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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 23.01.1985, Az.: VIII ZB 18/84

Verlängerung der Frist für die Berufungsbegründung; Ausreichen eines nur fernmündlich gestellten Verlängerungsantrages; Formbedürftigkeit eines Antrags auf Fristverlängerung; Verfügung einer schriftlichen Fristverlängerung; Schutzwürdiges Vertrauen auf die telefonische Mitteilung der Fristverlängerung durch den Vorsitzenden; Erfordernis der Klarheit über den Eintritt der Rechtskraft eines Urteils

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
23.01.1985
Aktenzeichen
VIII ZB 18/84
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1985, 13412
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG München - 20.07.1984
LG München I

Fundstellen

  • BGHZ 93, 300 - 307
  • MDR 1985, 574-575 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1985, 1558-1560 (Volltext mit amtl. LS)
  • VersR 1985, 497-499 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

1. H. Oemer

2. H. Jale

Beide wohnhaft A.straße 6 in R.

Prozessgegner

1. G. Bernd, S.straße 34, M.

2. B. Basile, P.straße 15, M.

Amtlicher Leitsatz

  1. a)

    Der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bedarf zu seiner Wirksamkeit der Schriftform. Mängel des Antrags sind jedoch ohne Einfluß auf die Wirksamkeit der Verlängerungsverfügung (im Anschluß an LM ZPO § 554 Nr. 3).

  2. b)

    Zur Frage der Wirksamkeit einer auf fernmündlich gestellten Antrag vom Vorsitzenden nur fernmündlich mitgeteilten Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
durch
den Vorsitzenden Richter Braxmaier und
die Richter Dr. Skibbe, Treier, Dr. Zülch und Dr. Paulusch
am 23. Januar 1985
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. Juli 1984 zu Ziffer III (Wiedereinsetzung, Kosten) aufgehoben.

    Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der sofortigen Beschwerde - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

  2. 2.

    Der Beschwerdewert wird auf 150.000 DM festgesetzt.

Gründe

1

I.

Das Landgericht hat die Beklagten verurteilt, den Klägern den Besitz an bestimmten Geschäftsräumen zu verschaffen sowie ihnen den Warenbestand des Geschäfts und eine Reihe von Einrichtungsgegenständen zu übergeben und das Eigentum daran zu übertragen. Sein Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am 24. Januar 1984 zugestellt worden, die am 23. Februar 1984 für die Beklagten Berufung einlegten. Mit Schreiben vom 12. April 1984, das am selben Tag bei Gericht einging, beantragten die Prozeßbevollmächtigten, "die bis zum 13.4.1984" verlängerte Berufungsbegründungsfrist um einen weiteren Monat zu verlängern; sie versicherten, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger sein Einverständnis erteilt habe. Nach einem Hinweis des Senatsvorsitzenden Dr. K. vom 19. April 1984, er könne dem Antrag zunächst noch nicht stattgeben, weil er derzeit noch nicht feststellen könne, daß die behauptete erstmalige Verlängerung verfügt worden sei, machten die Beklagten mit ihrem am 27. April 1984 eingegangenen Schriftsatz geltend, die erstmalige Verlängerung bis zum 13. April 1984 sei anläßlich eines Telefongesprächs von Rechtsanwalt F. mit dem Senatsvorsitzenden am 19. März 1984 von diesem verfügt worden. Sie begründeten zugleich die Berufung und beantragten vorsorglich, ihnen gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags führten sie aus, Rechtsanwalt F. sei unverschuldet davon ausgegangen, daß der Senatsvorsitzende bei dem mit ihm geführten Telefongespräch die Fristverlängerung antragsgemäß bis 13. April 1984 verfügt habe. Zur Glaubhaftmachung versicherte Rechtsanwalt F. anwaltlich die Richtigkeit seiner das Telefongespräch betreffenden Angaben. Er nahm weiter Bezug auf eine von ihm gefertigte Aktennotiz. Sie trägt das Datum vom 19. März 1984 und hat folgenden Inhalt: "Verlängerung der Berufungsbegründung - 13.4.84 gewährt. Auf Gewährung d. Verlängerung ist im §§Bezug zu nehmen." Außerdem legte er eine eidesstattliche Versicherung seiner Sekretärin vor. Sie erklärt darin, Rechtsanwalt F. habe sie am 19. März 1984 informiert, daß ihm vom Vorsitzenden des angerufenen Gerichts am selben Tag fernmündlich die Fristverlängerung bezüglich der Berufungsbegründung bis 13. April 1984 gewährt worden sei. Gleichzeitig habe er erklärt, daß dies, wie mit dem Herrn Vorsitzenden abgesprochen, bei Gericht nicht mehr in einem gesonderten Schriftsatz aktenkundig gemacht werden müßte. Rechtsanwalt F. habe sie angewiesen, die Berufungsbegründungsfrist entsprechend umzunotieren.

