Bundesgerichtshof
Urt. v. 26.01.1983, Az.: IVb ZR 344/81
Abänderung eines Prozessvergleichs bzgl. des nachehelichen Unterhalts; Beurteilung des nachehelichen Unterhalts wegen der Betreuung minderjähriger, aber nichtehelicher Kinder; Berufung auf die Betreuung eines nichtehelichen Kindes; Voraussetzungen des Eintritts einer Erwerbsobliegenheit; Begrenzung der Leistungsfähigkeit wegen der Betreuung minderjähriger Kinder; Grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt ; Schwerwiegenden Fehlverhaltens in der Ehe durch Aufnahme einer eheähnlichen Gemeinschaft; Ausschluss des Anspruchs auf Trennungsunterhalt
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 26.01.1983
- Aktenzeichen
- IVb ZR 344/81
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1983, 13874
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Celle - 12.03.1981
- AG Northeim
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- MDR 1983, 830-831 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1983, 1548-1552 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
Arno M., W. weg 41, N.-H., OT Bishausen,
Prozessgegner
Viola M., L. Straße 29, N., OT Sudheim,
Amtlicher Leitsatz
- a)
Ist der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte nur nach Maßgabe des § 1581 BGB zu Unterhaltsleistungen imstande, so kann das zu einer Verschärfung der Anforderungen führen, die in § 1570 BGB im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung an die Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten zu stellen sind.
- b)
Das Fehlverhalten des unterhaltsbedürftigen Ehegatten, der durch die Aufnahme eines eheähnlichen Verhältnisses zu einem anderen Partner während der Ehe seinen Anspruch auf Trennungsunterhalt nach § 1361 Abs. 3 i.V. mit § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB eingebüßt hat, erfüllt jedenfalls dann regelmäßig auch für den nachehelichen Unterhaltsanspruch die Voraussetzungen der Härteregelung (§ 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB), wenn das Verhältnis nach der Scheidung andauert.
- c)
Für die Anwendung des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB kommt es entscheidend (siehe Schreibfehlerberichtigung vom 13. April 1983) darauf an, ob die aus der Unterhaltspflicht erwachsenden Belastungen für den Verpflichteten die Grenzen des Zumutbaren überschreiten. Diese Voraussetzung kann sich auch aus objektiven Gegebenheiten und Veränderungen der Lebensverhältnisse der früheren Ehepartner ergeben.
- d)
Es ist den Gerichten nicht verwehrt, bereits vor einer Neuregelung des § 1579 Abs. 2 BGB entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1981 (BVerfGE 57, 361) im Einzelfall zu beurteilen, ob ein besonderer Härtefall vorliegt. Ist diese Frage zu verneinen, so ist die insoweit mit dem Grundgesetz vereinbare Vorschrift des § 1579 Abs. 2 BGB unverändert anzuwenden. Ist sie zu bejahen, so sind die Gerichte nicht befugt, das Verfahren zur Entscheidung zu bringen; vielmehr muß es ausgesetzt werden, bis der Gesetzgeber die verfassungskonforme Regelung getroffen hat.
- e)
Zur Wirkung der vorgenannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die teilweise Unvereinbarkeit des § 1579 Abs. 2 BGB mit dem Grundgesetz auf einen vorher abgeschlossenen Prozeßvergleich über den nachehelichen Unterhalt nach § 1570 BGB.
Der IVb - Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 1983
durch
den Vorsitzenden Richter Lohmann und
die Richter Portmann, Dr. Blumenrohr, Dr. Zysk und Nonnenkamp
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 12. März 1981 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Abänderung eines Prozeßvergleichs über den nachehelichen Unterhalt.
In diesem Vergleich, den die Parteien am 12. Juni 1979 im Zuge des Verbundverfahrens über die Scheidung ihrer Ehe schlossen, verpflichtete sich der Kläger, ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 470 DM an die Beklagte zu entrichten. Dabei gingen die Parteien von einem monatlichen Nettoverdienst des Klägers von 1.700 DM aus. Durch Urteil vom 26. Juni 1979 wurde die Ehe der Parteien geschieden. Zugleich wurde die elterliche Sorge für die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder Arne (geboren am 23. September 1972) und Sören (geboren am 25. September 1967) auf den Kläger und für Kerstin (geboren am 19. September 1965) auf die Beklagte übertragen. Dieser wurde außerdem die elterliche Sorge für die während der Ehezeit geborenen Kinder Inka (geboren am 23. Februar 1977) und Julia (geboren am 7. April 1978) zugesprochen, die jedoch nicht vom Kläger abstammen. Ihre Nichtehelichkeit wurde durch ein seit 28. Dezember 1979 rechtskräftiges Urteil festgestellt. Vater dieser Kinder ist der Gastwirt H., mit dem die Beklagte seit Anfang 1979 zusammenlebt.
Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger den Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung aus dem Prozeßvergleich begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht den Prozeßvergleich dahin geändert, daß der Kläger ab April 1980 nur noch 200 DM Unterhalt monatlich an die Beklagte zu zahlen hat. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger (zugelassene) Revision eingelegt, mit der er den vollständigen Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung aus dem Prozeßvergleich weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
I.
Das Rechtsmittel führt - im Umfang der Anfechtung - zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1.
Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Parteien in dem Prozeßvergleich vom 12. Juni 1979 den auf § 1570 BGB beruhenden Unterhaltsanspruch der Beklagten vertraglich ausgestaltet haben, ohne daß er dadurch die Eigenschaft eines gesetzlichen Anspruchs verloren hat.
2.
