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Bundesgerichtshof
Urt. v. 11.11.1993, Az.: IX ZR 47/93

Wiederherstellung des zerstörten Gebäudes; Konkursmasse; Abtretbarkeit der Versicherungsforderung

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
11.11.1993
Aktenzeichen
IX ZR 47/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1993, 15002
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • MDR 1994, 370-371 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 1994, 343-345 (Volltext mit amtl. LS)
  • Rpfleger 1994, 313-314 (Volltext mit amtl. LS)
  • VersR 1994, 170-172 (Volltext mit amtl. LS)
  • WM 1994, 360-363 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZIP 1994, 142-144 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Nach der Wiederherstellung des zerstörten oder beschädigten Gebäudes ist die Versicherungsforderung ohne Einschränkung abtretbar und pfändbar; im Konkurs dient sie zur Befriedigung aller Konkursgläubiger.

Tatbestand:

1

Die Klägerin führte im Auftrag der unterdessen in Konkurs gefallenen R. Immobilien Management-Verwaltungs GmbH (im folgenden: R. GmbH) beim Wiederaufbau eines brandbeschädigten Kühlhauses, dessen Eigentümer der Geschäftsführer der R. GmbH war, die Dämmarbeiten aus. Von der Werklohnforderung stehen noch 25 % oder 343.380, 23 DM offen. Nachdem das Kühlhaus wieder aufgebaut war, wurde über den Nachlaß des inzwischen verstorbenen Eigentümers das Konkursverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zum Konkursverwalter bestellt. Das Gebäude war bei der Württembergischen Gebäudebrandversicherungsanstalt (fortan auch Anstalt) gegen Schäden durch Brand versichert. Versicherungsnehmer war der Eigentümer. Die Anstalt zahlte von dem bei Konkurseröffnung noch offenen Entschädigungsbetrag an den Beklagten 623. 525 DM aus. Die restlichen 344.000 DM, auf die sowohl die Klägerin als auch der Beklagte Anspruch erhoben, überwies sie auf ein Anderkonto des Beklagten und eines anwaltlichen Vertreters der Klägerin. Insgesamt bestehen noch Werklohnforderungen in Höhe von nahezu 1, 13 Mio DM.

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Mit ihrer Klage hat die Klägerin zuletzt in der Hauptsache Verurteilung des Beklagten zur Freigabe eines Teilbetrages in Höhe von 41.000 DM aus dem Anderkonto begehrt. Hilfsweise hat sie beantragt, den Beklagten zu verurteilen, aus der noch zur Verfügung stehenden Entschädigungsleistung der Anstalt in Höhe von 967. 626 DM zuzüglich angefallener Zinsen eine Sondermasse zu bilden und hiervon die auf die Klägerin entfallende Quote an diese zu zahlen.

3

Den Hauptantrag hat die Klägerin auf die Behauptung gestützt, die Forderung des Eigentümers gegen die Anstalt sei ihr bei den Vergabeverhandlungen in Höhe von 25 % der auf sie entfallenden Bausumme abgetreten worden. Den Hilfsantrag hat sie mit Vorschriften des württembergischen Gesetzes betreffend die veränderte Einrichtung der allgemeinen Brandversicherungsanstalt vom 14. März 1853 (Württ.Reg.Bl. S. 79), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. Januar 1943 (Württ.Reg.Bl. S. 1) - im folgenden: Brandversicherungsgesetz oder BrandversG - und mit einer Treuhandstellung des Eigentümers begründet, die sie aus dessen Zusage abgeleitet hat, die Werklohnforderungen würden aus der Versicherungssumme beglichen, sobald die Versicherung bezahlt habe.

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Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Hilfsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision bleibt ohne Erfolg.

