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Bundesgerichtshof
Urt. v. 02.11.1989, Az.: III ZR 143/88

Darlehen ; Allgemeine Geschäftsbedingungen; Nichtabnahmeentschädigung; Grundschuldbestellungsurkunde; Zwangsvollstreckung

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
02.11.1989
Aktenzeichen
III ZR 143/88
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1989, 13056
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden
OLG Celle

Fundstellen

  • DB 1990, 272 (Volltext mit amtl. LS)
  • DNotZ 1990, 552-554
  • IBR 1990, 94 (red. Leitsatz)
  • JurBüro 1990, 227 (Kurzinformation)
  • MDR 1990, 419 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1990, 981-982 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 1990, 485 (amtl. Leitsatz)
  • VuR 1990, 198 (amtl. Leitsatz)
  • WM 1990, 8-10 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZIP 1990, 29-31

Amtlicher Leitsatz

1. Wird in den AGB einer Hypothekenbank bestimmt, daß ein Kunde, der ein bindend vereinbartes Darlehen nicht abnimmt, an die Bank - neben Bereitstellungszinsen, Bearbeitungsgebühr und Wertermittlungskosten - eine Entschädigung von 3 % des Darlehensnennbetrags zu zahlen hat, so verstößt eine solche Klausel nicht gegen §§ 9, 11 Nr. 5 a AGB.

2. Wegen des Anspruchs auf Nichtabnahmeentschädigung kann die Bank aus einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde vollstrecken, wenn der Darlehensnehmer sich in dieser Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat und die Zweckerklärung bestimmt, daß die Rechte aus der Urkunde "als Sicherheit für alle - auch bedingten oder befristeten - Ansprüche dienen, die der Bank aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung gegen den Darlehensnehmer zustehen".

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgericht Celle vom 25. Mai 1988 teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 4. Juni 1987 teilweise abgeändert.

Die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars Horst F. in S. vom 6. März 1986 (II UR-Nr. 263/86) mit Vollstreckungsklausel vom 7. März 1986 wird für unzulässig erklärt, soweit sie wegen einer Forderung von mehr als 11.250 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. August 1986 betrieben werden soll.

Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen, die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten der ersten beiden Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Revisionsrechtszuges tragen die Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1

Die Kläger benötigten für die Umfinanzierung ihrer Hausbelastungen und für Umbauten 300.000 DM. Durch Vermittlung des Finanzmaklers K. wandten sie sich an die Beklagte, eine "gemischte" Hypothekenbank gemäß § 46 HBG. Da sie eine Kreditgewährung in Höhe von 300.000 DM ablehnte, beantragten die Kläger nur noch ein Grundschulddarlehen von 250.000 DM bei der Beklagten und stellten wegen der restlichen 50.000 DM einen Darlehensantrag bei einer Bausparkasse. Die Beklagte nahm den Darlehensantrag am 17. Februar 1986 an; die notarielle Grundschuldbestellungsurkunde - mit Übernahme der persönlichen Haftung für einen entsprechenden Geldbetrag und mit Vollstreckungsunterwerfungsklauseln - unterschrieben die Kläger am 6. März 1986, die Zweckerklärung am 28. Februar 1986. Die Finanzierung der restlichen 50.000 DM lehnte die Bausparkasse ab. Darauf schrieben die Kläger der Beklagten am 13. Mai 1986 - vor Auszahlung des zugesagten Kredits -, sie zögen ihren Darlehensantrag zurück, da die Gesamtfinanzierung nicht wie geplant zustandegekommen sei. Die Beklagte forderte Schadensersatz und drohte die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 6. März 1986 für folgende Beträge an:

Nichtabnahmeentschädigung (Zinsausfall für fünf Jahre = 7,75 % von 250.000 DM) 19.375 DM
1/4 % Bereitstellungszinsen vom 1. April bis 31. Mai 1986 1.250 DM
Bearbeitungsgebühr 1.250 DM
Wertermittlungskosten 1.250 DM
2

Die von den Klägern erhobene Vollstreckungsgegenklage ist vom Landgericht abgewiesen worden. Der Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht nur teilweise stattgegeben und die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt, soweit sie wegen einer Forderung von mehr als 3.750 DM betrieben wird. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte, wegen der Nichtabnahmeentschädigung in Höhe weiterer 7.500 DM vollstrecken zu dürfen; sie verlangt insoweit nicht mehr den konkret berechneten Schaden, sondern nur noch die ihr nach Nr. 11.1 des Darlehensvertrags zustehende Pauschale von 3 % der Darlehenssumme.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision hat Erfolg. Die Beklagte darf aus der notariellen Urkunde vom 6. März 1986 nicht nur wegen der Bereitstellungszinsen, Bearbeitungsgebühr und Wertermittlungskosten in Höhe von zusammen 3.750 DM vollstrecken, sondern auch wegen der Nichtabnahmeentschädigung in Höhe weiterer 7.500 DM.

