Bundesgerichtshof
Urt. v. 05.11.1980, Az.: VIII ZR 232/79
Geltendmachung von Wechselansprüchen; Kauf von Kies und Baumaterial; Anspruch auf Diskontspesen; Schadensersatz wegen Nichterfüllung ; Ablehnung der Annahme weiterer Lieferungen
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 05.11.1980
- Aktenzeichen
- VIII ZR 232/79
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1980, 11695
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG München - 22.06.1979
Rechtsgrundlage
Fundstellen
- DB 1981, 413-414 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1981, 576 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1981, 679-680 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
Firma Michael H. Kies- und Betonwerk, Inhaber Michael H. in N.
Prozessgegner
Firma F. & Sohn, Inhaber Eduard F., P. straße 2 in V.
Amtlicher Leitsatz
Ist bei eines Sukzessivlieferungsvertrag der Käufer mit einem erheblichen Teil des Kaufpreises für die bisher erfolgten Teillieferungen in Verzug und will sich der Verkäufer deshalb für die Zukunft vom Vertrag lösen, so geschieht dies nicht durch Kündigung aus wichtigem Grunde, sondern nach den Vorschriften des § 326 BGB durch einen nur den noch nicht abgewickelten Teil des Vertrages erfassenden Rücktritt. Sofern nicht besondere Umstände dies unzumutbar machen, muß der Rücktrittserklärung grundsätzlich eine Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung vorausgehen.
In dem Rechtsstreit
hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 1980
durch
den Vorsitzenden Richter Braxmaier und
die Richter Hoffmann, Wolf, Merz und Dr. Brunotte
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. Juni 1979 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin, die die Beklagte bis Oktober 1976 in mehrjähriger Geschäftsverbindung mit Kies und Baumaterial beliefert hat, macht eine Wechselforderung, Diskontspesen und restliche Kaufpreisansprüche geltend. In der Revisionsinstanz streiten die Parteien - beide Kaufleute - nur noch darum, ob die Ansprüche der Klägerin durch Aufrechnung der Beklagten mit einem Schadensersatzanspruch wegen Verweigerung weiterer Belieferung erloschen sind.
Am 3. September 1974 schlossen die Parteien einen schriftlichen Vertrag, der die Klägerin zur Lieferung von Frostschutzkies bis zu 40.000 cbm an die Straßenbaustelle D. für 14 DM/cbm verpflichtete; die Beklagte hatte die Lieferungen innerhalb 30 Tagen nach Rechnungstellung zu bezahlen und weiteres Baumaterial (vor allem Rohre) von der Klägerin zu beziehen.
Bis zum Jahresende 1975 hatte die Klägerin 20.517 cbm Kies für D. geliefert. Weil die Beklagte mit ihren Zahlungen erheblich in Rückstand war, erinnerte die Klägerin mehrfach mündlich und sodann schriftlich am 29. Oktober 1975 an das vereinbarte Zahlungsziel. Mit. Schreiben vom 26. November 1975 forderte sie die Beklagte zur Zahlung des von ihr mit 218.960,84 DM bezifferten Rückstandes bis zum 5. Dezember 1975 auf und kündigte bei Nichteinhaltung der Frist die Berechnung von Verzugszinsen an. Als am 21. Januar 1976 die - von der Klägerin mit 239.314,73 DM, von der Beklagten mit 230.753,56 DM berechneten - Rückstände noch nicht ausgeglichen waren, richtete die Klägerin an diesem Tage folgendes Schreiben an die Beklagte:
"Betr.: Liefervertrag-Konto/Buchhaltung
Mit Vertrag vom 3.9.74 haben wir uns gegenseitig verpflichtet, bestimmte Mengen Frostschutzkies, sowie Betonwaren für den Straßenbau St. 2132 zu liefern resp. abzunehmen. Dabei ist auch als Zahlungsziel vereinbart worden, alle Rechnungen 30 Tage nach Rechnungsstellung ohne Abzug zu bezahlen.
Ihre Firma hat sich weder wenigstens in etwa an die Zahlungs-Termine gehalten, noch wurde ein plausibler Grund dafür genannt, warum die Zahlungen nicht pünktlich eingegangen sind.
Nachdem meine Firma im erheblichen Umfange Bankmittel in Anspruch nehmen muß, ist mir durch das Ausbleiben der fälligen Gelder ein erheblicher Zinsbetrag belastet worden, den ich nicht imstande bin selbst zu tragen.