2

Der Senatsvorsitzende äußerte sich in seiner dienstlichen Stellungnahme dahin, daß er an ein mit Rechtsanwalt F. geführtes Ferngespräch keine Erinnerung habe. Er könne es aber - auch was Zeitpunkt und Gesprächsgegenstand anbelange - nicht ausschließen, sondern halte es - jedenfalls was den Gesprächsgegenstand betreffe - für möglich. Es heißt dann wörtlich:

"Telefonische Antragen von Anwälten, ob mit einer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gerechnet werden kann, sind nicht selten. Alle Anrufer werden von mir dahin verbeschieden, daß Anträge auf Verlängerung (auch wiederholte) großzügig behandelt werden, häufig mit dem Hinweis, daß wegen der drastisch gestiegenen Zahl von Berufungen mit einem baldigen Termin ohnehin nicht gerechnet werden kann. Auf die gelegentlich gestellte Frage, ob sich der Anrufende in seinem Antrag auf das Gespräch mit mir beziehen soll, stelle ich eine solche Bezugnahme anheim.

Daß ich einem Anrufer gegenüber ausdrücklich erkläre, sein telefonischer Anruf genüge, ist bei Verlängerung von Begründungsfristen nicht der Fall.

Anders verfahre ich nur gelegentlich bei Anrufern wegen Verlängerung von Erwiderungsfristen, insbesondere wenn es sich nur um wenige Tage handelt. Hier fertige ich eine Aktennotiz an und erkläre dem Anwalt ausdrücklich, daß die Sache damit erledigt sei und er keinen weiteren (schriftlichen) Antrag mehr stellen müsse."

3

II.

1.

Das Oberlandesgericht hat mit Beschluß vom 20. Juli 1984 - an dem Dr. K. nicht beteiligt war - den Antrag auf Verlängerung der Frist für die Berufungsbegründung zurückgewiesen und (Ziffer III der Beschlußformel) die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt. Hiergegen haben die Beklagten form- und fristgerecht sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, Ziffer III des Beschlusses aufzuheben und Wiedereinsetzung zu gewähren. Die statthafte Beschwerde führt zur Aufhebung von Ziffer III des Beschlusses. Zwar hat das Berufungsgericht Gründe für eine Wiedereinsetzung mit Recht abgelehnt (unten 3.). Jedoch ist für einen die Wiedereinsetzung versagenden Beschluß kein Raum, wenn noch nicht feststeht, ob die Frist zur Begründung der Berufung überhaupt versäumt worden ist. So aber liegt die Sache hier (unten 2 b).

4

2.

