Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.01.1980, Az.: VIII ZR 91/79
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 23.01.1980
- Aktenzeichen
- VIII ZR 91/79
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1980, 20664
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Zweibrücken - 02.03.1979
Rechtsgrundlagen
- Art. 1 § 1 RBeratG
- Art. 1 § 5 RBeratG
- § 1 5. AVO-RBeratG
- § 134 BGB
Fundstellen
- BGHZ 76, 119 - 127
- DB 1980, 1162-1163 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1980, 487 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1980, 1394 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Der Erwerb und die Einziehung einer Forderung im Rahmen echten Factorings verstößt nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 1980 durch den Vorsitzenden Richter Braxmaier und die Richter Claßen, Wolf, Merz und Treier
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 2. März 1979 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal vom 19. September 1978 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat auch die Kosten der Berufungs- und Revisionsinstanz zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Beklagte schloß - wie zahlreiche andere T. und Ba. - mit der inzwischen in Konkurs geratenen Firma Ba. und T. GmbH in B. (BTG) eine als "Agenturvertrag" bezeichnete Vereinbarung. In den von der BTG damals durchweg verwandten von ihr vorformulierten Verträgen ist u.a. bestimmt:
"§ 1 Inkasso
- 1
Die Gesellschaft (BTG) übernimmt für die Firma (Beklagten) das Inkasso aller Frachten und der von der Firma getätigten Verkäufe von Baustoffen aller Art.
...
- 2
Mit der Übergabe zum Inkasso tritt die Firma die den eingereichten Rechnungen zugrunde liegenden Forderungen an die Gesellschaft ab.
- 3
Im Rahmen der von der Geschäftsführung der Gesellschaft für den betreffenden Schuldner verbindlich festgesetzten Kreditgrenze leistet die Gesellschaft bei Forderungsausfällen der Firma unter Rückbelastung der fraglichen Forderung für den durch den Forderungsausfall entstandenen Schaden Ersatz.
§ 2 Rechnungsstellung
- 1
Die Gesellschaft fakturiert die Frachtansprüche und Lieferungen der Firma an ihre Kunden. Rechnungssteller ist immer die Firma.
- 2
Die Rechnungen werden an die Kunden durch die Gesellschaft verschickt. Die Firma erhält ein Rechnungsduplikat und eine Rechnungssammelliste.
- 3
Die Gesellschaft verbucht die Rechnungen.
§ 3 Zahlungen
Nach Eingang der Rechnungssammellisten und den Rechnungsduplikaten bei der Gesellschaft werden die in den Rechnungssammellisten ausgewiesenen Gesamtbeträge inklusive der jeweils gültigen Umsatzsteuer nach Abzahlung eventueller Gegenforderungen an die Firma bezahlt.
§ 4 Kreditschutz
Die Gesellschaft vermittelt der Firma Übersichten über die Kreditfähigkeit der Kunden unter näherer Kennzeichnung bis zu welchen Grenzen sie das Kreditrisiko im Rahmen ihrer Inkassotätigkeit übernimmt. ...
§ 5 Vertrieb
Die Gesellschaft ist bereit, die Vermittlung von Frachten und den Vertrieb von Baustoffen für die Firma im Rahmen der Möglichkeiten zu übernehmen,
§ 10 Vergütung
- 1
Die Gesellschaft erhält für ihre Tätigkeit eine Vergütung. ...
- 2
Die Vergütung erfolgt durch Provision in Höhe von 4 % des Umsatzes der Firma. ...
§ 14 Umdeutung
Falls einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden sollten, so sollen sie so umgedeutet werden, daß der mit der betreffenden Bestimmung verbundene Zweck nach Möglichkeit erreicht wird. Die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen berührt im übrigen die Wirksamkeit der anderen Bestimmungen nicht."
Im Rahmen des Inkassogeschäfts erstellte die BTG für ihre Agenturmitglieder getrennt wöchentlich Rechnungssammellisten über die ausgeführten Leistungen und bezahlte die darin erfaßten Forderungen ihrer Mitglieder an diese, bevor sie die Forderungen bei den Kunden einzog.