4

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Zwischen den Parteien sei ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden. Die Voraussetzungen einer Nichtigkeit nach § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO, § 134 BGB hätten die Kläger nicht dargetan. Es komme hierbei nicht darauf an, wie der erste Kontakt zwischen den Klägern und dem Vermittler K. zustande gekommen sei. Nach Ablehnung des ursprünglichen Darlehensantrags über 300.000 DM sei der zum Vertrag führende zweite Antrag der Kläger über 250.000 DM jedenfalls im Büro K. unterzeichnet worden. Die Kläger seien vom Darlehensvertrag auch nicht wirksam zurückgetreten. Ein Recht hierzu sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden; anderslautende Erklärungen K. seien der Beklagten mangels Vollmacht nicht zuzurechnen. Die Vereinbarung einer Bedingung sei ebenfalls nicht dargetan. Die einseitige Erwartung der Kläger, ihnen würden insgesamt Kredite von 300.000 DM bewilligt werden, sei auch nicht Geschäftsgrundlage des Kreditvertrags mit der Beklagten geworden.

5

Die Beklagte dürfe aus der Grundschuld und der persönlichen Haftungserklärung aber nur wegen der Primäransprüche aus dem Darlehensvertrag (Bereitstellungszinsen, Bearbeitungsgebühr, Wertermittlungskosten) vollstrecken. Ersatzansprüche der Beklagten wegen der Nichtabnahme des Darlehens würden dagegen durch die Zweckerklärung vom 28. Februar 1986 nicht gedeckt. Das ergebe sich gemäß §§ 133, 157 BGB aus dieser Formularerklärung selbst. Bei abweichender Auslegung greife § 9 AGBG ein: Der Schuldner werde gegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, wenn er sich vorab der Zwangsvollstreckung auch wegen des nach Grund und Höhe noch völlig ungewissen Anspruchs auf Schadensersatz wegen Nichtabnahme des Darlehens unterwerfen müßte.

6

II.

1. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine Nichtigkeit des Darlehensvertrages nach § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO, § 134 BGB, ferner ein Rücktrittsrecht der Kläger und einen Wegfall der Geschäftsgrundlage verneint und deshalb die Klage in Höhe von 3.750 DM abgewiesen hat, wird von der Beklagten als ihr günstig hingenommen. Die dadurch belasteten Kläger haben kein Rechtsmittel eingelegt. Das angefochtene Urteil läßt insoweit auch keine durchgreifenden Rechtsfehler erkennen.

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2. Aufgrund des wirksam geschlossenen Vertrags waren nicht nur die Beklagte zur Auszahlung, sondern auch die Kläger zum vollständigen Bezug des Darlehens bis zum 30. Juni 1986 (Nr. 3, 11.1 des Vertrags vom 2./17. Februar 1980) verpflichtet. Im Schreiben der Kläger vom 13. Mai 1986 lag eine endgültige Abnahmeverweigerung und damit eine Vertragsverletzung, die den von der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruch dem Grunde nach rechtfertigt. Die Kläger können sich nicht darauf berufen, sie hätten, da die Gesamtfinanzierung infolge des ablehnenden Bescheids der Bausparkasse gescheitert sei, auch das Darlehen der Beklagten nicht mehr benötigt. Sie sind der Beklagten zum Schadensersatz verpflichtet, weil der Grund ihrer Abnahmeverweigerung in ihrer Sphäre lag und nicht in der der Beklagten. Es ist mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Darlehensvertrags durchaus vereinbar (§ 9 AGBG), wenn der Darlehensnehmer das volle Risiko der Darlehensverwendung zu tragen hat (Senatsurteil vom 12. Dezember 1985 - III ZR 184/84 = WM 1986, 156 zu 4 b aa).

8

3. Zur Durchsetzung ihres Anspruchs auf Schadensersatz wegen der Nichtabnahme des Darlehens darf die Beklagte die Zwangsvollstreckung aus den Unterwerfungserklärungen der, notariellen Urkunde vom 6. März 1986 betreiben, und zwar sowohl aus der Grundschuld in den Grundbesitz der Kläger (Nr. 2 der Urkunde) wie auch in ihr sonstiges Vermögen aufgrund des abstrakten Schuldanerkenntnisses, das in der persönlichen Haftungserklärung unter Nr. 4 der Urkunde liegt (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 1985 - III ZR 207/83 = WM 1985, 686 = NJW 1985, 1831 zu II 3 b m.w.Nachw.).

9

Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, nach der Zweckerklärung vom 28. Februar 1986 sollten durch die Grundschuld und das persönliche Schuldanerkenntnis nur die sich nach der Darlehensauszahlung ergebenden Ansprüche der Bank gesichert werden, nicht aber ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung. Diese Auslegung der Zweckerklärung - die nicht nur im Bereich eines Oberlandesgerichts verwendet wird und daher vom Revisionsgericht voll überprüft werden kann - widerspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 21. Februar 1985 aaO; Senatsbeschluß vom 5. November 1981 - III ZR 193/80 - zu 1 b und c), an der festzuhalten ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Zweckerklärung sollten die Grundschuld und die sonstigen der Bank nach der Grundschuldbestellungsurkunde zustehenden Rechte, also auch das abstrakte Schuldanerkenntnis unter Nr. 4, der Beklagten als Sicherheit "für alle - auch bedingten oder befristeten - Ansprüche ... aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung, insbesondere aus der Gewährung von Krediten jeder Art ... dienen". Selbst wenn man als "Gewährung von Krediten" erst deren Auszahlung ansehen wollte, so ergreift doch die umfassende Formulierung "alle Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung" auch den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichtabnahme, der sich aus dem Darlehensbewilligungsvertrag ergibt.

