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Bundesgerichtshof
Urt. v. 09.07.1987, Az.: IX ZR 167/86

Anfechtung; Konkursverfahren; Rückgewähr

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
09.07.1987
Aktenzeichen
IX ZR 167/86
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1987, 13201
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • BGHZ 101, 286 - 289
  • MDR 1987, 1020 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1987, 2821-2823 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 1987, 1519 (amtl. Leitsatz)
  • ZIP 1987, 1132-1134

Amtlicher Leitsatz

Schuldet der Anfechtungsgegner bei Eröffnung des Konkursverfahrens nur noch Wertersatz, kommt es für die Berechnung dieses Anspruchs auf den Wert des anfechtbaren weggegebenen Gegenstandes in diesem Zeitpunkt an. Der Rückgewähranspruch ist auch dann kein Anspruch aus einem Handelsgeschäft, wenn die anfechtbare Rechtshandlung ein solches war.

Tatbestand:

1

Der Kläger verlangt als Konkursverwalter von der Beklagten im Wege der Konkursanfechtung Wertersatz für Sicherungsgut, dessen Rückgewähr dieser nicht mehr möglich ist.

2

Die Gemeinschuldnerin stellte auf einem angemieteten Betriebsgelände Konserven her. Mit schriftlichem Vertrag vom 22. Januar 1979 hatte sie ihrer Vermieterin das Eigentum an verschiedenen Maschinen zur Sicherung von Mietrückständen und noch entstehenden Mietzinsansprüchen übertragen und dabei die Gegenstände für die Vermieterin unentgeltlich in Verwahrung genommen. 1981 geriet die Gemeinschuldnerin in wirtschaftliche Bedrängnis. Sie konnte deshalb Wechselforderungen der Beklagten in Höhe von 170 000 DM nicht erfüllen; dieser schuldete sie aus Darlehen weitere 200 000 DM. Da die Beklagte eine Verlängerung der Wechsel von der Gewährung einer Sicherheit abhängig machte, beglich die Gemeinschuldnerin am 15. September 1981 alle ihrer Vermieterin bis Ende 1981 zustehenden Forderungen um das Sicherungsgut »frei zu bekommen«. Anschließend verhandelte sie mit der Beklagten über das beabsichtigte Sicherungsgeschäft und bestätigte mit Schreiben vom 18. September 1981 die getroffenen Vereinbarungen wie folgt:

3

»(von der weiteren Darstellung wird abgesehen)

4

Wie von Ihnen gewünscht, übereignen wir Ihnen hiermit zur Sicherung Ihres gewährten Wechselkredites alle in unserem Eigentum stehenden Maschinen, Geräte und Werkzeuge gemäß beiliegender Aufstellung (von der weiteren Darstellung wird abgesehen)

5

(von der weiteren Darstellung wird abgesehen)«

6

Die Beklagte übertrug das Eigentum noch vor Konkurseröffnung weiter auf die Firma O. M. KG, an der ihre Inhaber beteiligt sind. Am 17. Dezember 1981 ließ die Gemeinschuldnerin die Maschinen, die zunächst bei ihr verblieben waren, nach E. schaffen, wo sie für die Firma O. M. KG eingelagert wurden, die sie in der Folgezeit zum Teil veräußerte, zum Teil selbst benutzte und dann verschrottete.

7

Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wurde am 16. Februar 1982 das Konkursverfahren eröffnet. Mit seiner Klage vom 26. März 1982 focht der Kläger die Sicherungsübereignung an die Beklagte an und verlangte Rückgewähr der Maschinen, hilfsweise »für den Fall der Unmöglichkeit der Herausgabe« 131 366,56 DM Wertersatz.

8

Das Landgericht gab dem Hilfsantrag statt. Das Oberlandesgericht änderte dieses Urteil auf die Berufung der Beklagten dahin, daß diese als Wertersatz nur 111 589,53 DM zu zahlen habe. Dieses Urteil griff die Beklagte nur zum Teil an. In diesem Umfange führte ihre Revision zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits.

Entscheidungsgründe

9

I., II.

10

Das Berufungsurteil kann keinen Bestand haben, weil seine Feststellungen zur Anspruchshöhe rechtsfehlerhaft sind.