Mit anliegender Zinsberechnung habe ich eine genaue Berechnung Ihres Zinsanteiles aufgestellt und belaste Sie hiermit mit Stand zum 25.1.1976 zu DM 7.675,98.
Ich muß Sie ebenso dringendst darum bitten, den Ausgleich nunmehr unverzüglich mit einer Frist von 5 Tagen vorzunehmen. Bei nichteintreffen der überfälligen Forderung müßte ich gegen Sie einen gerichtl. Zahlungsbefehl erwirken. Ich darf annehmen, daß Sie es zu dieser dazu nicht kommen lassen wollen.
Im übrigen betrachtet sich meine Firma durch Ihre Verhaltensweise nicht mehr an die vertraglichen Vereinbarungen gebunden."
Nach einer daraufhin getroffenen Vereinbarung zahlte die Beklagte am 29. Januar 1976 durch Scheck 50.000 DM und akzeptierte 3 ihr mit Schreiben der Klägerin vom 9. März 1976 übersandte, von der Klägerin ausgestellte Wechsel über je 50.000 DM, von denen einer vereinbarungsgemäß bei Fälligkeit am 3. Juni 1976 prolongiert wurde, am 3. September 1976 jedoch zu Protest ging. Weiterhin zahlte die Beklagte am 29. März 1976 25.753,56 DM.
Am 13. Mai 1976 bestellte die Beklagte aufgrund des Vertrages vom 3. September 1974 weitere 8.000 cbm Kies für Drachselsried, zu liefern Anfang bis Mitte Juni. Unter dem 14. Juni 1976 setzte sie der Klägerin für den Beginn der Lieferungen Frist bis 21. Juni und für die Beendigung danach weitere 4 Wochen; bei Nichteinhaltung drohte sie Inrechnungstellung von Mehrkosten aus Deckungskäufen an. Mit weiterem Schreiben vom 1. Juli 1976 drohte die Beklagte für den Fall der Nichteinhaltung der bis zum 21. Juli gesetzten Frist die Ablehnung der Annahme weiterer Lieferungen gemäß § 326 BGB sowie Geltendmachung von Schadensersatz wegen Nichterfüllung an.
Unter dem 9. Juli 1976 verweigerte die Klägerin weitere Lieferungen aufgrund des Vertrages vom 3. September 1974 mit dem Hinweis, die Nichteinhaltung der 30-tägigen Zahlungsfristen entbinde die Klägerin von den Vertragspflichten bis zur Begleichung der von ihr mit 16.621,90 DM bezifferten offenen Rechnungen zuzüglich 12.684,70 DM aufgelaufener Zinsen werde sie keinen Kies mehr liefern; für etwaige neue Lieferungen werde sie in dem Maße erhöhte Preise berechnen, wie eingetretene Lohn- und Treibstoffänderungen dies erfordern.
Vom 12. bis 21. Juli 1976 lieferte die Klägerin für Drachselsried noch 317 cbm Kies und stellte dafür 18,50 DM pro cbm in Rechnung. Die Beklagte lehnte mit Rechtsanwaltsschreiben vom 27. Juli 1976 die Annahme weiterer Leistungen ab, machte Schadensersatz in Höhe von 95.623,17 DM geltend und rechnete mit dieser Forderung auf. In der Folgezeit lieferte die Klägerin noch mehrfach Kies an andere Baustellen und stellte darüber u.a. Rechnungen vom 10. September sowie 10. und 31. Oktober 1976 aus.
Aufgrund des Protestwechsels vom 3. September 1976 hat die Klägerin zunächst einen vollstreckbaren Wechselzahlungsbefehl und ein Wechselvorbehaltsurteil des Landgerichts über 51.275 DM nebst Zinsen erwirkt. In einem weiteren Verfahren hat sie Zahlung von zunächst 16.839,04 DM verlangt (Wechseldiskontspesen und die drei Rechnungsbeträge vom 10.9., 10.10. und 31.10.1976). Nach Verbindung beider Verfahren hat das Landgericht das Wechselvorbehaltsurteil für vorbehaltlos erklärt und - nachdem ein Teil des Klageanspruchs in der Hauptsache erledigt war und die Klägerin einen weiteren zurückgenommen hatte - die Beklagte zur Zahlung von 13.486,68 DM nebst Zinsen verurteilt; die im Prozeß auf 127.262,24 DM bezifferte Aufrechnungsforderung der Beklagten hat es für unbegründet erklärt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
I.
