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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 19.04.2011, Az.: BVerwG 4 BN 4.11
Keine Gehörsverletzung bei deutlichem Hinweis der Kenntnisnahme durch das Gericht auf das gerügte Vorbringen
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 19.04.2011
Referenz: JurionRS 2011, 15375
Aktenzeichen: BVerwG 4 BN 4.11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VGH Baden-Württemberg - 10.11.2010 - AZ: 5 S 955/09

BVerwG, 19.04.2011 - BVerwG 4 BN 4.11

In der Normenkontrollsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. April 2011
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg.

2

1.

Die Verfahrensrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen nicht zur Zulassung der Revision.

3

1.1

Die Rüge der Antragsgegnerin, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt und ein Überraschungsurteil erlassen (Beschwerdebegründung S. 6 - 16), bleibt ohne Erfolg.

4

Die Antragsgegnerin rügt, der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs sei nicht auf ihren Vortrag eingegangen, dass derselbe Senat in seiner damaligen Besetzung in der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2006 in parallelen Normenkontrollverfahren keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bebauungsplans "Zergle I" gehabt habe. Der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs habe damals eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er insbesondere die Abwägungsentscheidung für abwägungsfehlerfrei halte; diese Einschätzung habe sich auch auf die Verkehrslärmproblematik bezogen. Daraufhin hätten die dortigen Antragsteller ihre Normenkontrollanträge zurückgenommen. Das Gericht hätte daher im vorliegenden Fall darlegen und darüber aufklären müssen, dass und warum er von seiner früheren Rechtsauffassung abzuweichen beabsichtigte. Das von der Antragsgegnerin genannte Verfahren zum Az. 5 S 2291/05 habe das Gericht mit keinem Wort erwähnt. Im Tatbestand würden lediglich die beiden Verfahren zum Az. 5 S 211/04 erwähnt, die zusammen mit diesem Verfahren eingeleitet und dann für ruhend erklärt worden seien. Selbst wenn sich der Verwaltungsgerichtshof in seiner jetzigen Besetzung "intern" mit dem vorangegangenen Verfahren auseinander gesetzt habe, sei die Entscheidung verfahrensfehlerhaft, weil es sich um ein Überraschungsurteil handele.

5

Eine gerichtliche Entscheidung stellt nur dann ein unzulässiges Überraschungsurteil dar, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit welcher insbesondere der unterlegene Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte (stRspr; vgl. nur Beschluss vom 14. April 2010 - BVerwG 4 B 78.09 - DVBl 2010, 839 Rn. 9). Ein Überraschungsurteil liegt danach unter anderem vor, wenn die das angefochtene Urteil tragende Erwägung weder im gerichtlichen Verfahren noch im früheren Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren erkennbar thematisiert worden war. Um dies auszuschließen, sind in der mündlichen Verhandlung gemäß §§ 104 Abs. 1, 86 Abs. 3 VwGO und gemäß §§ 173 VwGO, 279 Abs. 3 ZPO die maßgebenden Rechtsfragen zu erörtern. Die Hinweispflicht bezieht sich auf die tragenden ("wesentlichen") Erwägungen des Gerichts. Zwar sind die im Zuge der Erörterung des Sach- und Streitstandes in einer mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsansichten grundsätzlich unverbindlich. Auch ist ein Gericht grundsätzlich nicht verpflichtet, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (stRspr; vgl. nur Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 310 § 137 Abs. 2 VwGO Nr. 12> [...] Rn. 25). Hat das Gericht jedoch in einem Verfahren, das denselben Streitgegenstand betrifft - wenn auch in anderer Besetzung - sich eine vorläufige Rechtsauffassung gebildet und mit den dortigen Beteiligten, mithin auch mit der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung erörtert, und haben die Beteiligten diese Rechtsauffassung sodann zur Grundlage ihres Prozessverhaltens gemacht, erweckt es einen bestimmten Eindruck. Um dem Rechtsstreit keine Wendung zu geben, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt nicht zu rechnen brauchten, muss es in nachfolgenden Verfahren zu demselben Streitgegenstand die Beteiligten vor einer gegenteiligen Entscheidung davon unterrichten, dass es möglicherweise an der geäußerten Rechtsauffassung und/oder Sachverhaltswürdigung nicht festhalten wird (Beschluss vom 29. Januar 2010 - BVerwG 5 B 37.09 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 83 Rn. 2; vgl. auch Beschluss vom 8. Juni 1994 - BVerwG 4 B 34.94 - [...] Rn. 11 ff.). Das Verbot, eine Überraschungsentscheidung zu erlassen, schützt indes keinen Beteiligten davor, dass sich ein Gericht auf der Grundlage weiterer Ermittlung des Sachverhalts und Erörterung der Rechtslage von einer nur vorläufig gefassten Einschätzung löst und im Ergebnis zu Ungunsten eines Beteiligten entscheidet, der zuvor eine für ihn günstigere Entscheidung erhofft hatte.

