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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 27.09.1993, Az.: BVerwG 1 B 73.93

Nichtzulassung der Revision mangels grundsätzlicher Bedeutung; Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht

Bibliographie

Gericht
BVerwG
Datum
27.09.1993
Aktenzeichen
BVerwG 1 B 73.93
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1993, 21514
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VGH Bayern - 30.03.1993 - AZ: 5 B 92.3499

Fundstelle

  • SGb 1994, 521 (amtl. Leitsatz)

Der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat
am 27. September 1993
durch
den Vorsitzenden Richter Meyer und
die Richter Dr. Kemper und Dr. Mallmann
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. März 1993 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision muß erfolglos bleiben. Sie zeigt einen Revisionszulassungsgrund nicht auf.

2

Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Berufungsurteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angegriffen, ist die Prüfung des beschließenden Senats auf fristgerecht vorgetragene Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

3

1.

Die Klägerin beruft sich zunächst auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerdebegründung muß daher erläutern, inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer in verallgemeinerungsfähiger Weise zu beantwortenden, bisher revisionsgerichtlich nicht entschiedenen Rechtsfrage führen kann.

4

Die Klägerin hält die Frage für klärungsbedürftig, ob "Wiederholungsgefahr als Erfordernis eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses für eine Fortsetzungsfeststellungsklage im Sinne der Prozeßökonomie auch dann vor (liegt), wenn eine andere Behörde über den gleichen Antrag eine gesetzlich gebundene Entscheidung zu treffen hätte". Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt.

5

Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Verwaltungsgericht im Falle der Erledigung eines Verwaltungsakts auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Für das Feststellungsinteresse genügt jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art (vgl. z.B. Urteil vom 12. September 1989 - BVerwG 1 C 40.88 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 206).

6

In Staatsangehörigkeitssachen kann ein Feststellungsinteresse nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 31. März 1987 - BVerwG 1 C 32.84 - Buchholz 130 § 9 RuStAG Nr. 6) auch dann gegeben sein, wenn nach Erledigung des Verwaltungsakts eine andere Behörde über einen erneuten Antrag gleichen Inhalts eine gesetzlich gebundene Entscheidung zu treffen hätte. Ein Feststellungsinteresse läßt sich regelmäßig daraus herleiten, daß ein obsiegendes Urteil auch gegenüber der nunmehr zuständigen Behörde von Nutzen wäre. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Behörde durch das Urteil gebunden wird, wenn jedenfalls zu erwarten ist, daß sie der Entscheidung des Gerichts folgt (vgl. zur Frage der Bindungswirkung auch Urteil vom 23. Februar 1993 - BVerwG 1 C 16.87 - NVwZ 1993, 781). Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage ist mithin nicht klärungsbedürftig. Der Umstand, daß die Begründung des Berufungsgerichts hinsichtlich des nach seiner Auffassung im vorliegenden Fall fehlenden Feststellungsinteresses im Widerspruch zu den vom beschließenden Senat im Urteil vom 31. März 1987 a.a.O. entwickelten Grundsätzen steht, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, da diese insoweit keinen Grund im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO bezeichnet, aus dem die Zulassung begehrt wird.

7

2.

Die Revision kann auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zugelassen werden (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die geltend gemachten Verfahrensrügen greifen nicht durch.

8

Die Klägerin rügt eine Verletzung der Hinweispflicht. Sie meint, das Berufungsgericht hätte sie über die Möglichkeit einer erweiterten örtlichen Zuständigkeit nach Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG und die hierzu einzuholende Zustimmung der nunmehr zuständigen Behörde schon vor der Berufungsverhandlung aufklären müssen.

9

Nach § 86 Abs. 3 VwGO hat der Vorsitzende darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden. Gegen diese Vorschrift hat das Berufungsgericht nicht verstoßen. Der von der Klägerin gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag war nicht sachwidrig. Die Rückkehr zu einem Verpflichtungsantrag brauchte das Berufungsgericht nicht zu empfehlen. Der Verwaltungsgerichtshof war nicht gehalten, auf eine Regelung der beteiligten Behörden im Sinne des § 3 Abs. 3 VwVfG bzw. Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG hinzuwirken, zumal bisher höchstrichterlich ungeklärt ist, ob das Erfordernis einer Änderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände "im Lauf des Verwaltungsverfahrens" auch noch nach Anhängigmachung eines Verwaltungsstreitverfahrens besteht. Hat das Berufungsgericht seine Hinweis- und Aufklärungspflicht gegenüber der Klägerin nicht verletzt, ist ihr weiterer in diesem Zusammenhang erhobener Vorwurf, es liege eine unzulässige Überraschungsentscheidung vor, gegenstandslos.

10

Schließlich macht die Beschwerde nicht ersichtlich, daß das Berufungsgericht Verfahrensrecht dadurch verletzt hat, daß es die nunmehr zuständige Behörde nicht beigeladen hat.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus § 1524 Abs. 2 VwGO.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 GKG.

Meyer
Kemper
Mallmann