11

Der Berufungsrichter geht zunächst richtig davon aus, daß der Beklagten die Rückgewähr der Maschinen in Natur schon vor Konkurseröffnung nicht mehr möglich war, sie mithin nur Wertersatz schuldet (§ 37 Abs. 1 KO). Für die Berechnung dieses Anspruchs stellt er dann aber auf den Zeitpunkt ab, zu dem die Maschinen übereignet und aus Bad B. entfernt worden sind (Herbst 1981). Das ist schon deshalb unzutreffend, weil zu dieser Zeit das Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin noch nicht eröffnet, ein Anspruch für die Masse also noch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt entstanden war. Jedenfalls bei dem hier zu beurteilenden Sachverhalt kommt es andererseits aber auch nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an, wie die Revision geltend macht. Maßgebend ist vielmehr der Wert der Gegenstände bei Konkurseröffnung (hier: 16. Februar 1982).

12

1. Der Anspruch auf Rückgewährung beruht auf einem gesetzlichen Schuldverhältnis und setzt voraus, daß sich einer der Anfechtungstatbestände verwirklicht hat; einer einseitigen Anfechtungserklärung bedarf es insoweit nicht (zum Anfechtungsgesetz BGHZ 98, 6, 9). Er entsteht schon mit Eröffnung des Konkursverfahrens (BGHZ 15, 333, 337), nicht erst mit Erhebung der Anfechtungsklage; denn auch derjenige erfüllt diesen Anspruch (vgl. § 362 Abs. 1 BGB), der dem außergerichtlichen Verlangen des Konkursverwalters auf Rückgewähr des anfechtbar Erlangten Folge leistet.

13

2. § 37 Abs. 1 KO bestimmt, daß zur Konkursmasse zurückgewährt werden muß, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Gemeinschuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist.

14

a) Grundsätzlich hat Rückgewähr in Natur zu erfolgen. Insoweit liegt es freilich nahe, zunächst nicht auf den Zeitpunkt des Entstehens dieses Anspruchs, sondern auf den der tatsächlichen Rückgewähr, im Anfechtungsprozeß auf den der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen. Das ist insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil der anfechtbar weggegebene Gegenstand selbst zurückgewährt wird; sind inzwischen Werterhöhungen, Wertminderungen oder andere Umstände eingetreten, die seinen jetzigen wirtschaftlichen Wert beeinflussen, so ist unter Beachtung des Zweckes der Konkursanfechtung zu entscheiden, ob und in welchem Umfange sie zugunsten oder zu Lasten der Masse zu berücksichtigen sind (vgl. dazu Böhle-Stamschräder/Kilger, KO 14. Aufl. § 37 Anm. 4, 5; Kuhn/Uhlenbruck, KO 10. Aufl. § 37 Rdnr. 5 ff. jeweils m. w. Nachw.).

15

b) Nur dann, wenn der betreffende Gegenstand nicht mehr vorhanden, jedenfalls seine Rückgewähr dem Anfechtungsgegner unmöglich ist, wird Wertersatz geschuldet. Dabei handelt es sich nicht um einen Alternativ-, sondern um einen Ersatzanspruch (BGH Urt. v. 15. Oktober 1969 - VIII ZR 136/67, NJW 1970, 44, 45). Ist dem Anfechtungsgegner, wie hier, eine Rückgewähr in Natur schon bei Konkurseröffnung nicht mehr möglich, so entsteht von vorneherein nur der Wertersatzanspruch. Dann kommt es für dessen Berechnung auf den Zeitpunkt seines Entstehens an, also auf die Eröffnung des Konkursverfahrens. Für die bei Konkurseröffnung vorliegenden Wertminderungen, Werterhöhungen und ähnliche Umstände gilt grundsätzlich nichts anderes als beim Rückgewähranspruch in Natur. Treten sie erst später ein, so ist nicht einzusehen, warum sie den im Zeitpunkt der Konkurseröffnung geschuldeten Wertersatz für einen Gegenstand bestimmen sollten, auf dessen Rückgewähr in Natur die Masse niemals Anspruch hatte. Das Abstellen auf die Konkurseröffnung als Stichtag für die Berechnung des Wertersatzes dient auch dem Bedürfnis der Praxis nach Rechtsklarheit, weil dieser Zeitpunkt feststeht und damit Manipulationen mit dem Zeitablauf zumindest erschwert werden. Soweit sich aus früheren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (vgl. z. B. BGH Urt. v. 18. Mai 1955 - IV ZR 14/55, WM 1955, 1468, 1471) etwas anderes ergeben sollte, wird daran nicht mehr festgehalten.