Bundesverwaltungsgericht
Urt. v. 19.10.1982, Az.: BVerwG 1 C 29.79
Erkennungsdienst; Rechtmäßigkeit von Maßnahmen; Strafaussetzung zur Bewährung; Abschluss des Strafverfahrens; Revisionsgerichtliche Beurteilung; Verwaltungsrechtsweg
Bibliographie
- Gericht
- BVerwG
- Datum
- 19.10.1982
- Aktenzeichen
- BVerwG 1 C 29.79
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1982, 11845
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Gelsenkirchen - 08.09.1977 - AZ: 8 K 2580/73
- OVG Nordrhein-Westfalen - 13.12.1978 - AZ: IV A 2063/77
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BVerwGE 66, 192 - 201
- BayVBl 1983, 183-185
- DVR 13, 320 - 327
- DokBer A 1983, 83-88
- MDR 1983, 605-607 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1983, 772-774 (Volltext mit amtl. LS)
- NVwZ 1983, 286 (amtl. Leitsatz)
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Für Klagen betr. die Anordnung der Aufnahme von Unterlagen für Zwecke des Erkennungsdienstes (§ 81 b 2. Alternative StPO) ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.
- 2.
Die Rechtmäßigkeit einer nach § 81 b 2. Alternative StPO getroffenen Anordnung wird durch den späteren Abschluß des gegen den Betroffenen geführten Strafverfahrens nicht berührt.
- 3.
Für die revisionsgerichtliche Beurteilung der Notwendigkeit der angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen kommt es auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an.
- 4.
Eine Anordnung nach § 81 b 2. Alternative StPO ist nicht schon deswegen rechtswidrig, weil die Vollstreckung der Strafe wegen der Handlung des Betroffenen, die auch den Anlaß der erkennungsdienstlichen Maßnahme bildet, zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
In dem Rechtsstreit
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 1982
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heinrich und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Barbey, Dr. Dickersbach, Meyer und
Dr. Diefenbach
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 13. Dezember 1978 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Entscheidungsgründe
I.
Der 1942 geborene Kläger vertrieb etwa seit dem Jahr 1967 bei Werbeveranstaltungen (sogenannten Kaffeefahrten) Vitamin-Aufbaukuren, zuletzt für die V. Nach dem Konkurs dieser Firma ist der Kläger als selbständiger Handelsvertreter in der Textilbranche tätig.
Im Jahre 1971 wurde gegen den Kläger und andere Personen, die wie er als Werber für Vitanin-Aufbaukuren tätig waren, ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bochum wegen Verdachts des Betruges bei der Durchführung der Werbeveranstaltungen anhängig.
Etwa Anfang Dezember 1972 forderte der Beklagte den Kläger im Zusammenhang mit diesem Ermittlungsverfahren schriftlich auf, sich zum Zwecke der Aufnahme erkennungsdienstlicher Unterlagen bei der Kriminalpolizei Bochum einzufinden. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Der Regierungspräsident Arnsberg wies diesen unter Bezugnahme auf § 81 b der Strafprozeßordnung zurück.
Gegen diese Bescheide erhob der Kläger Klage.
Während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde der Kläger durch Urteil des Landgerichts Bochum vom 27. Januar 1977 wegen tateinheitlich begangenen Betruges, Vergehens gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und vorsätzlichen Vergehens gegen das Arzneimittelgesetz rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung unter Festsetzung einer Bewährungsfrist von vier Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegenstand der Verurteilung war das Verhalten des Klägers bei insgesamt 33 Werbeveranstaltungen in der Zeit vom 25. August 1971 bis zum 27. September 1973.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gab der Klage statt: Der Kläger sei nach dem rechtskräftigen Abschluß des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens nicht mehr Beschuldigter im Sinne des § 81 b StPO. Zwar rechtfertige der präventiv-polizeiliche Regelungszweck des vorliegend maßgeblichen § 81 b 2. Alternative StPO durchaus den Schluß, wenn sogar schon der nicht rechtskräftig Verurteilte einer präventiv-polizeilichen Behandlung unterworfen werden dürfe, müsse dies erst recht für eine Person gelten, die nach geführtem Strafbarkeitsnachweis rechtskräftig verurteilt sei. Eine solche extensive Auslegung des Beschuldigtenbegriffs verbiete sich jedoch aus verfassungsrechtlichen Überlegungen. Die polizeirechtliche Ermächtigung der 2. Alternative des § 81 b StPO müsse als verfassungsrechtlich nur ausnahmsweise zulässige sogenannte Annexregelung im Zusammenhang mit der Bundeskompetenz für Strafprozeßrecht (Art. 74 Nr. 1 GG) verstanden werden. Dies verbiete es dem Gericht, den an einen engen Beschuldigtenbegriff anknüpfenden präventiv-polizeilichen Ermächtigungskern des § 81 b StPO im Wege einer erweiternden Auslegung nach Sinn und Zweck bzw. mit dem Argument "wenn schon, dann erst recht" auch auf eine rechtskräftig verurteilte Person auszudehnen.