Das Berufungsgericht hat eine wesentliche Veränderung der für die Vereinbarung maßgeblichen Verhältnisse in einer Verringerung des zu berücksichtigenden Unterhaltsbedarfs der Beklagten gesehen. Es hat ausgeführt, seitdem im Dezember 1979 die Nichtehelichekeit der beiden Kinder Inka und Julia festgestellt worden sei, könne sich die Beklagte nicht mehr darauf berufen, daß sie wegen der Erziehung dreier gemeinschaftlicher Kinder keiner Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Die Betreuung der bereits 15 Jahre alten Kerstin hindere sie nicht daran, einen Teil ihres Lebensunterhalts selbst zu verdienen. Im Verhältnis zum Kläger müsse ihr zugemutet werden, eine Halbtagsbeschäftigung anzunehmen. Eine solche Tätigkeit, die die erst 35-jährige Beklagte auch finden könne, ermögliche es ihr, monatlich 600 DM netto zu verdienen. Damit schulde ihr der Kläger nur noch einen Unterhaltsbetrag in Höhe der Differenz zwischen diesem Verdienst und ihrem mit 800 DM monatlich anzunehmenden Mindestbedarf. Diesen Betrag sei der Kläger auch zu leisten imstande. Zwar verbleibe ihm nach Abzug des Unterhalts für die Beklagte und die drei gemeinschaftlichen Kinder nur noch ein Betrag von rund 980 DM, der ebenso wie der der Beklagten zur Verfügung stehende Unterhaltsbetrag von 800 DM unter dem angemessenen Bedarf liege. Das entspreche jedoch der im Vergleich vom 12. Juni 1979 getroffenen Regelung, nach der beide Parteien erheblich weniger als den angemessenen Unterhalt zur Verfügung gehabt hätten.
3.
Gegen diese Beurteilung bestehen Bedenken.
a)
Das Berufungsgericht hat die Abänderung vorgenommen, ohne der Frage näherzutreten, ob die Erwerbstätigkeit, welcher der - bisher offensichtlich nicht wieder verheiratete - Kläger neben der Betreuung der bei ihm lebenden, im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung 8 und 13 Jahre alten gemeinschaftlichen Kinder nachgeht, über das unterhaltsrechtlich gebotene Maß des Arbeitseinsatzes hinausgeht. Von der Beantwortung dieser Frage hängt indessen ab, ob das Erwerbseinkommen des Klägers ohne weiteres in vollem Umfang berücksichtigt werden kann oder ob die Anrechnung - wie bei Einkünften des Unterhaltspflichtigen aus unzumutbarer Tätigkeit geboten - hinsichtlich des Mehreinkommens nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu erfolgen hat (vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 1982 - IVb ZR 702/80 - FamRZ 1982, 779 und vom 24. November 1982 - IVb ZR 310/81 - FamRZ 1983, 146).
Der Prüfung dieser Frage war das Berufungsgericht nicht dadurch enthoben, daß die Parteien das Einkommen des Klägers im Prozeßvergleich vom 12. Juni 1979 in voller Höhe der Unterhaltsbestimmung zugrundegelegt hatten. Allerdings ist für die Neubemessung des Unterhalts im Rahmen der Abänderungsentscheidung der in dem abzuändernden gerichtlichen Vergleich zum Ausdruck kommende Wille der Parteien weiterhin verbindlich (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 1979 - IV ZR 57/78 - FamRZ 1979, 694, 695 sowie - zuletzt - Senatsurteil vom 8. Dezember 1982 - IVb ZR 338/81 - FamRZ 1983, 260). Im vorliegenden Fall läßt sich indessen ein Parteiwille, der die uneingeschränkte Anrechnung des Erwerbseinkommens des Klägers generell vorsähe, weder dem Inhalt des Vergleichs noch den sonstigen bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts entnehmen. Wie es zutreffend angenommen hat, konnte sich die Beklagte bei Vergleichsabschluß darauf berufen, drei eheliche Kinder versorgen zu müssen, von denen sich zwei noch im Kleinkindesalter befanden. Zwar war zwischen den Parteien außer Streit, daß das jüngste Kind nicht vom Kläger abstammte; dennoch war rechtlich unsicher, ob sich die Beklagte für ihr auf § 1570 BGB gestütztes Unterhaltsverlangen nicht auch auf die Betreuung dieses Kindes berufen konnte, solange dessen Ehelichkeit nicht erfolgreich angefochten war. Damit mußte es von vornherein wenig aussichtsreich erscheinen, die Beklagte auf eigene Erwerbseinkünfte zu verweisen. Unter diesen Umständen kann aus der Tatsache, daß die Parteien der damaligen Unterhaltsregelung das volle Einkommen des Klägers zugrundegelegt haben, nicht auf ein Übereinkommen geschlossen werden, auch bei späteren Unterhaltsbemessungen, insbesondere bei einer Abänderung, die durch den Eintritt einer Erwerbsobliegenheit der Beklagten veranlaßt würde, ohne Rücksicht auf den Umfang der unterhaltsrechtlichen Erwerbsobliegenheit des Klägers weiterhin von dem uneingeschränkten Einsatz seines Erwerbseinkommens auszugehen. Damit kann nach dem bisherfeststehenden Sachverhalt nicht ausgeschlossen werden, daß die Frage, ob und inwieweit es sich bei den Einkünften des Klägers um solche aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit handelt, im vorliegenden Abänderungsverfahren uneingeschränkt und ohne eine Bindung durch den Prozeßvergleich zur Prüfung steht.