10

Abzulehnen ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, bei dieser weiten Auslegung der Zweckerklärung verstoße die formularmäßige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung gegen § 9 AGBG, weil ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Bank dem Grunde wie der Höhe nach völlig ungewiß sei. Die Revision verweist demgegenüber mit Recht darauf, daß der Schuldner nicht unbegrenzt, sondern nur bis zur Höhe der Grundschuld haftet und daß auch bei der Hauptverpflichtung auf Darlehensrückzahlung gemäß § 607 BGB Grund und Höhe des zu vollstreckenden Anspruchs ungewiß sein können, weil sie davon abhängen, ob und wie weit die Darlehensvaluta ausgezahlt bzw. bereits wieder zurückgezahlt worden ist.

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4. Der Höhe nach ist der Anspruch der Beklagten auf Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung jedenfalls, nachdem die Revision ihn auf 7.500 DM = 3 % der Darlehenssumme beschränkt hat, nicht zu beanstanden. Der Anspruch kann sich insoweit auf Nr. 11.1 des Darlehensvertrages stützen. Diese Formularbestimmung verstößt auch insoweit nicht gegen § 9 oder § 11 Nr. 5 AGBG. Der erkennende Senat hat Entschädigungspauschalen in dieser Höhe, im Einzelfall sogar bis 4,5 %, gebilligt; allerdings handelte es sich dabei um Fälle, in denen der Bank bei Darlehensauszahlung ein Disagio in entsprechender Höhe zugestanden hätte (vgl. Urteile vom 21. Februar 1985 aaO zu 3 a; vom 12. Dezember 1985 aaO zu 4 b bb und vom 1. Juni 1989 - III ZR 219/87 = ZIP 1989, 903, 906/907 zu II 8 a; vgl. auch Senatsurteil vom 6. März 1986 - III ZR 234/84 = WM 1986, 577 zu IV 2). Auch unabhängig von der Höhe eines individuell vereinbarten Disagios werden aber gegen AGB-Nichtabnahmeentschädigungspauschalen bis zu 3 % vielfach keine Bedenken erhoben (vgl. Wolf in Wolf/Horn/Lindacher AGBG 2. Aufl. § 9 Rn. D 18; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen AGBG 5. Aufl. Anh. §§ 9-11 Rn. 283; Palandt/Heinrichs 48. Aufl. § 11 AGBG Anm. 5 b bb; OLG Stuttgart WM 1986, 998, 999). Dem kann jedenfalls für die AGB von Hypothekenbanken zugestimmt werden. Diese Kreditinstitute gewähren in der Regel Darlehen zur langfristigen Baufinanzierung und vereinbaren ausgedehnte Rückzahlungssperrfristen. Geht man von einer jährlichen Zinsmarge von 0,5 % aus (vgl. OLG Stuttgart aaO m.w.Nachw.; nach der Urteilsanmerkung von Schubert, WuB I E 4 Hypothekarkredit 3.86, soll die branchenübliche jährliche Zinsspanne zwischen dem Kapitalmarktzins bei der Zusage und den Effektivzinsen des Darlehens 0,5 % sogar deutlich übersteigen), so liegt ein entgangener Gewinn von insgesamt 3 % noch im Rahmen des nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schadens gemäß § 11 Nr. 5 a AGBG. Kommt aufgrund der individualvertraglichen Regelungen und der sonstigen Umstände des Einzelfalls ein wesentlich niedrigerer Schaden in Betracht, so verbleibt dem Schuldner die - auch im Vertragsformular der Beklagten unter Nr. 11.4 Satz 2 ausdrücklich vorgesehene - Möglichkeit des Gegenbeweises nach § 11 Nr. 5 b AGBG. Die Kläger haben sich hier jedoch nicht auf einen wesentlich niedrigeren Schaden berufen, sondern sich nur gegen die konkrete Schadensberechnung gewandt, aufgrund deren die Beklagte in den Vorinstanzen wesentlich mehr als die Pauschale, nämlich 7,75 % der Darlehenssumme als Schadensersatz gefordert hatte.

12

Die Kostenentscheidung beruht für die ersten beiden Rechtszüge auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Kosten des Revisionsrechtszuges haben die Kläger nach § 91 ZPO zu tragen, da die Beklagte mit ihrer auf eine Nichtabnahmeentschädigung von 7.500 DM beschränkten Revision voll durchgedrungen ist. Diese Beschränkung hat im Antrag zwar erst im Schriftsatz vom 26. Oktober 1989 Ausdruck gefunden; sie ergab sich aber von vornherein bereits eindeutig aus den Ausführungen zu IV. 1. der Revisionsbegründung; deshalb lag in der späteren Antragsformulierung keine Teilrücknahme der Revision.

13

Krohn

14

Kröner

15

Engelhardt

16

Halstenberg

17

Werp