Auf die Berufung des Beklagten wies das Oberverwaltungsgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus:
Der Verwaltungsrechtsweg für Rechtsstreitigkeiten betreffend die Rechtmäßigkeit polizeilicher Maßnahmen nach § 81 b 2. Alternative StPO sei gegeben. Dies gelte nicht nur für Streitigkeiten betreffend die Vernichtung erkennungsdienstlicher Unterlagen, sondern auch für Rechtsstreitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Anordnung gegenüber einer Person, sich erkennungsdienstlich behandeln zu lassen. § 81 b 2. Alternative StPO sei trotz der Aufnahme in die StPO eine ausschließlich polizeirechtliche Eingriffsgrundlage, für die bezüglich der weiteren Rechtmäßigkeitsanforderungen die Regeln des allgemeinen Polizeirechts gälten. Der wesentliche Regelungsgehalt - die Aufforderung, sich erkennungsdienstlich behandeln zu lassen - sei dem Erstbescheid gerade noch zu entnehmen. Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des § 81 b 2. Alternative StPO seien erfüllt. Es könne dahingestellt bleiben, ob für die gerichtliche Entscheidung die Sach- und Rechtslage zur Zeit der letzten Verwaltungsentscheidung oder der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich sei. Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des § 81 b 2. Alternative StPO seien in jedem Fall gegeben. Der Beschuldigtenbegriff des § 81 b StPO sei so zu verstehen, daß für die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung der Betroffene bei Erlaß des Erstbescheids von einem förmlichen, noch nicht abgeschlossenen Strafverfahren erfaßt und somit Beschuldigter im engeren Sinne der StPO sein müsse. Die Rechtmäßigkeit der getroffenen Anordnung entfalle aber nicht dadurch, daß der Betroffene vor Eintritt der Bestandskraft der polizeilichen Anordnung die Beschuldigteneigenschaft durch zwischenzeitlichen Abschluß des Strafverfahrens (rechtskräftige Verurteilung oder Freispruch) wieder verliere. Die Polizeibehörde solle nach Sinn und Zweck des § 81 b 2. Alternative StPO die Möglichkeit haben, anläßlich eines anhängigen Strafverfahrens von dem Beschuldigten erkennungsdienstliche Unterlagen aufzunehmen, um diese für polizeiliche Ermittlungen in anderen Fällen zur Verfügung zu haben. Sie sollten in örtliche und überörtliche polizeiliche Sammlungen aufgenommen werden, um Grundlage für spätere Observationen oder die Ermittlung bekannter oder vermuteter Straftaten zu sein. Es bestehe also kein unmittelbarer Zweckzusammenhang zwischen der Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen und den Zielen der Aufnahme und Aufbewahrung der erkennungsdienstlichen Unterlagen. Diese blieben auch dann sinnvoll, wenn das konkrete Strafverfahren vorzeitig ende. Die Beschuldigteneigenschaft bilde nur insofern ein eingriffsbegrenzendes Tatbestandsmerkmal, als nicht jeder Bürger erkennungsdienstlich behandelt werden dürfe, sondern nur Personen, die bereits in ein konkretes strafgerichtliches Verfahren verwickelt seien. Dieses Verwickeltsein brauche unter Würdigung einerseits des Zwecks der Aufnahme erkennungsdienstlicher Unterlagen und andererseits der sachgerechten Begrenzungsfunktion des Beschuldigtenmerkmals nur zur Zeit der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung vorzuliegen. Nur so lasse sich vermeiden, daß der von einer Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung betroffene Beschuldigte eines Strafverfahrens die erkennungsdienstliche Behandlung vereiteln könne, indem er Widerspruch und Klage erhebe und so den Eintritt der Bestandskraft und den Vollzug der Anordnung bis zum Abschluß des Strafverfahrens verzögere. Diese Möglichkeit bestehe regelmäßig bei eindeutiger Schuld, weil dann das Strafverfahren normalerweise zügig bis zur Verurteilung durchgeführt werden könne. Bei dieser Auslegung des § 81 b 2. Alternative StPO bestehe auch Übereinstimmung mit der Anwendung dieser Vorschrift in den Fällen, in denen es um die weitere Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen gehe, auf die § 81 b 2. Alternative StPO entsprechend angewendet werde. Nach herrschender Meinung sei für die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Aufbewahrung der