Die vom Landgericht und Oberlandesgericht zuerkannten Ansprüche der Klägerin werden ihrer Entstehung nach von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Zu prüfen bleibt deshalb allein, ob der von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzanspruch in den Vorinstanzen mit Recht verneint worden ist.
II.
1.
Die Beklagte leitet einen auf § 326 BGB gestützten Schadensersatzanspruch aus der Weigerung der Klägerin her, die am 13. Mai 1976 bestellten Kiesmengen für die Baustelle D. zu den Bedingungen des Vertrages vom 3. September 1974 zu liefern.
2.
Das Berufungsgericht hält diesen Schadensersatzanspruch für unbegründet, weil die Klägerin den Vertrag vom 3. September 1974 durch ihr Schreiben vom 21. Januar 1976 aus wichtigem Grunde wirksam gekündigt habe und deshalb im Mai 1976 und in den folgenden Monaten nicht mehr zur Lieferung von Kies für D. verpflichtet gewesen sei.
Dagegen wendet sich die Revision mit Recht.
Der Vertrag vom 3. September 1974 konnte nicht durch Kündigung, sondern nur durch Rücktritt in unmittelbarer oder analoger Anwendung des § 326 BGB für die Zukunft beendet werden.
Der auf Lieferung einer festbestimmten Höchstmenge Kies gerichtete Vertrag war ein Sukzessivlieferungsvertrag, in dessen Rahmen die einzelnen Lieferungen in wechselseitiger Bindung nach Bedarf und auf Abruf erbracht und bezahlt werden sollten (Senatsurteile vom 1. Dezember 1971 - VIII ZR 143/70 = LM BGB § 477 Nr. 15 = NJW 1972, 246 - WM 1972, 161 und vom 10. November 1976 - VIII ZR 112/75 - LM BGB § 326 (Dc) Nr. 5 = WM 1977, 220). Ein solcher Vertrag wird, sofern sich ein Partner wegen einer Vertragsverletzung des anderen hinsichtlich der noch nicht erbrachten Leistungen von ihm lösen will, nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats nicht durch Kündigung, sondern durch - allerdings nur für die Zukunft wirkenden - Rücktritt unter den Voraussetzungen des § 326 BGB beendet (Senatsurteil vom 28. März 1979 - VIII ZR 15/78 - WM 1979, 674 - zu II 2 und 3 m.w.Nachw.).
Dies steht nicht in Widerspruch zu den vom Berufungsgericht für seine abweichende Ansicht herangezogenen Senatsurteilen vom 23. Februar 1972 (VIII ZR 115/70 - LM VerglO § 36 Nr. 4 = NJW 1972, 827 = WM 1972, 625, 628) und vom 10. März 1976 (VIII ZR 268/74 = LM BGB § 242 (Bc) Nr. 23 - WM 1976, 508), weil es sich in den dort entschiedenen Fällen nicht um Sukzessivlieferungsverträge handelte, sondern in einem Falle um eine gänzlich andersgeartete Dauerverpflichtung und im anderen um einen Bierbezugsvertrag. Mangels festbestimmter Lieferungsmengen oder Höchstmengen steht die letztere Vertragsart den Dauerschuldverhältnissen, für die das Institut der Kündigung gesetzlich vorgesehen oder von der Rechtsprechung entwickelt worden ist, so nahe, daß die Kündigung als das sachgerechte Mittel der Vertragsbeendigung erscheint (vgl. auch Senatsurteil vom 23. Juni 1960 - VIII ZR 115/59 = LM BGB § 242 (Bc) Nr. 10). Das gilt nicht für den der Leistungsmenge nach begrenzten Sukzessivlieferungsvertrag, der sich vom normalen Kaufvertrag nur durch die Aufspaltung des Leistungsaustausches in mehrere Teilakte unterscheidet.
3.
Der Vertrag vom 3. September 1974 ist danach nicht durch Kündigung beendet worden. Nach den Feststellungen im Berufungsurteil ist in der Erklärung der Klägerin vom 21. Januar 1976 aber auch kein wirksamer Rücktritt zu sehen.
a)
Gegen eine Auslegung als Rücktrittserklärung bestehen allerdings keine Bedenken. Die Klägerin hat das Wort "Kündigung" nicht verwendet, sondern nur erklärt, sie betrachte sich nicht mehr an den Vertrag gebunden. Sie hat damit eindeutig zum Ausdruck gebrecht, daß sie für die Zukunft den Vertrag als beendet ansehe, was rechtlich ohne Bedenken als Erklärung, vom Vertrag Abstand zu nehmen, gewertet werden kann.