Das Berufungsgericht (nicht der Vorsitzende, s. dazu BGH, Beschluß vom 7. Juni 1982 - II ZB 7/81, VersR 1982, 1191) hat dem "im Schriftsatz der Beklagten vom 27.4.1984 gestellten Antrag, den am 19.3.1984 fernmündlich beim Vorsitzenden des 15. Zivilsenats angebrachten Antrag auf Verlängerung der Frist für die Berufungsbegründung nun zu verbescheiden", nicht stattgegeben. Dabei hat es dahingestellt gelassen, ob ein solcher Antrag am 19. März 1984 gestellt worden ist. Denn ein nur fernmündlich gestellter Antrag sei jedenfalls nicht als wirksam anzusehen.

5

Gegen diese Entscheidung richtet sich - der Rechtslage entsprechend (§ 225 Abs. 3 ZPO) - die sofortige Beschwerde nicht. Sie ist jedoch in dem auch hier rechtserheblichen Zusammenhang zu berücksichtigen, ob die Berufungsbegründungsfrist überhaupt versäumt worden ist.

6

a)

Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß der nur fernmündlich gestellte Verlängerungsantrag von Rechtsanwalt F. dem Antragserfordernis des § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht genügte. Allerdings läßt sich dieser Vorschrift und dem vergleichbaren § 554 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO ebensowenig wie den allgemein die Friständerung betreffenden §§ 224, 225 ZPO unmittelbar etwas dafür entnehmen, ob der Antrag auf Fristverlängerung formbedürftig ist. Es sprechen aber durchgreifende Gründe dafür, daß nur der schriftlich gestellte Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wirksam ist: Nach einhelliger Meinung unterliegt der Antrag dem Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 ZPO; vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 43. Aufl., § 519 Anm. 2 B; Stein-Jonas/Grunsky, ZPO, 20. Aufl., § 519 Rdn. 10; Thomas/Putzo, ZPO, 12. Aufl., § 519 Anm. 2 c in Verbindung mit § 224 Anm. 2 a; Wieczorek/Rössler, ZPO, 2. Aufl., § 519 Anm. C III a; Zöller/Schneider, ZPO, 14. Aufl., § 519 Anm. 16). Das legt jedenfalls im Hinblick auf eine so bedeutsame Frist wie diejenige zur Rechtsmittelbegründung die Schriftform für den Antrag nahe, weil sonst mit dem Gebot der Rechtssicherheit nicht vereinbare Zweifel über die Identität desjenigen entstehen könnten, der den Verlängerungsantrag gestellt hat. Vorbehaltlich des im Verhältnis zwischen dem Gericht und den Prozeßbeteiligten geltenden Vertrauensschutzes (unten b aa) muß für den Zeitpunkt des Ablaufs der Begründungsfrist durch den rechtzeitigen Eingang entweder der Begründungsschrift (vgl. dazu BGH, Urteil vom 25. September 1979 - VI ZR 79/79, NJW 1980, 291 [BGH 25.09.1979 - VI ZR 79/79]) oder eines schriftlichen Verlängerungsantrags Klarheit darüber geschaffen worden sein, daß die formelle Rechtskraft noch nicht eingetreten ist. (Daß auch ein formloser Antrag genügen soll, läßt sich allenfalls den Ausführungen bei Thomas/Putzo a.a.O. § 224 Anm. 2 a und Wieczorek a.a.O. § 224 Anm. B II - anders aber § 519 Anm. C III a - entnehmen). Die Schriftlichkeit des Antrags hat nach der seit BGHZ 83, 217 maßgebenden Rechtslage umsomehr Bedeutung, als der - wirksam gestellte - Verlängerungsantrag die Grundlage dafür abgeben kann, durch nachträgliche Verlängerung die Wirkungen des bereits eingetretenen Fristablaufs wieder aufzuheben. Demgegenüber kann das eher formale Kriterium zurücktreten, daß der Verlängerungsantrag als bestimmender Schriftsatz der Schriftform bedarf (RGZ 160, 307, 308 f.; offengelassen BGH, Urteil vom 14. Juli 1953 - V ZR 87/52, LM ZPO § 554 Nr. 3).