erkennungsdienstlichen Unterlagen die Beendigung des Strafverfahrens und die Beendigung der formellen Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen unerheblich. Die Notwendigkeit der Aufnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen sei auch gegenwärtig noch gegeben. Die Aufnahme der Unterlagen sei nicht notwendig, wenn nach dem Stande der Verhältnisse gegen den Betroffenen kein begründeter Tatverdacht mehr bestehe und nichts dafür spreche, daß von dem Betroffenen in Zukunft die Begehung einer Straftat zu befürchten sei und daß die Unterlagen hierbei die Ermittlungen fördern könnten. Im einzelnen seien dabei auch die Ergebnisse kriminalistischer Erfahrung zu berücksichtigen. Wesentliche Abwägungsgesichtspunkte seien u.a. die Art der Straftaten, die der Betroffene tatsächlich oder möglicherweise begangen habe, der Zeitraum, während dessen er kriminalpolizeilich nicht mehr in Erscheinung getreten sei und das sonstige Bild seiner Persönlichkeit in kriminalistischer Hinsicht.
Nach diesen Maßstäben sei die Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers zu bejahen. Das Interesse an der Fertigung der erkennungsdienstlichen Unterlagen lasse sich insbesondere aus der besonderen Art der Straftaten herleiten, die dem Kläger in dem Strafverfahren zur Last gelegt worden seien und die inzwischen zur Verurteilung des Klägers durch das Landgericht Bochum zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren geführt hätten. Von dem betrügerischen Handeln des Klägers seien besonders schutzbedürftige Personen, nämlich vorwiegend ältere Menschen, betroffen gewesen, deren gesundheitliche Lage und deren Besorgnis um die Gesundheit der Kläger ausgenutzt habe. Daß auch das Landgericht Bochum in dem Strafurteil die Straftat des Klägers für gewichtig halten habe, zeige die bei dem zuvor unbestraften Kläger verhängte Freiheitsstrafe von immerhin zwei Jahren. Gegenwärtig sei auch die Besorgnis begründet, daß der Kläger künftig erneut in ähnlicher Weise straffällig werden könnte. Selbst wenn er sich jetzt einer andersartigen beruflichen Tätigkeit zugewendet haben sollte, sei die Gefahr nicht auszuschließen, daß er künftig erneut versuchen könnte, sich in strafbarer Weise im Geschäftsverkehr wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Gestützt werde diese Besorgnis auch dadurch, daß der Kläger einen Teil der vom Landgericht Bochum abgeurteilten Handlungen zu einer Zeit begangen habe, als gegen ihn bereits im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Vitamin-Kuren das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren anhängig gewesen sei, was er gewußt habe. Gerade auch für die polizeiliche Ermittlungsarbeit bei Betrugsstraftaten könnten erkennungsdienstliche Unterlagen nützlich sein. Angesichts des recht erheblichen öffentlichen Interesses an der Fertigung der erkennungsdienstlichen Unterlagen sei dem Kläger die Beeinträchtigung, die für ihn mit der Anfertigung und der Aufbewahrung der erkennungsdienstlichen Unterlagen verbunden sei, jedenfalls gegenwärtig noch zumutbar, zumal der zeitliche Abstand zu den abgeurteilten Straftaten z.Zt. noch nicht sehr groß sei, die Verurteilung vom 27. Januar 1977 weniger als zwei Jahre zurückliege und auch die Bewährungsfrist von vier Jahren noch nicht abgelaufen sei.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Zur Begründung führt er folgendes aus:
Das gegen ihn gerichtete Strafverfahren sei bereits zur Zeit des erstinstanzlichen Urteils rechtskräftig abgeschlossen gewesen. Er sei somit nicht mehr Beschuldigter im Sinne des § 81 b 2. Alternative StPO gewesen. Allein diese Auslegung sei mit der Entstehungsgeschichte, dem Wortsinn, der systematischen Stellung innerhalb der Strafprozeßordnung, der Definition des § 157 StPO, der Notwendigkeit eindeutiger Eingriffsbegrenzung und dem Gebot verfassungskonformer Auslegung vereinbar. Auch wenn eine weitergehende Auslegung unter ausschließlich polizeilichen Gesichtspunkten vorteilhaft sei, so seien doch Behörden und Gerichte an die Entscheidung des Gesetzgebers zur zeitlichen Grenze der Eingriffsbefugnis gebunden. Einige Formulierungen des Berufungsgerichts deuteten darauf