Bundesgerichtshof
Urt. v. 13.07.1988, Az.: IVb ZR 39/87
Berechnung des Regelunterhalts des unterhaltsverpflichteten Vaters bei Aufnahme des nichtehelichen Kindes in den väterlichen Haushalt ; Voraussetzungen für den Anspruch auf Gewährung von nachehelichem Unterhalt; Anforderungen an die Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 13.07.1988
- Aktenzeichen
- IVb ZR 39/87
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1988, 13326
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Hamm - 27.02.1987
- AG Ahlen
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- FamRZ 1988, 1031
- MDR 1988, 1041 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-RR 1988, 1093-1095 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Zu den Einkünften des Unterhaltsberechtigten, die in ihrer vollen Höhe seine Unterhaltsbedürftigkeit mindern, gehören auch Vermögenserträge aus der Anlage von Schmerzensgeld.
Der Zivilsenat IVb des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 1988
durch
den Vorsitzenden Richter Lohmann und
die Richter Portmann, Dr. Blumenröhr, Dr. Krohn und Nonnenkamp
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. Februar 1987 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung zurückgewiesen worden ist.
In diesem Umfange wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien schlossen am 20. Juli 1973 die Ehe. Am 1. November 1979 trennten sie sich. Auf den am 7. Juli 1981 zugestellten Antrag der Klägerin wurde die kinderlos gebliebene Ehe durch Urteil vom 29. Juli 1982 geschieden. Das Urteil ist seit dem 14. September 1982 rechtskräftig. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf nachehelichen Unterhalt ab 1. Mai 1985 in Anspruch.
Der Beklagte verdiente bis Ende August 1982 als angelernter Elektriker durchschnittlich knapp 1.500 DM netto im Monat. Im September 1982 war er arbeitslos. Dann fand er einen neuen Arbeitsplatz auf einer Zeche. Dort erzielte er zunächst ein monatliches Nettoeinkommen von gut 2.000 DM und später, in den Jahren 1985 und 1986, ein solches von 2.216 DM. Er lebt seit der Trennung der Parteien mit einer anderen Frau zusammen. Dieser Verbindung entstammt eine am 17. Dezember 1980 nichtehelich geborene Tochter.
Die Klägerin trug - außer von Frühjahr 1977 bis September 1978 - stets durch Erwerbstätigkeit zum Familienunterhalt bei. Am 3. März 1980, also rund vier Monate nach der Trennung der Parteien, erlitt sie als Beifahrerin im Auto eines Bekannten einen von diesem verschuldeten Verkehrsunfall auf einer vereisten Brücke, bei dem sie schwere Schädel- und Gesichtsverletzungen davontrug. Dadurch ist sie voraussichtlich auf Dauer erwerbsunfähig. Sie erhält seit dem 2. September 1980 eine Erwerbsunfähigkeitsrente der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die sich zunächst auf 853,60 DM im Monat belief. Zur Zeit der Scheidung betrug sie 938,90 DM, ab Juli 1984 1.094,07 DM, ab Juli 1985 1.109,52 DM und ab Juli 1986 1.133,33 DM.
Wegen der Ansprüche der Klägerin aus dem Verkehrsunfall kam es zu langwierigen Verhandlungen mit dem Haftpflichtversicherer des Fahrers. Dabei machte die Klägerin außer Schmerzensgeld auch Verdienstausfall geltend. Den Anspruch auf Schadensersatz wegen Verdienstausfalls wies die Haftpflichtversicherung jedoch wiederholt zurück, weil die Klägerin Zweifel an der Fahrtüchtigkeit des Unfallverursachers hätte haben müssen; deshalb müsse sie sich ein Mitverschulden anrechnen lassen und verbleibe ihr infolge des Quotenvorrechts des Rentenversicherungsträgers kein persönlicher Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall. Auf den Schmerzensgeldanspruch erhielt die Klägerin von der Haftpflichtversicherung bis Ende 1984 Vorschußzahlungen von insgesamt 48.000 DM. Davon verwendete sie rund 40.000 DM dazu, in einem schon älteren Hause ihrer Schwester und ihres Schwagers eine Wohnung auszubauen, in der sie seither lebt. Im März 1985 erhielt sie noch einmal 12.000 DM als Vorschuß. Am 11. April 1986 unterzeichnete sie eine als "Vergleich und Abfindungserklärung" bezeichnete Urkunde, in der sie sich gegen Zahlung weiterer 60.000 DM - also von insgesamt 120.000 DM - wegen aller Schadensersatzansprüche aus dem Schadensfall vom 3. März 1980 abgefunden erklärte. Für diese 60.000 DM erwarb sie an der Wohnung im Hause ihrer Schwester und ihres Schwagers ein lebenslanges, dinglich gesichertes Wohnrecht.
