe gestützt, erfolgt die Zustimmung des Integrationsamts gem. § 85 SGB IX oft fast automatisch. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat nun entschieden, dass auch hier eine umfassende Prüfung notwendig sein kann.

Einziger Kündigungsschutz im Kleinbetrieb

Gerade in kleinen Betrieben, in denen das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, ist die Zustimmungspflicht des Integrationsamts gem. § 85 SGB IX der einzige Schutz für Arbeitnehmer mit anerkannter Schwerbehinderung gegen eine Arbeitgeberkündigung. 

In einem von uns vertretenen Fall ging es um die Frage, wie genau das Integrationsamt die vom Arbeitgeber im Antrag auf Zustimmung angegebenen Kündigungsgründe prüfen muss. 

Eingeschränkter Prüfungsumfang 

Grundsätzlich gilt die Regel: werden dem Arbeitnehmer Pflichtverletzungen vorgeworfen, soll also wegen verhaltensbedingter Gründe gekündigt werden, dann hat das Integrationsamt nur sehr geringe Prüfungspflichten. Denn das Integrationsamt darf eine Zustimmung nur verweigern, wenn in der Behinderung liegende Gründe dies rechtfertigen. Das ist aber bei Pflichtverletzungen in der Regel nicht anzunehmen.

Wird dagegen aus anderen Gründen die Zustimmung zur Kündigung beantragt, etwa wegen langer Erkrankung, dann liegt eine umfassendere Prüfung der Kündigungsgründe auf einen Zusammenhang mit der Behinderung auf der Hand. 

Verhaltensbedingte Gründe nur vorgeschoben?

Nachdem in Kleinbetrieben bis 10 Mitarbeitern eine Kündigung grundsätzlich überhaupt nicht begründet werden muss und damit vor dem Arbeitsgericht auch so gut wie nicht angegriffen werden kann, kann der taktisch versierte Arbeitgeber den trotzdem notwendigen Zustimmungsantrag beim Integrationsamt einfach auf verhaltensbedingte Gründe stützen, auch wenn solche womöglich nur vorgeschoben sind. In vielen Fällen wird das Integrationsamt dann die Zustimmung ohne weiteres erteilen.

In unserem Fall haben wir den betroffenen Arbeitnehmer vertreten und in der Stellungnahme gegenüber dem Integrationsamt umfangreich vorgetragen, das die angeblichen Pflichtverletzungen nur vorgeschoben sind um den wahren Kündigungsgrund - nämlich die Behinderung - zu verdecken. Das Integrationsamt war der Ansicht, allein die Tatsache, dass der Arbeitgeber sich formal auf Pflichtverletzungen beruft schließe aus, dass sich das Integrationsamt mit der Frage befasst, ob diese Gründe tatsächlich vorliegen und ob diese geeignet sind, eine Kündigung zu rechtfertigen. Eine solche Prüfung dürfe nur das Arbeitsgericht vornehmen. 

Auch das Integrationsamt muss die Kündigungsgründe prüfen

Diese Auffassung teilte das Verwaltungsgericht Augsburg nicht. Im Urteil vom 4.11.2014 wurde festgestellt, dass dann, wenn der Arbeitnehmer konkret vorträgt warum die angeblichen verhaltensbedingten Gründe nicht vorliegen, eine umfassende Aufklärungspflicht des Integrationsamts besteht. Es muss ggf. Beweisaufnahmen durchführen und auch beurteilen, ob der danach festgestellte Sachverhalt jedenfalls nicht offensichtlich ungeeignet ist, die Kündigung zu rechtfertigen. 

Weitere Einzelheiten und das Urteil finden Sie hier.

Mitgeteilt von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Meyer

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