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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 05.09.1985, Az.: BVerwG 5 C 33.85

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist für die Wiedereinsetzung; Schuldlose Versäumung einer gesetzlichen Frist; Versäumung der Revisionsfrist

Bibliographie

Gericht
BVerwG
Datum
05.09.1985
Aktenzeichen
BVerwG 5 C 33.85
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1985, 12196
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG Berlin - 26.01.1983 - AZ: 17 A 139/82
OVG Berlin - 29.10.1984 - AZ: 7 B 44.83
BVerwG - 27.03.1985 - AZ: BVerwG 5 ER 284.84

Fundstellen

  • DVBl 1986, 287 (Volltext mit amtl. LS)
  • DokBer A 1985, 331-332

Amtlicher Leitsatz

Auch wegen Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig.

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. September 1985
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Zehner und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Rochlitz und Bermel
beschlossen:

Tenor:

Unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist nach § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO wird der Klägerin wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 29. Oktober 1984 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Gründe

1

Durch Beschluß des Senats vom 27. März 1985 (BVerwG 5 ER 284.84) - zugestellt am 3. April 1985 - ist der Klägerin für die formgerechte Einlegung der Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 29. Oktober 1984 Prozeßkostenhilfe bewilligt und ihr Prozeßbevollmächtigter als Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet worden. Mit einem am 21. Mai 1985 eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin die bis zum Ablauf der Revisionsfrist am 31. Dezember 1984 versäumte Rechtshandlung - die Einlegung der Revision - formgerecht nachgeholt und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

2

Die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist nach § 60 Abs. 1 VwGO scheitert nicht daran, daß die Klägerin den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verspätet, d.h. nach Ablauf der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO, angebracht hat. Denn der Klägerin ist auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist für die Wiedereinsetzung zu gewähren. Die im Urteil vom 21. Oktober 1975 (BVerwGE 49, 252 <255>[BVerwG 21.10.1975 - VI C 170/73] mit weiteren Nachweisen) offengelassene Frage, ob eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei der Frist nach § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGOüberhaupt zulässig ist, ist zu bejahen. § 60 Abs. 1 VwGO läßt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei der schuldlosen Versäumung einer gesetzlichen Frist zu. Gesetzliche Fristen sind Fristen, deren Dauer durch das Gesetz bestimmt ist und die kraft Gesetzes ohne besondere Festsetzung allein aufgrund eines bestimmten Ereignisses zu laufen beginnen. Die Frist nach § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eine solche gesetzliche Frist. Ihre Dauer beträgt zwei Wochen; sie beginnt mit dem Wegfall des Hindernisses zu laufen (herrschende Meinung: Eyermann-Fröhler, VwGO, 8. Aufl. 1980, § 60 RdNr. 13; Kopp, VwGO, 6. Aufl. 1984,§ 60 RdNr. 2; Redeker-von Oertzen, VwGO, 8. Aufl. 1985,§ 60 RdNr. 14; Schunck-de Clerk, VwGO, 3. Aufl. 1977, Anm. 3.a); vgl. auch BVerfGE 60, 253 <267>[BVerfG 20.04.1982 - 2 BvL 26/81] und speziell für die Wiedereinsetzung nach Bewilligung des Armenrechts BVerfGE 22, 83 sowie § 233 ZPO, der die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO ausdrücklich nennt.

3

Die Klägerin war ohne Verschulden gehindert, die Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einzuhalten. Durch die Versicherung an Eides statt der Rechtsanwältin P. hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin glaubhaft gemacht, daß eine Revisionsschrift nebst Wiedereinsetzungsantrag am 4. April 1985, dem Tage nach der Zustellung des Beschlusses vom 27. März 1985, gefertigt, an das Bundesverwaltungsgericht adressiert und als gewöhnliche Briefsendung zur Post gegeben worden ist. Die Unkenntnis des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin von der Tatsache, daß nach der Zustellung des Beschlusses vom 27. März 1985 eine Revisionsschrift beim Bundesverwaltungsgericht nicht eingegangen ist - hier das dem rechtzeitigen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist entgegenstehende Hindernis -, ist erst durch das Schreiben der Geschäftsstelle des Senats vom 13. Mai 1985 beseitigt worden. Da der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin den Umstand, daß die Briefsendung vom 4. April 1985 den Empfänger nicht erreicht hat, nicht zu vertreten hat, ist der Klägerin auf den rechtzeitig am 21. Mai 1985 eingegangenen Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

4

Auf den danach zulässigen Wiedereinsetzungsantrag hinsichtlich der Revisionsfrist war der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch für diese Frist zu gewähren. Die Klägerin war infolge ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und damit unverschuldet an der Einhaltung der Revisionsfrist gehindert.

5

Mit der Zustellung dieses Beschlusses beginnt die Frist für die Begründung der Revision zu laufen (vgl. BVerwGE 36, 340<345 f.>[BVerwG 30.11.1970 - Gr. Sen. - 1/69]).

Dr. Zehner
Rochlitz
Bermel