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Bundesgerichtshof
Urt. v. 13.07.1988, Az.: IVa ZR 67/87

Zahlung der Maklerprovision an einen Dritten; Treuwidriges Verschweigen bei Kenntnis von schwerwiegenden Mängeln am Kaufobjekt; Nachweis der Kenntnis; Anhaltspunkte des Beweisführers für die Richtigkeit der in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptung

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
13.07.1988
Aktenzeichen
IVa ZR 67/87
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1988, 13322
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG München - 16.12.1986

Fundstellen

  • NJW 1989, 227 (red. Leitsatz)
  • NJW-RR 1988, 1529-1530 (Volltext mit red. LS)

Prozessführer

Frau Ann Pamela Q., B.straße 19, M.

Prozessgegner

1. Firma F. Anlageberatungs-GmbH,
gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer Ulrich R., O.straße 5, M.

2. Herr Peter D., O.straße 5, M.

Amtlicher Leitsatz

Der darlegungspflichtigen Partei kann nicht verwehrt werden, tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die sie kein zuverlässiges Wissen besitzt und nicht erlangen kann, und sie kann deshalb genötigt sein, auch nur vermutete Tatsachen zu behaupten und unter Beweis zu stellen.

In dem Rechtsstreitverfahren hat
der Zivilsenat IVa des Bundesgerichtshofes
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Hoegen und
die Richter Rottmüller, Dehner, Dr. Zopfs und Dr. v. Ungern-Sternberg
auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Juli 1988
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Dezember 1986 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Unter dem Namen der Beklagten zu 1) wurde in einer Tageszeitung eine "exclusive 3-Zimmer-Terrassenwohnung" zum Preis von 925.000 DM angeboten. Die Klägerin meldete sich auf das Inserat und kam so in Verbindung mit dem Beklagten zu 2), der in der Folgezeit auch die weiteren Verhandlungen im Namen der Beklagten zu 1) führte. Die Klägerin kaufte im Frühjahr 1984 die Eigentumswohnung für 900.000 DM. Die Maklerprovision von 48.000 DM ließ sie durch einen Dritten auf ein ihr benanntes Nummernkonto bei einer Schweizer Bank überweisen.

2

Sie klagt nunmehr auf Rückzahlung der Provision und trägt zur Begründung ihres Anspruchs vor: Die Beklagten hätten wahrheitswidrig behauptet, die Verkäuferin habe den Kaufpreis auf 925.000 DM festgesetzt, wovon ein Teil von 25.000 DM auf eine vereinbarungsgemäß von der Verkäuferin zu erbringende Maklerprovision entfalle; tatsächlich habe die Verkäuferin von vornherein nur 900.000 DM verlangt, und von einer den Beklagten von Verkäuferseite geschuldeten Provision sei nie die Rede gewesen. Überdies hätten die Beklagte und die Verkäuferin ihnen bekannte erhebliche bauliche Mängel des Kaufobjekts verschwiegen. Bei Kenntnis der Sachlage hätte sie, die Klägerin, das Objekt nicht erworben und auch folglich keine Maklerprovision entrichtet.

3

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

4

I.

Soweit sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts richtet, eine Täuschung über das Bestehen eines Anspruchs auf Verkäuferprovision und über die Höhe des von der Verkäuferin verlangten Kaufpreises sei nicht erwiesen, ist sie unbegründet. Sie erschöpft sich insoweit in unzulässigen Angriffen gegen die (rechtsfehlerfreie) tatrichterliche Beweiswürdigung.

5

II.

Das Berufungsgericht hat sich nicht davon überzeugen können, daß der Beklagte zu 2) schwerwiegende Mängel der Wohnanlage oder der Wohnung selbst gekannt und sie der Klägerin treuwidrig verschwiegen habe. Dem Antrag der Klägerin, den Zeugen Dr. Bauer, den von den Wohnungseigentümern gewählte Verwaltungsbeirat, darüber zu vernehmen, ob dem Beklagten zu 2) zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages die Mängel des Anwesens bekannt gewesen seien, sei nicht stattzugeben. Es handle sich insoweit um einen Ausforschungsbeweis; denn die Klägerin habe für ihre Behauptung nicht genügend Anhaltspunkte angegeben und nicht dargelegt, wann und wo Herr Dr. B. mit dem Beklagten zu 2) über welche Mängel gesprochen haben soll.

6

Diese Ausführungen werden von der Revision mit Recht beanstandet.

7

1.

