Bundesgerichtshof
Urt. v. 11.12.1985, Az.: IVb ZR 82/84
Gebrauchsvorteile aus Eigentumsverhältnissen als Einkünfte zum ehelichen Lebensverhältnis; Wohnungsnutzung eines Ehegatten im gemeinsamen Eigentum mit dem getrennt lebenden Ehegatten als Einkommen; Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe der Ehegatten am ehelichen Lebensstandard bei Rentnern; Voraussetzungen des Anspruchs auf Nutzungsentgelt bei Vermögensnutzung durch den getrennt lebenden Ehegatten; Voraussetzungen des Anspruchs auf Trennungsunterhalt hinsichtlich der Härtegründe des § 1361 Nr. 1-3 BGB
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 11.12.1985
- Aktenzeichen
- IVb ZR 82/84
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1985, 13121
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG München - 20.11.1984
- AG Augsburg
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- FamRZ 1986, 434
- MDR 1986, 566-567 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1986, 1340-1342 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-RR 1986, 626 (amtl. Leitsatz)
Prozessführer
Rudolf H., G. straße ..., A.,
Prozessgegner
Anna H., W. straße ..., A.,
Amtlicher Leitsatz
- a)
Ein Ehegatte, der die im Miteigentum der Eheleute stehende Ehewohnung nach der Trennung allein weiter bewohnt, kann dem Unterhaltsanspruch des anderen Ehegatten nicht entgegenhalten, dieser könne im Wege einer Neuregelung der Verwaltung und Benutzung des Miteigentums (§ 745 Abs. 2 BGB) von ihm ein Nutzungsentgelt verlangen.
- b)
Ein Ehegatte führt nicht dadurch mutwillig seine Bedürftigkeit herbei, daß er aus der Ehewohnung auszieht und trennungsbedingten Mehrbedarf verursacht.
Der IVb - Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 1985
durch
den Vorsitzenden Richter Lohmann
und die Richter Portmann, Dr. Krohn, Dr. Zysk und Nonnenkamp
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats, zugleich Familiensenat, des Oberlandesgerichts München mit dem Sitz in Augsburg vom 20. November 1984 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die im Jahre 1914 geborene Klägerin und der im Jahre 1910 geborene Beklagte sind seit dem 20. Mai 1939 miteinander verheiratet. Sie bewohnten ein in ihrem hälftigen Miteigentum stehendes Einfamilienhaus. Am 1. Juni 1983 zog die Klägerin nach einer Auseinandersetzung der Parteien aus dem Hause aus; seither leben sie getrennt. Der Beklagte bewohnt das Haus allein und trägt dessen Lasten. Beide Parteien beziehen Altersruhegeld.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Trennungsunterhalt unter Anrechnung freiwilliger Zahlungen in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, für die Zeit vom 15. Juni 1983 bis 30. April 1984 rückständige 7.868,61 DM sowie ab 2. Mai 1984 monatlich über freiwillig gezahlte 525 DM hinaus 687 DM zu zahlen.
Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die des Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin das amtsgerichtliche Urteil dahin geändert, daß der Beklagte für die Zeit vom 15. Juni 1983 bis 31. Oktober 1984 einen Unterhaltsrückstand von 13.293 DM und ab 1. November 1984 monatlich über freiwillig gezahlte 525 DM hinaus 845 DM zu zahlen hat.
Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt der Beklagte wie in den Vorinstanzen die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
1.
Nach § 1361 Abs. 1 BGB kann die Klägerin von dem Beklagten während des Getrenntlebens der Parteien den angemessenen Unterhalt verlangen. Auf eine Erwerbstätigkeit braucht sie sich nicht verweisen zu lassen, da eine solche von ihr wegen ihres Alters nicht erwartet werden kann (§ 1361 Abs. 2 BGB). Das hat das Berufungsgericht festgestellt und wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen.
2.