hin, daß das Gericht meine, der Begriff "Beschuldigter" sei im Wege der Auslegung durch den Begriff "beschuldigt Gewesener" zu ersetzen. Letzteres würde im Ergebnis darauf hinauslaufen, daß die Beschuldigteneigenschaft mit dem Abschluß des Strafverfahrens nicht notwendig ende. Eine derartige Auslegung sei aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig: Sie mache die Vorschrift des § 81 b 2. Alternative StPO zu einer ausschließlich polizeirechtlichen Vorschrift und lege ihr damit einen Rechtsgehalt bei, der durch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Strafrecht und das gerichtliche Verfahren (Art. 74 Nr. 1 GG) nicht gedeckt sei. Ferner wolle das Berufungsgericht ohne nähere Begründung sogar davon abweichen, daß zumindest der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich sei und auf den Zeitpunkt der ersten Verwaltungsentscheidung (Erlaß des Erstbescheids) abstellen. Ein wirksamer Erstbescheid existiere aber nicht. Die Aufforderung des Beklagten an den Kläger, auf der Dienststelle zu erscheinen, habe Inhalt und Zweck nicht in zureichendem Maße erkennen lassen. Dies sei erst aufgrund des Widerspruchsbescheids möglich gewesen. Dem Erstbescheid fehle die hinreichende Bestimmtheit. Maßgebender Zeitpunkt sei richtigerweise zumindest die letzte mündliche Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Der Kläger wende sich mit seiner Anfechtungsklage gegen einen noch nicht vollzogenen Verwaltungsakt gebietenden Inhalts. Für diese Fallgruppe seien Veränderungen der Sachlage im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ebenso zu berücksichtigen wie für die Fallgruppe der Verwaltungsakte mit Dauerwirkung. Darüber hinaus sei aus den im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Januar 1971 (BVerwGE 37, 151 [BVerwG 28.01.1971 - VIII C 90/70]) angeführten Gründen die weitere tatsächliche Entwicklung des Falles bis zur Revisionsentscheidung schon im Revisionsurteil zu berücksichtigen.
Der Kläger führe seit seiner Verurteilung ein straffreies, geordnetes Leben; die Bewährungszeit sei abgelaufen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 8. September 1977 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
Die Revision ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).
Die vorliegende Klage, mit der der Kläger die Aufhebung der angegriffenen behördlichen Bescheide betreffend die Aufnahme von Unterlagen für Zwecke des Erkennungsdienstes (§ 81 b 2. Alternative der Strafprozeßordnung in der Fassung vom 12. September 1950 [BGBl. I S. 455] - StPO -) begehrt, ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, für die mangels einer anderweitigen bundesgesetzlichen Regelung der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere scheidet eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nach § 23 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581) - EGGVG - aus. Diese Bestimmung weist Entscheidungen über Anordnungen, Verfügungen oder sonstige Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten u.a. auf dem Gebiet der Strafrechtspflege getroffen werden - die übrigen in § 23 Abs. 1 EGGVG genannten Sachgebiete kommen vorliegend von vornherein nicht in Betracht - den ordentlichen Gerichten zu. Diese Vorschrift erfaßt nur Rechtsstreitigkeiten über Anordnungen, Verfügungen und sonstige Maßnahmen, die zur Verfolgung einer strafbaren Handlung getroffen worden sind (vgl. Urteile vom 3. Dezember 1974 - BVerwG 1 C 26.72 -, Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 138 [Aufnahme von Lichtbildern zum Zwecke der Strafverfolgung] und - BVerwG 1 C 11.73 -, BVerwGE 47, 255 [vorläufige Festnahme und Mitnahme zur Wache zwecks Feststellung der für das Strafverfahren benötigten Personalien]). Dazu gehören aus dem Regelungsbereich des § 81 b StPO nur - vorliegend nicht im Streit befindliche - Maßnahmen, die nach der ersten Alternative dieser Vorschrift der Durchführung des Strafverfahrens gegen den Betroffenen dienen, nicht dagegen Anordnungen, Verfügungen oder sonstige Maßnahmen, die aufgrund des § 81 b 2. Alternative StPO für Zwecke des Erkennungsdienstes und damit nicht für Zwecke der Strafverfolgung ergangen sind.