6

Ausweislich der Sitzungsniederschrift ist in der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2010 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert worden. Ob der Verwaltungsgerichtshof sich dabei zu dem von der Antragsgegnerin in Bezug genommenen Verfahren zum Az. 5 S 2291/05 geäußert hat, lässt sich der Sitzungsniederschrift nicht entnehmen. Die Sitzungsniederschrift enthält keine weitere inhaltliche Präzisierung des Gegenstands der Erörterung. Dem angefochtenen Urteil lässt sich jedoch entnehmen, dass die Vertreter der Antragsgegnerin sich zu der Frage, welche (zusätzlichen) Lärmbelastungen die durch den Bebauungsplan zugelassene Bebauung bei den Anwohnern der ohnehin bereits stark belasteten R. Straße auslöse, verhalten und geantwortet haben, "dass keine Verkehrslärmproblematik bestehe" (UA S. 21). Unter diesen Umständen kann sich die Antragsgegnerin nicht - wie sie einwendet - darauf berufen, dass "der Vorgängersenat unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hatte, dass er die zusätzliche Verkehrsbelastung als nicht erheblich einstufe" und damit ein "Vertrauenstatbestand geschaffen worden" sei. Vielmehr musste es sich ihr angesichts der Nachfrage aufdrängen, dass der Verwaltungsgerichtshof in diesem Verfahren offensichtlich die Zunahme des Verkehrslärms als durchaus problematisch und als eine entscheidungserhebliche Frage erachtete und dass dies Folgen für die Wirksamkeit des angefochtenen Bebauungsplans haben könnte.

7

Unabhängig davon scheitert die Gehörsrüge daran, dass die Antragsgegnerin nicht substanziiert darlegt, was sie im Falle eines ausdrücklichen Hinweises im Rahmen der Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. Beschluss vom 22. April 1999 - BVerwG 9 B 188.99 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 44). Sie trägt zwar vor, dass sie zumindest weitere Ausführungen zur Lärmproblematik gemacht und gegebenenfalls auch weitere Beweise, insbesondere ein weiteres Lärmgutachten vorgelegt hätte. Sie setzt sich dabei aber nicht mit der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs auseinander, dass die Antragsgegnerin "aber bereits im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses in Erwägung ziehen (musste), dass der Verkehr auf der R... Straße bei einer Belastung von etwa 18 400 Kfz/24 h im Istzustand streckenweise zu einem Lärmpegel oberhalb von 70 dB(A) tagsüber führt und damit möglicherweise auch dann, wenn die planbedingte Lärmzunahme sich nur im geringfügigen Bereich bewegt, die Frage nach kompensatorischen Maßnahmen zur Lärmvorsorge aufgeworfen wird" (UA S. 21 - Unterstreichung durch den Senat). Der Hinweis der Antragsgegnerin, bei frühzeitiger Aufklärung über die geänderte Rechtsauffassung des Senats hätte die Möglichkeit bestanden, sogleich ein ergänzendes Verfahren einzuleiten, ist unbehelflich. Abgesehen davon, dass die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens nicht voraussetzt, dass ein Gericht den fraglichen Fehler mit der Folge der Unwirksamkeit festgestellt hat (Beschluss vom 8. März 2010 - BVerwG 4 BN 42.09 - Buchholz 406.11 § 4a BauGB Nr. 1 Rn. 8), ist das kein Gesichtspunkt, der vom Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst ist.