b)
Der Rücktritt war jedoch unwirksam, weil die Klägerin zuvor keine Nachfrist gesetzt und auch die Ablehnung weiterer Vertragserfüllung bei Nichteinhaltung der Nachfrist nicht angedroht hatte.
aa)
Verletzt bei der Abwicklung eines Sukzessivlieferungsvertrages eine Partei ihre Pflichten derart, daß der anderen die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zuzumuten ist, so kann sich daraus für die bis dahin Vertragstreue Partei das Recht ergeben, sich für die Zukunft aus dem Vertrag zu lösen (Senatsurteil vom 10. November 1976 a.a.O. - zu II 1 und 3 m.w.Nachw.). Entsprechend § 326 Abs. 1 BGB darf sie den Vertragspartner aber nicht mit der Rücktrittserklärung überraschen, sondern muß grundsätzlich durch Nachfristsetzung und Ablehnungsandrohung eine klare Rechtssituation schaffen und dem Partner Gelegenheit geben, das Versäumte nachzuholen bzw. die künftige Vertragserfüllung zu sichern und dadurch dem angedrohten Rücktritt zu entgehen (Senatsurteil vom 10. November 1976 aaO; vgl. ferner Senatsurteile vom 10. Dezember 1975 - VIII ZR 147/74 - LM BGB § 326 (Dc) Nr. 4 - WM 1976, 75 sowie vom 28. März 1979 a.a.O. zu II 3). An einer solchen mit einer Fristsetzung verbundenen Ablehnungsandrohung fehlt es hier. Zwar lagen die Voraussetzungen für einen Rücktritt insofern vor, als sich die Beklagte seit den als Mahnung aufzufassenden Schreiben der Klägerin vom 29. Oktober und 26. November 1975 jedenfalls mit einem erheblichen, der Höhe nach allerdings nicht feststehenden Teil ihrer Zahlungen in Verzug befand. In ihrem Schreiben vom 21. Januar 1976 drohte die Klägerin den Rücktritt aber nicht für den Fall der Überschreitung der gleichzeitig gesetzten fünftägigen Zahlungsfrist an, sondern sprach - wie das Berufungsgericht feststellt - diese Rechtsfolge mit sofortiger Wirkung aus. Entgegen der vom Berufungsgericht (zu den Voraussetzungen einer Kündigung) vertretenen Ansicht reicht es nicht aus, wenn die Klägerin zuvor bereits "rechtliche Konsequenzen" angedroht hatte und die Beklagte möglicherweise auch mit einer Kündigung rechnen mußte. Die Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach § 326 BGB (oder für die positive Vertragsverletzung die analoge Anwendung dieser Bestimmung) soll - wie bereits ausgeführt - klare Rechtssituationen schaffen. Dem genügt nur die eindeutige Androhung der Ablehnung weiterer Vertragserfüllung, wie sie in den Schreiben vom 29. Oktober (Mahnung) und 26. November 1975 (Androhung der Berechnung von Verzugszinsen) nicht enthalten war.
bb)
(Nach-)Fristsetzung und Ablehnungsandrohung sind - abgesehen von den in § 326 Abs. 2 BGB geregelten Fällen - nur ganz ausnahmsweise entbehrlich. Steht bereits eindeutig fest, daß der Vertragspartner seine Verpflichtungen nicht erfüllen kann oder nicht erfüllen will - insbesondere durch eine ernstliche und endgültige Erklärung des Verpflichteten -, so wäre es reine Förmelei, dem anderen Partner die sofortige Lösung vom Vertrage zu versagen (Senatsurteile vom 11. Januar 1961 - VIII ZR 86/60 = LM BGB § 326 (Dc) Nr. 2 und vom 10. Dezember 1975 - VIII ZR 201/74 - WM 1976, 124). Von einem derartigen Sachverhalt kann hier jedoch keine Rede sein. Die Abdeckung des größten Teiles der Schuld innerhalb zweier Monate nach Erhalt des Schreibens vom 21. Januar 1976 zeigt, daß die Beklagte zur Aufbringung der erforderlichen Mittel in der Lage war, wenn ihr die Notwendigkeit deutlich klar gemacht wurde. Sie hat auch niemals erklärt, zur Erfüllung des Vertrages nicht gewillt zu sein. Nach ihrem nicht widerlegten und deshalb für die Revisionsinstanz als richtig zu unterstellenden Sachvortrag in den Vorinstanzen war sie mit ihren Leistungen nur deshalb in Verzug geraten, weil sich auch die Zahlungen ihres Auftraggebers bei den Straßenbaustellen, vor allem in D., verzögerten.