Nach § 81 b 2. Alternative StPO können Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit dies für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Die angegriffenen Bescheide sind durch diese Vorschrift gedeckt.
Entgegen der Ansicht der Revision entbehren die Bescheide nicht der nötigen Bestimmtheit.
Nach den revisionsgerichtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts besteht der wesentliche Regelungsinhalt der angegriffenen Bescheide in der Aufforderung an den Kläger, sich erkennungsdienstlich behandeln zu lassen. Hiernach ordnen die Bescheide verbindlich die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers - nach dem Widerspruchsbescheid: durch Aufnahme von Fingerabdrücken und Lichtbildern - an und verpflichten den Kläger zur Duldung dieser Maßnahmen und gegebenenfalls ihrer zwangsweisen Durchsetzung durch den aufgrund und nach Maßgabe des § 81 b 2. Alternative StPO hierfür zulässigen Verwaltungszwang.
Mit diesem Inhalt sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig.
Entgegen der Meinung der Revision sind sie nicht schon deswegen rechtswidrig, weil das gegen den Kläger eingeleitete Strafverfahren bei Abschluß des Berufungsverfahrens bereits rechtskräftig beendet war und der Kläger, wie die Revision meint, aus diesem Grunde nicht mehr Beschuldigter im Sinne von § 81 b 2. Alternative StPO wäre. Auch wenn man davon ausgeht, daß der Kläger bei Abschluß des Berufungsverfahrens nicht mehr Beschuldigter im Sinne von § 81 b StPO war, wird dadurch die Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Bescheide nicht berührt. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Grundlage einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81 b 2. Alternative StPO - die funktional keine Verfahrenshandlung im Rahmen eines Strafverfahrens, sondern eine Verwaltungsmaßnahme darstellt - ist die als Verwaltungsakt ergehende Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung, durch die die gesetzliche Pflicht des Betroffenen zur Duldung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen präzisiert und die im Einzelfall konkret beabsichtigte erkennungsdienstliche Behandlung - hier: Aufnahme von Lichtbildern und Fingerabdrücken - bestimmt wird. Grundlage dieses Verwaltungsakts ist die in § 81 b 2. Alternative StPO normierte Duldungspflicht des Betroffenen als Beschuldigter eines gegen ihn gerichteten Strafverfahrens. Voraussetzung der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung ist daher, daß ein Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen schwebt; nur während der Anhängigkeit eines solchen Verfahrens kann die Anordnung ergehen (BVerwGE 2, 302 [303 f.]). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Ob der Betroffene, wie das Berufungsgericht angenommen hat, nur bei Erlaß des Erstbescheides oder auch noch bei Erlaß des Widerspruchsbescheides - durch den die Anordnung abschließend ihren maßgeblichen Inhalt erhält - Beschuldigter sein muß, kann angesichts des Umstandes, daß der Kläger auch bei Abschluß des Widerspruchsverfahrens Beschuldigter eines gegen ihn gerichteten Strafverfahrens war, offenbleiben.
Ist die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81 b 2. Alternative StPO gegenüber dem Beschuldigten getroffen worden, so wird ihre Rechtmäßigkeit - im Gegensatz zur Rechtmäßigkeit von Maßnahmen nach § 81 b 1. Alternative StPO - nicht dadurch berührt, daß der Betroffene nach Abschluß des Verwaltungsverfahrens und vor dem Vollzug des Verwaltungsakts die Beschuldigteneigenschaft verliert.
Maßnahmen nach § 81 b 1. Alternative StPO dienen der Ermittlung und Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts in einem gegen den Betroffenen als Beschuldigten gerichteten Strafverfahren: Sie werden für die Zwecke der Durchführung dieses Strafverfahrens vorgenommen, so daß ihre Vornahme mit dem Wegfall der Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen durch ihre gesetzliche Zweckbestimung nicht mehr gedeckt ist.