7

b)

Hat der Vorsitzende die Verlängerung verfügt, würde ihre Wirksamkeit allerdings nicht davon abhängen, daß ein wirksamer Antrag gestellt worden ist (BGH, Urteil vom 14. Juli 1953 aaO). Hierzu fehlt es indessen an Feststellungen des Berufungsgerichts, obwohl dem Vortrag der Beklagten schlüssig die Behauptung entnommen werden kann, der Vorsitzende habe auf den fernmündlich gestellten Antrag im Verlauf des Telefongesprächs die Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 13. April 1984 verfügt und nicht nur in Aussicht gestellt.

8

aa)

Für diese Behauptung können sich die Beklagten allerdings nicht auf den Akteninhalt stützen. Er enthält keine schriftliche Festlegung - weder eine Verfügung des Vorsitzenden noch einen Vermerk über eine telefonisch eingeräumte Fristverlängerung, wobei offenbleiben kann, ob der Vermerk einer schriftlichen Verfügung gleichzustellen wäre.

9

Das Berufungsgericht bezeichnet es in seinen Ausführungen zum Wiedereinsetzungsantrag als erforderlich, daß die Verlängerungsverfügung schriftlich niedergelegt und vom Vorsitzenden unterzeichnet werde. Gleichwohl prüft es, ob der Vorsitzende bei dem angeblichen Telefongespräch am 19. März 1984 die Frist verlängert und nicht nur eine Verlängerung in Aussicht gestellt habe. Dies hält es offenbar für rechtserheblich unter dem Gesichtspunkt, ob Rechtsanwalt F. die Frist schuldhaft versäumt hat (§§ 233, 85 Abs. 2 ZPO). Der Grundsatz des Vertrauensschutzes kann aber - was das Berufungsgericht nicht berücksichtigt hat - schon für die Frage von Belang sein, ob eine wirksame Fristverlängerung verfügt worden ist. Hier braucht nicht abschließend entschieden zu werden, ob das vom Berufungsgericht. Für die Verlängerungsverfügung angenommene Schriftformerfordernis zutrifft. Sein Hinweis auf BGHZ 76, 236, 241 ist nicht zwingend. Dort hat der Bundesgerichtshof gemäß §§ 329 Abs. 1 Satz 2, 317 Abs. 3, 170 Abs. 1 ZPO für die Verfügung von Ausschlußfristen verlangt, daß sie vom Vorsitzenden unterschrieben sein müsse. Letztlich geht das Formerfordernis darauf zurück, daß die fristsetzende Verfügung nach § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO der Zustellung bedarf. Mit der Fristverlängerung wird hingegen keine Frist in Lauf gesetzt (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 43. Aufl., § 519 Anm. 2 Bc), so daß nach § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO die formlose Mitteilung genügt. Allerdings besagt die Entbehrlichkeit der Zustellung (vgl. dazu insbesondere BGHZ 14, 148) noch nichts für die Frage, ob die Verfügung einer schriftlichen Festlegung bedarf (vgl. hierzu Schellhammer, Zivil Prozeßrecht, 2. Aufl., Rdn. 957 bei Fn. 112). Hat jedoch der Vorsitzende, wie die Beklagten behaupten, die Verlängerung telefonisch ausgesprochen, so kann für deren Wirksamkeit keine Rolle spielen, ob er die Verlängerung schriftlich verfügt oder einen Vermerk über sie angefertigt hatte. Auch hier muß der Vertrauensschutz durchgreifen, den der Senat schon für den Fall anerkannt hat, daß die dem Antragsteller zugestellte Ausfertigung eine über die Urschrift der Verfügung des Vorsitzenden hinausgehende Fristverlängerung enthält (Urteil vom 27. März 1963 - VIII ZR 186/61, LM ZPO § 554 Nr. 30 = VersR 1963, 536). Dort war die zugestellte Ausfertigung nicht durch eine schriftliche Verfügung gedeckt und trotzdem wirksam. Ein nach den Umständen begründetes Vertrauen darauf, daß der telefonischen Mitteilung der Fristverlängerung durch den Vorsitzenden eine wirksame Verfügung zugrundeliegt, ist nicht weniger schutzwürdig.