Nachdem die Klägerin zunächst mit einer gesonderten Klage ein Auskunftsbegehren durchgesetzt hatte, hat sie im vorliegenden Verfahren monatlich 423 DM nachehelichen Unterhalt ab 1. Mai 1985 verlangt. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Verurteilung auf Monatsbeträge von 393 DM für Mai und Juni 1985, 387 DM für Juli 1985 bis April 1986 und 250 DM ab Mai 1986 herabgesetzt. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Beklagten, mit der er wie in den Vorinstanzen die vollständige Abweisung der Klage erstrebt. Die Klägerin hat eine von ihr eingelegte Revision zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist, und in diesem Umfange zur Zurückverweisung der Sache in die zweite Instanz.
I.
1.
Das Berufungsgericht hat den auf § 1572 Nr. 1 BGB gestützten Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) im Zeitpunkt der Scheidung bemessen. Es hat ausgeführt, diese seien dadurch geprägt gewesen, daß die Klägerin, die während des Zusammenlebens der Parteien weitgehend durch Erwerbstätigkeit zum Familienunterhalt beigetragen habe, eine Erwerbsunfähigkeitsrente von 938,90 DM bezogen und der Beklagte ein Erwerbseinkommen von monatlich knapp 1.500 DM netto erzielt habe, wovon er an seine im Dezember 1980 nichtehelich geborene Tochter Unterhalt in Höhe von monatlich 182 DM (207 DM Regelunterhalt abzüglich 25 DM Kindergeldanteil) zu zahlen gehabt habe. Diese Verhältnisse hätten sich durch die Erhöhung der Rente der Klägerin auf zuletzt 1.133,33 DM ab Mitte 1986 und durch das Ansteigen des Arbeitseinkommens des Beklagten auf zuletzt 2.216 DM in den Jahren 1985 und 1986 fortentwickelt, wobei der Beklagte seiner Tochter nunmehr mit monatlich 203 DM (228 DM Regelunterhalt abzüglich 25 DM Kindergeldanteil) unterhaltspflichtig sei. Das den Parteien hiernach ab 1985 zur Verfügung stehende Einkommen sei in der Weise aufzuteilen, daß die Klägerin Anspruch auf 3/7 der Differenz zwischen ihrer Rente und den um den Kindesunterhalt bereinigten Einkünften des Beklagten habe. Der Ansicht des Beklagten, sein ab Oktober 1982, also erst nach der Scheidung, erzieltes Einkommen könne bei der Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht voll berücksichtigt werden, weil es in der Ehe noch nicht angelegt gewesen sei und die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt habe, ist das Berufungsgericht nicht gefolgt. Es hat vielmehr in der Einkommenssteigerung - nach der nur einmonatigen Arbeitslosigkeit im September 1982 - eine normale, erwartungsgemäß verlaufene berufliche Entwicklung gesehen.
2.
Der Ansatz der in der Zeit nach der Scheidung erhöhten Einkünfte des Beklagten begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie halten sich im durchschnittlichen Einkommensbereich, mit dessen Erreichen bei normaler beruflicher Entwicklung gerechnet werden konnte. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwände.