Bei der Bemessung des Unterhalts hat das Berufungsgericht die sog. Differenzmethode angewandt und der Klägerin 3/7 des Unterschieds der beiderseitigen Einkünfte zugebilligt. Außer den Renten beider Parteien hat es dabei auf seiten des Beklagten Vermögenseinkünfte in Höhe von monatlich 445 DM berücksichtigt, da er das beiden Parteien gehörende Haus mit Garage nutze. Das Berufungsgericht hat den Nutzungswert des Hauses mit 550 DM und die Belastungen mit 150 DM monatlich angenommen. Den verbleibenden 400 DM hat es monatlich 45 DM zugeschlagen, die der Beklagte unstreitig durch Vermietung der zu dem Haus gehörenden Garage erzielt.
Die Unterhaltsbemessung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a)
Die Lebensverhältnisse der Parteien, nach denen sich gemäß § 1361 Abs. 1 BGB der Unterhalt bemißt, werden durch ihre Einkünfte bestimmt. Diese bestehen zunächst aus den beiderseits bezogenen Renten. Da sie diese in annähernd gleicher Höhe schon im Zeitpunkt der Trennung bezogen haben, stellt sich nicht die Frage, ob und inwieweit Einkommensänderungen nach der Trennung sich auf die ehelichen Lebensverhältnisse auswirken (vgl. Senatsurteil BGHZ 89, 108 [BGH 23.11.1983 - IVb ZR 21/82]). Zu den Einkünften rechnen ferner die Vorteile, die die Parteien dadurch gehabt haben, daß sie ein eigenes Haus bewohnt haben. Es handelt sich um Nutzungen des Vermögens, hier des Grundstückseigentums, im Sinne des § 100 BGB (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 1985 - IVb ZR 59/83 - FamRZ 1985, 357, 359), und zwar in der Form der Gebrauchsvorteile. Soweit deren Wert die Belastungen übersteigt, die durch allgemeine Grundstücksunkosten und -lasten sowie ggf. durch Zins- und Tilgungsverpflichtungen entstehen, ist er bei der Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse den Einkünften der Eheleute hinzuzurechnen (Senatsurteil vom 27. Juni 1984 - IVb ZR 20/83 - FamRZ 1985, 354, 356). Ob der Wert der Nutzung sich durch den Auszug der Klägerin vermindert hat, kann auf sich beruhen. Denn da der Beklagte das Haus weiter bewohnt, ist bei ihm der (Netto-)Wert der von ihm gezogenen Gebrauchsvorteile als Einkommen zu berücksichtigen, wie es das Berufungsgericht zutreffend getan hat. Auch die durch Vermietung der Garage erzielten Einnahmen, bei denen es sich um "Früchte" im Sinne des § 99 Abs. 3 BGB handelt, hat das Berufungsgericht mit Recht angesetzt. Ob die Garage schon vor der Trennung der Parteien vermietet war, kann auf sich beruhen. Soweit dies nicht der Fall war, rechnete die Möglichkeit zur Nutzung der Garage zu den Gebrauchsvorteilen im Sinne des § 100 BGB.
b)
Gegen die Bewertung des Vorteils, den der Beklagte durch das Wohnen im eigenen Haus hat, wendet die Revision ein, das Berufungsgericht habe fälschlich eine Wohnfläche von ca. 103 qm zugrunde gelegt. Tatsächlich seien es nur 70,27 qm, was der Beklagte auf richterliche Frage (§ 139 ZPO) vorgetragen hätte. Diese Rüge ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat seine Feststellung entscheidend nicht auf die Größe der Wohnfläche des Hauses, sondern darauf gestützt, daß der Beklagte den von der Klägerin behaupteten Nutzungswert des Hauses nicht substantiiert bestritten habe. Die Revision rügt nicht, daß es dabei erhebliches Vorbringen des Beklagten übergangen habe. Zu einem Hinweis nach § 139 ZPO hatte das Gericht schon deshalb keinen Anlaß, weil Parteien derartige Ansätze nicht selten - etwa zur Vermeidung von Sachverständigenkosten - unstreitig stellen. Außerdem übersteigt der Betrag von monatlich 550 DM offensichtlich nicht den unterhaltsrechtlich angemessenen Wohnbedarf, der bei der Bewertung mietfreien Wohnens während der Trennungszeit vielfach als Obergrenze angesehen wird (vgl. etwa Graba FamRZ 1985, 657, 658 bei Fn. 10; Kalthoener/Büttner, Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 3. Aufl. Rdn. 458; KG FamRZ 1984, 898, 901; Unterhaltsrechtliche Leitlinien des OLG Celle, Stand 1. Januar 1985, unter I Nr. 9 - NJW 1985, 723). Denn nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts betrug das Renteneinkommen des Beklagten im Juni 1983 insgesamt 2.926,43 DM und stieg bis Juli 1984 auf monatlich 2.988,43 DM.
