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Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.03.1983, Az.: IVa ZR 120/81

Anspruch aus einem Haftpflichtversicherungsvertrag; Anspruch aus einem Fahrzeugversicherungsvertrag; Leistungsfreiheit der Versicherung bei Benutzung eines Fahrzeugs zur gewerblichen Vermietung

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
23.03.1983
Aktenzeichen
IVa ZR 120/81
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1983, 12610
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG München - 21.04.1981
LG München I

Fundstellen

  • MDR 1983, 830 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1983, 1740
  • VersR 1983, 56

Prozessführer

Firma Alfred V. KG,
vertreten durch den persönlich haftenden Gesellschafter Alfred V., L. Straße ..., D.,

Prozessgegner

Z. Versicherungs-Gesellschaft AG,
vertreten durch den Hauptbevollmächtigten für Deutschland, Dr. Heinz K., B. straße ..., M.,

Amtlicher Leitsatz

Der Gegenbeweis ist bereits dann geglückt, wenn die Überzeugung des Gerichts von der zu beweisenden Tatsache erschüttert wird; daß sie als unwahr erwiesen wird oder sich auch nur eine zwingende Schlußfolgerung gegen sie ergibt, ist nicht nötig.

In dem Rechtsstreit
hat der IV a - Zivilsenat des Bundesgerichtshofes
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Hoegen und
die Richter Rottmüller, Dr. Schmidt-Kessel, Rassow und Groß
auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 1983
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. April 1981 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Vertragshändlerin der Ba. Mo. Werke, macht Ansprüche aus einem Haftpflicht- und Fahrzeugversicherungsvertrag geltend, der zwischen ihr und der Beklagten pauschal für ihren gesamten Fahrzeugbestand abgeschlossen war.

2

Dem Vertrag lag die "Sonderbedingung zur Haftpflicht- und Fahrzeugversicherung für Kraftfahrzeug-Handel und -Handwerk" in der Fassung vom 1. Januar 1972 (im folgenden: Sonderbedingungen) zugrunde. In Ihnen heißt es:

"I. Gegenstand der Versicherung

Die Versicherung bezieht sich bei einheitlicher Art und einheitlichem Umfang vorbehaltlich der Ausschlüsse in den Absätzen III und IV auf alle

1.
Fahrzeuge, wenn und solange sie mit einem dem Versicherungsnehmer von der Zulassungsstelle zugeteilten amtlich abgestempelten roten Kennzeichen ... nach § 29 StVZO versehen sind;

...

4.
fremden Fahrzeuge, wenn und solange sie sich zu irgendeinem Zweck, der sich aus dem Wesen eines Kraftfahrzeug-Handels- oder eines -Werkstattbetriebes ergibt, in der Obhut des Versicherungsnehmers oder einer von ihm beauftragten oder bei ihm angestellten Person befinden.

...

III. Ausschlüsse

Vom Versicherungsschutz sind ausgeschlossen:

...

2.
in der Fahrzeugversicherung:

...

c)
Schäden an Fahrzeugen, wenn und solange der Versicherungsnehmer die Fahrzeuge mit oder ohne Stellung eines Fahrers in Ausübung eines Vermietgewerbes vermietet.

Die Ausschlüsse unter 2. a)-c) gelten auch dann, wenn die Fahrzeuge mit einem dem Versicherungsnehmer von der Zulassungsstelle zugeteilten amtlich abgestempelten roten Kennzeichen ... versehen sind bzw. waren.

...

V. Leistungsfreiheit des Versicherers

Der Versicherer ist in der Haftpflichtversicherung von der Verpflichtung zur Leistung frei:

...

2.
wenn und solange der Versicherungsnehmer ein Fahrzeug mit oder ohne Stellung eines Fahrers in Ausübung eines Vermietgewerbes vermietet;

3.
wenn und solange der Versicherungsnehmer ein fremdes Fahrzeug, welches bei ihm garagenmäßig untergestellt ist oder untergestellt werden soll, mit einem ihm von der Zulassungsstelle zugeteilten amtlich abgestempelten roten Kennzeichen ... versehen hat. Absatz I Ziffer 4 bleibt unberührt.

Die Leistungsfreiheit nach 1. und 2. gilt auch dann, wenn die Fahrzeuge mit einem dem Versicherungsnehmer von der Zulassungsstelle zugeteilten amtlich abgestempelten roten Kennzeichen ... versehen sind bzw. waren."