Aus dem Vortrag der Klägerin ist zwar zu entnehmen, daß sie keine sichere Kenntnis darüber hat, ob der Beklagte zu 2) mit dem Zeugen Dr. B. über die Mängel des Anwesens gesprochen hat. Dies rechtfertigt jedoch nicht, den Antrag als auf einen Ausforschungsbeweis gerichtet zurückzuweisen. Der Senat hat dazu bereits im Urteil vom 25. März 1987 - IVa ZR 224/85 - (BGHR ZPO § 286 Abs. 1 "Beweisantrag, Ablehnung 2") ausgeführt, daß nach dem im Zivilprozeß herrschenden Verhandlungsgrundsatz die darlegungs- und beweispflichtige Partei eine Beweisaufnahme und damit eine Klärung der für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblichen Tatsachen nur dann erreichen kann, wenn sie entsprechende bestimmte Behauptungen aufstellt. Andererseits kann es ihr aber auch nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die sie kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Sie kann deshalb genötigt sein, eine von ihr nur vermutete Tatsache zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Darin kann weder eine Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht noch ein unzulässiger Ausforschungsbeweis gesehen werden.

8

2.

Gemäß § 373 ZPO hat die Partei, die die Vernehmung eines Zeugen beantragen will, den Zeugen zu benennen und die Tatsachen zu bezeichnen, über die dieser vernommen werden soll. Dagegen verlangt das Gesetz nicht, daß der Beweisführer sich auch darüber äußert, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in des Wissen des Zeugen gestellten Behauptung habe (BGH Urteil vom 16. Januar 1987 - V ZR 185/85 - BGHR ZPO § 373 "Substantiierung 1"). Eine (scheinbare) Ausnahme von diesem Grundsatz macht die Rechtsprechung lediglich dann, wenn ein Zeuge über innere Vorgänge bei einem anderen vernommen werden soll. Da innere Vorgänge einer direkten Wahrnehmung durch andere Personen entzogen sind, kann in einem solchen Fall der Zeuge nur äußere Umstände bekunden, die einen Rückschluß auf den zu beweisenden inneren Vorgang zulassen; es handelt sich also hierbei um einen Indizienbeweis. Bei dieser Beweisart muß der Beweisführer aber nicht nur die von ihm zu beweisende Haupttatsache, sondern auch die Hilfstatsachen bezeichnen, aus denen sich die Haupttatsache ergeben soll (BGH Urteil vom 4. Mai 1983 - VIII ZR 94/82 - NJW 1983, 2034, 2035 - insoweit in BGHZ 87, 227 nicht abgedruckt). Diesen Anforderungen hat die Klägerin genügt. Sie will ersichtlich den Zeugen auch dafür benennen, daß er mit dem Beklagten zu 2) über die Mängel gesprochen habe. Davon geht auch das Berufungsgericht aus. Es vermißt lediglich Angaben darüber, wann und wo Dr. B. mit dem Beklagten zu 2) über die Mängel gesprochen haben soll, und welche Mängel jeweils Gegenstand dieser Besprechungen waren. Es beanstandet also - anders als der VIII. Zivilsenat im Urteil vom 4. Mai 1983 - nicht, daß die Klägerin für den von ihr behaupteten inneren Vorgang kein Indiz genannt hätte, sondern nur, daß ihre Behauptungen über das Indiz nicht genügend substantiiert gewesen seien. Wie weit indes eine Partei ihren Sachvortrag substantiieren muß, hängt von ihrem Kenntnisstand ab (vgl. dazu BGHZ 12, 49, 50;  86, 23, 30 [BGH 01.12.1982 - VIII ZR 279/81];  BGH Urteile vom 20. Januar 1961 - I ZR 79/59 - NJW 1961, 826, 828; vom 28. Juni 1974 - I ZR 62/72 - NJW 1974, 1822; vom 12. November 1979 - II ZR 174/75 - NJW 1980, 589, 591; vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85 - BGHR ZPO § 138 Abs. 3 "Bestreiten, substantiiertes 2"). Über Ort und Zeit der Besprechungen zwischen Dr. B. und dem Beklagten zu 2) weiß die Klägerin nichts; man kann daher insoweit von ihr keine zuverlässigen Angaben erwarten. Wenn man von ihr fordern würde, daß sie hierüber ins Blaue hinein Behauptungen aufstelle, so wäre dies eine sinnlose Formalität, durch die der Rechtsstreit nicht gefördert würde. Die Klägerin hat im übrigen auch ausdrücklich in das Wissen des Zeugen Dr. B. gestellt, daß dem Beklagten zu 2) beim Kaufabschluß die Mängel des Anwesens "nicht nur über die Eheleute B., sondern auch aus eigener Tätigkeit für die Initiatoren des Bauvorhabens" bekannt gewesen seien.

9

Das Berufungsgericht hätte nicht ohne vorherige Vernehmung des Zeugen Dr. B. die Klage mit der gegebenen Begründung abweisen dürfen.

Dr. Hoegen
Rottmüller
Dehner
Dr. Zopfs
Dr. v. Ungern-Sternberg