Da die Feststellungen des Berufungsgerichts über die Höhe der Belastungen, die dem Beklagten für Wohnhaus und Garage entstehen, von der Revision nicht angegriffen werden, ist der Wert der Vermögenseinkünfte aus Haus und Garage mit monatlich 445 DM bindend festgestellt.
c)
Es ist nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht den Betrag von monatlich 445 DM - neben seinen Renten - als Einkommen des Beklagten behandelt hat.
Wie unter a) schon ausgeführt, erzielt der Beklagte die Vermögenseinkünfte in Höhe von monatlich 400 DM dadurch, daß er das (auch) in seinem Eigentum stehende Haus bewohnt. Allein diese von ihm gezogene Nutzung ist mit dem Betrag von monatlich 400 DM bewertet worden. Weder die Tatsache dieser Nutzung noch ihr Wert wird dadurch berührt, daß die Klägerin Miteigentümerin des Hauses ist.
Die Einnahmen aus der Vermietung der Garage stehen allerdings nach der Regel des § 743 Abs. 1 BGB dem Beklagten nur zur Hälfte, im übrigen der Klägerin zu. Dadurch wird die Zurechnung der gesamten Mieteinnahmen zum Einkommen des Beklagten indessen nicht in Frage gestellt. Die Klägerin hat sich im gesamten Rechtsstreit niemals dagegen gewandt, daß der Beklagte die Garagenmiete vereinnahmt, sondern hat diesen Umstand im Gegenteil der Berechnung ihres Unterhaltsanspruchs mit zugrundegelegt. Der Beklagte seinerseits hat zwar behauptet, die Mieteinnahmen würden durch Aufwendungen für die Garage aufgezehrt, hat aber dem Grunde nach nicht bestritten, daß sie allein sein Einkommen sind. Unter diesen Umständen ist anzunehmen, daß die Parteien die Verwaltung ihres Miteigentums an der Garage zumindest stillschweigend entsprechend geregelt haben. Für den Beklagten ist diese Regelung nur von Vorteil, da die Klägerin, wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, an dieser Nutzung des gemeinschaftlichen Vermögens nicht zur Hälfte teilnimmt, sondern nur mit der 3/7-Quote, die das Berufungsgericht bei der Ermittlung ihres Unterhaltsanspruchs angewandt hat.
d)
Durch die weitere Berechnung des Anspruchs wird jedenfalls der Beklagte rechtlich nicht benachteiligt. Da die Lebensverhältnisse der Parteien, wie unter a) schon ausgeführt, auch durch das Einkommen der Klägerin bestimmt worden sind, konnte das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler die sog. Differenzmethode anwenden. Da der Beklagte nicht erwerbstätig, sondern Rentner ist, durfte vom Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe der Ehegatten am ehelichen Lebensstandard allerdings nicht ohne besondere Gründe abgewichen werden (Senatsurteile vom 7. Juli 1982 - IVb ZR 726/80 - FamRZ 1982, 894, 895; vom 28. März 1984 - IVb ZR 64/82 - FamRZ 1984, 662, 664). Daß das Berufungsgericht der Klägerin nur 3/7 der Einkommensdifferenz zugesprochen hat, gereicht dem Beklagten aber nicht zum Nachteil.
3.
Wie oben unter 2 c) ausgeführt, berührt das Miteigentum der Klägerin an dem Hausgrundstück weder die Zurechnung der Vermögensnutzung, die der Beklagte durch Bewohnen des Hauses zieht, zu seinem Einkommen noch deren Wert. Aber auch unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten steht das Miteigentum der Klägerin ihrem Unterhaltsbegehren nicht entgegen.