3

Im Betrieb der Klägerin wurde deren Kunden Martin Bi. am 11. Januar 1979 kurz vor Geschäftsschluß ein Pkw Typ BMW 316 ausgehändigt, den die Klägerin als Unfallwagen erworben, instandgesetzt und in ihrem Ausstellungsraum zum Verkauf angeboten hatte. Das Fahrzeug, für das noch der Vorbesitzer als Halter im Kraftfahrzeugbrief eingetragen war, erhielt ein amtliches rotes Kennzeichen, das von der Klägerin unmittelbar vor der Übergabe des Fahrzeugs an Bi. beschafft worden war. Die Daten des Fahrzeugs und der Name des Kunden wurden von der Zeugin Maria V. auf einem Kraftfahrzeug-Mietvertragsformular notiert, wie es die Klägerin für ihre drei zu gewerblicher Vermietung verwendeten Kraftwagen bereithielt. Bi. unterzeichnete dieses Formular; eine Bezeichnung des Vermieters oder eine Unterschrift der Klägerin trug es nicht. Die Parteien streiten über den Inhalt der Verhandlungen und Vereinbarungen zwischen der Klägerin und ihrem Kunden.

4

Bi. verursachte am 12. Januar 1979 mit dem Pkw einen schweren Unfall, bei dem er selbst ums Leben kam. Für dessen Folgen begehrt die Klägerin mit der Klage Versicherungsschutz sowohl in der Haftpflicht- als auch in der Fahrzeugversicherung. Sie behauptet, Bi. habe sich für den Ankauf des Pkw interessiert und um eine Probefahrt gebeten. Eine Vermietung habe sie weder beabsichtigt noch mit Bi. vereinbart. Der Name des Kunden sei nur versehentlich und ohne Vermietungswillen auf dem Formular festgehalten worden.

5

Die Beklagte behauptet dagegen, der Pkw sei an Bi. vermietet worden; deshalb sei sie von der Leistungspflicht frei. Ihre Leistungsfreiheit ergebe sich auch daraus, daß der Pkw noch auf den Vorbesitzer eingetragen gewesen sei. Sie hat mit Schreiben vom 6. Februar 1979 den Versicherungsvertrag unter Hinweis auf § 6 VVG gekündigt.

6

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision hat Erfolg.

8

I.

Das Landgericht hatte nach Vernehmung mehrer Zeugen der Klage stattgegeben, weil die Beklagte den ihr obliegenden Beweis dafür, daß der Pkw von der Klägerin in Ausübung eines Vermietgewerbes vermietet worden sei, nicht geführt habe.

9

Das Berufungsgericht hat ohne eigene Beweisaufnahme diesen Beweis als erbracht angesehen. Es hat ausgeführt, es könne sich der vom Landgericht gezogenen Schlußfolgerung, für den Abschluß des Mietvertrages sei kein Beweis erbracht, nicht anschließen. Es hat sodann zunächst nach den äußeren Umständen, insbesondere der Existenz eines (wenn auch nur von dem verunglückten Bi. und nicht auch von der Klägerin) unterzeichneten Mietvertragsformulars den Beweis der Vermietung für erbracht angesehen. Dieser Beweis sei durch die Aussagen mehrerer weiterer Zeugen (Wa., Z., Hanna und Helge Bi., Wo.) sowie durch das vorprozessuale Verhalten der Klägerin bekräftigt. Der nunmehr von der Klägerin zu erbringende Gegenbeweis sei auch durch die Aussagen der Zeugen Maria V. und Max V. nicht geführt.

10

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

11

II.

Mit Recht rügt die Revision als Verfahrensfehler eine Verletzung von § 398 ZPO.

12

Das Berufungsgericht muß einen im ersten Rechtszug vernommenen Zeugen erneut hören, wenn es seine Glaubwürdigkeit anders beurteilen will als der Erstrichter; das gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht die protokollierte Aussage eines Zeugen anders verstehen will als der Richter der Vorinstanz (ständige Rechtsprechung, zuletzt Senatsurteil vom 14.10.1981 - IVa ZR 152/80 - LM ZPO § 398 Nr. 13 = NJW 1982, 1052, m.w.N.).

13

Ein solcher Sachverhalt liegt hier vor.

14

1.

Das Landgericht hatte die Aussage der Zeugin Maria V. nicht für unglaubwürdig und jedenfalls für plausibel gehalten. Dieser Aussage kommt deshalb besondere Bedeutung zu, weil die Zeugin das Mietvertragsformular verwendet und ausgefüllt und Bi. zur Unterschrift veranlaßt hatte; die Existenz dieser Urkunde, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung in erster Linie stützt, gewinnt erst in Verbindung mit der Aussage dieser Zeugin entscheidungserhebliche Bedeutung. Das Berufungsgericht hat diese Aussage für nicht überzeugend und im Ergebnis nicht für entscheidend gehalten. Unter diesen Umständen wäre es aber geboten gewesen, die Zeugin erneut zu vernehmen, damit sich das Berufungsgericht ein eigenes Bild von der Überzeugungskraft dieser Aussage machen und der Zeugin in Gegenwart der Parteien und unter Berücksichtigung von deren Fragerecht diejenigen Vorhalte machen konnte, die etwa gegen die Richtigkeit der Aussage sprechen könnten.

