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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 26.07.2022, Az.: 3 ZB 5/21
Verhältnismäßigkeit der Verlängerung der Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung eines Betroffenen (hier: Fußfessel); Mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 26.07.2022
Referenz: JurionRS 2022, 30660
Aktenzeichen: 3 ZB 5/21
ECLI: ECLI:DE:BGH:2022:260722B3ZB5.21.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Wiesbaden - 06.08.2021 - AZ: 7100 II 404/21

OLG Frankfurt am Main - 25.10.2021 - AZ: 20 W 207/21

Rechtsgrundlage:

§ 31a Abs. 1 Nr. 2 HSOG

BGH, 26.07.2022 - 3 ZB 5/21

Redaktioneller Leitsatz:

Eine Mitgliedschaft im sogenannten "Islamischen Staat" ist zur Begründung einer vom Betroffenen fortwährend ausgehenden terroristischen Gefahr geeignet.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2022 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. Oktober 2021 wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Betroffene hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

  3. 3.

    Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

  4. 4.

    Der Betroffenen wird für die Rechtsbeschwerdeinstanz ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt W. beigeordnet.

Gründe

1

Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 6. Oktober 2021 zurückgewiesen, mit dem dieses gemäß § 31a Abs. 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) ihre elektronische Aufenthaltsüberwachung angeordnet hatte. Ihre Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I.

2

Die Betroffene ist in Deutschland aufgewachsen. Bereits als Jugendliche radikalisierte sie sich und reiste 2014 als 16-Jährige nach Syrien aus, wo sie sich für über vier Jahre dem "Islamischen Staat" (IS) anschloss. Bei ihrer Rückkehr nach Deutschland im November 2019 wurde sie verhaftet und angeklagt. Wegen der Einzelheiten des vorstehenden Sachverhalts wird auf den Beschluss des Senats vom 22. Februar 2022 - 3 ZB 3/21, NStZ-RR 2022, 187 - verwiesen.

3

Am 5. Februar 2021 wurde die Betroffene aus der Haft entlassen. Am gleichen Tag ordnete das Hessische Landeskriminalamt gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen gegen sie an. Unter anderem untersagte es der Betroffenen den Kontakt zu im Einzelnen bezeichneten Personen aus der islamistischen Szene. Außerdem wurde ihr eine sogenannte elektronische Fußfessel angelegt, die sie bis zum 12. Juni 2021 trug. Bereits die zugrundeliegende Anordnung des Amtsgerichts Wiesbaden vom 12. März 2021 war Gegenstand eines Rechtsbeschwerdeverfahrens vor dem Senat (s. Beschluss vom 22. Februar 2022 - 3 ZB 3/21, NStZ-RR 2022, 187).

4

Am 28. Mai 2021 verurteilte ein Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main die Betroffene wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit einem Kriegsverbrechen gegen Eigentum, in einem anderen Fall mit der Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe, zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

5

Am 11. Juni 2021 beantragte der Beschwerdegegner, vertreten durch einen Kriminalhauptkommissar vom Polizeipräsidium Südhessen, die Verlängerung der Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung der Betroffenen beim Amtsgericht Darmstadt. Dieses erteilte rechtliche Hinweise, die zur Folge hatten, dass der Präsident des Polizeipräsidiums Südhessen den Antrag unter dem 14. Juli 2021 erneuerte, und verwies die Sache an das Amtsgericht Wiesbaden. Jenes hat mit Beschluss vom 6. August 2021 seine Anordnung vom 12. März 2021 - auf drei Monate befristet, also bis zum 5. November 2021 - "verlängert". Am 9. August 2021 ist der Betroffenen das Gerät zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung wieder angelegt worden.

6

Unter demselben Tag hat sie Beschwerde eingelegt. Sie hat die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Wiesbaden gerügt, eine mündliche Anhörung beantragt und geltend gemacht, dass von ihr keine terroristische Gefahr ausgehe.

7

Das Oberlandesgericht hat die Betroffene am 21. Oktober 2021 persönlich angehört. Mit Beschluss vom 25. Oktober 2021 hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Der Zivilsenat hat ausgeführt, die Voraussetzungen für den Erlass der richterlichen Anordnung lägen weiterhin vor.

8

Mit ihrer im Beschluss des Oberlandesgerichts zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt die Betroffene festzustellen, dass sie durch diesen sowie den Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 6. August 2021 in ihren Rechten verletzt worden sei.

II.