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A. Die Revision scheitert nicht an § 549 Abs. 1 ZPO. Der Geltungsbereich des württembergischen Brandversicherungsgesetzes erstreckt sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts (Stuttgart) hinaus. Dies folgt jedenfalls daraus, daß das Gesetz nach wie vor (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Neuordnung der Gebäudeversicherung vom 28. Juni 1993, B.-W.GBl. S. 505) in dem zum früheren Land Württemberg gehörenden Teil des Bezirks des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen gilt und daß dieser Amtsgerichtsbezirk zum Bezirk des Landgerichts Konstanz und damit zum Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe gehört (§ 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Neubildung der Stadt Villingen-Schwenningen vom 26. Juli 1971 - B.-W.GBl. S. 291; § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 8 des Gesetzes über die Organisation der ordentlichen Gerichte in Baden-Württemberg (Gerichtsorganisationsgesetz) vom 3. März 1976, B.-W.GBl. S. 199). Von der in § 9 Abs. 1 des zuletzt genannten Gesetzes vorgesehenen Möglichkeit einer Rechtsgebietsänderung wurde insoweit kein Gebrauch gemacht (zur Revisibilität württembergischen Landesrechts vgl. auch BGH, Urt. v. 25. März 1993 - III ZR 19/91, RdL 1993,,289, z.V.b. in BGHZ).

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B. I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, aus der Zusicherung, er werde die restliche Werklohnforderung aus der Versicherungszahlung erfüllen, könne eine - fremdnützige - Treuhänderstellung des Eigentümers mit der Folge eines Aussonderungsrechts der Klägerin nicht gefolgert werden. Der Eigentümer habe nur zugesichert, was Art. 34 BrandversG ohnehin vorschreibe. Die Versicherungsleistung sei nicht konkursfrei. Für die Bildung einer Sondermasse bestehe keine Rechtsgrundlage. Eine bevorrechtigte Befriedigung der Klägerin aus der Versicherungsleistung scheide jedenfalls deshalb aus, weil das Kühlhaus bereits vor Eröffnung des Nachlaßkonkurses wiederhergestellt gewesen sei.

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II. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung stand.

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1. Die Revision meint, der Hilfsantrag sei auszulegen als Zahlungsantrag und als Antrag auf Feststellung, daß das "Sondervermögen" nicht der Konkursmasse angehöre, mithin entweder der Einzelzwangsvollstreckung der Baugläubiger unterliege oder einem Sonderkonkursverfahren. Der Zahlungsanspruch der Klägerin folge aus der Zusage des Eigentümers, er werde die Restlohnforderung aus der Versicherungszahlung erfüllen, wenn die Versicherung bezahlt habe. Da die restlichen Entschädigungsleistungen von 967. 525 DM inzwischen gezahlt seien, sei der Zahlungsantrag schon deshalb begründet. Der Beklagte schulde der Klägerin auch nach §§ 951, 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz für den Eigentumserwerb durch die von der Klägerin ausgeführten Bauarbeiten und nach §§ 819, 818 Abs. 4, § 281 BGB Herausgabe des rechtsgeschäftlichen Surrogats, also Zahlung aus der Versicherungsleistung. Der Eigentümer des Kühlhauses habe zum Zeitpunkt der Vermögensmehrung gewußt, daß er auf die Leistung der Klägerin keinen Anspruch habe, weil der Werkvertrag nicht mit ihm zustande gekommen sei. Der in dem Hilfsantrag enthaltene Feststellungsanspruch sei begründet, weil die Vermögensmehrung aufgrund der Versicherungsleistung nicht dem Nachlaßkonkurs unterfalle, sondern eine "Sondermasse" im Nachlaß bilde.

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2. a) Seinem Wortlaut nach ist der Hilfsantrag insgesamt als Leistungsantrag gestellt, gerichtet auf die Verurteilung zur Bildung einer Sondermasse und zur Zahlung einer Quote hieraus an die Klägerin. Da es der Klägerin im Ergebnis nur auf die Zahlung ankommt, fehlt dem Antrag auf Verurteilung zur Bildung einer Sondermasse von vornherein das Rechtsschutzinteresse. Der Zahlungsantrag ist mangels Bestimmtheit unzulässig. Die auf die Klägerin entfallende Quote ist nicht ziffernmäßig bezeichnet.