15

2.

Das Landgericht hatte ferner seine Entscheidung wesentlich auf die Aussage des Zeugen Max V. gestützt. Danach hatte Bi. bereits einige Tage vor dem 11. Januar 1979 den Pkw als Kaufinteressent besichtigt und schon damals gefragt, ob er gelegentlich eine Probefahrt machen könne. Am 11. Januar 1979 habe er den Wagen sodann zur Probefahrt verlangt. Der persönlich haftende Gesellschafter der Klägerin sei ungehalten gewesen, weil Bi. bei dem seinerzeit herrschenden schlechten Wetter und zu später Stunde gekommen sei und der Wagen aus dem Ausstellungsraum herausgebracht werden mußte, obwohl noch nicht gewiß war, ob Bi. den Wagen wirklich kaufen werde (... "Hoffentlich nehme er dann den Wagen").

16

Diese Aussage spricht - ihre Richtigkeit vorausgesetzt - mit erheblichem Gewicht für die Darstellung der Klägerin und gegen die Behauptung der Beklagten, der Wagen sei an Bi. vermietet worden. Das Berufungsgericht geht auf wesentliche Teile dieser Aussage nicht ein und hält ihr entgegen, daß der Zeuge an den eigentlichen Vertragsverhandlungen am 11. Januar 1979 nicht beteiligt gewesen sei. Wenn das Berufungsgericht mit dem Landgericht von der Richtigkeit insbesondere der Aussagen des Zeugen ausgegangen wäre, daß Bi. am Unfalltag ausdrücklich eine Probefahrt verlangt, daß der Komplementär der Klägerin, der die Verhandlungen mit Bi. geführt hatte, ausdrücklich von der Kaufabsicht Bi. gesprochen habe, und daß Bi. schließlich dem Zeugen gegenüber auf Vorhalt bestätigt habe, er betrachte den Wagen nicht als Leihwagen, so hätte es nach der Lebenserfahrung die Vereinbarung einer Probefahrt möglicherweise als bewiesen und die Behauptung einer Vermietung als unbewiesen angesehen. Die Wertung des Berufungsgerichts deutet darauf hin, daß es dem Zeugen wesentliche Teile seiner Aussage nicht glaubte. Dann hätte aber auch dieser Zeuge nach den oben angeführten Grundsätzen erneut vom Berufungsgericht vernommen werden müssen.

17

3.

Das Berufungsgericht stützt seine Beweiswürdigung auch darauf, daß der Zeuge Max V. eingeräumt habe, am Abend des 11. Januar 1979 hätten der Klägerin möglicherweise die drei zur gewerblichen Vermietung vorgesehenen Wagen nicht zur Verfügung gestanden. Mit Recht rügt die Revision, damit habe das Berufungsgericht der Aussage des Zeugen einen anderen Sinn beigelegt als das Landgericht. In der Tat hatte der Zeuge lediglich auf Frage ausgesagt: "Ob seinerzeit ein Mietwagen oder mehrere frei gewesen sind, kann ich nicht sagen." Das Landgericht hatte darin keinen Anhaltspunkt dafür gefunden, daß überhaupt kein Mietfahrzeug zur Verfügung gestanden habe. Wenn das Berufungsgericht diese Aussage anders interpretieren und ihr damit zugleich ein Gewicht geben wollte, das ihr die erste Instanz nicht beigemessen hatte, hätte es auch aus diesem Grund den Zeugen erneut vernehmen müssen. Auch insoweit ist § 398 ZPO verletzt.

18

III.

Die Revision rügt ferner mit Recht, daß das Berufungsgericht nicht den gesamten Inhalt der Verhandlungen berücksichtigt, vielmehr wesentliche Gesichtspunkte im Rahmen seiner Beweiswürdigung entgegen § 286 Abs. 1 ZPO außer Acht gelassen hat.

19

1.