Für einen getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten, der zwei Kinder im schulpflichtigen Alter zu betreuen hat, ist eine Erwerbstätigkeit nicht von vornherein unzumutbar (vgl. Senatsurteil vom 4. November 1981 - IVb ZR 629/80 - FamRZ 1982, 148). Das gilt vor allem, wenn es nicht um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, sondern, wie hier, darum geht, ob dem Elternteil die Fortsetzung einer bereits ausgeübten Arbeit obliegt. So hat der Senat in einem Fall, in dem die Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern schon vor der Trennung der Eheleute mit halber Arbeitskraft als Lehrerin berufstätig gewesen war und diese Tätigkeit nach der Trennung fortgesetzt hatte, die Zumutbarkeit bejaht (Urteil vom 23. September 1981 - IVb ZR 600/80 - FamRZ 1981, 1159). Ob das jedoch im vorliegenden Fall, in dem der Kläger nicht nur mit halber Arbeitskraft, sondern ganztags erwerbstätig ist, ebenso beurteilt werden kann, muß bisher zweifelhaft erscheinen, zumal das Berufungsgericht auf seiten der Beklagten neben der Betreuung der gemeinschaftlichen Tochter Kerstin nur eine Halbtagstätigkeit für zumutbar gehalten hat. Zur abschließenden Beantwortung dieser Frage bedarf es noch einer näheren tatrichterlichen Prüfung, insbesondere der dem Kläger zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, seine Berufstätigkeit und die Betreuung der beiden Kinder zu bewältigen und beides miteinander zu vereinbaren.
b)
Mit der vorstehend erörterten Frage der Anrechenbarkeit des Einkommens des Klägers steht die weitere Frage in Zusammenhang, inwieweit von der Beklagten neben der Betreuung des nunmehr einzigen bei ihr lebenden ehelichen Kindes eine Erwerbtätigkeit erwartet werden kann. Gegen die hierzu vertretene Auffassung des Berufungsgerichts, daß der Beklagten im Verhältnis zum Kläger (nur) die Aufnahme einer Halbtagstätigkeit zuzumuten sei, erhebt die Revision zu Recht Bedenken.
Im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung ist nicht berücksichtigt worden, daß der Kläger neben der Betreuung zweier, noch dazu jüngerer gemeinschaftlicher Kinder einer Ganztagstätigkeit nachgeht. Außerdem ist seine Leistungsfähigkeit trotz des vollständigen Einsatzes seines Einkommens so begrenzt, daß die neben dem Kindesunterhalt aufzubringenden Unterhaltsleistungen für die Beklagte nach der Beurteilung des Berufungsgerichts den eigenen angemessenen Unterhalt des Klägers beeinträchtigen und damit die Voraussetzungen des § 1581 BGB begründet sind. Dieser Umstand kann auf die im Rahmen von § 1570 BGB vorzunehmende Zumutbarkeitsprüfung nicht ohne Einfluß bleiben. Er muß zu einer Verschärfung der in diesem Zusammenhang an den Unterhaltsberechtigten zu stellenden Anforderungen führen (ebenso offenbar MünchKomm/Richter § 1570 Rdn. 10). Das gilt zumindest dann, wenn dadurch die Interessen des zu betreuenden Kindes nicht beeinträchtigt werden. Davon ist hier jedoch offensichtlich auszugehen. Jedenfalls hatte die in der Obhut der Beklagten lebende eheliche Tochter Kerstin im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung mit 15 1/2 Jahren bereits ein Alter erreicht, in dem ein Kind den betreuenden Elternteil in zeitlicher Hinsicht regelmäßig nicht mehr so beansprucht, daß sich die Pflege und Erziehung des Kindes bei entsprechend erhöhtem Einsatz grundsätzlich nicht auch neben einer Vollerwerbstätigkeit bewältigen lassen (vgl. auch OLG Frankfurt FamRZ 1979, 139; Göppinger/Häberle, Unterhaltsrecht 4. Aufl. Rdn. 1051; Rechtsprechungshinweise der Münchner Familiensenate des OLG München FamRZ 1983, 20, 21, Nr. 3.2).
Unter diesen Umständen wird der Standpunkt, daß der Beklagten (nur) eine Halbtagstätigkeit zuzumuten sei, durch die bisherigen Feststellungen nicht getragen. Es bedarf auch insoweit der neuen tatrichterlichen Prüfung, ob der Beklagten (siehe Schreibfehlerberichtigung vom 13. April 1983) unter Berücksichtigung des verschärften Beurteilungsmaßstabes nicht eine Erwerbstätigkeit größeren Umfangs obliegt, mit der Folge, daß die Unterhaltsverpflichtung des Klägers möglicherweise ganz entfällt. Dabei wird das Oberlandesgericht insbesondere auch zu prüfen haben, ob sich für die Beklagte in der von ihrem Partner H. betriebenen Gaststätte, in der dieser nach ihrem Vortrag einen Koch sowie eine Frau beschäftigt, die bedient und die Räume sauberhält, und in der die Beklagte auch bislang schon gelegentlich mithilft, die Möglichkeit einer Vollbeschäftigung bietet. In diesem Fall stände der Vereinbarkeit der Erwerbstätigkeit mit der Kindesbetreuung nichts im Wege, da sich in dem Hause, in dem die Gaststätte betrieben wird, auch die Wohnung des Zeugen H. befindet, in der die Tochter Kerstin ein Zimmer hat.
II.
Für die damit notwendig werdende neue Verhandlung und Entscheidung der Sache weist der Senat noch auf folgendes hin:
Soweit das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beklagte von dem Kläger nach § 1570 BGB Unterhalt verlangen kann, stellt sich wiederum die bereits im angefochtenen Urteil behandelte Frage des Ausschlusses oder der Herabsetzung dieses Anspruchs nach § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB (vgl. dazu nachfolgend unter 1). Zu prüfen bleibt ferner die Frage der Suspendierung dieser Vorschrift durch § 1579 Abs. 2 BGB (vgl. dazu unter 2). Daß die Beklagte bereits beim Abschluß des Prozeßvergleichs mit H. zusammengelebt hat, steht einer Berücksichtigung dieses Verhältnisses nicht entgegen (vgl. dazu unter 3).