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b) Der Antrag läßt sich indessen als Feststellungsantrag aufrechterhalten. Grundsätzlich ist in jedem Leistungsantrag ein Feststellungsantrag als ein Minus enthalten (vgl. BGHZ 118, 70, 80 ff; auch BGH, Urt. v. 4. März 1992 - IV ZR 309/90, NJW-RR 1992, 771 f). Allerdings besteht für einen Feststellungsantrag in der Regel kein Rechtsschutzinteresse, wenn der Kläger dasselbe Ziel mit einer Klage auf Leistung erreichen kann. Es gibt jedoch keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr ist eine Feststellungsklage trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, dann zulässig, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt (BGH, Urt. v. 5. Februar 1987 - III ZR 16/86, BGHR ZPO § 256 Abs. 1 - Feststellungsinteresse 4). Es könnte einiges dafür sprechen, daß dies hier zutrifft. Die Frage bedarf indessen keiner Vertiefung, weil der sowohl für die Feststellungsals auch für die Leistungsklage maßgebliche Anspruchsgrund zu verneinen ist und demnach eine Leistungsklage ebenfalls unbegründet wäre. In diesem Fall kann das Vorliegen eines Feststellungsinteresses dahingestellt bleiben (vgl. BGH, Urt. v. 10. Juli 1987 - V ZR 285/85, NJW 1987, 2808, 2809 insoweit in BGHZ 101, 290 [BGH 10.07.1987 - V ZR 285/85] nicht abgedruckt).

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c) Der Feststellungsantrag ist dahin auszulegen, daß die Klägerin die Feststellung begehrt, ihr stehe vor den übrigen Konkursgläubigern neben den anderen noch nicht voll befriedigten Baugläubigern ein Anspruch auf quotenmäßige Befriedigung aus den in die Masse und auf das Anderkonto gelangten Versicherungsleistungen zu.

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3. Einen Anspruch der Klägerin auf vorrangige Befriedigung gibt es nicht.

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a) Aus einer Zusage des Eigentümers, er werde die Restwerklohnforderung der Klägerin aus der Versicherungsleistung erfüllen, kann ein derartiger Anspruch ebensowenig hergeleitet werden wie aus § 951 BGB in Verbindung mit bereicherungsrechtlichen Vorschriften. Es handelte sich jeweils um reine Konkursforderungen. Für die Begründung eines Treuhandverhältnisses durch den Eigentümer fehlt es an der Darlegung der notwendigen Voraussetzungen. Einem Anspruch aus § 951 BGB steht zudem entgegen, daß die Klägerin ihre Leistungen aufgrund eines Werkvertrages erbracht hat. Daß sie den Werkvertrag nicht mit dem Eigentümer des Kühlhauses, sondern mit der R. GmbH geschlossen hat, ändert daran nichts (vgl. BGHZ 27, 317, 326;  56, 228, 240 f; MünchKomm-BGB/Quack, 2. Aufl. § 951 Rdn. 6 f; Palandt/Bassenge, BGB 52. Aufl. § 951 Rdn. 2).

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b) Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem württembergischen Brandversicherungsgesetz. Nach dessen Art. 34.Abs. 1 sind die "Entschädigungsgelder ... vollständig zur Wiederherstellung der durch Feuer oder durch Löschmaßregeln zerstörten oder beschädigten Gebäude zu verwenden." In Art. 36 Satz 1 ist bestimmt, daß "Brandentschädigungsgelder ... ganz oder teilweise an diejenigen abgetreten werden" können, "von denen der Brandbeschädigte auf Kredit Baumaterialien und Bauarbeiten zur Wiederherstellung des Gebäudes oder zu gleichem Zwecke bare Vorschüsse erhalten hat." Art. 37 Abs. 1 schreibt vor, daß die "Brandentschädigungsforderungen an sich ... zugunsten dritter Personen weder mit Arrest belegt, noch als Gegenstand der Hilfsvollstreckung behandelt werden (Satz 1)... aber mit der Baustelle als ein mit derselben verbundenes und den Wert des zerstörten Gebäudes vertretendes Recht unter der Bedingung des Wiederaufbaues frei oder im Wege der Hilfsvollstreckung veräußert werden" (Satz 2) können.