3.
Weil die nichteheliche Tochter bereits vor der Ehescheidung geboren ist, hat das Berufungsgericht auch zu Recht bei der Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse von dem Nettoeinkommen des Beklagten vorab den Kindesunterhalt abgesetzt (vgl.Senatsurteil vom 25. Februar 1987 - IVb ZR 36/86 - BGHR BGB § 1578 Abs. 1 Satz 1 Quotenunterhalt 1 = FamRZ 1987, 456, 458 f.). Insoweit beanstandet die Revision jedoch, daß das Berufungsgericht die Unterhaltsverpflichtung lediglich in Höhe des Regelunterhalts (abzüglich des halben Kindergeldes) angesetzt hat. Dafür fehlt in der Tat bisher eine tragfähige Begründung. Die Regelunterhaltssätze gelten nicht, wenn das nichteheliche Kind in den väterlichen Haushalt aufgenommen ist; sie stellen im übrigen nur Mindestbeträge dar (§ 1615f Abs. 1 Satz 1 BGB). Das Berufungsgericht, an das der Rechtsstreit aus anderem Grunde (unten IV.) zurückzuverweisen ist, wird sich daher erneut die Frage vorlegen müssen, in welcher Höhe den Beklagten die Unterhaltsverpflichtung für seine Tochter monatlich belastet. Dabei wird das Heranwachsen des Kindes, das im Dezember 1986 das sechste Lebensjahr vollendet hat, zu berücksichtigen sein.
II.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, in die Differenzberechnung sei auf Seiten der Klägerin allein deren Erwerbsunfähigkeitsrente, nicht auch eine Entschädigung für ihren unfallbedingten Verdienstausfall einzubeziehen. Die Klägerin habe zwar durch den Unfall einen Verdienstausfallschaden erlitten, weil die Erwerbsunfähigkeitsrente ihr zur Zeit des Unfalls erzieltes und ohne den Unfall auch weiterhin erzielbares Erwerbseinkommen nicht decke. Zum Ausgleich dieses Schadens habe sie jedoch von der Haftpflichtversicherung des Schädigers keine Leistungen erhalten; die Versicherung habe vielmehr nur Schmerzensgeld - in Höhe von insgesamt 120.000 DM - gezahlt. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision nicht. Sie ist auch rechtlich bedenkenfrei.
III.
1.
Das Berufungsgericht hat erwogen, nach dem Vorbringen der Klägerin - daß nämlich der Fahrer vor der Unfallfahrt nur wenig Alkohol getrunken habe - sei der von der Haftpflichtversicherung erhobene Vorwurf eines Mitverschuldens an dem Unfall ungerechtfertigt und erscheine deshalb ihr Anspruch auf Schadensersatz wegen Verdienstausfalls als begründet. Es hat dem Beklagten auch darin beigepflichtet, daß die Klägerin deshalb an sich gehalten gewesen sei, auf einer Regulierung des Verdienstausfallschadens zu bestehen und ihn notfalls gerichtlich durchzusetzen, zumal die Beweislast für das ihr vorgeworfene Mitverschulden - Mitfahren trotz ersichtlicher Fahruntüchtigkeit ihres Begleiters - bei dessen Haftpflichtversicherung gelegen habe. Das Berufungsgericht hat jedoch gemeint, daß die Klägerin nicht so vorgegangen sei, reiche nicht aus, ihre Unterhaltsbedürftigkeit in Höhe des Verdienstausfallschadens zu verneinen. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine selbst verursachte oder mitverursachte Unterhaltsbedürftigkeit zu einem Wegfall oder zu einer Minderung des Unterhaltsanspruchs führe, sei in § 1579 Nr. 3 BGB abschließend geregelt. Voraussetzung dafür sei eine unterhaltsbezogene Mutwilligkeit, d.h. zumindest Leichtfertigkeit und damit eine Vorwerfbarkeit von erheblichem Gewicht. Daß das Verhalten der Klägerin, die von der Durchsetzung des nach ihrer Meinung begründeten Verdienstausfallschadens abgesehen habe, einen Vorwurf dieser schwerwiegenden Art rechtfertige, sei nicht hinreichend dargetan und ergebe sich nicht bereits aus den Umständen des Falles.