1.
a)
Zu Ansprüchen auf Trennungsunterhalt hat der Senat bereits mehrfach entschieden, daß ein schwerwiegendes und klar bei einem Ehegatten liegendes Fehlverhalten während der Ehe zur Erfüllung der in § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB normierten Voraussetzungen geeignet ist und ein solches Fehlverhalten insbesondere in der - gegen den Willen des anderen Ehegatten erfolgten - Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft oder auch in der Aufnahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses mit einem anderen Partner liegen kann, weil darin eine so schwerwiegende Abkehr von den ehelichen Bindungen zu sehen ist, daß die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 24. November 1982 - IVb ZR 314/81 - FamRZ 1983, 142 m.w.N.). Ein schwerwiegendes Fehlverhalten in diesem Sinne ist auch in den während der Ehe unterhaltenen Beziehungen der Beklagten zu H. zu sehen, mit dem sie jedenfalls seit Mitte 1976 ein ehebrecherisches Verhältnis unterhalten und von dem sie zwei Kinder hat, wobei sie als Beginn dieser Beziehungen zunächst den Jahresanfang 1977 angegeben und damit die Möglichkeit der außerehelichen Zeugung des älteren der beiden Kinder geleugnet hat. Durch dieses Verhalten hat die Beklagte die Voraussetzungen der Härteregelung erfüllt, so daß - von der Frage der Suspendierung der Härteregelung durch § 1579 Abs. 2 BGB abgesehen - nach den dargelegten Grundsätzen ein Ausschluß des Anspruchs auf Trennungsunterhalt nach § 1361 Abs. 3 i.V. mit § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB in Betracht gekommen wäre.
b)
Dasselbe Verhalten hat auch für den nachehelichen Unterhaltsanspruch der Beklagten jedenfalls deshalb die Voraussetzungen eines Ausschlusses aus Billigkeitsgründen verwirklicht, weil die Beklagte das Verhältnis mit H. fortgesetzt hat.
aa)
Ob und inwieweit Gründe, die nach § 1361 Abs. 3 i.V. mit § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB zum Ausschluß des Anspruchs auf Trennungsunterhalt geführt haben, auch den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt entfallen lassen können, hat der Senat bislang noch nicht entschieden. In der bisherigen Erörterung dieser Frage wird teilweise die Ansicht vertreten, daß die Aufrechterhaltung eines während des Getrenntlebens begonnenen eheähnlichen Verhältnisses nur dann einen (unterhaltsbezogenen) Versagungsgrund darstelle, wenn eine neue Ehe bewußt nicht geschlossen werde, um den Unterhaltsanspruch nicht zu verlieren (vgl. Göppinger/Wenz, a.a.O. Rdn. 853). Demgegenüber vertritt die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum den Standpunkt, daß ein Fehlverhalten der hier vorliegenden Art, das nach § 1361 Abs. 3 i.V. mit § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB zum Ausschluß des Anspruchs auf Trennungsunterhalt führt, - jedenfalls regelmäßig - auch den Ausschluß des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt zur Folge hat (vgl. OLG Hamm FamRZ 1981, 892, 893; AG Landstuhl FamRZ 1982, 302; Bosch FamRZ 1980, 739, 745 sowie FamRZ 1981, 439, 441; Diederichsen NJW 1980, 1672, 1673 [BGH 23.04.1980 - IVb ZR 527/80]; Gernhuber, Familienrecht 3. Aufl. § 30 VII 11 = S. 405; Griesche FamRZ 1981, 1025, 1029; Moritz JR 1981, 71, 72; MünchKomm/Richter Ergänzung zu § 1569 Rdn. 7 b und § 1579 Rdn. 13 bis 15 e; Palandt/Diederichsen, BGB 42. Aufl. § 1579 Anm. 2 d; Soergel/Häberle, BGB 11. Aufl. § 1579 Rdn. 18 - zweifelnd Rolland, 1. EheRG 2. Aufl. § 1579 BGB Rdn. 25 e).
bb)
Der letztgenannten Auffassung schließt sich der Senat jedenfalls für einen Fall wie den vorliegenden an, in dem die Beklagte das Verhältnis mit dem anderen Partner nach der Scheidung fortgesetzt hat. Er vermag allerdings nicht die verschiedentlich vertretene Ansicht zu teilen, die jene Beurteilung schon daraus ableitet, daß die Unterhaltsansprüche während des Getrenntlebens und nach der Scheidung als einheitlicher und kontinuierlicher Anspruch aufzufassen seien. Eine Identität zwischen dem Unterhaltsanspruch eines getrennt lebenden Ehegatten und dem Unterhaltsanspruch nach der Scheidung hat der Senat mit Urteil vom 14. Januar 1981 (IVb ZR 575/80 - FamRZ 1981, 242) abgelehnt. Er sieht andererseits in der rechtlichen Selbständigkeit der Unterhaltsansprüche kein Kriterium, das - bei fortgesetztem Verhalten - einer Fortwirkung der nach § 1361 Abs. 3 i.V. mit § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB für den Trennungsunterhalt relevanten Ausschlußgründe auf den Unterhaltsanspruch nach der Scheidung entscheidend entgegenstände.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1981 (BVerfGE 57, 361 = FamRZ 1981, 745) gewährleistet § 1579 Abs. 1 BGB die Verfassungsmäßigkeit des verschuldensunabhängigen Unterhaltsrechts. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber sichergestellt, daß der mit der Auferlegung von Unterhaltsleistungen verbundene Eingriff in die Handlungsfreiheit des Verpflichteten nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Wie das Bundesverfassungsgericht hierzu ausgeführt hat, würde die Grenze der Zumutbarkeit eines schuldunabhängigen Unterhaltsanspruchs dort überschritten, wo ein getrennt lebender oder geschiedener Ehegatte Unterhaltsansprüche seines Partners zu erfüllen hätte, obwohl dieser sich durch eine Verhaltensweise, wie sie in den Ausschlußtatbeständen des § 1579 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 BGB normiert ist, ganz bewußt von jeglichen ehelichen Bindungen gelöst hat. In einem solchen Fall wäre die mit der Inanspruchnahme verbundene Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und könnte vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nicht bestehen (a.a.O. BVerfGE S. 380 f. = FamRZ S. 748 f.). In Übereinstimmung damit hat der Senat entschieden, daß ein Ehegatte, der sich in der oben dargelegten Weise durch die Aufnahme einer eheähnlichen Gemeinschaft oder eines nachhaltigen intimen Verhältnisses mit einem anderen Partner von seinen ehelichen Bindungen distanziert und seine Ehe faktisch als nicht mehr bestehend betrachtet, nicht seinerseits den Ehepartner aus dessen ehelicher Mitverantwortlichkeit für sein wirtschaftliches Auskommen in Anspruch nehmen kann (vgl. Senatsurteil vom 23. April 1980 - IVb ZR 527/80 - FamRZ 1980, 665, 666). Diese Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme bezieht sich nicht nur auf die Fürsorge bis zur Ehescheidung, sondern auch auf den nachehelichen Unterhalt. Das gilt um so mehr, als das Gesetz während der Ehe, auch für die Zeit des Getrenntlebens, eine gesteigerte Verantwortung der Ehegatten füreinander vorsieht, während es nach der Scheidung grundsätzlich von der Eigenverantwortung jedes Ehegatten für seinen Unterhalt ausgeht (§ 1569 BGB). Demgemäß ist für den Regelfall davon auszugehen, daß Gründe der dargelegten Art, die zum vollständigen oder teilweisen Ausschluß des Anspruchs auf Trennungsunterhalt nach § 1361 Abs. 3 i.V. mit § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB geführt haben, jedenfalls dann auch für den nachehelichen Unterhaltsanspruch die Voraussetzungen der Härteregelung erfüllen, wenn das Verhältnis mit dem anderen Partner, wie hier, nach der Scheidung fortgesetzt wird.
cc)
Allerdings kann der Beklagte die Tatsache, daß sie mit H. weiterhin zusammenlebt, nicht als Fehlverhalten im Sinne der Rechtsprechung zu § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB vorgeworfen werden, da die eheliche Treuepflicht mit der Ehescheidung ihr Ende gefunden hat. Indessen kann sich der in § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB vorausgesetzte "andere", ebenso schwerwiegende Grund für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme des Verpflichteten nicht nur aus einem vorwerfbaren Verhalten des Unterhaltsberechtigten, sondern auch aus Umständen ergeben, die ihm nicht als Fehlverhalten zur Last gelegt werden können. Nach dem im vorstehenden Abschnitt dargelegten Verständnis der Vorschrift kommt es bei ihrer Anwendung entscheidend auf die Prüfung an, ob die aus der Unterhaltspflicht erwachsenden Belastungen (siehe Schreibfehlerberichtigung vom 13. April 1983) für den Verpflichteten die Grenzen des Zumutbaren überschreiten. Eine solche Unzumutbarkeit kann auch aus objektiven Gegebenheiten und (siehe Schreibfehlerberichtigung vom 13. April 1983) Entwicklungen der beiderseitigen Lebensverhältnisse folgen. Das ergibt sich ferner daraus, daß § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB nicht nur auf die - vorwerfbare Verhaltensweisen voraussetzenden - Tatbestände der Nr. 2 und Nr. 3, sondern auch auf Nr. 1 der Vorschrift verweist und damit auf einen Tatbestand Bezug nimmt, für den es nicht auf ein vorwerfbares Verhalten, sondern auf die Lebenssituation der Ehepartner, auf die Verflechtung und Abhängigkeit der beiderseitigen Lebensdispositionen ankommt (vgl. Senatsurteil vom 26. November 1980 - IVb ZR 542/80 - FamRZ 1981, 140). Demgemäß hält es das Gesetz auch in § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB für möglich, daß nach der Scheidung eintretende Veränderungen in den Lebensverhältnissen der früheren Ehepartner die weitere Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen ganz oder zum Teil - möglicherweise auch zeitweilig (vgl. Rolland, a.a.O. Rdn. 20, 25 f, 27; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts Rdn. 373) - als unzumutbar (siehe Schreibfehlerberichtigung vom 13. April 1983) erscheinen lassen.
Eine solche Beurteilung kommt auch in Betracht, wenn der Unterhaltsberechtigte mit einem neuen Partner in einer festen sozialen Verbindung zusammenlebt. Hier kann das Erscheinungsbild der Verbindung in der Öffentlichkeit dazu führen, daß die Fortdauer der Unterhaltsbelastung und des damit verbundenen Eingriffs in die Handlungsfreiheit und Lebensgestaltung für den Unterhaltspflichtigen unzumutbar wird. Das gilt etwa, wenn kein verständlicher Grund dafür ersichtlich ist, weshalb die Partner, wenn sie auch aus hinzunehmenden Gründen von einer Eheschließung absehen, nicht doch zu einer "ehegleichen ökonomischen Solidarität" (AK/Derleder, § 1579 Rdn. 7) gelangen, mithin gemeinsam wirtschaften und der den Haushalt und etwaige gemeinsame Kinder versorgende Partner - wie in einer Ehe - von dem anderen unterhalten wird.