Die Zahlungsverpflichtungen aufgrund der Agenturverträge erfüllte die BTG unter Einsatz von Mitteln, die ihr die Klägerin aufgrund eines am 3. Januar 1973 vereinbarten, auf 2.000. 000 DM begrenzten Kontokorrentkredits zur Verfügung stellte. In der Kreditabsprache heißt es u.a.:
"Als Sicherheit dienen uns:
Garantieerklärungen der Anschlußfirmen, unterlegt durch die jeweiligen Rechnungssammellisten.
Maximallaufzeit der Rechnungssammellisten 60 Tage ab Rechnungsdatum.
Vereinbarungsgemäß werden wir schlecht beurteilte Agenturmitglieder von der Bevorschussung ausschließen. Wir behalten uns vor, soweit es die Bonität oder die Höhe der bevorschußten Forderungen erforderlich macht, über einzelne Agenturmitglieder Bilanzmaterial zur Ergänzung anzufordern.
Die zur Unterlegung der Garantieerklärungen erforderlichen Rechnungssammellisten sind uns in anerkannter Form, d.h. von den Agenturmitgliedern rechtsverbindlich unterzeichnet, einzureichen. ..."
Die Klägerin formulierte die in dem Kreditvertrag erwähnte Garantie-Erklärung. Der Beklagte unterzeichnete eine entsprechende Urkunde mit Datum vom 29. Januar 1974. Die Garantie-Erklärung ist an die Klägerin gerichtet. Darin heißt es u.a.:
"Wir garantieren Ihnen hiermit die Zahlung aller Ihnen oder einer anderen Stelle der Bank für Gemeinwirtschaft AG gegen die
Firma
Ba. und T. GmbH ... B. straße ...
nachstehend Kreditnehmerin genannt jetzt oder künftig zustehenden - auch befristeten, bedingten - Forderungen aus der Geschäftsverbindung mit der Kreditnehmerin, insbesondere aus der Gewährung von Krediten jeder Art, aus laufender Rechnung, aus Wechseln (auch soweit diese von Dritten hereingegeben worden sind) und aus sonstigen Bankgeschäften. Diese Garantie wird von eventuellen Einwendungen der Kreditnehmerin nicht berührt.
Die Garantie wird in ihrer Höhe durch die jeweiligen Beträge der der Bank von der Kreditnehmerin vorgelegten und von uns anerkannten Rechnungssammellisten mit der Bezeichnung
Betrieb Nr. ...9
Firma Josef L. ...
begrenzt, ohne daß wir geltend machen können, daß aufgeführte Forderungen bereits bezahlt sind. Die Laufzeit der Rechnungssammelliste wird auf maximal 60 Tage begrenzt.
Die Garantie erlischt nicht durch vorübergehende Rückzahlung des Kredits .... Wir sind zur Zahlung aus dieser Garantie-Erklärung verpflichtet, wenn die Kreditnehmerin nach Aufforderung zur Zahlung innerhalb von einem Monat nicht zahlt ..."
Mit Schreiben vom 18. Februar 1974 bestätigte die Klägerin dem Beklagten den Eingang der Garantie-Erklärung wie folgt:
"... Wir bestätigen den Empfang der von Ihnen unterschriebenen Garantie-Erklärung vom 29. Januar 1974 mit der Sie die selbstschuldnerische Haftung für unsere Ansprüche gegen die
Firma Ba. und T. GmbH
...
bis zur Höhe der jeweiligen Rechnungssammellisten übernommen haben. Die Garantie-Erklärung ist nicht von Bedingungen abhängig gemacht worden, die sich nicht ausdrücklich aus der Garantie-Erklärung ergeben. Diese Garantie-Erklärung nehmen wir hierdurch an."
