Bundesgerichtshof
Urt. v. 15.05.1990, Az.: XI ZR 205/88
Wirksamkeit einer Darlehensabrede bei Widerruf; Abzahlungskauf bei Trennung von Kaufvertrag und Darlehensvertrag; Notwendige wirtschaftliche Einheit bei Kaufvertrag und Darlehensvertrag; Anwendung des Abzahlungsgesetzes beim Fehlen hinreichender objektiver Verbindungselemente zwischen Kaufvertrag und Darlehensvertrag
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 15.05.1990
- Aktenzeichen
- XI ZR 205/88
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1990, 15729
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Hamm - 07.11.1988
- LG Paderborn
Rechtsgrundlagen
- § 607 BGB
- § 6 AbzG
Fundstellen
- BB 1990, 1513-1514 (Volltext mit amtl. LS)
- DB 1990, 2117 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1991, 49 (Volltext mit amtl. LS)
- NJ 1990, 369-370 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-RR 1990, 1072-1073 (Volltext mit amtl. LS)
- VuR 1990, 319-321 (amtl. Leitsatz mit Anm.)
- WM 1990, 1234-1235 (Volltext mit amtl. LS)
- ZBB 1990, 164
- ZIP 1990, 851-852
Prozessführer
1. Dr. Manfred K., H., L.,
2. Brigitte K., H., L.
Prozessgegner
D. B. AG,
vertreten durch die Vorstandsmitglieder Werner Bl. Horst BU., Ulrich C., F. Wilhelm Ch., Eckart van Ho., Hilmar Ko., Klaus M., Ulrich W., Herbert Z., stellvertretend: Rolf-E. Br., Georg Kr. Filiale Lü., S. straße ...,
Amtlicher Leitsatz
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Bankkredit als Teil eines finanzierten Abzahlungsgeschäfts zu werten ist.
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 1990
durch
den Vorsitzenden Richter Schimansky und
die Richter Dr. Halstenberg, Dr. Siol, Dr. Bungeroth und Nobbe
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. November 1988 wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger zu je 1/2.
Tatbestand
Der Kläger zu 1) kaufte am 3. Dezember 1985 von der in Hei. ansässigen Firma D. GmbH (D.-GmbH) eine Computeranlage, die er in seiner Zahnarztpraxis einsetzen wollte. Zur Finanzierung des Kaufpreises beantragte er gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2), bei der Lübecker Filiale der Beklagten am 15./20. Dezember 1985 ein "persönliches Praxis-Darlehen", auf dessen günstige Konditionen die D.-GmbH bereits in ihrem Verkaufsangebot hingewiesen hatte. Die Beklagte überwies den Darlehensbetrag von 42.060 DM antragsgemäß an die D.-GmbH.
In der Folgezeit leisteten die Kläger zunächst die vereinbarten Zins- und Tilgungszahlungen an die Beklagte. Nachdem die D.-GmbH in Konkurs gefallen war, schrieb der Kläger der Beklagten am 17. August 1987, er widerrufe die Kauf- und Darlehensvertragserklärungen. Die Kläger halten das Abzahlungsgesetz für anwendbar, weil ein finanzierter Abzahlungskauf vorgelegen habe. Mit der Klage begehren sie die Feststellung der Unwirksamkeit des Darlehensvertrags und die Rückzahlung von 5.916,40 DM Zug um Zug gegen Herausgabe der Computeranlage. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger blieb erfolglos. Mit der Revision verfolgen sie ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger bleibt ohne Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat die Darlehensabrede der Parteien für wirksam erachtet und zur Begründung ausgeführt: Der Widerruf des Klägers sei bedeutungslos, weil das Abzahlungsgesetz keine Anwendung finde. Der Kauf der Computeranlage und die Darlehensgewährung zur Kaufpreisfinanzierung seien rechtlich selbständige, voneinander unabhängige Verträge und könnten nicht gemeinsam als Abzahlungskauf behandelt werden. Zwar hätten objektive Umstände für die wirtschaftliche Einheit von Kauf und Darlehen gesprochen. Die Kläger hätten aber nicht bewiesen, daß sie den Eindruck gehabt hätten, ihnen stehe mit der D.-GmbH und der Beklagten ein einheitlicher Geschäftspartner gegenüber. Sie seien auf die Möglichkeit hingewiesen worden, den Kaufpreis auf andere Weise als durch die Beklagte zu finanzieren oder die Computeranlage lediglich zu leasen. Damit sei der Schein eines einheitlichen Geschäfts zerstört worden.
II.
Die Begründung des angefochtenen Urteils hält der rechtlichen Überprüfung zwar in einem wesentlichen Punkt nicht stand. Im Ergebnis hat das Berufungsgericht die Anwendung des Abzahlungsgesetzes aber zu Recht abgelehnt.
1.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegt ein Darlehensvertrag, durch den sich der Käufer einer beweglichen Sache die für den Kauf erforderlichen Geldmittel beschafft, zusammen mit dem Kaufvertrag den Bestimmungen des Abzahlungsgesetzes, wenn Darlehen und Kaufgeschäft Teilstücke eines wirtschaftlich einheitlichen Vorgangs mit dem Ziel sind, den Erwerb des Kaufgegenstandes gegen Ratenzahlungen zu ermöglichen. Die notwendige wirtschaftliche Einheit besteht dann, wenn sich beide Verträge wechselseitig bedingen oder der eine seinen Sinn erst durch den anderen erhält (BGHZ 47, 253, 255; BGH, Urteil vom 29. April 1981 - VIII ZR 184/80 = NJW 1981, 1960; BGHZ 91, 9, 11; 91, 37, 43). Dazu bedarf es objektivier Verbindung beider Geschäfte durch bestimmte Umstände (Verbindungselemente), die subjektiv beim Darlehensnehmer - für den Darlehensgeber erkennbar - den Eindruck erwecken, Verkäufer und Darlehensgeber stünden ihm gemeinsam als Vertragspartner gegenüber (BGHZ 83, 301, 304; 91, 9, 11/12; 91, 338, 341; 95, 350, 354/355; BGH, Urteil vom 25. Mai 1983 - VIII ZR 16/81 = WM 1983, 786, 787). Die Verbindungselemente lassen sich nicht wie notwendige Tatbestandsmerkmale abschließend umschreiben, sondern können im Einzelfall verschieden sein (BGHZ 83, 301, 304).