8

1.2

Der Einwand, es liege ein Verfahrensfehler durch Berücksichtigung unbeachtlichen Vorbringens vor (Beschwerdebegründung S. 16 - 17), führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision.

9

Die Antragsgegnerin macht geltend, die Erwähnung der - von ihr im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorgelegten - Stellungnahme von Modus Consult vom 9. September 2009 lege den Verdacht nahe, dass der Verwaltungsgerichtshof auf die in dem Gutachten von 2009 festgestellte Überschreitung der Lärmgrenzen abgestellt und nicht die eingeschränkte Erkenntnislage der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses berücksichtigt habe. Mit diesem Einwand übergeht sie zum einen, dass der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich nur Erwägungen der Antragsgegnerin "im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses" gefordert hat. Zum anderen wird nicht beachtet, dass der Verwaltungsgerichtshof seine Auffassung darauf stützt, dass "(s)chon der Stellungnahme von Modus Consult vom 11.09.2003 (S. 11) ... zu entnehmen (war), dass die R... Straße im Istzustand mit bis zu 20 900 Kfz/24h belastet ist" und die Stellungnahme vom 9. September 2009 lediglich "bestätigend" heranzieht (UA S. 22).

10

1.3

Auch die Gehörsrüge, mit der die Antragsgegnerin geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof habe ihr Vorbringen bezüglich der Verwirkung außer Acht gelassen (Beschwerdebegründung S. 17 - 26), bleibt erfolglos.

11

Die Antragsgegnerin, die meint, ihr Sachvortrag sei in der Urteilsbegründung nicht ausreichend gewürdigt worden, und dem Verwaltungsgerichtshof vorwirft, er habe einen bedeutenden Aspekt des Vorbringens verkannt, räumt selbst ein, dass sich der Verwaltungsgerichtshof "augenscheinlich mit der Frage der Verwirkung" auseinander gesetzt habe, sieht "(d)ieses vordergründige Anerkenntnis der grundsätzlichen Möglichkeit der Verwirkung" jedoch angesichts der weiteren Ausführungen des Gerichts als "inhaltslos" an, weil sich der Verwaltungsgerichtshof mit "floskelhaften Stellungnahmen" begnügt habe. Mit diesem Vorbringen zeigt die Antragsgegnerin keinen Verfahrensfehler auf, sondern greift lediglich die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs als fehlerhaft an.

12

2.

Die Grundsatzrüge, mit der die Antragsgegnerin die Frage aufwirft, "ob der Antragsteller seine im Normenkontrollantrag geltend gemachten Rechte verwirkt hat", insbesondere ob ein zum Ruhen gebrachtes Verfahren zeitlich unbegrenzt wieder aufgerufen werden kann (Beschwerdebegründung S. 27 - 30), rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.

13

Wie in dem vom Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen Beschluss des Senats vom 14. November 2000 - BVerwG 4 BN 54.00 - (BRS 63 Nr. 50) ausgeführt, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt, dass auch die Ausübung prozessualer Rechte den Geboten von Treu und Glauben unterliegt und dass deshalb die Befugnis zur Anrufung der Gerichte unter bestimmten Voraussetzungen unzulässig sein kann. Ob der Vorwurf eines treuwidrigen Verhaltens berechtigt und einem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis wegen missbräuchlicher Prozessführung abzusprechen ist, entscheidet sich jedoch nach den besonderen Umständen des Einzelfalls. Allgemein gültige Grundsätze lassen sich hierzu nicht aufstellen.

14

3.

Die Revision kann auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen werden.