Ende 1975 stellte die BTG die Rückzahlungen auf den Kontokorrentkredit ein. Im Konkursverfahren über das Vermögen der BTG meldete die Klägerin eine Forderung von 1.112. 880 DM an und teilte mit, daß sie in Form von Garantie-Erklärungen und Rechnungssammellisten der Agenturmitglieder der BTG gesichert sei.
Die Klägerin hat von der BTG fünf den Beklagten betreffende Sammellisten über insgesamt 33.621,05 DM erhalten. Unstreitig hat der Beklagte die ihm aufgrund des Agenturvertrages zustehenden Beträge aus diesen Sammellisten von der BTG erhalten. Die Schuldner des Beklagten haben ihrerseits die in den Rechnungssammellisten aufgeführten Beträge an die BTG bezahlt.
Erhielt die Klägerin innerhalb von 60 Tagen vom Datum der Rechnungssammellisten an gerechnet keine Zahlung, so mahnte sie die BTG, Gleichzeitig verständigte sie die davon betroffenenen Agenturmitglieder verbunden mit dem Hinweis, daß sie sich im Falle der Nichtzahlung der BTG gezwungen sähe, die Agenturmitglieder aufgrund ihrer Garantie-Erklärungen in Anspruch zu nehmen. Im Falle des Beklagten ist das mit Schreiben vom 1. Dezember, 9. Dezember, 22. Dezember und 30. Dezember 1975 und vom 9. Januar 1976 geschehen.
Mit Schreiben vom 20. Januar 1977 mahnte die Klägerin den Gesamtbetrag von 33.621,05 DM zuzüglich 8 % Zinsen seit 1. März 1976 und 50 DM Mahnkosten an.
Diese Forderung hat sie auch eingeklagt.
Der Beklagte hält sich u.a. deshalb nicht zur Zahlung verpflichtet, weil die Garantievereinbarung nach seiner Ansicht nichtig ist, die Klägerin, falls die Garantie wirksam sein sollte, die daraus erwachsenden Rechte nicht fristgerecht geltend gemacht habe, sie im übrigen nur bedeute, er, der Beklagte, stehe dafür ein, daß seine Schuldner die in den Sammellisten aufgeführten Beträge an die BTG bezahlten. Jedenfalls aber müsse sich die Klägerin ein Verschulden bei Vertragsschluß entgegenhalten lassen. Diesen Vorwurf stützt der Beklagte auf ein inzwischen unstreitiges Verhalten der Klägerin im Jahre 1973.
Im Sommer 1973 hatte die Klägerin nämlich zunächst Rechnungssammellisten der später in Konkurs geratenen Firma M. zurückgewiesen, dann aber einen von der BTG ausgestellten auf sie, die Klägerin, gezogenen und an die Firma M. ausgehändigten Scheck über 670. 000 DM eingelöst, weil der Betrag durch Garantie-Erklärungen und Rechnungssammellisten anderer Agenturmitglieder der BTG abgesichert war. Aus diesem Engagement konnte eine Forderung von 400. 000 DM gegen einen ebenfalls in Konkurs geratenen Kunden der Firma M. nicht realisiert werden.
Das Landgericht hat der Klage bis auf die geltend gemachten außergerichtlichen Mahnkosten stattgegeben.
Das Oberlandesgericht hat sie dagegen abgewiesen.
Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Gründe
Die Revision ist begründet,
I.
1.
Das Berufungsgericht hat die als Garantie-Erklärung bezeichnete Vereinbarung der Parteien als unwirksam angesehen.