2.
Dagegen wendet sich die Revision mit der Erwägung, wenn ein Unterhaltsgläubiger in der vom Berufungsgericht zugrundegelegten beweisrechtlichen Lage von der gerichtlichen Durchsetzung seines Verdienstausfallschadens absehe und gleichzeitig eine entsprechend höhere Unterhaltsforderung gegen den geschiedenen Ehegatten erhebe, so liege die Mutwilligkeit dieses Vorgehens auf der Hand. Weitere Darlegungen dazu seien von dem Beklagten nicht zu verlangen gewesen, da die Leichtfertigkeit sich schon aus dem äußeren Geschehensablauf ergebe.
3.
Damit dringt die Revision nicht durch. Wie sie nicht verkennt, reicht einfaches Verschulden an der Herbeiführung der Unterhaltsbedürftigkeit nicht aus, um die Sanktion des § 1579 Nr. 3 BGB eingreifen zu lassen. Erforderlich ist vielmehr Mutwilligkeit, die sich zumindest als unterhaltsbezogene Leichtfertigkeit darstellen muß. Die Vorstellungen und Antriebe, die dem zu beurteilenden Verhalten zugrundeliegen, müssen sich (auch) auf die Bedürftigkeit als Folge dieses Verhaltens erstrecken. Leichtfertig handelt der unterhaltsberechtigte Ehegatte, wenn er die Möglichkeit des Eintritts der Bedürftigkeit als Folge seines Verhaltens erkennt und im Bewußtsein dieser Möglichkeit handelt, wobei er sich unter grober Nichtachtung dessen, was jedem einleuchten muß, oder in Verantwortungslosigkeit und Rücksichtslosigkeit gegen den Unterhaltspflichtigen über die erkannte Möglichkeit nachteiliger Folgen für seine Bedürftigkeit hinwegsetzt (Senatsurteilevom 8. Juli 1981 - IVb ZR 593/80 - FamRZ 1981, 1042, 1044 f. undvom 14. Dezember 1983 - IVb ZR 38/82 - FamRZ 1984, 364, 367). Daß das Berufungsgericht diese Voraussetzungen hier nicht festgestellt hat, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Klägerin ist, wie aufgrund der zahlreichen bei den Akten befindlichen ärztlichen Zeugnisse belegt und zwischen den Parteien unstreitig ist, infolge des erlittenen schweren Schädel-Hirn-Traumas stark behindert. Daß sie sich nicht zur gerichtlichen Durchsetzung des neben dem Schmerzensgeld geltend gemachten Verdienstausfallschadens entschlossen hat, dem die gegnerische Haftpflichtversicherung wiederholt den Einwand des Mitverschuldens mit der aus dem - damaligen - Quotenvorrecht des Rentenversicherungsträgers sich ergebenden Rechtsfolge entgegengehalten hat, kann trotz der Beweislast der Haftpflichtversicherung für die Berechtigung ihres Einwandes nicht als grobe Nichtachtung dessen, was jedem einleuchten muß, oder als Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem unterhaltspflichtigen Beklagten gewertet werden. Aus dem im Laufe des Rechtsstreits eingereichten und mehrfach in den Schriftsätzen angesprochenen Schriftwechsel zwischen dem anwaltlichen Vertreter der Klägerin und der Haftpflichtversicherung des Fahrers ergibt sich, daß die Versicherung den Mitverschuldenseinwand auf den Inhalt der Strafakten und dabei insbesondere auf die Aussage der Zeugin Augsburger gestützt hat. Diese hatte in der Hauptverhandlung gegen den Fahrer des Unfallwagens bekundet, er sei vor dem Unfall bereits mit einer "Alkoholfahne" erschienen und habe dann im Beisein der Klägerin, zunächst bei der Zeugin und später in Gütersloh, noch weiter Bier zu sich genommen; er habe "mit Sicherheit zuviel zum Fahren getrunken". Daß die Klägerin es bei dieser Sachlage nicht auf sich genommen hat, dem Mitverschuldenseinwand der Haftpflichtversicherung mit einer Klage auf Ersatz ihres Verdienstausfalls zu begegnen, erscheint vielmehr nicht nur wegen des Kostenrisikos, sondern insbesondere angesichts der mit einem solchen Rechtsstreit notwendig verbundenen psychischen Belastung der schwerverletzten und durch die Unfallfolgen nervlich erheblich geschwächten Klägerin als nicht unverständlich, mag auch bei einer objektiven Betrachtung die ihr günstige Beweislastverteilung eher für die Durchführung eines solchen Prozesses gesprochen haben. Jedenfalls kann von einer groben Nichtachtung dessen, was jedem einleuchten muß, oder von Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem unterhaltspflichtigen Beklagten nicht gesprochen werden.