Das Berufungsgericht stützt seine Überzeugung auf die Existenz eines Mietvertrages vom 11. Januar 1979. Es verkennt nicht, daß auf dem von Bi. unterzeichneten Formular weder der Vermieter angegeben noch eine Unterschrift der Klägerin vorhanden war, und daß es sich allenfalls um einen schriftlichen Vertragsantrag Binders handeln konnte. Es meint jedoch, an der Identität der Klägerin als Vermieter habe kein Zweifel bestanden und deren Vertragswille sei durch die Aushändigung des mit allen notwendigen Papieren versehenen Fahrzeugs ausreichend deutlich dokumentiert worden.

20

Soweit das Berufungsgericht sich auf die Aushändigung des Fahrzeugs selbst mit allen notwendigen Papieren stützt, verstößt seine Beweiswürdigung gegen allgemein bekannte Erfahrungssätze. Das Fahrzeug mit allen Fahrzeug papieren mußte Bi. nämlich in gleicher Weise für eine Probefahrt ausgehändigt werden wie im Falle einer Vermietung. Der genannte und vom Berufungsgericht als besonders gewichtig eingestufte Vorgang war somit für die allein bedeutsame Frage, ob das Fahrzeug für eine Probefahrt oder aufgrund Mietvertrags ausgehändigt worden war, ohne Beweiswert. Der Umstand, daß der Pkw mit einem roten Kennzeichen versehen und Bi. möglicherweise auch die dazu gehörende Bescheinigung ausgehändigt worden war, könnte allenfalls ein Beweisanzeichen für eine Probefahrt und gegen eine Vermietung darstellen.

21

2.

Das Berufungsgericht sieht ein Beweisanzeichen für den Willen Bi., den Pkw von der Klägerin zu mieten, darin, daß er den Zeugen Z. bereits um die Stellung eines Leihwagens für die Dauer der Reparatur seines anderen Kraftfahrzeugs gebeten hatte. Insoweit läßt es unter Verletzung von § 286 ZPO den unstreitigen zeitlichen Ablauf der Ereignisse außer Acht. Bi. bat nämlich den Zeugen Z. nach dessen vom Berufungsgericht für glaubwürdig erachteten Aussage um einen Leihwagen am Freitag, den 12. Januar 1979. Als er am 11. Januar, also am Vortag, den Pkw von der Klägerin übernahm, hatte er also Z. noch gar nicht um einen Leihwagen gebeten. Zutreffend weist die Revision darauf hin, gerade der Umstand, daß Bi. am 12. Januar schon im Besitz des Pkw der Klägerin war und dennoch von Z. einen Leihwagen erbat, spreche dafür, daß er den streitigen Pkw nicht als gemieteten "Leihwagen" ansah. Wenn es ihm nämlich darauf ankam, der Haftpflichtversicherung des an seinem früheren Unfall beteiligten Unfallgegners Kosten für einen solchen Wagen in Rechnung zu stellen, wäre es sinnwidrig gewesen, für diesen Tag zwei verschiedene Wagen zu mieten, denn mehr als die Kosten eines Fahrzeugs hätte er keinesfalls in Rechnung stellen können. Das hat das Berufungsgericht in seine Erwägungen nicht einbezogen.

22

3.

Schließlich läßt das Berufungsgericht entgegen § 286 ZPO den Umstand außer Betracht, daß der Pkw zum Verkauf in den geschlossenen Verkaufsräumen der Klägerin ausgestellt war und daß der persönlich haftende Gesellschafter der Klägerin nach der insoweit vom Berufungsgericht nicht bezweifelten Aussage des Zeugen Max V. besonders darüber ungehalten war, den Wagen bei dem damals herrschenden schlechten Wetter (Schneematsch) "herausholen" zu müssen. Für die Klägerin war dieser Vorgang mit einem erheblichen Aufwand verbunden: Sie mußte vorher das rote Kennzeichen vom Landratsamt holen lassen und hätte im Falle einer Vermietung am folgenden Tage das Fahrzeug neu waschen und nach gründlichem Trocknen wieder in die Verkaufsräume bringen müssen. Nach der Lebenserfahrung pflegt sich ein Kraftfahrzeughändler darauf nur einzulassen, wenn er ernsthaft auf einen Verkauf gerade dieses Fahrzeugs nach der beabsichtigten Probefahrt hofft. Dagegen pflegt ein solcher Händler unter den genannten Umständen auch guten Bekannten den Wunsch nach einer Vermietung für einen Tag unter Berücksichtigung des durch den normalen Mietpreis nicht gedeckten zusätzlichen Aufwandes und überdies des - der Klägerin geläufigen - rechtlichen Risikos nicht ohne weiteres zu erfüllen. Deshalb durfte das Berufungsgericht nicht als selbstverständlich unterstellen, daß der persönlich haftende Gesellschafter der Klägerin entgegen der Aussage des Zeugen Max V. zur Vermietung des Fahrzeugs bereit war.