a)
Es hat ausgeführt, der vom Beklagten mit der BTG geschlossene Vertrag verstoße gegen das Rechtsberatungsgesetz. Sowohl die geschäftsmäßige Einziehung fremder oder zum Einzug abgetretener Forderungen (Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG) als auch der geschäftsmäßige Erwerb fremder Forderungen (§ 1 der 5. AVO zum RBerG) bedürften der Erlaubnis. Die BTG habe eine solche Erlaubnis nicht besessen. Der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz habe unmittelbar die Nichtigkeit des § 1 des Agenturvertrages zur Folge (§ 134 BGB), soweit er sich auf die Abtretung und Einziehung von Forderungen bzw. den geschäftsmäßigen Erwerb von Forderungen beziehe. Trotz der Umdeutungsklausel des § 14 des Agenturvertrages müsse davon ausgegangen werden, daß die Nichtigkeit der Abrede über die Forderungsabtretung und die Einziehung der Forderungen die Nichtigkeit des gesamten Vertrages nach sich gezogen habe. Es sei offensichtlich, daß die Vertragsparteien die übrigen Abreden bei Kenntnis der Nichtigkeit der Vereinbarung über die Forderungsabtretungen nicht getroffen hätten. Zu dem Agenturvertrag stehe wiederum der Bürgschafts- oder Garantievertrag zwischen den Parteien in einem untrennbaren Zusammenhang. Es liege auf der Hand, daß der Garantievertrag ohne den Agenturvertrag nicht geschlossen worden wäre, weil die BTG mangels eigener Sicherheiten einen Kredit zur Bevorschussung der Rechnungen des Beklagten nicht habe erhalten können. In diesem Zusammenhang müsse auch der Kreditvertrag zwischen der Klägerin und der BTG gesehen werden, denn die Klägerin habe der BTG nur Kredit in der Höhe eingeräumt, in der sie von deren Kunden - also auch vom Beklagten - Garantie-Erklärungen mit Rechnungssammellisten erhalten habe. Die Verträge zwischen der BTG und der Klägerin, zwischen dem Beklagten und der BTG und zwischen der Klägerin und dem Beklagten bildeten demnach eine wirtschaftliche Einheit.
b)
Die Frage, ob der Vertrag zwischen der BTG und dem Beklagten auch wegen Verstoßes gegen §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 32 KWG nichtig sei, hat die Vorinstanz offen gelassen.
2.
Das Berufungsgericht hat gemeint, selbst wenn der von den Parteien geschlossene Vertrag wirksam wäre, müsse der Klage der Erfolg versagt bleiben, denn der Beklagte könne von der Klägerin aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Verschuldens bei Vertragsschluß die Freistellung von der Garantieverpflichtung verlangen.
Der Beklagte sei bei Abschluß des Garantievertrages für die Klägerin erkennbar davon ausgegangen, daß sie der BTG Kredit nur in der durch Garantie-Erklärungen mit Rechnungssammellisten der Vertragspartner der BTG gesicherten Höhe gewährt habe und gewähre. Er habe deshalb darauf vertrauen dürfen, daß die Klägerin der BTG nur Kredit zur Bezahlung von Rechnungen solcher Vertragspartner der BTG gewähre, deren Garantie-Erklärungen und Rechnungssammellisten von der Klägerin als Sicherheit für den Kredit anerkannt worden waren. Mit der Bevorschussung der Firma M. sei das gewählte System der Kreditsicherung aber nicht nur von der BTG, sondern auch von der Klägerin durchbrochen worden. Die Garantie-Erklärungen und Rechnungssammellisten der übrigen Vertragspartner der BTG hätten der Klägerin vom Zeitpunkt der Zurückweisung der Listen der Firma M. an als alleinige Sicherheit für einen Betrag gedient, der etwa ein Drittel des gesamten Kreditrahmens ausgemacht habe. Das damit verbundene Risiko habe für die Klägerin erkennbar außerhalb der Vorstellungen gelegen, die der Beklagte über den Umfang seines eingegangenen Haftungsrisikos haben konnte. Auf dieses besondere Risiko, so hat das Berufungsgericht ausgeführt, habe die Klägerin den Beklagten bei Abschluß des Vertrages nach Treu und Glauben hinweisen müssen.
II.
1.
Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die als Garantie-Erklärung bezeichnete Vereinbarung als Garantievertrag oder Kreditbürgschaft zu werten ist. Die unterbliebene Auslegung kann, da sie weitere tatsächliche Feststellungen nicht erfordert, in der Revisionsinstanz nachgeholt werden. Ein wesentliches Merkmal der Verpflichtung des Beklagten aus der "Garantie-Erklärung", die der Höhe nach jeweils auf die Vorschüsse begrenzt war, welche die BTG von der Klägerin auf die den Beklagten betreffenden Rechnungssammellisten im Rahmen des Kontokorrentkredits erhalten hatte, ist der Umstand, daß sie vom Bestehen einer entsprechenden Rückzahlungspflicht der BTG als Hauptschuldnerin gegenüber der Klägerin abhängig war. Für eine Forderungsgarantie ist demgegenüber charakteristisch, daß die Haftung des Garanten vom Bestehen der gesicherten Schuld unabhängig ist ( Senatsurteil vom 8. März 1967 - VIII ZR 285/64 - WM 1967, 341 = NJW 1967, 1020). Das rechtfertigt es, im vorliegenden Falle von einer Kreditbürgschaft auszugehen. Einwendungen des Beklagten, mit denen er einen von den schriftlichen Erklärungen abweichenden Inhalt der Bürgschaftsverpflichtung und eine Endbefristung der Bürgenhaftung auf jeweils 60 Tage vom Datum der Rechnungssammelliste an gerechnet geltend gemacht hat, hat die Vorinstanz nicht gelten lassen.
Unwirksamkeit der Kreditbürgschaft aus ihr selbst innewohnenden Gründen hat das Berufungsgericht verneint.
Das nimmt die Revision als ihr günstig hin.
2.
Aus Rechtsgründen bestehen gegen die Wirksamkeit der Kreditbürgschaft als solche in der Tat keine Bedenken. Sie ist der Sache und, wie schon gesagt, der Höhe nach auf die jeweiligen Forderungen aus den der Klägerin eingereichten Rechnungssammellisten des Bürgen begrenzt. Insbesondere trifft es nicht zu, daß durch immer neu hinzukommende Rechnungssammellisten des Beklagten dessen Bürgenrisiko nicht mehr überschaubar gewesen sei. Nach dem Inhalt der Kreditbürgschaft war die Klägerin, falls sie innerhalb von 60 Tagen keine Zahlungen auf die Rechnungssammellisten erhielt, nach Ablauf dieser vom Datum der Rechnungssammellisten an berechneten Frist gehalten, die BTG zur Zahlung innerhalb eines Monats aufzufordern. Hiervon waren die Bürgen zu unterrichten. So ist mit den Rechnungssammellisten, die Gegenstand der Klageforderung sind, im vorliegenden wie in den übrigen vier vom erkennenden Senat gleichzeitig entschiedenen Fällenverfahren worden. Zwar trifft es, wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, nicht zu, daß die Bürgschaften jeweils mit Ablauf der 60 Tage-Frist ihre Wirksamkeit verloren hätten, andererseits haben die Parteien das Bürgenrisiko aber nach Art einer Zeitbürgschaft und entsprechend dem ursprünglich praktizierten System der Kreditsicherung durch Wechsel eingegrenzt. Die Klägerin mußte nach Ablauf der 60 Tage-Frist spätestens binnen eines weiteren Monats durch die Zahlungsaufforderung an die BTG und die entsprechende Nachricht an den betreffenden Bürgen dessen Haftung konkretisieren. Das Risiko war damit für den Bürgen exakt bezifferbar. Ohne sein Zutun, nämlich die Einreichung weiterer Rechnungssammellisten konnte sich dieses Risiko nicht erhöhen.
III.
1.
Die Revision wendet sich gegen den Standpunkt der Vorinstanz, die Kreditbürgschaft, auf die das Klagebegehren allein gestützt ist, sei deshalb unwirksam, weil der Agenturvertrag, den der Beklagte mit der BTG vereinbart hat, wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz gemäß § 134 BGB nichtig sei. Dies treffe deshalb nicht zu, weil der Agenturvertrag nach den getroffenen tatrichterlichen Feststellungen wesentliche Elemente des Factoring-Verfahrens aufweise, der Forderungseinzug durch einen Factor aber weder beim unechten noch beim echten Factoring den Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes und der hierzu ergangenen 5. AVO unterliege.