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Hieraus, insbesondere aus Art. 37 Abs. 1 Satz 1 BrandversG, will die Revision ableiten, die Brandentschädigungsforderung selbst sei kein Vermögen, das der Zwangsvollstreckung unterliege (§ 1 Abs. 1 KO), zumindest ein Gegenstand, der nicht gepfändet werden solle (§ 1 Abs. 4 KO). Zwar sei die Zwangsvollstreckung nur zugunsten dritter, das heißt solcher Personen ausgeschlossen, die nicht zu den möglichen Zessionaren des Art. 36 Satz 1 gehörten. Danach verbiete es sich jedoch, die Brandentschädigungsforderung im allgemeinen Konkursverfahren und damit im Wege der Gesamtvollstreckung zugunsten aller Gläubiger desjenigen zu verwerten, dem die Entschädigungsforderung zustehe. Andernfalls würde der mit dem Brandversicherungsgesetz erstrebte Schutz derjenigen verfehlt, die zur Wiederherstellung der zerstörten oder beschädigten Gebäude Arbeiten oder Lieferungen übernommen hätten. Dann gehöre auch das nach Erfüllung der Versicherungsforderung beim Beklagten vorhandene Vermögen als rechtsgeschäftliches Surrogat nicht zur allgemeinen Konkursmasse. Das gleiche Ergebnis folge zudem unmittelbar aus der Wiederaufbauklausel des Art. 34 Abs. 1. Die Klausel bewirke zwar möglicherweise nicht, daß die Versicherungsforderung und ihr Surrogat nicht zur Masse gehörten. Um den Zweck der Klausel im Konkursfall nicht zu gefährden, müsse jedoch auch nach der Konkurseröffnung sichergestellt bleiben, daß die Baugläubiger auf die Versicherungsforderung zugreifen könnten. Diese sei mithin als von der übrigen Konkursmasse zu trennende "Sondermasse" anzusehen.

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Die Frage, wie eine Brandversicherungsforderung bei einem Konkurs des forderungsberechtigten Versicherungsnehmers zu behandeln ist (vgl. dazu Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 1 Rdn. 77; Kilger, KO 15. Aufl. § 1 Anm. 2 C f; Kuhn/Uhlenbruck, KO 10. Aufl. § 1 Rdn. 69; auch bereits von Seuffert LZ 1909 Sp. 97, 103 ff; Kirchberger ZHR 68 (1910), 169, 172 f; Faber VersR 1956, 399), bedarf im Streitfall keiner umfassenden Antwort. Denn das brandbeschädigte Gebäude war bereits vor Konkurseröffnung in vollem Umfang wiederhergestellt. Deshalb unterliegt die (restliche) Brandversicherungsleistung dem Konkursbeschlag ohne jede Einschränkung. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck der Wiederaufbauklausel.

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Die Württembergische Gebäudebrandversicherungsanstalt verdankt - wie andere Anstalten ähnlicher Art - ihre Entstehung dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Gebäudebestandes (vgl. BVerfGE 41, 205, 217, 227). Die mit der strengen Wiederaufbauklausel versehene Versicherung ist das rechtliche Mittel, um zum allgemeinen Wohl den Wiederaufbau brandzerstörter Gebäude zu sichern (vgl. BVerfGE 10, 141, 166). Dieser Zweck begrenzt das in Art. 36 Satz 1, Art. 37 Abs. 1 Satz 1 BrandversG zugunsten der Baugläubiger vorgesehene Abtretungs- und Vollstreckungsverbot. Dem Brandversicherungsgesetz ist nicht zu entnehmen, daß mit dieser Regelung ein eigenständiger, von dem der Sicherung des Gebäudebestandes losgelöster Schutz zugunsten dieses Personenkreises bezweckt wird. Insbesondere greift der Schutzgedanke des Gesetzes über die Sicherung von Bauforderungen vom 1. Juni 1909 (RGBl. S. 449) nicht ein, weil es sich bei den Versicherungsleistungen nicht um "Baugeld" im Sinn von § 1 Abs. 3 dieses Gesetzes handelt. Vielmehr ist davon auszugehen, daß sowohl die Verwendungsbeschränkung des Art. 34 als auch die Einschränkung von Abtretung und Zwangsvollstreckung in Art. 36, 37 BrandversG mit der vollständigen Wiederherstellung des zerstörten oder beschädigten Gebäudes ihren Sinn und ihre Wirksamkeit verlieren. Das legt auch der Wortlaut des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 BrandversG ("unter der Bedingung des Wiederaufbaues") nahe.

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Die Revision meint, bei dieser Auslegung würden die Baugläubiger nur unvollkommen geschützt, weil sie nach den üblicherweise getroffenen Vereinbarungen einen Teil ihres Werklohns erst nach der Wiederherstellung des brandgeschädigten Gebäudes beanspruchen könnten, so daß die gesetzliche Regelung insoweit wirkungslos sei. Damit wird verkannt, daß die Baugläubiger im Gegensatz zu allen anderen Personen, die nicht in Art. 36 Satz 1 BrandversG aufgeführt sind, die Möglichkeit haben, sich - schon bei Abschluß des Werkvertrages für den Fall der Durchführung der vereinbarten Leistungen - den Anspruch gegen die Versicherung in Höhe des vollen Werklohns abtreten zu lassen. Ein weitergehender Schutz der Baugläubiger ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.