10

bb)

Damit, ob eine nach den Ausführungen zu aa) wirksame Fristverlängerung bis zum 13. April 1984 vorlag, hätte sich das Berufungsgericht von amtswegen befassen müssen. Hierbei wäre es geboten gewesen, auf die Möglichkeit hinzuweisen (§ 139 Abs. 2 ZPO), den Vorsitzenden, Rechtsanwalt F. und dessen Sekretärin als Zeugen zu vernehmen (vgl. BGH, Beschluß vom 16. Februar 1984 - IX ZB 172/83, VersR 1984, 442, 443 unter Ziffer 3). Die danach vorzunehmende Beweiswürdigung kann anders ausfallen, als die vom Berufungsgericht hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrags mit negativem Ergebnis vorgenommene Prüfung, ob die anwaltlich versicherten Angaben von Rechtsanwalt F. in Verbindung mit der Telefonnotiz vom 19. März 1984 und der eidesstattlichen Versicherung der Anwaltsgehilfin S. gegenüber der Äußerung des Vorsitzenden für eine Glaubhaftmachung ausreichen. Dies gilt unbeschadet des Umstands, daß die Rechtzeitigkeit der Berufung zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden muß (vgl. BGH vom 16. Februar 1984 a.a.O. unter Ziffer 2). Die Glaubhaftmachung ist zwar grundsätzlich ein geringerer Grad der Beweisführung (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann a.a.O. § 294 Anm. 1 A). Die Würdigung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme kann jedoch zur Überzeugung des Gerichts führen, wo schwächere Mittel der Glaubhaftmachung nicht ausreichen.

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cc)

Gelangt das Berufungsgericht aufgrund einer Beweisaufnahme zum Ergebnis, daß die Frist bis zum 13. April 1984 verlängert worden ist, wäre der Verlängerungsantrag im Schriftsatz vom 12. April 1984 noch vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gestellt worden und es wäre nachträglich über ihn zu entscheiden (BGHZ 83, 217).

12

3.

Hält das Berufungsgericht die Fristverlängerung nicht für bewiesen und hat es erneut über die Wiedereinsetzung zu entscheiden, wird gegen seine Erwägungen in dem angefochtenen Beschluß nichts einzuwenden sein. Konnte auch nach dem oben Dargelegten das Telefongespräch zwischen dem Vorsitzenden des Spruchkörpers und dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten zu einer wirksamen Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist führen, so handelte es sich jedenfalls um ein äußerst unsicheres Verfahren, das der Bedeutung nicht gerecht wird, die der Klarheit über den Eintritt der Rechtskraft eines Urteils zukommt. Bei einem Telefongespräch oder auch einem direkten Gespräch wird sich - worauf das Berufungsgericht zutreffend abhebt - häufig nicht zuverlässig beurteilen lassen, ob der Vorsitzende die Fristverlängerung nur in Aussicht gestellt oder schon verfügt hat. Außerdem fehlt es an einem wirksamen Antrag, der die Verlängerung auch nach Fristablauf erlauben würde. Wenn der Prozeßbevollmächtigte - ohne rechtfertigenden Anlaß, für den hier nichts ersichtlich ist - einen derart riskanten Weg wählt, hat er nicht die äußerste von ihm zu fordernde Sorgfalt beachtet.

13

4.

Die Sache wird zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen gemäß § 575 ZPO an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen wird.

Streitwertbeschluss:

Der Beschwerdewert wird auf 150.000 DM festgesetzt.

Für den Beschwerdewert hat sich der erkennende Senat am Streitwertbeschluß des Landgerichts vom 22. Dezember 1983 orientiert.

Braxmaier
Dr. Skibbe
Treier
Dr. Zülch
Dr. Paulusch