9

1. Die aufgrund der Zulassung durch das Oberlandesgericht statthafte (§ 70 Abs. 1, 2 FamFG, § 31a Abs. 3 Satz 8 HSOG) Rechtsbeschwerde ist fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Gemäß § 62 Abs. 1 FamFG steht die inzwischen durch Zeitablauf eingetretene Erledigung dem nicht entgegen (s. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 22. Februar 2022 - 3 ZB 3/21, NStZ-RR 2022, 187, 188 mwN).

10

2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet (zum eingeschränkten Prüfungsmaßstab s. § 72 Abs. 1 Satz 2, § 74 Abs. 2, 3 Satz 3 FamFG). Die Anordnung des Amtsgerichts und der bestätigende Beschluss des Oberlandesgerichts haben die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt.

11

a) Verfahrensfehler liegen nicht vor.

12

aa) Ebenso wie im Beschwerdeverfahren ist im Rechtsbeschwerdeverfahren die Rüge der fehlenden Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts ausgeschlossen (§ 72 Abs. 2 FamFG). Eine willkürliche Annahme der Zuständigkeit, die in Freiheitsentziehungssachen eine einschränkende Auslegung der § 65 Abs. 4, § 72 Abs. 2 FamFG gebietet (BGH, Beschluss vom 24. Juni 2020 - XIII ZB 44/19, juris Rn. 14 mwN), ist deshalb nicht zu prüfen, weil die Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung kein Freiheitsentzug ist (BVerfG, Beschluss vom 1. Dezember 2020 - 2 BvR 916/11 u.a., BVerfGE 156, 63 Rn. 222 mwN; BGH, Beschlüsse vom 22. September 2021 - 3 ZB 2/20, NStZ-RR 2022, 23 f.; vom 22. Februar 2020 - 3 ZB 3/21, NStZ-RR 2022, 187, 188 f.).

13

bb) Entgegen dem Rügevorbringen haben Amts- und Oberlandesgericht den zu entscheidenden Sachverhalt verfahrensfehlerfrei festgestellt. Insbesondere sind sie ihrer Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG hinreichend nachgekommen. Das Beschwerdegericht hat sich in einer Anhörung einen persönlichen Eindruck von der Betroffenen verschafft. Die Vorgerichte haben sich zudem im Rahmen ihres Ermessens weiterhin rechtsfehlerfrei dazu in der Lage sehen dürfen, das zukünftige Verhalten der Betroffenen und den Grad der von ihr ausgehenden Gefahr selbst einzuschätzen. Zur Einholung eines Prognosegutachtens sind sie nicht verpflichtet gewesen (vgl. hierzu bereits BGH, Beschluss vom 22. Februar 2022 - 3 ZB 3/21, NStZ-RR 2022, 187, 189). Die Beurteilung des Sachverhalts hat keine besondere psychologische Sachkunde erfordert, über die das Beschwerdegericht nicht selbst verfügt hätte. Dies gilt entgegen dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde auch in Anbetracht des jugendlichen Alters der Betroffenen zum Zeitpunkt der Ausreise zum IS, ihrer damit notwendig einhergehenden Unreife, ihrer komplexen Lebensumstände in Syrien sowie der von ihr geltend gemachten inneren Deradikalisierung.

14

b) In materieller Hinsicht ist die angefochtene Anordnung ebenfalls rechtsfehlerfrei ergangen.

15

aa) Zur Rechtsgrundlage des § 31a HSOG, der Verfassungsgemäßheit der Vorschrift, der grundsätzlichen Bindung des Rechtsbeschwerdegerichts an die von der Vorinstanz festgestellten Tatsachen sowie deren Würdigung, dem damit einhergehenden Spielraum des Tatgerichts bei der individuellen Beurteilung des Falls, zur Auslegung der in § 31a HSOG verwandten unbestimmten Rechtsbegriffe sowie zu den mithin auch hier anzuwendenden Maßstäben wird auf den Beschluss des Senats vom 22. Februar 2022 - 3 ZB 3/21, NStZ-RR 2022, 187, 189 f. - und die dortigen Nachweise verwiesen.

16

bb) Offenbleiben kann, ob die Maßnahme eine Erstanordnung oder eine Verlängerung der ursprünglichen Entscheidung des Amtsgerichts vom 12. März 2021 dargestellt hat. Der auf drei Monate befristete Ausgangsbeschluss war bereits seit mehreren Wochen abgelaufen. Seither hatte die Betroffene das Überwachungsgerät nicht mehr getragen; es musste ihr neu angelegt werden. Beide Maßnahmen - die Erstanordnung und die Verlängerung - unterliegen indes denselben materiellen Anforderungen. Das folgt aus § 31a Abs. 3 Satz 5 HSOG, nach dem eine Verlängerung um jeweils bis zu drei Monate dann möglich ist, wenn die Voraussetzungen für die Maßnahme fortbestehen. Die zunächst vom Beschwerdegegner in seinem Antrag gewählte und sodann vom Amtsgericht aufgegriffene Bezeichnung als "Verlängerung" der Anordnung hat - unbeschadet der Frage, ob es sich tatsächlich um eine solche handelte - jedenfalls nicht dazu geführt, dass die Instanzgerichte die Voraussetzungen des § 31a Abs. 1 HSOG nicht sorgfältig geprüft hätten.