Ob das auch im vorliegenden Fall anzunehmen ist, wird bei der neuen Verhandlung gegebenenfalls tatrichterlich zu prüfen sein. Für eine solche Annahme könnte sprechen, daß die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit H. und den gemeinsamen Kindern "wie eine normale Familie" zusammenlebt, daß beide, wie H. nach den Urteilsausführungen ausgesagt hat, Verlobungsringe tragen, um ihre Beziehungen "etwas zu legalisieren", und daß sie nach dem insoweit unbestrittenen Sachvortrag des Klägers in einem Zeitungsinserat gemeinsam die Eröffnung der von H. betriebenen Gaststätte angezeigt haben.
c)
Das Berufungsgericht hat im angefochtenen Urteil den Vorwurf des Klägers, die Beklagte sehe von einer Eheschließung mit ihrem Lebensgefährten H. ab, um sich den Unterhaltsanspruch aus der Ehe mit dem Kläger zu erhalten, für nicht bewiesen erachtet. Die dagegen erhobene Verfahrensrüge ist nicht begründet.
Der Ansicht der Revision, aufgrund des insoweit vorliegenden äußeren Sachverhalts müßten die Regeln des Anscheinsbeweises zur Anwendung gelangen (siehe Schreibfehlerberichtigung vom 13. April 1983) und dazu führen, daß die Beklagte ihrerseits ernsthafte und einleuchtende Möglichkeiten für ein Unterlassen der Eheschließung aus anderen Gründen darlegen und beweisen müsse, kann nicht gefolgt werden. Der geltend gemachte Ausschlußgrund erfordert die Feststellung einer auf einem Willensentschluß beruhenden individuellen Verhaltensweise in einer bestimmten Lebenslage, die keiner generalisierenden Beurteilung aufgrund allgemeiner Erfahrungsgrundsätze unterworfen werden kann und für die es daher nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keinen (siehe Schreibfehlerberichtigung vom 13. April 1983) Anscheinsbeweis gibt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1980 - VI ZR 177/79 (siehe Schreibfehlerberichtigung vom 13. April 1983) - LM § 286 (C) Nr. 11; VersR 1981, 1153; ferner Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 41. Aufl. Anhang nach § 286 Anm. 3 C; Stein/Jonas/Schumann/Leipold, ZPO 19. Aufl. § 282 Anm. IV 7 a bb; Thomas/Putzo, ZPO 12. Aufl. § 286 Anm. 4 b; Zöller/Stephan, ZPO 13. Aufl. § 286 Anm. IV 3).
2.
Außer der Beurteilung, in welchem Maße die Härteregelung des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB im vorliegenden Fall verwirklicht ist, bedarf es erneut der Prüfung, ob die Vorschrift hier durch § 1579 Abs. 2 BGB suspendiert ist. Dabei wird das Berufungsgericht das bereits angeführte, nach der Berufungsentscheidung ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1981 zu beachten haben.
Nach dessen Entscheidungssatz ist § 1579 Abs. 2 BGB mit Art. 2 Abs. 1 GG nicht vereinbar, soweit danach die Anwendung des § 1579 Abs. 1 BGB auch in besonders gelagerten Härtefällen ausgeschlossen ist. Für derartige Fälle hat der Gesetzgeber nach dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts eine Regelung zu treffen, die dem Verhältnismäßigkeitsgebot Rechnung trägt. Dabei liegt es in seiner Gestaltungsfreiheit, ob er diesem Erfordernis durch eine ergänzende Regelung oder durch eine Umgestaltung des § 1579 Abs. 2 BGB entspricht (BVerfGE 57, 361, 388 = FamRZ 1981, 745, 750). Da der Gesetzgeber diesem Auftrag bisher nicht nachgekommen ist, erhebt sich die Frage, wie die Vorschrift inzwischen zu handhaben ist.
a)
Soweit zu dieser Frage in Rechtsprechung und Schrifttum Äußerungen vorliegen, sind diese uneinheitlich. Teilweise wird die Ansicht vertreten, daß § 1579 Abs. 2 BGB in der jetzigen Fassung nicht mehr anzuwenden sei (vgl. Palandt/Diederichsen, a.a.O. § 1579 Anm. 3; Scheid FamRZ 1982, 6). Nach anderer Auffassung hat der Richter aufgrund der Gegebenheiten des Einzelfalles zu prüfen, ob ein besonders gelagerter Härtefall vorliegt. Gelange er zur Verneinung dieser Frage, so stehe einer Entscheidung über den Unterhaltsanspruch auf der Grundlage von § 1579 Abs. 2 BGB in seiner bisherigen Fassung, die insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar sei, nichts im Wege (vgl. OLG München FamRZ 1982, 270, 272; OLG Düsseldorf FamRZ 1982, 611, 612 und 699, 701; OLG Celle FamRZ 1982, 697, 698; KG FamRZ 1982, 1213, 1214; Berkemann JR 1981, 414, 416; Häberle FamRZ 1982, 557, 561; MünchKomm/Richter, Ergänzung zu § 1579 Rdn. 19; Soergel/Häberle, a.a.O. § 1579 Rdn. 21). Erachtet der Richter (siehe Schreibfehlerberichtigung vom 13. April 1983) dagegen einen besonders gelagerten Härtefall für gegeben, so wird teilweise der Standpunkt vertreten, daß er (siehe Schreibfehlerberichtigung vom 13. April 1983) unter Außerachtlassung von § 1579 Abs. 2 BGB und uneingeschränkter Anwendung von Abs. 1 der Vorschrift endgültig über die Sache entscheiden könne (vgl. OLG Hamm FamRZ 1982, 172, 174; OLG Düsseldorf FamRZ 1982, 699, 701; OLG Celle aaO; Häberle aaO; Sachs FamRZ 1982, 653, 655 f.; Soergel/Häberle aaO). Nach anderer Ansicht ist das Verfahren in einem solchen Fall auszusetzen (vgl. Berkemann aaO; MünchKomm/Richter aaO).
