BGH entscheidet: Anschlussinhaber muss bei Filesharing-Abmahnung nicht den Täter verpfeifen

BGH entscheidet: Anschlussinhaber muss bei Filesharing-Abmahnung nicht den Täter verpfeifen
07.10.2016336 Mal gelesen
Der Bundesgerichtshof hat gestern in einem von der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke geführten Verfahren entschieden, dass ein abgemahnter Anschlussinhaber im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast nur vorbringen muss, dass Dritte Zugang zu dem Anschluss hatten und den potentiellen Täter benennen (Urteil vom 06.10.2016, BGH Az. I ZR 154/15). Das ist ein weiterer Sieg und Meilenstein im Kampf gegen die Massenabmahnungen in Filesharing-Verfahren.

Anschlussinhaber ist nur zu zumutbaren Nachforschungen verpflichtet

Bis zu dieser Entscheidung war noch unklar, inwieweit der Anschlussinhaber zu Nachforschungen bezüglich der potentiellen Nutzung seines Anschlusses durch Dritte verpflichtet ist, um sich selbst zu entlasten. Der BGH hat in seiner gestrigen Entscheidung deutlich festgestellt, dass die Nachforschung lediglich auf den möglichen Zugriff und Namen des potentiellen Täters bezogen sind. Weitere Nachforschungen sind dem Anschlussinhaber nicht zuzumuten.

Volljährige Familienmitglieder mit Zugriff auf den Anschluss können Abgemahnten entlasten

Seit dem BearShare Urteil (Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12 - BearShare) des Bundesgerichtshofs (BGH) steht fest, dass eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht besteht, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung andere volljährige Familienmitglieder diesen Anschluss benutzen konnten. Nach Ansicht des BGH muss mitgeteilt werden, dass Dritte Zugriff hatten, wer diese Dritten sind und, dass sie als Täter in Betracht kommen. Um diese Informationen zu bekommen, seien jedoch nur zumutbare Nachforschungen anzustellen. In Fortführung der Bearshare-Rechtsprechung bestätigte der 1. Zivilsenat des BGH gestern die Auffassung unserer Kanzlei, dass der Abgemahnte selbst nicht den Täter finden und diesen benennen muss. Der Abgemahnte muss seine Familienangehörigen also nicht wie ein Staatsanwalt verhören oder ihre Computer durchsuchen.

Ehefrau des Anschlussinhabers nutzte ebenfalls das W-LAN Netz

Im zu verhandelnden Fall wurde der Anschlussinhaber für den Tausch des Films "Resident Evil: Afterlife 3D" durch den Rechteinhaber Constantin Film, vertreten durch die Münchner Kanzlei Waldorf Frommer, in Anspruch genommen. Dabei hatte auch seine Ehefrau Zugriff auf den Anschluss. Das Landgericht Braunschweig hatte die Ehefrau des Beklagten als Zeugin vernommen. Diese hatte ausgesagt, dass sie den Internetanschluss genutzt hat, allerdings den Film nicht zum Download bereitgestellt hat. Nach Ansicht des Gerichts handele es sich um eine Schutzbehauptung, da die Zeugin sich kaum selbst belasten würde. Somit hielt das Landgericht eine Täterschaft der Ehefrau nach wie vor für möglich, selbst wenn diese nicht abschließend bewiesen wurde. Der Beklagte hatte vorgetragen, dass er selbst zu den vorgetragenen Zeitpunkten des Downloads nicht zu Hause, sondern beruflich unterwegs war. Zudem teilte er mit, dass der von ihm verwendete Router zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung eine Sicherheitslücke aufwies. Er selbst ging daher von einem unberechtigten Zugriff von außen aus. Weitere Nachforschungen hatte er nicht betrieben. Insbesondere hatte er den Computer der Ehefrau nicht auf Filesharing-Software hin untersucht. Das Gericht war von der Täterschaft des Beklagten nicht überzeugt und hat diesen von der Haftung freigesprochen.

Die Entscheidung des Landgerichts wurde nun vom BGH bestätigt.

Vorinstanzen:

AG Braunschweig, Urteil vom 27.08.2014, Az. 117 C 1049/14

Landgericht Braunschweig, Urteil vom 01.07.2015, Az. 117 C 1049/14

 

Im Folgenden finden Sie die Links zu unserer bisherigen Berichterstattung zu dem Fall:

Urteil des AG Braunschweig

Filesharing - LG Braunschweig urteilt: Beweislast liegt beim Kläger

BGH entscheidet am 06.10.2016 zu den Anforderungen an die Nachforschungspflicht des Anschlussinhabers in Filesharing-Verfahren