17

cc) Inhaltlich haben Amts- und Oberlandesgericht die Anordnung erneut auf § 31a Abs. 1 Nr. 2 HSOG gestützt und den Bedeutungsgehalt des unbestimmten Rechtsbegriffs der "durch individuelles Verhalten bedingten konkreten Wahrscheinlichkeit" wiederum zutreffend erfasst. Sie haben im Verhalten der Beschwerdeführerin noch immer ausreichende konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür ausgemacht, dass sich in ihrer Person innerhalb eines vorhersehbaren Zeitraums eine terroristische Gefahr aktualisieren kann.

18

Dabei haben sich beide Gerichte in erster Linie auf die bereits in ihren vorangegangenen Entscheidungen angeführten Umstände gestützt und damit insbesondere auf das Verhalten der Betroffenen vor ihrer Rückkehr aus Syrien nach Deutschland. Auch insoweit wird wegen der Einzelheiten auf den Beschluss des Senats vom 22. Februar 2022 - 3 ZB 3/21, NStZ-RR 2022, 187, 190 f. - Bezug genommen. Entgegen dem Rügevorbringen ist nichts dagegen zu erinnern, dass die Tatgerichte in dem mehrjährigen Aufenthalt der Betroffenen im Herrschaftsgebiet des IS und den dort von ihr begangenen Straftaten noch immer hinreichende konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für ihre fortbestehende massive Gefährlichkeit erblickt haben. Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, ein jahrelang zurückliegendes Verhalten könne nicht für eine Prognose herangezogen werden, die sich auf den heutigen Zeitpunkt beziehe, ist ihr nicht zu folgen. Auch ein solches kann eine aktuelle konkrete Wahrscheinlichkeit für terroristische Straftaten begründen. Das Oberlandesgericht hat nachvollziehbar dargelegt, dass und warum die langjährige Verinnerlichung der Ideologie des IS, die mit der Befürwortung der Hinrichtung und Tötung von "Ungläubigen" einhergehe, bis heute in der Betroffenen fortwirkt.

19

Dass das Bundesverfassungsgericht ausgeführt hat, das individuelle Verhalten begründe die konkrete Wahrscheinlichkeit der Begehung einer terroristischen Straftat etwa dann, wenn die Person aus einem ausländischen Ausbildungslager für Terroristen in die Bundesrepublik Deutschland einreise (s. Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220 Rn. 112), bedeutet nicht, dass es für die Annahme der terroristischen Gefahr der Teilnahme der Betroffenen an einem speziellen IS-Kampftraining bedurft hätte. Insoweit ist - anders, als die Beschwerdeführerin meint - auch keine Vergleichbarkeit des individuellen Verhaltens zu fordern. Denn das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Formulierung lediglich ein Beispiel aufgezeigt, nicht aber einen allgemeinen Maßstab festgelegt. Als zur Gefahrbegründung nicht ausreichend sind vielmehr nur relativ diffuse Anhaltspunkte, reine Vermutungen oder bloße Spekulationen für mögliche Gefahren anzusehen sowie eine Tatsachenlage, die durch eine hohe Ambivalenz der Bedeutung einzelner Beobachtungen gekennzeichnet ist. Eine solche Konstellation liegt etwa dann vor, wenn allein bekannt ist, dass die betroffene Person sich zu einem fundamentalistischen Religionsverständnis hingezogen fühlt (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220 Rn. 113; BGH, Beschluss vom 10. Juni 2020 - 3 ZB 1/20, BGHSt 66, 1 Rn. 27). Dass die Beschwerdeführerin als Mitglied des IS dessen Gräueltaten über viele Jahre aktiv unterstützte, ist dagegen belegt. Nach §§ 26, 65 Abs. 3, § 68 Abs. 3 FamFG hat der Zivilsenat insoweit nunmehr auf die Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Staatsschutzsenats vom 28. Mai 2021 zurückgreifen können. Diesen hat er unter anderem entnommen, dass die Beschwerdeführerin während der gesamten Dauer ihres Aufenthalts in Syrien eine gefestigte radikal-islamistische Überzeugung besaß und jene bis heute in ihrer Persönlichkeit verwurzelt ist. Ein solcher Umstand ist ohne Weiteres zur Begründung einer von ihr fortwährend ausgehenden terroristischen Gefahr geeignet.

