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Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 05.05.2011, Az.: 2 BvR 722/11
Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen Aufschlusszeiten in einer Strafvollzuganstalt erfordert die substantiierte Darlegung der behaupteten Ungleichbehandlung
Gericht: BVerfG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 05.05.2011
Referenz: JurionRS 2011, 15942
Aktenzeichen: 2 BvR 722/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Stendal - 24.11.2010 - AZ: 508 StVK 1056/10

OLG Naumburg - 10.02.2011 - AZ: 1 Ws 43/11

OLG Naumburg - 02.03.2011 - AZ: 1 Ws 43/11

Verfahrensgegenstand:

Verfassungsbeschwerde
des Herrn P...
gegen

  1. a)

    den Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 2. März 2011 - 1 Ws 43/11 -,

  2. b)

    den Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10. Februar 2011 - 1 Ws 43/11 -,

  3. c)

    den Beschluss des Landgerichts Stendal vom 24. November 2010 - 508 StVK 1056/10 -

und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

BVerfG, 05.05.2011 - 2 BvR 722/11

In dem Verfahren
...
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts
durch
den Richter Mellinghoff,
die Richterin Lübbe-Wolff und
den Richter Huber
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473)
am 5. Mai 2011
einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 [BVerfG 08.02.1994 - 1 BvR 1693/92]<25 f.>; 96, 245 <248>).

2

1.

Nachdem die Justizvollzugsanstalt im Verfahren vor dem Landgericht auf die zwischenzeitliche Änderung der Aufschlusszeiten hingewiesen und der Beschwerdeführer daraufhin mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2010 nur noch darauf bestanden hatte, es müsse geklärt werden, warum unter Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes zwischen arbeitenden und nichtarbeitenden Strafgefangenen unterschieden werde, konnte das Landgericht ohne Verstoß gegen die Pflicht, Anträge unter Berücksichtigung des erkennbaren Rechtsschutzziels auszulegen (vgl. BVerfGE 122, 190 [BVerfG 25.11.2008 - 1 BvR 848/07]<198>; BVerfGK 7, 403 <408>), davon ausgehen, dass der Antrag des Beschwerdeführers nur noch hierauf gerichtet war.

3

Indem das Landgericht den verbleibenden Antrag ohne nähere Begründung als unzulässig verworfen hat, weil es insoweit an einer regelnden Maßnahme im Sinne des § 109 Abs. 1 StVollzG fehle, hat es allerdings nicht erwogen, ob die Regelung der Ein- und Aufschlusszeiten durch die Tagesablaufpläne, die der Beschwerdeführer als gleichheitswidrig beanstandete, eine Allgemeinverfügung darstellt und als solche für den Beschwerdeführer, soweit ihn betreffend, gemäß § 109 Abs. 1 StVollzG angreifbar ist (so für die Regelung der Aufschlusszeiten OLG Celle, Beschluss vom 17. März 2006 - 1 Ws 42/06 (StrVollz) -, NStZ 2006, S. 582 f. [OLG Celle 17.03.2006 - 1 Ws 42/06 (StrVollz)]<582>; KG, Beschluss vom 22. Januar 1996 - 5 Ws 424/95 Vollz -, ZfStrVo 1998, S. 310 <311>; für die Regelung der Arbeitszeit KG, Beschluss vom 30. November 1988 - 5 Vollz (Ws) 284/88 u.a. -, NStZ 1989, S. 445 ff.; allgemein zu den Voraussetzungen, unter denen Hausordnungs- oder Hausverfügungsregelungen als regelnde Maßnahmen im Sinne des § 109 Abs. 1 StVollzG angreifbar sind, OLG Celle, Beschluss vom 10. Oktober 1989 - 1 Ws 295/89 StrVollz -, NStZ 1990, S. 426 <427 f.>; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 15. März 2001 - 3 Ws 1308/00 StVollz -, NStZ 2001, S. 669 <669 f.>).

4

Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer im Fall der Aufhebung der angegriffenen landgerichtlichen Entscheidung im Ergebnis eine ihm günstigere Entscheidung erreichen könnte. Denn aus seinem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass die beanstandete Ungleichbehandlung überhaupt gegeben wäre. Aus den vorgelegten Tagesablaufplänen ist schon für die Zeit vor der Änderung nicht ersichtlich, dass der Freizeitaufschluss für arbeitende und nicht arbeitende Gefangene der Dauer nach unterschiedlich geregelt gewesen wäre. Dem Vorbringen der Justizvollzugsanstalt, dass eine Ungleichbehandlung insoweit nicht vorliege, ist der Beschwerdeführer schon im fachgerichtlichen Verfahren nicht substantiiert entgegengetreten.

5

Danach ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung auch hinsichtlich der Beschlüsse des Oberlandesgerichts nicht angezeigt.

6

2.

Ob die Einschlusszeiten, denen der Beschwerdeführer in der Justizvollzugsanstalt B. unterliegt, mit § 17 Abs. 2 Satz 1 StVollzG - von dessen Anwendbarkeit die Justizvollzugsanstalt nicht gemäß § 201 Nr. 2 StVollzG ausgenommen ist und der nicht uneingeschränkt zur Disposition der Hausordnung (§ 161 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG) steht - vereinbar sind, war danach im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.

7

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Mellinghoff
Lübbe-Wolff
Huber

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