Erkennungsdienstliche Unterlagen nach § 81 b 2. Alternative StPO werden dagegen nicht für die Zwecke eines gegen den Betroffenen gerichteten oder irgend eines anderen konkreten Strafverfahrens erhoben. Ihre Anfertigung, Aufbewahrung und systematische Zusammenstellung in kriminalpolizeilichen Sammlungen dient nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung vielmehr - ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Strafverfahren - der vorsorgenden Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen sind (vgl. BVerwGE 26, 169 [BVerwG 09.02.1967 - I C 57/66] [170 f.]). Deshalb besteht, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kein unmittelbarer Zweckzusammenhang zwischen der Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen und den gesetzlicher Zielen der Aufnahme und Aufbewahrung von erkennungsdienstlichen Unterlagen nach § 81 b 2. Alternative StPO. Daß eine erkennungsdienstliche Behandlung nach dieser Vorschrift nur gegen einen Beschuldigten angeordnet werden darf, besagt insofern lediglich, daß die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen kann, sondern daß sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und jedenfalls auch aus den Ergebnissen dieses Verfahrens die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung herleiten muß. Dies ändert jedoch nichts daran, daß die gesetzlichen Zwecke dieser Anordnung und der durch sie vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Behandlung außerhalb des Strafverfahrens liegen, das Anlaß zur Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung des Beschuldigten gibt, und daß somit der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens durch Einstellung, Verurteilung oder Freisprechung als solcher die Rechtmäßigkeit der gegen den Betroffenen als Beschuldigten des inzwischen abgeschlossenen Strafverfahrens getroffenen Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung unberührt läßt.
Auch im übrigen ist kein Grund dafür ersichtlich, daß die Anordnung von Maßnahmen für Zwecke des Erkennungsdienstes allein deswegen rechtswidrig werden könnte, weil der Betroffene nach Erlaß der Anordnung die Beschuldigteneigenschaft verliert. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang insbesondere, ob - wie die Revision geltend macht - die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81 b 2. Alternative StPO sofort - schon vor Eintritt ihrer Bestandskraft - mit den hierfür zulässigen Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann. Die sofortige Durchsetzbarkeit einer Anordnung läßt einen Schluß auf die materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen dieser Anordnung nicht zu; insbesondere läßt sich aus ihr nicht herleiten, die Anordnung werde angesichts ihrer sofortigen Durchsetzbarkeit rechtswidrig, sobald der Betroffene die Beschuldigteneigenschaft verliere.
Schließlich trifft auch die Auffassung der Revision nicht zu, die Vorschrift des § 81 b 2. Alternative StPO sei durch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht gedeckt, wenn man sie - wie hier - dahin auslege, daß die Rechtmäßigkeit der Anordnung durch den nachträglichen Wegfall der Beschuldigteneigenschaft nicht berührt werde. Maßnahmen nach § 81 b 2. Alternative StPO dienen - ganz unabhängig davon, welche Bedeutung dem nachträglichen Wegfall der Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen beizumessen ist - der vorsorgenden Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen sind. Der erkennende Senat hat deshalb das Vorhalten von erkennungsdienstlichen Unterlagen nach § 81 b 2. Alternative StPO als ein wichtiges Hilfsmittel der Polizei zur Aufklärung von Straftaten gekennzeichnet (BVerwGE 26, 169 [BVerwG 09.02.1967 - I C 57/66] [171]) und für diese Regelung wegen ihres engen sachlichen Zusammenhangs mit den in § 163 StPO normierten Aufgaben der Polizei die Gesetzgebungskompetenz des Bundes angenommen. Die hierfür maßgeblichen Gründe entfallen nicht deswegen, weil nach § 81 b 2. Alternative StPO der nachträgliche Wegfall der Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen als solcher die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung unberührt läßt.
Das Berufungsgericht hat schließlich rechtsfehlerfrei angenommen, daß die angeordneten Maßnahmen nach der bei Abschluß des Berufungsverfahrens gegebenen Sachlage für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig waren. Nach § 81 b 2. Alternative StPO dürfen die nach dieser Vorschrift zulässigen Maßnahmen vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Die Vorschrift stellt hinsichtlich der Notwendigkeit der Maßnahmen nicht (nur) auf den Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung, sondern auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Vornahme dieser Maßnahmen ab. Im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle der streitigen Anordnung kommt es deshalb für die Notwendigkeit der angeordneten Maßnahmen auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz - hier also auf den Zeitpunkt der Berufungsverhandlung - an.
