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Bundessozialgericht
Beschl. v. 09.02.2024, Az.: B 2 U 9/23 BH
Feststellung weiterer Unfallfolgen und die Gewährung von Verletztenrente im Zugunstenverfahren
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 09.02.2024
Referenz: JurionRS 2024, 12587
Aktenzeichen: B 2 U 9/23 BH
ECLI: ECLI:DE:BSG:2024:090224BB2U923BH0

Verfahrensgang:

vorgehend:

SG München - 15.06.2021 - AZ: S 33 U 304/19

LSG Bayern - 29.06.2023 - AZ: L 2 U 188/21

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs 2 SGG

BSG, 09.02.2024 - B 2 U 9/23 BH

Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat am 9. Februar 2024 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Roos sowie die Richter Karmanski und Dr. Wahl
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. Juni 2023 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

I

1

Die Beteiligten streiten im mittlerweile dritten Zugunstenverfahren über die Feststellung weiterer Unfallfolgen und die Gewährung von Verletztenrente.

2

Der Kläger stürzte am 11.11.2002 von einem Gerüst und zog sich eine Prellung des linken Schultergelenks zu. Die Beklagte erkannte einen Arbeitsunfall an und stellte fest, dass der Körperschaden an der linken Schulter (gemeint: Rotatorenmanschettenschaden mit partieller Sehnenruptur und nachfolgendem Impingement) sowie die Beschwerden an beiden Kniegelenken und der Wirbelsäule keine Unfallfolgen seien (Bescheid vom 27.9.2006; Widerspruchsbescheid vom 6.12.2006). Klage und Berufung waren erfolglos (Urteile des SG vom 23.9.2009 und des LSG vom 9.2.2011): Ein Anpralltrauma durch Sturz auf die linke Schulter sei als Unfallmechanismus für eine Rotatorenmanschettenläsion völlig ungeeignet. Gehe man von einer plötzlichen Zugbelastung durch Festhalten mit der linken Hand am Gerüst aus, seien die vorbestehenden erheblichen degenerativen Veränderungen im Bereich der linken Schulter für den Rotatorenmanschettenschaden rechtlich wesentlich. Zugunstenanträge vom 8.4.2011 und 1.10.2013 hatten keinen Erfolg.

3

Im dritten Überprüfungsverfahren gab der Kläger an, er habe sich vor dem Sturz mit der linken Hand festgehalten, als die Gerüststange weggebrochen sei, auf der er gestanden habe. Die Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag ab, weil keine neuen Tatsachen vorgetragen worden seien (Bescheid vom 4.1.2019; Widerspruchsbescheid vom 15.5.2019). Mit derselben Begründung hat das SG die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 15.6.2021). Das LSG hat es unter Zurückweisung der Berufung abgelehnt, den Gerichtsbescheid sowie die Überprüfungsbescheide aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Ausgangsbescheide zurückzunehmen, die Gesundheitsstörungen an der linken Schulter, den Knien, der HWS und LWS als Unfallfolgen festzustellen und dem Kläger Verletztenrente zu gewähren (Urteil vom 29.6.2023): Für die Anerkennung von Unfallfolgen sei allein wesentlich, ob der Unfallmechanismus geeignet sei, die Gesundheitsstörungen zu verursachen, deren Anerkennung der Kläger begehre. Dass er sich im Moment des Sturzes mit der linken Hand am Geländer festgehalten habe, sei bereits im Ausgangsverfahren vorgetragen und im Urteil des LSG vom 9.2.2011 gewürdigt worden. Nach Zustellung am 27.7.2023 hat der Kläger am Montag, dem 28.8.2023, die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse übersandt. Der Senat fasst dies als Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auf.

II

4

Das PKH-Gesuch ist indes abzulehnen, weil eine Nichtzulassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1, § 121 Abs 1 ZPO). Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder aufgezeigt worden noch nach Durchsicht der Akten auf - grund der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung des Streitstoffs zu erblicken. Dagegen ist eine allgemeine Überprüfung des vorinstanzlichen Urteils in dem Sinne, ob das LSG richtig entschieden hat, im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht statthaft. Es ist nicht erkennbar, dass ein nach § 73 Abs 4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen.

5

a) Grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Eine fallübergreifende Breitenwirkung liegt hier nicht darin, dass das LSG bei der Abwägung mit den äußeren Einwirkungen des Unfalls dem vorbestehenden Rotatorenmanschettenschaden mit partieller Sehnenruptur im Einzelfall des Klägers überragende Bedeutung zugemessen und deshalb die rechtliche Wesentlichkeit verneint hat.

6

b) Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) könnte ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Divergenz (Abweichung) bedeutet Widerspruch im Rechtssatz oder - anders ausgedrückt - das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die den miteinander zu vergleichenden Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden.

7

c) Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Insbesondere haben beide Beteiligten im Berufungsverfahren einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 iVm § 153 Abs 1 SGG) wirksam zugestimmt.

8

Da dem Kläger somit keine PKH zu bewilligen ist, hat er nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO auch keinen Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts.

Roos

Wahl

Karmanski

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