b)
Stellt das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit oder Unvereinbarkeit einer Norm mit dem Grundgesetz fest, spricht es aber die Nichtigkeitsfolge nicht aus, weil, wie bei der hier in Frage stehenden Regelung, mehrere gesetzliche Möglichkeiten zur Beseitigung des Verfassungsverstoßes bestehen, so hat das zum einen grundsätzlich die Wirkung, daß die Gerichte die Vorschrift ab sofort in dem sich aus dem Tenor der Entscheidung ergebenden Ausmaß nicht mehr anwenden dürfen (so insbesondere BVerfGE 37, 217, 261). Zum anderen dürfen die Gerichte aber auch nicht aufgrund der Rechtslage entscheiden, wie sie sich bei ersatzloser Streichung der Norm ergibt. Vielmehr müssen sie die Entscheidung in anhängigen oder neu eingeleiteten Verfahren bis zur verfassungskonformen Neuregelung durch den Gesetzgeber aussetzen (vgl. BGH, Beschluß vom 21. März 1980 - V ZR 41/78 - NJW 1980, 2084, 2085 m.w.N.; Senatsbeschluß vom 27. Januar 1982 - IVb ZB 720/81; Heußner NJW 1982, 257, 258 m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen sind die Gerichte bis zu der Neuregelung, die das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber zu § 1579 Abs. 2 BGB aufgetragen hat, nicht befugt, solche Verfahren, in denen ein besonders gelagerter Härtefall im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegt, zur Entscheidung zu bringen, indem sie § 1579 Abs. 2 BGB als verfassungswidrig außer acht lassen und Abs. 1 der Vorschrift uneingeschränkt anwenden. Ebensowenig besteht mangels eines entsprechenden Ausspruchs über einen vorläufigen Fortbestand der Vorschrift im Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Möglichkeit, § 1579 Abs. 2 BGB in seinem verfassungswidrigen Teil weiter anzuwenden (vgl. hierzu Heußner a.a.O. S. 258 f.). Vielmehr muß ein derartiges Verfahren ausgesetzt werden, bis der Gesetzgeber die verfassungskonforme Regelung getroffen hat. Im Interesse einer - gerade auf dem Gebiet des Unterhaltsrechts dringend gebotenen - möglichst zügigen Rechtspflege muß es den Gerichten jedoch vorbehalten bleiben, bereits jetzt zu entscheiden, ob im Einzelfall ein besonderer Härtefall vorliegt. Gelangt das Gericht zur Verneinung der Frage, so hat es die insoweit mit dem Grundgesetz vereinbare Vorschrift des § 1579 Abs. 2 BGB unverändert anzuwenden und in der Sache zu entscheiden.
Demgemäß wird das Berufungsgericht gegebenenfalls auch im vorliegenden Verfahren unter Abwägung der Interessen beider Parteien prüfen müssen, ob der Unterhaltsanspruch der Beklagten eine unverhältnismäßige Belastung des Klägers bedeutet und deshalb ein besonders gelagerter Härtefall anzunehmen ist.
3.
Daß die Beklagte bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Prozeßvergleichs vom 12. Juni 1979 mit H. eheähnlich zusammenlebte und der Kläger davon Kenntnis hatte, steht der Berücksichtigung dieses Verhältnisses im vorliegenden Abänderungsverfahren, insbesondere bei der Prüfung, ob der Unterhaltsanspruch herabzusetzen oder auszuschließen ist, nicht entgegen.
a)
Wie in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt ist, können nicht nur Gesetzesänderungen, sondern auch Änderungen einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Störungen vertraglicher Vereinbarungen führen, die nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Wege der Anpassung zu bereinigen sind. Das gilt jedenfalls, soweit die Vereinbarungen noch nicht abgewickelt sind - insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen - und es, wie im vorliegenden Fall, um die Anpassung für die Zukunft geht. Grundlage dieser Beurteilung ist, daß beim Abschluß einer Vereinbarung ein beiderseitiger Irrtum über die Rechtslage das Fehlen der Geschäftsgrundlage bedeuten kann, wenn ohne diesen beiderseitigen Rechtsirrtum die Vereinbarung nicht geschlossen worden wäre. Das ist der Fall, wenn der Geschäftswille der Vertragsparteien auf der gemeinsamen irrigen Rechtsauffassung oder auf der gemeinschaftlichen Erwartung vom Fortbestand einer bestimmten Rechtsprechung aufgebaut war (vgl. BGHZ 25, 390, 392 ff [BGH 23.10.1957 - V ZR 219/55]; 58, 355, 362 f; Palandt/Heinrichs, BGB 42. Aufl. § 242 Anm. 6 C a cc sowie Dh; MünchKomm/Roth § 242 Rdn. 580; vgl. auch BGHZ 70, 295, 298).
b)
Wenn hiernach schon eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Anpassung einer Unterhaltsvereinbarung erermöglichen kann, so gilt das erst recht für eine Änderung der Rechtslage, die durch die Nichtigerklärung oder Unvereinbarkeitserklärung einer Norm durch das Bundesverfassungsgericht eintritt (§ 31 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).
Dem steht § 79 Abs. 2 BVerfGG nicht entgegen. Diese Vorschrift, die die Rechtsfolgen von Nichtigerklärungen des Bundesverfassungsgerichts regelt, aber anerkanntermaßen auch in Fällen gilt, in denen das Bundesverfassungsgericht eine Norm nicht für nichtig, sondern, wie hier, für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt (BVerfGE 37, 217, 262 f), kommt hier nicht zum Zuge, weil sie nicht mehr anfechtbare "Entscheidungen" betrifft und Prozeßvergleiche nicht darunterfallen (vgl. Kneser AöR Band 89 (1964) S. 129, 177 N. 1; Löwisch JZ 1961, 731, 733; Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer BVerfGG § 79 Rdn. 23; Steiner in: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Festgabe zum 25-jährigen Bestehen des Bundesverfassungsgerichts S. 628, 653 ff.; vgl. auch Geiger BVerfGG § 79 Anm. 4; Lechner BVerfGG 3. Aufl. § 79 Anm. 2). Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 32, 387 dargelegt, § 79 Abs. 2 BVerfGG sei der allgemeine Rechtsgrundsatz zu entnehmen, daß eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der eine Vorschrift für nichtig erklärt werde, grundsätzlich keine Auswirkung auf abgewickelte Rechtsbeziehungen haben solle.