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Die Versicherungsforderung kann mithin nach der Wiederherstellung unabhängig von einer Befriedigung der Baugläubiger unbeschränkt abgetreten und gepfändet werden. In diesem Sinn hat bereits das Oberlandesgericht Stuttgart in einer Entscheidung vom 14. März 1892 das württembergische Brandversicherungsgesetz ausgelegt (vgl. Amtsblatt des württ. Ministeriums des Innern 1892, 159 f). Dem hat sich die Literatur angeschlossen (vgl. von Klumpp, Das württembergische Gesetz über Gebäude-Brandversicherung 3. Aufl. (1894) Nachtrag S. 18 Zusatz Nr. 49; Kiefer, Gebäudebrandversicherungsgesetz 1947 S. 79, 150 Art. 37 Anm. 1 a; Zimmerle, Württembergisches Gebäudebrandversicherungsgesetz 1953 GBVG Art. 36 Anm. 4 = S. 27; Reimer Schmidt/Boeck, Das Recht der öffentlich-rechtlichen Sachversicherung 3. Aufl. Stichwort "Württemberg 1" S. 558 Fußn. 100; S. 559 Fußn. 101; ähnlich Merkblatt über die Versicherung bei der Württembergischen Gebäudebrandversicherungsanstalt Stand vom 1. Juli 1985 Abschn. XIV S. 20). Es gilt mithin im Ergebnis dasselbe wie bei der dem Versicherungsvertragsgesetz unterfallenden Gebäudefeuerversicherung mit Wiederherstellungsklausel. Hier ist in § 98 VVG ausdrücklich bestimmt, daß die Forderung des Versicherungsnehmers auf die Entschädigungssumme "vor der Wiederherstellung" nur an bestimmte Gläubiger abgetreten werden kann. Daraus hat bereits das Reichsgericht zutreffend abgeleitet, daß das den Schutz bestimmter Personen bezweckende Veräußerungsverbot auch den geschützten Gläubigern gegenüber seine Wirksamkeit mit der Wiederherstellung des zerstörten Gebäudes verliert, weil hierdurch der Zweck des Verbotes erreicht ist (RGZ 95, 207, 209; vgl. auch Bruck, Das Privatversicherungsrecht 1930 S. 72,7; R. Raiser, Kommentar der Allgemeinen Feuerversicherungs-Bedingungen 2. Aufl. 1937 § 18 Rdn. 86 = S. 472; A. Blomeyer, Festschrift für Ernst E. Hirsch 1968 S. 25, 37; Prölss/Martin, VVG 25. Aufl. § 98 Anm. 2).

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Ist die Versicherungsforderung nach der Wiederherstellung des durch Brand zerstörten oder beschädigten Gebäudes aber ohne jede Einschränkung abtretbar und pfändbar, gehört sie in diesem Fall bei einem Konkurs des Versicherungsnehmers gemäß § 1 Abs. 1 KO ebenfalls ohne jede Einschränkung zur Konkursmasse. Wird sie an den Konkursverwalter ausgezahlt, ist der Betrag in vollem Umfang zur gemeinschaftlichen Befriedigung aller Konkursgläubiger zu verwenden (§ 3 Abs. 1 KO).

22

Bei dieser Auslegung bedarf es nicht einer Entscheidung der vom Berufungsgericht für grundsätzlich gehaltenen Frage, ob der in Art. 37 Abs. 1 Satz 1 BrandversG verwendete Begriff "Hilfsvollstreckung", der allgemein im Sinn von "Zwangsvollstreckung" verstanden wird, nicht nur die Einzelvollstreckung, sondern auch die Gesamtvollstreckung und damit das Konkursverfahren umfaßt. Selbst wenn dies - wofür freilich jeglicher Anhaltspunkt fehlt - zu bejahen sein sollte, könnte nach Wiederherstellung des zerstörten oder beschädigten Gebäudes für einen Konkurs nichts anderes gelten als für eine Zwangsvollstreckung. Die (restliche) Versicherungsforderung und -leistung unterläge dem Konkursbeschlag - ähnlich wie einer Zwangsvollstreckung - ohne jede Einschränkung.