Frist und Ablehnungsandrohung sind ferner entbehrlich, wenn die Vertragsverletzung der einen Partei ein für die Vertragsabwicklung notwendiges gegenseitiges Vertrauen nachhaltig zerstört hat, so daß eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für den anderen Teil selbst dann unzumutbar wäre, wenn die Vertragsverletzung innerhalb einer angemessenen Nachfrist behoben würde (Senatsurteil vom 10. November 1976 aaO).
Inwieweit die bloße, wenn auch länger andauernde und der Höhe nach beträchtliche Zahlungsverzögerung bei einem nur auf den Austausch von Ware und Geld gerichteten Vertrag als eine solche Vertrauensverletzung betrachtet werden könnte (offen gelassen im Senatsurteil vom 10. Dezember 1975 - VIII ZR 201/74 a.a.O. - zu II 4 b), bedarf auch hier keiner abschließenden Entscheidung. Die Feststellungen des Berufungsgerichts über das Verhalten beider Parteien nach dem 21. Januar 1976 stehen der Annahme einer vollständigen Zerstörung der Vertrauensbasis entgegen. Trotz der langdauernden Zahlungsverzögerung auf der einen und der Lossagung vom Vertrag auf der anderen Seite ließen sich beide Parteien auf eine unstreitig nur mündliche Vereinbarung ein, die zu der Scheckzahlung vom 29. Januar und zur Übersendung und Akzeptierung der drei Wechsel am 9./10. März sowie zu einer weiteren Zahlung erst am 29. März 1976 führte. Die Klägerin lehnte auch nicht etwa weitere Geschäftsbeziehungen ab, sondern wollte nur die Rückstände ausgeglichen wissen und war dann - wenn auch unter anderen Bedingungen - zu neuen Lieferungen bereit, wie sich aus ihrem Schreiben vom 9. Juli 1976 und der späteren Ausführung weiterer Bestellungen ergibt. Unter diesen Umständen war es für sie nicht unzumutbar, der Beklagten die Erfüllungsablehnung unter Fristsetzung zunächst anzudrohen.
cc)
Frist und Ablehnungsandrohung wären schließlich entbehrlich gewesen, wenn infolge des Zahlungsverzuges das Interesse der Klägerin an der weiteren Vertragserfüllung weggefallen wäre (§ 326 Abs. 2 BGB). Das läßt sich jedoch nicht annehmen, zumal es an jeglichen Feststellungen des Berufungsgerichts hierzu fehlt und die Klägerin sich weder in den Vorinstanzen noch im Revisionsrechtszug auf Interessewegfall berufen hat. Bemerkt sei nur, daß allein die (von der Beklagten vermutete) Tatsache, die Klägerin habe ihre Transportkapazität für Lieferungen an andere Abnehmer zu höheren Preisen einsetzen wollen und können, einen Interessewegfall nicht begründen könnte (Senatsurteil vom 7. November 1979 - VIII ZR 223/78 = LM BGB § 326 (Dc) Nr. 6 = NJW 1980, 449 [BGH 07.11.1979 - VIII ZR 223/78] = WM 1980, 103). Wesentlicher Grund für den Abschluß des Vertrages vom 3. September 1974 war unstreitig das Interesse der Klägerin, freie Transportkapazitäten auszunutzen. Dafür, daß dieses Interesse gerade wegen des Zahlungsverzuges weggefallen wäre, hat die Klägerin nichts vorgetragen.
dd)
Auf die vom Berufungsgericht verneinte Frage, ob die Parteien anläßlich der Abmachung über die Scheck- und Wechselzahlungen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vereinbart haben, kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an.
III.
Eine Sachentscheidung des Revisionsgerichts (§ 565 Abs. 3 ZPO) konnte nicht ergehen. Zwar ist der Sukzessivlieferungsvertrag am 21. Januar 1976 nicht wirksam beendet worden. Es fehlt jedoch noch an Feststellungen des Berufungsgerichts zu den weiteren Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs der Beklagten, insbesondere zur Wirksamkeit ihrer vertragsbeendigenden Erklärung, zu einem möglichen Zurückbehaltungsrecht der Klägerin und zur Entstehung und Höhe des behaupteten Schadens.
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrechtszuges zu übertragen war.
Hoffmann
Wolf
Merz
Dr. Brunotte