a)
Nachdem die Parteien sich getrennt haben und die Klägerin das Haus nicht mehr als Wohnung nutzt, könnte sie allerdings gemäß § 745 Abs. 2 BGB eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung verlangen, die darin bestehen könnte, daß der Beklagte, der das Haus nunmehr allein nutzt, ihr ein angemessenes Entgelt zahlt (BGH Urteil vom 4. Februar 1982 - IX ZR 88/80 - FamRZ 1982, 355, 356 = NJW 1982, 1753, 1754; BGHZ 87, 265, 271). Durch eine solche Zahlung würde ihre Unterhaltsbedürftigkeit gemindert mit der Folge, daß sie entsprechend weniger Unterhalt verlangen könnte. Außerdem könnte die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Beklagten herabgesetzt werden. Dieser kann die Klägerin jedoch nicht darauf verweisen, einen Anspruch auf Nutzungsentgelt zu erheben. Denn da er selbst Schuldner des Anspruchs wäre, würde er sich entgegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzen (Senatsurteil vom 4. April 1984 - IVb ZR 77/82 - nicht veröffentlicht). Darauf hat bereits das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen.
b)
Die Revision macht geltend, wenn die Klägerin - nach Zubilligung eines Unterhaltsanspruchs - in einem weiteren Rechtsstreit von dem Beklagten ein Nutzungsentgelt verlange, sehe dieser sich einer doppelten Inanspruchnahme ausgesetzt. Dieser allein durch einen Einwand nach § 242 BGB zu begegnen, sei ihm nicht zuzumuten. Daher müßten die unterhaltsrechtlichen Beziehungen der Parteien von ihren Beziehungen im Rahmen der Miteigentumsgemeinschaft (§ 741 ff. BGB) getrennt gehalten werden. Dieser Einwand greift nicht durch.
Zunächst ist zweifelhaft, ob die Klägerin mit Erfolg die Zahlung eines Nutzungsentgelts verlangen kann. Da sie nach § 745 Abs. 2 BGB nur eine billigem Ermessen entsprechende Neuregelung verlangen kann, kann berücksichtigt werden, daß sie gegen den Beklagten einen Unterhaltsanspruch hat und daß dieser sich - wie unter a) ausgeführt - um den Betrag eines Nutzungsentgelts verringern würde. Wie der Senat in dem gleichzeitig verkündeten und ebenfalls zur Veröffentlichung bestimmten Urteil in der Sache IVb ZR 83/84 ausgesprochen hat, kann der Anspruch auf Nutzungsentgelt aus diesem Grunde versagt werden.
Sodann aber ist der Beklagte - anders als die Revision befürchtet - nicht darauf beschränkt, sich gegen einen Anspruch auf Nutzungsentgelt in dieser Weise zu verteidigen. Da das Nutzungsentgelt die unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit der Klägerin vermindern und dadurch zu einer entsprechenden Herabsetzung ihres Unterhaltsanspruchs führen würde, würde es die für die Bemessung des Unterhalts maßgebenden Verhältnisse verändern, so daß der Beklagte nach § 323 ZPO Abänderung des Unterhaltstitels verlangen könnte. Die Schranke des § 323 Abs. 3 ZPO, wonach die Abänderung nur für die Zeit nach Erhebung der Klage zulässig ist, entwertet diese rechtliche Möglichkeit nicht entscheidend. Der Anspruch eines Miteigentümers auf Nutzungsentgelt wird nicht schon dadurch ausgelöst, daß der andere das im Miteigentum stehende Grundstück allein nutzt (BGH Urteile vom 20. Juni 1966 - V ZR 163/63 - NJW 1966, 1707 und vom 17. Mai 1983 - BGHZ 87, 265, 271). Vielmehr setzt er frühestens ein, wenn mit hinreichender Deutlichkeit eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung des Miteigentums nach billigem Ermessen gemäß § 745 Abs. 2 BGB verlangt wird; eine bloße Zahlungsaufforderung reicht nicht aus (BGH Urteil vom 4. Februar 1982 aaO). Für einen vor dem deutlichen Verlangen nach Neuregelung liegenden Zeitraum kann daher ein Nutzungsentgelt nicht beansprucht werden. Andererseits ist anzunehmen, daß sich die im Sinne des § 323 Abs. 1 ZPO erheblichen Verhältnisse bereits durch die Entstehung des Anspruchs auf Nutzungsentgelt und nicht erst durch seine Erfüllung ändern. Allgemein muß sich der Unterhaltsberechtigte als Einkünfte auch solche Beträge anrechnen lassen, die er zwar nicht einzieht, aber zumutbarerweise einziehen könnte (BGH Urteil vom 24. Oktober 1979 - IV ZR 171/78 - FamRZ 1980, 126, 128 = NJW 1980, 393, 395). Wenn er selbst eine Neuregelung durch Zahlung eines Nutzungsentgelts verlangt, verstößt der unterhaltspflichtige Ehegatte auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn er ihn auf diesen Anspruch verweist (vgl. oben zu a). Das allein gerechtfertigte Ergebnis, daß nämlich eine Verpflichtung des unterhaltspflichtigen Ehegatten, der nach der Trennung das im Miteigentum stehende Wohnhaus allein weiterbenutzt, zur Zahlung eines Nutzungsentgelts mit einer entsprechenden Herabsetzung des titulierten Unterhaltsanspruchs einhergeht, wird sich daher regelmäßig durch eine verständige Handhabung sowohl des nach § 745 Abs. 2 BGB anzuwendenden billigen Ermessens wie der prozessualen Möglichkeiten erreichen lassen. Die nicht von vornherein auszuschließende Möglichkeit, daß dies im Einzelfall - aus welchen Gründen auch immer - nicht voll gelingt, rechtfertigt es jedenfalls nicht, der Klägerin, die ein Nutzungsentgelt bisher nicht verlangt und die Erhebung eines solchen Anspruchs auch nicht im geringsten angekündigt hat, den ihr nach § 1361 BGB zustehenden Unterhalt auch nur zum Teil zu versagen.
4.
Das Berufungsgericht hat es abgelehnt, den Unterhaltsanspruch der Klägerin nach der gesetzlichen Härteregelung (§ 1361 Abs. 3 i.V. mit § 1579 Abs. 1 BGB) auszuschließen oder herabzusetzen. Die Revision stellt dies zur Nachprüfung, jedoch hat die angefochtene Entscheidung auch insoweit Bestand.
a)
Die Revision meint, die Klägerin habe ihre Bedürftigkeit im Sinne des § 1579 Abs. 1 Nr. 3 BGB mutwillig herbeigeführt, weil sie nach 44jähriger Ehe aus der ehelichen Wohnung ausgezogen und dadurch erst bedürftig geworden sei. Im Rahmen der durch § 1361 Abs. 3 BGB angeordneten entsprechenden Anwendung dieser Härteklausel seien weniger strenge Anforderungen zu stellen als beim Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, weil die Ehepartner während des Bestehens der Ehe zu besonderer gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichtet seien. Im vorliegenden Fall gelte dies in besonderem Maße, weil die Klägerin den Beklagten nach sehr langer Ehe verlassen habe.
Dem kann nicht gefolgt werden. Nach der Neufassung des § 1361 BGB durch das 1. EheRG richtet sich der Anspruch auf Trennungsunterhalt allein nach den Lebens-, Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten, ohne daß es auf die Gründe der Trennung ankommt. Das Verhalten des Unterhalt begehrenden Ehegatten, der die Trennung herbeigeführt hat, kann nur nach Maßgabe der Härteregelung berücksichtigt werden (vgl. dazu im einzelnen BGH Urteil vom 7. März 1979 - IV ZR 36/78 - FamRZ 1979, 569 = NJW 1979, 1348). Dem liegt die gesetzgeberische Wertung zugrunde, daß die Trennung als solche keine unterhaltsrechtlichen Sanktionen zur Folge haben soll. Wenn ein Ehegatte seinen Entschluß zur Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft verwirklicht, begibt er sich notwendigerweise der Möglichkeit, seinen Unterhalt in Form des Familienunterhalts (§ 1360 a BGB) entgegenzunehmen, und verursacht vielfach sog. trennungsbedingten Mehrbedarf, insbesondere durch zusätzliche Wohnkosten. Würden ihm schon diese mit der Trennung verbundenen Folgen nach der Härteregelung entgegengehalten werden können, würde ein mittelbarer Zwang zur