IV.
1.
Das Berufungsgericht hat den monatlichen Unterhaltsanspruch der Klägerin danach rechnerisch wie folgt ermittelt:
- für Mai und Juni 1985 mit 3/7 der Differenz zwischen 2.013 DM und 1.094 DM = rund 393 DM;
- für Juli 1985 bis Juni 1986 mit 3/7 der Differenz zwischen 2.013 DM und 1.109 DM = rund 387 DM;
- ab Juli 1986 mit 3/7 der Differenz zwischen 2.013 DM und 1.133 DM = rund 377 DM.
Die Wahl der Berechnungsmethode, nach der in einer Ehe, die durch beiderseitiges Einkommen geprägt war, dem weniger verdienenden Ehegatten eine Quote der Einkommensdifferenz zugebilligt wird (sog. Differenzmethode), ist rechtlich nicht zu beanstanden. Rechtlichen Bedenken begegnet indessen die angewendete Verteilungsquote. Sie verschafft im Ergebnis beiden Parteien einen sogenannten Erwerbstätigenbonus in Höhe eines Siebtels ihres Einkommens. Weshalb er auch der Klägerin zugutekommen soll, ist jedoch nicht ersichtlich. Sie steht nicht im Erwerbsleben, sondern bezieht eine Rente, bedarf des Bonus daher nicht zum Ausgleich eines erhöhten, mit der Berufstätigkeit verbundenen Aufwandes; auch der Gesichtspunkt, den Anreiz zur Erwerbstätigkeit zu steigern, scheidet bei ihr aus. Es könnte daher näher liegen, dem um den Erwerbstätigenbonus - und den Kindesunterhalt - bereinigten Einkommen des Beklagten das ungekürzte Renteneinkommen der Klägerin gegenüberzustellen und ihr die Hälfte der Differenz als Unterhalt zuzuerkennen. Die aus anderem Grunde erforderliche Zurückverweisung der Sache gibt insoweit Gelegenheit zur neuen tatrichterlichen Erwägung.
2.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, auf die von ihm errechneten Beträge müsse sich die Klägerin ab Mai 1986 monatlich 137 DM und ab Juli 1986 monatlich 127 DM anrechnen lassen, weil sie die aufgrund des Abfindungsvergleichs Ende April 1986 von der Haftpflichtversicherung erhaltenen restlichen 60.000 DM dazu verwendet habe, ein lebenslanges, dinglich gesichertes Wohnrecht an ihrer Wohnung zu erwerben. Zwar würde eine Anrechnung von Schmerzensgeld als bedarfsminderndes Einkommen im Hinblick auf den besonderen Charakter des Schmerzensgeldes regelmäßig zu einer Zweckverfehlung derartiger Leistungen führen, so daß sie jedenfalls insoweit nicht in Betracht komme, als dies auf eine Verwertung des Schmerzensgeldes hinauslaufen würde. Werde das Kapital aber nicht verbraucht, sondern ertrag- oder nutzbringend angelegt, so erscheine hinsichtlich der erzielten Erträge oder Nutzungen eine andere Betrachtung angezeigt. Denn nach § 1577 Abs. 1 BGB könne der geschiedene Ehegatte Unterhalt insoweit nicht verlangen, als er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten könne. Dabei seien zu den Einkünften auch Erträge und Nutzungen des Vermögens zu rechnen, ohne daß es auf die Herkunft des Vermögens ankomme. Das von der Klägerin mit einem Teil des Abfindungsbetrages erworbene Wohnrecht stelle einen solchen Nutzungsvorteil dar. Es könne deshalb bei der Beurteilung ihrer Unterhaltsbedürftigkeit ab Mai 1986 nicht unberücksichtigt bleiben.