15

3.1

Die Divergenzrüge zum Thema "Verwirkung" (Beschwerdebegründung S. 30 - 34) genügt nicht den Darlegungsanforderungen gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

16

Die Antragsgegnerin zitiert zwar Rechtssätze aus dem genannten Beschluss vom 14. November 2000 sowie aus weiteren Entscheidungen des Senats, zeigt jedoch nicht auf, dass die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht: Bei der ebenfalls zitierten Passage aus dem angefochtenen Urteil handelt es sich nicht um die vom Verwaltungsgerichtshof - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats - der Entscheidung zugrunde gelegten Obersätze, sondern um die auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Sachverhaltswürdigung durch das dazu berufene Tatsachengericht, das zu entscheiden hat, ob besondere Umstände vorliegen, die die Geltendmachung eines prozessualen Rechts als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Divergenz i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt aber nicht vor, wenn die Vorinstanz - wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht - einen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall rechtsfehlerhaft anwendet oder daraus nicht die rechtlichen Folgerungen zieht, die etwa für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328 = Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26). Der Sache nach rügt die Antragsgegnerin lediglich, dass der Verwaltungsgerichtshof der Verwirkung "jegliche praktische Bedeutung" genommen habe.

17

3.2

Ebenso wenig führt die Divergenzrüge zur "Problematik der Bewertung der Verkehrslärmzunahme" (Beschwerdebegründung S. 34 - 38) zur Zulassung der Revision. Mit dieser Rüge macht die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 11. Januar 2001 - BVerwG 4 A 13.99 - (Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 16) geltend, nach der Rechtsprechung des Senats erfolge die Beurteilung von Lärmimmissionen grundsätzlich nicht unter Einbeziehung der Lärmvorbelastung, d.h. als "Summenpegel".

18

Die Antragsgegnerin zitiert zwar wiederum bestimmte Passagen aus dem angefochtenen Urteil sowie dem in Bezug genommen Urteil des Senats. Sie zeigt aber weder damit noch mit ihrer Begründung einen Rechtswiderspruch auf. Weder setzt sie sich mit dem von ihr selbst zitierten Hinweis des Senats, dass "(a)llerdings ... ein bereits vorhandener Verkehrslärm (Vorbelastung) und die durch den Bau oder durch die wesentliche Änderung einer öffentlichen Straße entstehende zusätzliche Lärmbeeinträchtigung zu keiner Gesamtbelastung führen (dürfen), die eine Gesundheitsgefährdung darstellt" (Urteil vom 11. Januar 2001 a.a.O. - [...] Rn. 88), noch mit der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs auseinander, der davon ausgeht, dass "eine Bauleitplanung, die eine bereits vorhandene Lärmbelastung in gesundheitsschädlichem Ausmaß (mind. 70 dB(A) tagsüber und 60 dB(A) nachts) weiter erhöht, ... nur dann dem im Abwägungsgebot verankerten Gebot der Konfliktbewältigung (entspricht), wenn sie die zusätzliche Verkehrslärmerhöhung durch entsprechende Maßnahmen, z.B. des passiven Schallschutzes, kompensiert" (UA S. 21). Der von der Antragsgegnerin formulierte Rechtssatz, dass ein Anspruch auf Lärmschutz nur dann besteht, "wenn der von der neuen oder geänderten Straße ausgehende Verkehrslärm für sich allein betrachtet den nach der BImSchV maßgeblichen Grenzwert überschreitet", stellt eine Verkürzung des Urteils vom 11. Januar 2001 dar und berücksichtigt im Übrigen nicht, dass in der Rechtsprechung des Senats geklärt ist, dass abweichend von dem Grundsatz, die Beurteilungspegel für jeden Verkehrsweg gesondert zu berechnen, die Bildung eines Summenpegels dann geboten sein kann, wenn der neue oder der zu ändernde Verkehrsweg in Zusammenwirkung mit vorhandenen Vorbelastungen anderer Verkehrswege insgesamt zu einer Lärmbelastung führt, die mit Gesundheitsgefahren oder einem Eingriff in die Substanz des Eigentums verbunden ist (Beschluss vom 24. November 2010 - BVerwG 4 BN 28.10 - ZfBR 2011, 165 [BVerwG 24.11.2010 - BVerwG 4 BN 28.10] m.w.N.).

19

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Prof. Dr. Rubel
Dr. Gatz
Dr. Bumke

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