Diesen Gedanken lasse insbesondere § 79 Abs. 2 Satz 4 BVerfGG erkennen, wonach Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung ausgeschlossen seien. Es widerspreche dem Sinn dieser Regelung, wenn eine Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Bestimmung auf abgewickelte bürgerlich-rechtliche Vertragsbeziehungen einwirke und etwa über den Gedanken des Wegfalls oder des Fehlens der Geschäftsgrundlage zu einem neuen Anspruch führe. Auch in dieser Hinsicht müsse die von § 79 BVerfGG getroffene Entscheidung beachtet werden, daß bei der Feststellung der Nichtigkeit von Gesetzesnormen wegen der unabsehbaren Folgen für den Rechtsverkehr dem Gedanken der Rechtssicherheit der Vorrang gebühre vor der Berücksichtigung der Einzelfallgerechtigkeit (a.a.O. S. 389 f).
Diese Auffassung bezieht sich jedoch, wie in der Entscheidung hervorgehoben wird, auf "bereits vollständig abgewickelte bürgerlich-rechtliche Vertragsbeziehungen". Damit kann sie für eine Vereinbarung über die Entrichtung einer laufenden Unterhaltsrente von vornherein keine Gültigkeit haben.
c)
Der Kläger hat vorgetragen, die Parteien seien beim Abschluß des Unterhaltsvergleichs im Einklang mit der damals herrschenden Rechtsprechung davon ausgegangen, daß sich der Kläger den Unterhaltsansprüchen der Beklagten selbst angesichts ihres eheähnlichen Zusammenlebens mit H. nicht widersetzen könne. Die Beklagte hat das nicht bestritten. Danach haben die Parteien die Rechtslage, wie sie von der damaligen Rechtsprechung zu § 1579 BGB, insbesondere auch zu Abs. 2 der Vorschrift, beurteilt wurde, als Grundlage für die Regelung ihrer unterhaltsrechtlichen Beziehungen genommen und sind dabei stillschweigend davon ausgegangen, daß sich daran auch in Zukunft nichts ändern werde. Diese Geschäftsgrundlage hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entfallen lassen und dadurch zu einer Störung der Vereinbarung geführt. Wenn die Beklagte unter diesen Umständen im Falle der Annahme einer besonderen Härte auf einer weiteren Erfüllung des Vergleichs entsprechend der früheren Rechtslage bestände, verstieße das gegen Treu und Glauben. Die nach § 242 BGB aus dem Wegfall der Geschäftsgrundlage abzuleitende Rechtsfolge besteht in der Anpassung der Vereinbarung an die jetzige, durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingetretene Rechtslage (vgl. auch BGHZ 58, 355, 362 f.).
d)
Außer der neuen Rechtslage sind es auch Veränderungen in tatsächlicher Hinsicht, die eine umfassende Beurteilung der Frage des Unterhaltsausschlusses ermöglichen. Als derartige Änderung der Verhältnisse kommt einmal die auch vom Berufungsgericht hervorgehobene Feststellung der Nichtehelichkeit der beiden Kinder Inka und Julia im Dezember 1979 in Betracht. Soweit es das Kind Inka betrifft, wurde mit dieser rechtskräftigen Feststellung ferner die Möglichkeit eröffnet, im Rahmen der Härteregelung den Umstand zu berücksichtigen, daß die Beklagte als Beginn ihrer Beziehungen zu H. den Jahresanfang 1977 angegeben und damit die Möglichkeit der außerehelichen Zeugung dieses Kindes geleugnet hat (vgl. oben II 1 a). Bis zur Feststellung stand dem das Verbot des § 1593 BGB entgegen (zur entsprechenden Problematik im Rahmen von § 1587 c BGB (siehe Schreibfehlerberichtigung vom 13. April 1983) vgl. Senatsbeschluß vom 15. Dezember 1982 - IVb ZB 544/80 - FamRZ 1983, 267). Schließlich würde es eine weitere Veränderung der Verhältnisse seit dem Abschluß des Prozeßvergleichs bedeuten, wenn das Berufungsgericht aufgrund tatrichterliche Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, daß es zwischen der Beklagten und H. entsprechend den Darlegungen unter II 1 c bb zu einer die Voraussetzungen des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB erfüllenden Verfestigung des Verhältnisses gekommen ist. Einer solchen Verfestigung der Beziehungen, aber auch dem vorgenannten Umstand der Verleugnung der außerehelichen Zeugung des Kindes Inka kann für die Frage der Zumutbarkeit einer weiteren Inanspruchnahme des Klägers und damit für die Prüfung des Unterhaltsausschlusses aus Gründen besonderer Härte im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine wesentliche Bedeutung zukommen (vgl. auch Senatsbeschluß vom 13. Oktober 1982 - IVb ZB 615/80 - FamRZ 1983, 32).
4.
Der Senat hat keine Bedenken, daß die Anpassung an die Veränderungen, die sich seit dem Abschluß des Prozeßvergleichs in den unterhaltsrechtlichen Beziehungen der Parteien ergeben haben, insgesamt im Wege der Abänderungsklage nach § 323 Abs. 4 ZPO, bei der sich anerkanntermaßen Voraussetzung und Umfang der Abänderung nach materiellem Recht richten (vgl. zuletzt Beschluß des Großen Senats vom 4. Oktober 1982 - GSZ 1/82 - FamRZ 1983, 22, 24), durchgesetzt werden kann.
Portmann
Blumenröhr
Zysk
Nonnenkamp