Nach dem Wortlaut des § 1577 Abs. 1 BGB sei an sich eine volle Anrechnung des mit dem Wohnrecht verbundenen Nutzungsvorteils geboten, weil insoweit - anders als bei der Frage, ob eine Verwertung des Vermögens selbst zumutbar sei (§ 157 7 Abs. 3 BGB) - eine Billigkeitsabwägung nicht stattfinde. Gleichwohl erscheine hier eine völlige Anrechnung nicht vertretbar. Sie würde dazu führen, daß der Beklagte durch den Unfall der Klägerin unterhaltsrechtlich besser gestellt würde, als wenn die Klägerin den Unfall nicht erlitten hätte und weiterhin ihrer vor dem Unfall ausgeübten vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachginge. Das würde auch hinsichtlich der Behandlung der Nutzungen des Schmerzensgeldkapitals zu einer Zweckverfehlung führen und könne deshalb nicht hingenommen werden. Hiernach erscheine "eine Anrechnung des Nutzungsvorteils des Wohnrechts" nur in dem Umfang angezeigt, in dem der ohne Berücksichtigung dieses Wohnrechts ermittelte Unterhaltsanspruch der Klägerin ab Mai 1986 über den Anspruch hinausgehe, der ihr bei Fortführung ihrer Erwerbstätigkeit gemäß § 1573 Abs. 2 BGB gegen den Beklagten zugestanden hätte. Das sei zunächst in Höhe von rund 137 DM und ab Juli 1986 in Höhe von rund 127 DM monatlich der Fall. Denn das zur Zeit des Unfalls von der Klägerin erzielte durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen von rund 1.200 DM würde sich unter Berücksichtigung der allgemeinen Einkommenssteigerungen seit 1980 inzwischen auf etwa 1.400 bis 1.450 DM monatlich belaufen, so daß ein Aufstockungsunterhalt der Klägerin von rund 250 DM monatlich zu veranschlagen wäre. Auf den ab Mai 1986 mit rund 387 DM und ab Juli 1986 mit rund 377 DM ermittelten monatlichen Unterhaltsanspruch sei daher der mit jedenfalls nicht unter insgesamt 300 DM zu bewertende Wohnvorteil in Höhe der Differenz zwischen 387 DM bzw. 377 DM und 250 DM anzurechnen, so daß sich die Unterhaltspflicht des Beklagten ab Mai 1986 auf monatlich 250 DM reduziere.
Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe seine Erwägungen ohne zureichenden Grund auf die Schlußzahlung in Höhe von 60.000 DM beschränkt. Anhand der Regelung in § 1577 BGB sei zu prüfen gewesen, ob und in welcher Weise die Klägerin das gesamte Vermögen in Höhe von 120.000 DM für ihren Unterhalt einzusetzen gehabt habe. Auch die Betrachtung, daß sie aus dem erworbenen Vermögen tatsächlich Nutzungen ziehe, habe nicht auf das Ergebnis der Anlage der letzten 60.000 DM (für das Wohnrecht) beschränkt werden dürfen. Die Klägerin, die nach der Feststellung des Berufungsgericht zuvor bereits 40.000 DM zum Ausbau der Wohnung in dem Hause ihrer Schwester und ihres Schwagers verwandt habe, ziehe damit Nutzungen aus einem eingesetzten Kapital von zumindest 100.000 DM. Rechtsfehlerhaft sei auch, daß das Berufungsgericht die tatsächlich gezogenen Nutzungen nur zu einem Teil berücksichtigen wolle. Tatsächlich erzielte Vermögenserträge verminderten gemäß § 1577 Abs. 1 BGB ohne Rücksicht auf die Herkunft des Vermögens und auf Billigkeitsgründe die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten.
