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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 28.11.2012, Az.: 5 StR 416/12; (alt: 5 StR 402/11)
Anforderungen an einen Geschäftsverteilungsplan vor dem Hintergrund der Mitwirkung von bereits an einer aufgehobenen Entscheidung beteiligten Richtern an der erneuten Behandlung der Sache
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 28.11.2012
Referenz: JurionRS 2012, 29965
Aktenzeichen: 5 StR 416/12; (alt: 5 StR 402/11)
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Potsdam - 07.05.2012

Rechtsgrundlage:

§ 354 Abs. 2 StPO

Fundstellen:

NStZ 2013, 542-543

StV 2013, 551-552

Verfahrensgegenstand:

Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

BGH, 28.11.2012 - 5 StR 416/12; (alt: 5 StR 402/11)

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. November 2012 beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 7. Mai 2012 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

Die Rüge, das Gericht sei in der Person des Vorsitzenden nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, ist unzulässig. Dem Revisionsvorbringen ist nicht zu entnehmen, ob der gemäß § 338 Nr. 1b, §§ 222a, 222b StPO erforderliche Besetzungseinwand rechtzeitig erhoben wurde. Die Formulierung "in der Vernehmung des Angeklagten" lässt nicht erkennen, ob der Einwand, wie es nach § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO geboten ist, bereits vor Beginn der Vernehmung des Angeklagten zur Sache angebracht wurde. Die Verfahrenstatsachen sind indessen so vollständig anzugeben, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, darüber - unter der Voraussetzung der Erweisbarkeit - vollständig zu entscheiden (vgl. Kuckein in KK, 6. Aufl., § 344 Rn. 39 mwN). Zu den darzulegenden Tatsachen gehört im Fall des § 338 Nr. 1b StPO auch der rechtzeitig erhobene Besetzungseinwand (BGH, Beschluss vom 25. Juli 2002 - 3 StR 41/02, NJW 2002, 3717; Kuckein aaO § 338 Rn. 16 und § 344 Rn. 45 mwN).

Der Senat bemerkt allerdings, dass eine Geschäftsverteilung wie die hier vorliegende durchaus geeignet sein kann, die Rüge des § 338 Nr. 1 StPO zu begründen. Zwar ist ein Richter nicht etwa allein deshalb kraft Gesetzes oder wegen Besorgnis der Befangenheit von der Ausübung des Richteramts in einer vom Revisionsgericht zurückverwiesenen Sache ausgeschlossen, weil er bereits an der aufgehobenen Entscheidung mitgewirkt hatte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Mai 1994 - 3 StR 628/93, NStZ 1994, 447; vom 27. August 1991 - 1 StR 438/91, NStZ 1991, 595, und vom 27. April 1972 - 4 StR 149/72, BGHSt 24, 336; Urteil vom 9. September 1966 - 4 StR 261/66, BGHSt 21, 142). Dessen ungeachtet kann sich eine nicht ordnungsgemäße Besetzung im Sinne des § 338 Nr. 1 StPO daraus ergeben, dass der ihr zugrunde liegende Geschäftsverteilungsplan wegen eines Verstoßes gegen § 354 Abs. 2 StPO rechtswidrig ist (vgl. Kuckein aaO, § 354 Rn. 30). Die Regelung der Zuständigkeit als solche ist - anders als ihre Anwendung - durch das Revisionsgericht nicht nur auf Willkür, sondern in vollem Umfang auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen (BGH, Beschluss vom 4. August 2009 - 3 StR 174/09, StV 2010, 294). Dabei ist nicht nur das Gebot einer Zuteilung der einzelnen Sachen nach allgemeinen abstrakten Merkmalen (vgl. Diemer in KK, 6. Aufl., § 21e GVG Rn. 11 mwN) zu beachten; es ist auch festzustellen, ob der Geschäftsverteilungsplan mit sonstigen die gerichtliche Zuständigkeit betreffenden gesetzlichen Vorschriften in Einklang steht. Ist aber aufgrund eines Geschäftsverteilungsplans die Bearbeitung vom Revisionsgericht zurückverwiesener Sachen einer bestimmten Strafkammer, ohne dass hierzu eine durch personelle Engpässe oder sonstige besondere Umstände begründete Notwendigkeit bestanden hätte, einer mit solchen Richtern besetzten Strafkammer zugewiesen, die zuvor aufgrund einer anderen Kammerzugehörigkeit regelmäßig an den in Rede stehenden zurückverwiesenen Sachen beteiligt waren, so liegt die Annahme einer rechtswidrigen Umgehung der Vorschrift des § 354 Abs. 2 StPO ausgesprochen nahe (vgl. Kuckein aaO). Deren Ziel ist es zu gewährleisten, dass eine vom Revisionsgericht zurückverwiesene Sache jedenfalls in der Regel von anderen Richtern bearbeitet wird (BGH, Beschluss vom 27. April 1972 - 4 StR 149/72, BGHSt 24, 336), um so den Anschein der Voreingenommenheit zu vermeiden, der entstehen könnte, wenn stets dieselben Richter, die an dem angefochtenen Urteil mitgewirkt haben, auch gehalten wären, über die zurückverwiesene Sache zu entscheiden (Kuckein aaO, Rn. 29). Zwar hat der Gesetzgeber insofern bewusst in Kauf genommen, dass im Einzelfall an der neuen Entscheidung auch ein Richter mitwirkt, der schon an der aufgehobenen Entscheidung beteiligt war (BGH aaO). Durch eine Geschäftsverteilung, die dies zur Regel macht und so in die Beteiligung eines bereits an der aufgehobenen Entscheidung mitwirkenden Richters an den zurückverwiesenen Verfahren einer Strafkammer einmündet, wird indessen der Regelungsgehalt des § 354 Abs. 2 StPO bezogen auf Verfahren der betroffenen Strafkammer vollständig ausgehöhlt.

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