Aufrechterhaltung der ehelichen Gemeinschaft ausgeübt und müßte - wie nach früherem Rechtszustand - im Einzelfall erforscht werden, ob der Ehegatte zur Trennung "berechtigt" war. Nach geltendem Recht soll der bedürftige getrennt lebende Ehegatte aber - wie ausgeführt - grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Gründe der Trennung angemessenen Unterhalt in Form einer Geldrente (§ 1361 Abs. 4 Satz 1 BGB) beanspruchen können. Dies entspricht auch der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1981, 452, 453; OLG Hamm FamRZ 1979, 508, 509; OLG München FamRZ 1979, 34, 35; Kalthoener/Büttner a.a.O. Rdn. 688; Rolland 1. EheRG 2. Aufl. § 1361 Rdn. 16; Göppinger/Wenz Unterhaltsrecht 4. Aufl. Rdn. 845; s. auch BT-Drucks. 7/650 S. 101 und 138). Da der Beklagte den Vorwurf, die Klägerin habe ihre Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt, allein damit begründet, daß sie aus der ehelichen Wohnung ausgezogen sei und dadurch Mehrbedarf verursacht habe, trifft mithin die Auffassung des Berufungsgerichts zu, daß die Voraussetzungen des § 1579 Abs. 1 Nr. 3 BGB nicht erfüllt sind. Daran ändert sich nichts, wenn die Klägerin - wie der Beklagte behauptet hat - es abgelehnt hat, in das Haus der Parteien zurückzukehren und dort von ihm getrennt zu leben.
b)
Bei der Auseinandersetzung der Parteien am 1. Juni 1983 hat die Klägerin dem Beklagten einen mit Reis gefüllten Teller nachgeworfen. Sie hat dies unwiderlegt damit erklärt, der Beklagte habe sie zuvor geohrfeigt und sie habe weitere Tätlichkeiten abwehren wollen. Hiernach ist ein eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten von einigem Gewicht, das den Tatbestand des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB erfüllen könnte, nicht dargelegt, geschweige denn bewiesen. Diese Beurteilung des Oberlandesgerichts steht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa Urteile vom 3. Februar 1982 - IVb ZR 654/80 - FamRZ 1982, 463, 464 und vom 23. Februar 1983 - IVb ZR 363/81 - FamRZ 1983, 456, 457 m.w.N.). Aus der Abkehr vom Schuldprinzip, der in § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB enthaltenen Bezugnahme auf die Schwere der zu Nr. 1 bis 3 aufgeführten Härtegründe und dem Merkmal der groben Unbilligkeit ergibt sich insoweit eine erhebliche Beschränkung der Berücksichtigungsfähigkeit persönlicher Verfehlungen. Selbst nach der Darstellung des Beklagten käme dem Vorfall kein derartiges Gewicht zu, daß er einen Ausschluß oder auch nur eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs rechtfertigen würde.
5.
Das Berufungsgericht hat im einzelnen dargelegt, daß der Beklagte für den Monat Juni 1983 an sich Unterhalt in Höhe von 1.344,66 DM schuldete. Da er erst zum 15. dieses Monats in Verzug gesetzt worden ist (§§ 1361 Abs. 4 Satz 3, 1360 a Abs. 3, 1613 Abs. 1 BGB), hat das Berufungsgericht in die ausgeurteilten Unterhaltsrückstände für diesen Monat 672,33 DM abzüglich 250 DM als Anrechnungsbetrag einer vom Beklagten geleisteten Zahlung von 500 DM aufgenommen. Die Revision macht geltend, die Zahlung von 500 DM müsse in voller Höhe von der einklagbaren Unterhaltsschuld von 672,33 DM abgesetzt werden. Damit kann sie nicht durchdringen. Die im Juni 1983 geleistete Zahlung des Beklagten war den Umständen nach erkennbar für den Lebensbedarf der Klägerin im gesamten Monat bestimmt (§ 366 Abs. 1 BGB, vgl. dazu Göppinger/Häberle a.a.O. Rdn. 340). Auf die zweite Hälfte dieses Monats entfielen davon also lediglich 250 DM, so daß das Berufungsgericht zu Recht nur diesen Betrag auf den für den gleichen Zeitraum entfallenden Unterhaltsrückstand angerechnet hat.
Portmann
Krohn
Zysk
Nonnenkamp