Mit einem Teil dieser Angriffe hat die Revision Erfolg.
a)
Allerdings läßt sich daraus, daß die Klägerin aus den ersten Abschlagszahlungen auf das Schmerzensgeld nach ihrem Vortrag 20.000 DM für ihren Lebensunterhalt verwendet hat, nichts gegen ihren Unterhaltsanspruch herleiten. Dies wäre nur unter den Voraussetzungen des § 1579 Nr. 3 BGB möglich, also bei mutwilliger Herbeiführung der Bedürftigkeit. Eine solche scheidet hier jedoch offensichtlich aus, zumal es sich bei den für den Lebensunterhalt eingesetzten Mitteln um Schmerzensgeld gehandelt hat, das zur beliebigen Verfügung des Empfängers steht, um diesem nach seinen Wünschen und Interessen einen gewissen Ausgleich für den erlittenen immateriellen Schaden zu ermöglichen.
b)
Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet indessen die Behandlung der Erträge des in der Wohnung der Klägerin angelegten Vermögens durch das Berufungsgericht.
Nach § 1577 Abs. 1 BGB kann ein geschiedener Ehegatte Unterhalt insoweit nicht verlangen, als er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann. Zu den Einkünften rechnen auch Nutzungen einer Sache oder eines Rechts und damit auch die Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB) des Wohnens im eigenen Hause (Senatsurteilevom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 82/84 - FamRZ 1986, 434 undvom 29. Januar 1986 - IVb ZR 9/85 - FamRZ 1986, 437, 438) oder - wie hier - kraft dinglichen Wohnrechts. Es verringert den ungedeckten Unterhaltsbedarf des Berechtigten, also seine Bedürftigkeit.
Zur Höhe dieses Gebrauchsvorteils hat das Berufungsgericht sich - von seinem Standpunkt aus zu Recht - auf die Feststellung beschränkt, er sei jedenfalls mit nicht weniger als (monatlich) 300 DM zu bewerten. Das Berufungsgericht hätte den danach möglicherweise höheren Wert des Gebrauchsvorteils jedoch feststellen müssen, und zwar auf der Grundlage der im Anspruchszeitraum vorliegenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse. Maßgebend ist insoweit der Wohnwert der Räume für die Klägerin. Gegebenenfalls ist auch eine Erhöhung des Gebrauchsvorteils zu berücksichtigen, die durch die Umbauarbeiten eingetreten ist, welche die Klägerin schon vor dem Erwerb des dinglichen Wohnrechts unter Einsatz von 40.000 DM aus den ersten Schmerzensgeldzahlungen vorgenommen hat.