20

Das Oberlandesgericht hat überdies den im Rahmen der Anhörung gewonnenen - guten - persönlichen Eindruck von der Betroffenen in seine Abwägung einfließen lassen. Es hat bedacht, dass sie sich im Termin westlich orientiert gegeben und von ihrem Ehemann, einem IS-Kämpfer unbekannten Aufenthalts, distanziert hat. Der Zivilsenat hat auch in den Blick genommen, dass die Beschwerdeführerin die Fußfessel vom 12. Juni 2021 bis zum 9. August 2021 nicht trug, ohne dass sich in dieser Zeit eine terroristische Gefahr realisierte. Er hat gewürdigt, dass sie sämtlichen Bewährungsauflagen nachkommt, die Schule besucht und ihren Schleier abgelegt hat. Entgegen dem Rechtsbeschwerdevortrag hat das Oberlandesgericht keinen unzutreffenden Beurteilungsmaßstab angelegt, indem es alle diese Umstände nicht als durchgreifend erachtet hat. Mit der Annahme, es handele sich dabei nur um erste positive Verhaltensansätze über einen sehr kurzen Beobachtungszeitraum, hat es weder den unbestimmten Rechtsbegriff des gefahrbegründenden individuellen Verhaltens verkannt, noch relevante Umstände in unvertretbarer Weise gewürdigt. Bei der Bewertung und Gewichtung dieser verschiedenen Aspekte steht den Tatgerichten ein Beurteilungsspielraum zu (BGH, Beschluss vom 22. Februar 2022 - 3 ZB 3/21, NStZ-RR 2022, 187, 190 f.), der hier nicht überschritten ist.

21

Das Rügevorbringen greift ebenfalls nicht durch, soweit es moniert, dass die Vorgerichte bei der Subsumtion wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hätten. Die in der Rechtsbeschwerdeschrift aufgezeigten Anzeichen für eine positive Entwicklung der Betroffenen hat insbesondere das Oberlandesgericht in seiner Entscheidung vielmehr erörtert.

22

Soweit die Rechtsbeschwerde schließlich beanstandet, die angegriffenen Entscheidungen zeigten nicht auf, welche möglichen Straftaten die Betroffene begehen könne, gilt: Angesichts der herausragenden Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter muss das zu befürchtende Geschehen nicht seiner Art nach konkretisierbar und zeitlich absehbar sein. Terroristische Straftaten zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie oft durch lang geplante Handlungen von bisher nicht straffällig gewordenen Einzelnen an nicht vorhersehbaren Orten und in ganz verschiedener Weise begangen werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220 Rn. 112; BGH, Beschluss vom 10. Juni 2020 - 3 ZB 1/20, BGHSt 66, 1 Rn. 46, 53). Ausführungen der Tatgerichte dazu, welche der in § 129a Abs. 1 StGB genannten Straftaten es im Einzelnen zu verhüten gilt, sind vor diesem Hintergrund entbehrlich.

23

dd) Ohne Rechtsfehler haben Amts- und Oberlandesgericht die Maßnahme überdies für geeignet gehalten, der Gefahr terroristischer Straftaten durch die Betroffene entgegenzuwirken, und die Anordnung für verhältnismäßig erachtet.

III.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 84 FamFG. Eine Kostenentscheidung zugunsten der an dem Verfahren beteiligten Behörde unterbleibt, weil ihr über den bloßen Verwaltungsaufwand hinaus keine besonderen Kosten erwachsen sind (vgl. Keidel/Weber, FamFG, 20. Aufl., § 80 Rn. 17).

25

Die Festsetzung des Gegenstandswerts des Verfahrens in der Rechtsbeschwerdeinstanz folgt aus § 36 Abs. 2 und 3, § 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG.

IV.

26

Der Betroffenen ist nach § 76 Abs. 1 FamFG, §§ 114 ff. ZPO auf ihren Antrag für die Rechtsbeschwerdeinstanz erneut unter Beiordnung ihres Rechtsanwalts Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2022 - 3 ZB 3/21, juris Rn. 48, nicht abgedruckt in NStZ-RR 2022, 187).

Schäfer

Berg

Erbguth

RiBGH Dr. Kreicker befindet sich im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben.
Schäfer

Voigt

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