2.
Das Berufungsgericht hat den Agenturvertrag unter dem Gesichtspunkt des Factoring nicht geprüft, obwohl dieser Gesichtspunkt von der Klägerin in Rechtsausführungen zum Ergebnis der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtszuge, in deren Verlauf die Parteien einen Hinweis auf die Anwendbarkeit des Rechtsberatungsgesetzes auf den Agenturvertrag erhalten haben, aufgegriffen worden ist. Die Wertung des Agenturvertrages unter dem Gesichtspunkt des Factoring war insbesondere im Hinblick auf die Regelung in seinem § 14 Satz 1 geboten. Den Vertragschließenden ging es danach darum, den mit ihrem Zusammenwirken erstrebten wirtschaftlichen Zweck unter allen Umständen auf rechtlich zulässige Weise zu erreichen, ohne sich dabei auf einen bestimmten Vertragstyp festlegen zu wollen. Diese Prüfung kann jedoch in der Revisionsinstanz nachgeholt werden. Die BTG verwendete den Agenturvertragstext wie einen Formularvertrag in mehreren Oberlandesgerichtsbezirken.
3.
a)
Der in Rede stehende Agenturvertrag ist so wenig ein typischer Factoring-Vertrag, wie die BTG ein typisches Factoring-Institut war. Das Factoring-Geschäft gehört zu den Bankgeschäften und wird demgemäß von den klassischen Geldinstituten oder von Unternehmen wahrgenommen, die sich auf Factoring spezialisiert haben. Andererseits entsprach die Tätigkeit der BTG im Verhältnis zu den Agenturmitgliedern in wesentlichen Teilen den Leistungen eines Factors. So hat die BTG die Dienstleistungsfunktion eines Factors, nämlich die Debitorenbuchhaltung der Agenturmitglieder, die Rechnungsstellung und die Übermittlung von Auskünften über die Kreditfähigkeit von Kunden übernommen (§ 2, 4 Agenturvertrag). Die in den Factoring-Verträgen bereits bei Abschluß übliche globale Vorausabtretung aller Forderungen des Anschlußkunden gegen seine Abnehmer und Auftraggeber fehlt zwar den Agenturverträgen, auch eine Ankaufspflicht für alle derartigen Forderungen ist darin nicht ausdrücklich ausgesprochen worden. Das Fehlen einer Globalzession ist jedoch unschädlich. Eine Erwerbspflicht der BTG läßt sich aus dem Inhalt der Nr. 1 und 3 des § 1 der Agenturverträge herleiten. Der Forderungserwerb erfolgte mit "der Übergabe zum Inkasso" (§ 1 Nr. 3); zum Inkasso "aller Frachten und der von der Firma getätigten Verkäufe von Baustoffen aller Art" war die BTG nach § 1 Nr. 1 der Agenturverträge verpflichtet. Entscheidend für die Annahme eines Forderungserwerbs der BTG im Rahmen von Factoring-Geschäften aber ist der Umstand, daß die BTG den Agenturmitgliedern den Gegenwert der zedierten Forderung vergütete, sobald bei ihr die Rechnungsduplikate und Rechnungssammellisten eingingen (§ 3 der Agenturverträge). Die Agenturmitglieder erhielten den Gegenwert auf diese Weise vor Fälligkeit der Ansprüche im Verhältnis zu den Schuldnern (Debitoren). Die - sofortige - Bereitstellung des Gegenwertes für Forderungen, die erst nach Ablauf der im Wirtschaftsleben üblichen Zahlungsziele von 30-60 Tagen fällig werden, erhöht die Liquidität des Anschlußkunden. Darin besteht der Sinn und Zweck des Factoring-Geschäfts.