Die Auffassung der Revision, die weitere tatsächliche Entwicklung des Falles bis zur Revisionsentscheidung sei schon im Revisionsurteil zu berücksichtigen, trifft nicht zu. Sie findet insbesondere in dem Urteil des 8. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Januar 1971 - BVerwG 8 C 90.70 - (BVerwGE 37, 151 [BVerwG 28.01.1971 - VIII C 90/70] [154 f.]), auf das sich die Revision beruft, keine Stütze. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Urteil den Zeitpunkt der Revisionsentscheidung deswegen als "ausnahmsweise" (a.a.O. S. 155) maßgebenden Zeitpunkt angesehen, weil der dort streitige Tatbestand der weitgehenden Förderung eines Ausbildungsabschnitts "nach dessen Beginn in der Regel durch bloßen - Zeitablauf" (a.a.O. S. 154) - nämlich durch Zurücklegung von mehr als einem Drittel der vorgeschriebenen Ausbildung (vgl. a.a.O. S. 155) - erreicht werde und Anhaltspunkte für eine rechtlich bedeutsame - d.h. dem dortigen Kläger nachteilige - Änderung des Ausbildungsverlaufs zwischen dem Erlaß des angefochtenen Urteils und der Revisionsentscheidung nicht gegeben waren (vgl. a.a.O. S. 154). Vorliegend kann dagegen keine Rede davon sein, daß eine etwa bei Erlaß der streitbefangenen Anordnung gegebene Notwendigkeit der angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen in der Regel durch bloßen Ablauf eines nach vorgegebenen Regeln zu bemessenden Zeitabschnitts entfällt. Vielmehr läßt sich nur anhand einer Bewertung der gesamten tatsächlichen Umstände des Einzelfalls darüber entscheiden, ob die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung (noch) gegeben ist oder nicht. Die hierfür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen hatte das Berufungsgericht zu treffen; an die von diesem getroffenen tatsächlichen Feststellungen ist der erkennende Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.
Der von dem Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt ist von ihm zutreffend dahin gewürdigt worden, daß die angeordnete Aufnahme von Lichtbildern und Fingerabdrücken des Klägers auch noch bei Abschluß des Berufungsverfahrens notwendig war. Die erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81 b 2. Alternative StPO soll vorsorgend sächliche Hilfsmittel für die Erforschung und Aufklärung von Straftaten bereitstellen. Dementsprechend bemißt sich die Notwendigkeit einschlägiger Maßnahmen danach, ob der anläßlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls - insbesondere angesichts der Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlaßverfahren zur Last gelegten Straftaten, seiner Persönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des Zeitraums, während dessen er strafrechtlich nicht (mehr) in Erscheinung getreten ist - Anhaltspunkte für die Annahme bietet, daß der Betroffene künftig oder anderwärts gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und daß die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen - den Betroffenen schließlich überführend oder entlastend - fördern könnten (vgl. BVerwGE 11, 181 [BVerwG 25.10.1960 - I C 63/59] [183]; 26, 169 [171 f.]). Liegen dahin gehende Anhaltspunkte nicht (mehr) vor, so ist die Aufbewahrung bereits erhobener Unterlagen nicht (mehr) zulässig (BVerwGE 26, 169 [BVerwG 09.02.1967 - I C 57/66] [171]) und demgemäß auch die Aufrechterhaltung einer noch nicht vollzogenen angefochtenen Anordnung zur Aufnahme von erkennungsdienstlichen Unterlagen rechtswidrig.
Der Sachverhalt des vorliegenden Falles ist dadurch gekennzeichnet, daß der Kläger wegen der ihm in dem strafrechtlichen Anlaßverfahren vorgeworfenen strafbaren Handlungen durch Urteil des Landgerichts Bochum vom 27. Januar 1977 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung mit einer Bewährungsfrist von vier Jahren verurteilt worden ist. Das Berufungsgericht ist aufgrund dieser Verurteilung ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, daß Art und konkrete Begehungsweise der von dem Kläger begangenen strafbaren Handlungen Anhaltspunkte dafür begründen, daß der Kläger voraussichtlich auch künftig strafrechtlich in Erscheinung treten wird. Diese Annahme findet in dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Strafurteil insbesondere darin eine Stütze, daß der Kläger - überdies in Kenntnis des bereits gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahrens - in einer großen Zahl von Fällen die gesundheitliche Lage vorwiegend älterer Menschen oder deren Besorgnis um ihre Gesundheit betrügerisch ausgenutzt hat. Keinen Bedenken begegnet auch die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts, die Notwendigkeit, den Kläger erkennungsdienstlich zu behandeln, sei angesichts des nicht sehr großen zeitlichen Abstands zu den abgeurteilten Straftaten und zu dem Ermittlungs- und Strafverfahren sowie angesichts des Umstandes, daß die auf vier Jahre festgesetzte Bewährungszeit noch nicht abgelaufen sei, auch im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung gegeben.