23

IV.

Das Berufungsgericht sieht den der Beklagten obliegenden Beweis für die Vermietung des Pkw als geführt und den von der Klägerin zu führenden Gegenbeweis dafür, daß nur eine Probefahrt vorgelegen habe, als nicht erbracht an. Die von dem Zeugen Max V. wiedergegebenen Tatsachen ließen zwar eine Probefahrt als möglich erscheinen; dieser Schluß sei aber nicht zwingend. Aus den Aussagen dieses Zeugen und der Zeugin Maria V. ergäben sich zwar gewisse Indizien für die Vereinbarung einer Probefahrt; zur Entkräftung des für das Vorliegen eines Mietvertrages erbrachten Beweises seien diese jedoch ungeeignet.

24

Auch diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

25

Das Berufungsgericht hat die anerkannten Grundsätze für die Führung eines Gegenbeweises verkannt; das rügt die Revision mit Recht. Der Hauptbeweis für den von der Beklagten zu beweisenden Abschluß eines Mietvertrages war nur erbracht, wenn die Beklagte dem Gericht die volle Überzeugung vom Eintritt dieser Tatsache verschafft hatte. Demzufolge ist der Gegenbeweis bereits dann geglückt, wenn durch ihn die Überzeugung des Gerichts von der zu beweisenden Tatsache erschüttert wird; daß sie als unwahr erwiesen wird oder sich auch nur eine zwingende Schlußfolgerung gegen sie ergibt, ist nicht nötig (BGH Urteil vom 14.4.1978 - V ZR 10/77 - LM ZPO § 286 (B) Nr. 39 = MDR 1978, 914). Wenn das Berufungsgericht - wie es ausführt - aufgrund der Aussagen der gegenbeweislich vernommenen Zeugen es für möglich hielt, daß es sich doch um eine Probefahrt und demnach nicht um eine Vermietung des Pkw gehandelt habe, so war damit seine Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung der beweisbelasteten Beklagten erschüttert und das Ziel des Gegenbeweises erreicht. Das Berufungsgericht hätte dann davon ausgehen müssen, daß die Beklagte den ihr obliegenden Beweis nicht geführt habe.

26

V.

Soweit das Berufungsgericht von einer Obliegenheitsverletzung der Klägerin gemäß Nr. V 2 der Sonderbedingungen i.V.m. § 6 Abs. 1 VVG ausgeht, läßt das angefochtene Urteil Feststellungen darüber vermissen, ob die Person, welche die Obliegenheitsverletzung etwa begangen hätte - sofern es sich nicht um den persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin gehandelt haben sollte -, im versicherungsrechtlichen Sinne Repräsentant der Klägerin als Versicherungsnehmerin war.

27

VI.

Nach allem kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben; es ist aufzuheben.

28

Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird die Klägerin Gelegenheit haben, ihren im Urteil des Landgerichts übernommenen Antrag zu überprüfen. Die Klägerin will die Feststellung der Pflicht der Beklagten, Versicherungsschutz zu gewähren (vgl. BGHZ 79, 76). An dem Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO besteht kein Zweifel. Grundlage der Leistungspflicht der Beklagten ist aber nicht ein Versicherungsvertrag über das im Tenor des landgerichtlichen Urteils bezeichnete Fahrzeug, sondern die im Tatbestand des Berufungsurteils eingangs erwähnte pauschale Haftpflicht- und Fahrzeugversicherung des Betriebs der Klägerin. Nur im Rahmen dieser Versicherung bestand Versicherungsschutz für den Pkw, solange dieser mit einem roten Kennzeichen nach § 29 StVZO versehen war. Dieser Umstand sowie die genaue Bezeichnung des Versicherungsvertrages muß im Antrag der Klägerin und - im Falle ihres Obsiegens - in dem dann neu zu fassenden Urteilsspruch berücksichtigt werden.

29

Soweit die Beklagte sich im Rahmen der Fahrzeugversicherung auch künftig noch auf weitere nach Eintritt des Versicherungsfalles begangene Obliegenheitsverletzungen der Klägerin berufen sollte, werden gegebenenfalls die Urteile BGHZ 53, 160 sowie vom 28.5.1975 - IV ZR 112/73 - LM AVB f. Kraftfahrtvers. § 7 Nr. 31 zu beachten sein (für die Haftpflichtversicherung vgl. insoweit § 7 Abs. V Nr. 1, 2 AKB).

Dr. Hoegen
Rottmüller
Dr. Schmidt-Kessel
Rassow
Groß