2.
Das Berufungsgericht hat die Anwendung des Abzahlungsgesetzes nicht am Fehlen hinreichender objektiver Verbindungselemente, sondern daran scheitern lassen, daß den Klägern durch den Hinweis auf die Möglichkeit einer anderweitigen Finanzierung oder des Leasings vor Augen geführt worden sei, daß das Geschäft nicht von der Finanzierung über die Beklagte abhängig sei.
Diese Begründung verkennt den Begriff der wechselseitigen Abhängigkeit von Kauf und Darlehen als Voraussetzung des finanzierten Abzahlungsgeschäfts. Ein Verkäufer, der seinen Käufern die Möglichkeit des Kaufs auf Abzahlung oder der Kaufpreisfinanzierung durch eine - mit ihm zusammenarbeitende - Bank anbietet, wird in der Regel auch damit einverstanden sein, wenn der Käufer von diesem Kreditangebot keinen Gebrauch machen, sondern sich auf eigene Faust einen anderen Kreditgeber zur Kaufpreisfinanzierung suchen oder die Kaufsache unter Einschaltung einer Finanzierungsgesellschaft leasen will. Die - fast selbstverständliche - Bereitschaft des Verkäufers zum Vertragsschluß auch ohne Einschaltung der mit ihm zusammenarbeitenden Bank steht einer Anwendung des Abzahlungsgesetzes nicht entgegen, wenn der Käufer sich letztlich für die vom Verkäufer vermittelte Finanzierung entscheidet und die endgültige Vertragsgestaltung nach dem Zweck des Abzahlungsgesetzes dessen Anwendung fordert. Daß Kauf und Darlehen sich gegenseitig bedingen müssen, bedeutet beim finanzierten Abzahlungsgeschäft - ebenso wie beim reinen Abzahlungskauf - also nicht, daß der Verkäufer nicht auch zum Barverkauf bereit gewesen sein darf. Vorausgesetzt wird lediglich, daß der Käufer den Kaufvertrag nur schließt, weil er zugleich eine Finanzierungsmöglichkeit erhält, und daß ihm dabei der Eindruck vermittelt wird, der - mit dem Verkäufer zusammenarbeitende - Darlehensgeber gewähre ihm das Darlehen nur, um ihm die Tilgung des Kaufpreises zu ermöglichen.
3.
Diese Voraussetzungen des finanzierten Abzahlungsgeschäfts liegen hier jedoch nach Auffassung des erkennenden Senats nicht vor. Selbst wenn man vom eigenen Sachvortrag der Kläger ausgeht, reichten die objektiven Verbindungselemente nicht aus, um bei den Klägern den Eindruck zu erwecken, Verkäuferin und Bank ständen ihnen gemeinsam als Vertragspartner gegenüber.
Die D.-GmbH hatte den Kläger zwar bei den Kaufverhandlungen auf das Finanzierungsangebot der Beklagten hingewiesen und ihm entsprechende Unterlagen überlassen. Am späteren Kreditvertragsabschluß war sie aber nicht beteiligt; die Einigung erfolgte unmittelbar zwischen der Beklagten und den Klägern, nachdem diese sich vorher noch bei ihrer Hausbank erkundigt und ihren Rechts- und Steuerberater eingeschaltet hatten. Der Hinweis der Verkäuferin auf das Finanzierungsangebot der Beklagten kann danach hier nur als Anregung an den Kläger gewertet werden, sich auf eigene Faust mit der Bank in Verbindung zu setzen und mit ihr einen Kredit zur Bezahlung des Kaufpreises zu vereinbaren.
Auch der Tatsache, daß die D.-GmbH in ihrer Werbung erklärt hatte, sie habe gemeinsam mit einer deutschen Großbank - der Beklagten - ein Finanzierungsmodell ausgearbeitet, kommt keine besondere Bedeutung zu. Für die Kläger ergab sich aus den Darlehensformularen und -bedingungen, daß es sich nicht um einen allein für Käufer bei der D.-GmbH bestimmten Spezialkredit der Lübecker Filiale der Beklagten handelte, sondern um ein persönliches Darlehen, wie es von der Beklagten allgemein an kreditwürdige Ärzte zur Praxisfinanzierung gewährt wurde.
Unter den hier gegebenen Umständen verliert schließlich auch die Direktüberweisung der Darlehensvaluta an die Verkäuferin an Gewicht. Den fachlich beratenen Klägern mußte klar sein, daß diese Art der Darlehensauszahlung nur auf ihrer eigenen Anweisung beruhte, während die Beklagte auch bereit gewesen wäre, die Darlehenssumme auf ein Konto der Kläger zu überweisen und ihnen die weiteren Dispositionen zu überlassen. Die Beklagte hatte sich kein Sicherungsrecht am Kaufgegenstand ausbedungen, sondern allein im Vertrauen auf die Kreditwürdigkeit der Kläger einen persönlichen Kredit gewährt.
Dr. Halstenberg
Richter am BGH Dr. Siol ist wegen Urlaubsabwesenheit nicht in der Lage zu unterschreiben Schimansky
Dr. Bungeroth
Nobbe