Dieser Würdigung steht nicht entgegen, daß das Landgericht Bochum die gegen den Kläger verhängte Strafe nach § 56 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt hat. Diese strafrichterliche Entscheidung setzt zwar voraus, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird (§ 56 Abs. 1 Satz 1 StGB) und daß bei der Entscheidung hierüber namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen sind, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind (§ 56 Abs. 1 Satz 2 StGB). Insofern könnte die Annahme naheliegen, die Polizeibehörde müsse der sachkundigen strafrichterlichen Prognose bei der Beurteilung der Gefahr künftigen strafbaren Verhaltens wesentliche Bedeutung beimessen und dürfe von ihr grundsätzlich nur bei Vorliegen überzeugender Gründe - etwa aufgrund umfassenderen Tatsachenmaterials, das zuverlässig eine andere Einschätzung erlaube - abweichen. Diese Betrachtungsweise würde jedoch übersehen, daß die Strafaussetzung zur Bewährung nach den §§ 56 ff. StGB einerseits, die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81 b 2. Alternative StPO andererseits unterschiedlichen Zwecken dienen und dementsprechend verschiedenen Rechtmäßigkeitsmaßstäben unterliegen.
Die Erwartung, daß der Verurteilte künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen werde, bedeutet nicht, daß sichere Gewähr für künftiges straffreies Leben besteht. Es genügt, daß die Begehung weiterer Straftaten nicht wahrscheinlich ist, d.h. daß die Wahrscheinlichkeit künftigen straffreien Verhaltens größer ist als diejenige erneuter Strafbarkeit. Eine jeden Zweifel ausschließende Gewißheit kann nicht verlangt werden, weil die Vorschrift des § 56 Abs. 1 StGB sonst entgegen ihrem kriminalpolitischen Zweck auf einen zu engen Bereich von Fällen beschränkt würde (vgl. Ruß in: Strafgesetzbuch - Leipziger Kommentar -, 10. Aufl., Rdn. 10 zu § 56 StGB). Demgegenüber ist die Notwendigkeit der Erhebung von Unterlagen für Zwecke des Erkennungsdienstes mit Rücksicht darauf, daß diese Unterlagen vorsorgend als sächliche Hilfsmittel für die sachgerechte Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch die Kriminalpolizei (§ 163 StPO) bereitgestellt werden, schon dann zu bejahen, wenn nach den gesamten Umständen des Falls begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Betroffene künftig oder anderwärts gegenwärtig strafrechtlich in Erscheinung treten wird und deswegen mit guten Gründen in den Kreis potentieller Beteiligter an einer strafbaren Handlung einbezogen werden kann. Diese Bewertung kann auch wegen eines Risikos gerechtfertigt sein, das bei der Bewilligung von Strafaussetzung zur Bewährung in Kauf genommen werden kann. Diese Rechtslage findet ihre Erklärung darin, daß eine unzutreffende Prognose im Rahmen des § 81 b 2. Alternative StPO - anders als in den Fällen des § 56 a Abs. 1 StGB, in denen nachträgliche Korrekturen einer unzutreffenden Prognose nach Maßgabe der §§ 56 a Abs. 2, 56 f StGB möglich sind - nicht mehr korrigiert werden kann: Ist eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81 b 2. Alternative StPO unterblieben, so fehlen der Polizei ggf. später eben die Unterlagen, die die Erforschung und Aufklärung einer Straftat - u.U. entscheidend - fördern könnten. Die in der Strafaussetzung zur Bewährung enthaltene Feststellung, daß die Wahrscheinlichkeit künftigen straffreien Verhaltens größer ist als diejenige erneuter Straffälligkeit, schließt deshalb auch bei einem gegenüber dem Strafurteil unveränderten Sachverhalt die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81 b 2. Alternative StPO nicht aus.
Die Revision ist somit zurückzuweisen. Der Beklagte wird jedoch in eigener Zuständigkeit zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für die weitere Aufrechterhaltung der streitbefangenen Anordnung und damit auch für ihre zwangsweise Durchsetzung noch bestehen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 4.000 DM festgesetzt.
Prof. Dr. Barbey
Dr. Dickersbach
Meyer
Dr. Diefenbach