Die Gründe dafür, daß das Berufungsgericht gemeint hat, von einer genaueren Bewertung der Gebrauchsvorteile absehen zu können, daß nämlich aufgrund der besonderen Umstände des Falles nur eine Teilanrechnung in Betracht komme, greifen nicht durch. Mit ihnen will das Berufungsgericht der Klägerin im Ergebnis einen für den Fall der Fortführung ihrer Erwerbstätigkeit ohne Unfall gedachten Aufstockungsunterhalt sichern, weil der Beklagte durch ihren Unfall unterhaltsrechtlich nicht besser gestellt werden dürfe, als er ohne den Unfall stände. Weder dies noch der ebenfalls vom Berufungsgericht genannte Gedanke einer sonst eintretenden Zweckverfehlung des Schmerzensgeldes ist jedoch rechtlich tragfähig. Nach der Regelung des § 1577 Abs. 1 BGB sind Vermögenserträgnisse, wie das Berufungsgericht an sich nicht verkennt, in jedem Fall und einschränkungslos anzurechnen. Anders als bei der Prüfung, ob der Vermögensstamm zu verwerten ist (§ 1577 Abs. 3 BGB), findet eine Billigkeitsabwägung nicht statt. Auf die Herkunft des Vermögens kommt es nicht an. Entscheidend ist allein, ob und in welcher Höhe der geschiedene Ehegatte seinen Unterhaltsbedarf aus den Erträgen seines Vermögens bestreiten kann (Senatsurteilevom 27. Juni 1984 - IVb ZR 20/83 - FamRZ 1985, 354, 356;vom 16. Januar 1985 - IVb ZR 59/83 - FamRZ 1985, 357, 359 und IVb ZR 62/83 - FamRZ 1985, 582, 583;vom 19. Februar 1986 - IVb ZR 16/85 - FamRZ 1986, 439, 440 und IVb ZR 13/85 - FamRZ 1986, 441, 442).
Danach sind auch Einkünfte aus der Anlage von Schmerzensgeld für den eigenen Unterhalt zu verwenden, mindern also den ungedeckten Unterhaltsbedarf und damit den Unterhaltsanspruch (wie hier Gernhuber Familienrecht 3. Aufl. § 30 VIII 4, S. 408; s. auch BGB-RGRK/Cuny 12. Aufl. § 1577 Rdn. 2, 3 und 5 sowie vor § 1581 Rdn. 26, 30; vgl. zur Berücksichtigung der Erträge aus der Anlage von an sich unterhaltsrechtlich nicht anzurechnenden Einkünften bereits RGZ 145, 302, 308 f.). Das System des nachehelichen Unterhaltsrechts, das auf Bedarfsdeckung im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Schuldners ausgerichtet ist, bietet keinen Raum für die Erwägung, der Beklagte dürfe durch den Unfall der Klägerin nach der Trennung der Parteien unterhaltsrechtlich nicht besser gestellt werden, als wenn die Klägerin den Unfall nicht erlitten hätte und erwerbstätig geblieben wäre. Diese Überlegung vernachlässigt den Umstand, daß die Klägerin das Schmerzensgeldkapital tatsächlich erhalten hat und aus seiner Anlage Erträge erzielt, die ihre Bedüftigkeit verringern.
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben.
Die wegen der Bewertung des Gebrauchsvorteils erforderliche Zurückverweisung an den Tatrichter gibt Gelegenheit zu Vortrag und Feststellungen auch dazu, ob bereits die - offensichtlich im Einvernehmen mit den Hauseigentümern vorgenommenen - Umbauarbeiten an den sodann von der Klägerin bewohnten Räumen bewirkt haben, daß ihr schon vor der Einräumung des dinglich gesicherten Wohnrechts, also vor Mai 1986, als Vermögensnutzung aufzufassende Vorteile, etwa in Form eines Mietnachlasses wegen ihres Kapitaleinsatzes, zugeflossen sind.
V.
Das Berufungsgericht hat es abgelehnt, gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB die Bemessung des Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zeitlich zu begrenzen. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg. Die in der gesetzlichen Vorschrift "insbesondere" als insoweit berücksichtigungsfähig genannten Umstände der Dauer der Ehe (hier: rund acht Jahre bis zur Stellung des Scheidungsantrages) sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit (hier: ganz überwiegend Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit auch der Ehefrau) lassen eine zeitlich unbegrenzte Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht als unbillig erscheinen. Dies gilt um so mehr, als der an den ehelichen Lebensverhältnissen ausgerichtete Unterhaltsbedarf der Klägerin, wie das Berufungsgericht rechtlich bedenkenfrei ausgeführt hat, ihren eheunabhängigen angemessenen Lebensbedarf nur geringfügig übersteigt.