b)
Der Annahme eines Factoring-Vertrages steht nicht entgegen, daß die BTG den Agenturmitgliedern gegenüber außerdem die Vermittlung von Frachten und den Vertrieb von Baustoffen übernommen hatte. Unerheblich ist insoweit auch, daß sie sich die Mittel für ihre Zahlungen an die Agenturmitglieder durch einen von der Klägerin gewährten Kontokorrentkredit beschafft hat. Daß Leistungen des Factors ihrerseits finanziert werden, ändert ihren Charakter nicht, könnte sie allerdings so verteuern, daß ihre Inanspruchnahme wirtschaftlich nicht vertretbar wäre.
c)
Offen ist, ob es sich bei den Leistungen der BTG an die Agenturmitglieder gemäß § 3 der Agenturverträge um Kreditgeschäfte oder um echte Forderungskäufe gehandelt hat. Von echten Forderungskäufen und damit von echtem Factoring wäre auszugehen, wenn die BTG das Delkredere-Risiko übernommen hätte. Die Regelung in § 1 Abs. 4 der Agenturverträge spricht für eine Delkredere-Übernahme durch die BTG, weil sie sich verpflichtet hat, "bei Forderungsausfällen der Firma ... für den durch den Forderungsausfall entstandenen Schadenersatz zu leisten". Was in diesem Zusammenhang allerdings die Formulierung "unter Rückbelastung der fraglichen Forderung" bedeuten soll, bleibt unklar.
d)
Es bedarf indessen keiner abschließenden Beurteilung, ob die Agenturverträge echtes oder unechtes Factoring zum Gegenstand haben.
aa)
Die Einziehung einer im Wege unechten Factorings abgetretenen Forderung wird, wie der erkennende Senat in der Entscheidung vom 3. Mai 1972 ( BGHZ 58, 364 ) im einzelnen ausgeführt hat, weder von Art. 1 § 1 RBerG noch von § 1 der zu diesem Gesetz ergangenen 5. AVO erfaßt. Daran wird festgehalten.
bb)
Nichts anderes gilt für den Forderungserwerb und die Einziehung beim echten Factoring.
Da der Factor beim echten Factoring die Forderungen endgültig erwirbt (Senatsurteil vom 19. September 1977 - VIII ZR 169/76 = BGHZ 69, 254, 257 ) besorgt er mit der Einziehung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung keine fremden, sondern eigene Rechtsangelegenheiten. Art. 1 § 1 RBerG findet daher keine Anwendung (Altenhof/Busch/Kampmann RBerG, 5. Aufl. Art. 1 § 1 Rdn. 14; Glomb, Finanzierung durch Factoring, 1969, S. 105).
Auch von § 1 der 5. AVO zum RBerG wird das echte Factoring nicht erfaßt. Die Vorschrift steht ebenso wie Art. 1 § 1 RBerG unter dem Vorbehalt des Art. 1 § 5 RBerG (Senatsurteil vom 3. Mai 1972 a.a.O. mit Anmerkung von Braxmaier in LM RBerG Art. 1 § 1 Nr. 21). Diese Bestimmung erlaubt, daß gewerbliche Unternehmen für ihre Kunden solche Rechtsangelegenheiten erledigen, die mit einem Geschäft ihres Gewerbebtriebs in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Einen derartigen Zusammenhang hat der erkennende Senat für das unechte Factoring-Geschäft einer Bank bejaht. Die dafür maßgeblichen Erwägungen, an denen festgehalten wird, gelten auch für das echte Factoring. Zwar handelt es sich beim echten Factoring um einen Forderungskauf, bei der im Rahmen der Anwendung des Rechtsberatungsgesetzes gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist jedoch zu berücksichtigen, daß sich das echte Factoring nicht im Forderungskauf erschöpft. Auch beim echten Factoring werden die - angekauften Forderungen des Anschlußkunden bevorschußt. Er erhält den Gegenwert (Kaufpreis) für die Forderung - nach Abzug der Gebühren und Zinsen des Factors - sofort, obwohl die abgetretene Forderung meist wesentlich später fällig wird. Die darin liegende Vorfinanzierung mag zwar rechtlich betrachtet nur ein kreditorisches Nebengeschäft darstellen, das einen Kaufvertrag als Hauptgeschäft voraussetzt (vgl. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung Bd. IV § 52 II 2 c), wirtschaftlich liegt in der Vorfinanzierung indessen der für den Anschlußkunden entscheidende Vorteil des Factoring-Geschäfts. Beim echten Factoring kommt hinzu, daß der Factor das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (Debitors) übernimmt (Delkredere Risiko). Das echte Factoring hat damit außerdem eine Versicherungsfunktion. Kreditgewährung, Übernahme des Risikos für einen Forderungsausfall infolge Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners des Anschlußkunden und die mit dem Factoring verbundenen Dienstleistungen sind Geschäfte, die als solche nicht notwendigerweise dem Rechtsberatungsgesetz unterliegen. Aufgrund des Zusammentreffens der drei genannten Funktionen unterscheidet sich das echte Factoring vom reinen Inkassogeschäft, das nach Art. 1 § 1 und § 1 der 5. AVO RBerG nicht ohne Erlaubnis betrieben werden darf (vgl. BGH Urt. v. 25. März 1974 - II ZR 63/72 = WM 1974, 519, 521; Altenhof/Busch/Kampmann a.a.O. Art. 1 § 1 Rdn. 13, 44, Anhang G, § 1 der 5. AVO RBerG Rdn. 278).
Die Agenturverträge, die die BTG mit den Agenturmitgliedern abgeschlossen hat, enthalten ein solches mehrschichtiges Angebot von Leistungen, die zueinander in einem untrennbaren und unmittelbaren Zusammenhang stehen.
4.
Das Berufungsgericht hat weiter untersucht, ob die Agenturverträge wegen Verstoßes gegen die Vorschriften der §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 32 KWG nichtig sind, hat dies aber letztlich offengelassen. Das Fehlen einer Erlaubnis zum Abschluß von Kreditgeschäften führt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zur Nichtigkeit des Kreditvertrages ( BGH Urt. v. 21. April 1972 - V ZR 52/70 = WM 1972, 853 - BB 1972, 1477).
5.
Der Agenturvertrag ist danach, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wirksam.
IV.
Das angefochtene Urteil hält auch insoweit einer Nachprüfung nicht stand, als darin ausgeführt ist, der Klägerin sei ein Verschulden bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages anzulasten, deshalb könne der Beklagte im Wege des Schadensersatzes Freistellung von der Bürgenhaftung verlangen.
1.
Die Bürgschaft ist ein streng einseitiger Vertrag, durch den der Bürge die Verpflichtung übernimmt, für die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit einzustehen, durch den aber nicht auch der Gläubiger Verpflichtungen eingeht (Senatsurteil vom 5. Dezember 1962 - VIII ZR 251/61 = WM 1963, 24). Nur in klaren Ausnahmefällen kann dieser Grundsatz nach Treu und Glauben eine Durchbrechung erfahren; denn sonst würde der Zweck der Bürgschaft, den Gläubiger zu sichern erheblich beeinträchtigt. Daß die Übernahme einer Bürgschaft stets ein risikoreiches Geschäft ist, ist allgemein bekannt (vgl. Mormann in BGB-RGRK, 12. Aufl. § 765 Rdn. 10).
2.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß dem Gläubiger gegenüber dem Bürgen grundsätzlich keine Sorgfaltspflichten - auch nicht als Nebenpflichten aus dem Bürgschaftsvertrag - obliegen (Senatsbeschluß vom 9. Oktober 1974 - VIII ZR 149/73 = WM 1974, 1129; Senatsurteile vom 15. Februar 1967 - VIII ZR 232/64 = WM 1967, 366 und vom 5. Dezember 1962 aaO). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat der Senat nur dann anerkannt, wenn der Bürgschaftsgläubiger selbst durch sein Verhalten und auch für ihn erkennbar einen Irrtum des Bürgen über dessen Risiko veranlaßt hatte (Senatsurteile vom 28. Februar 1968 - VIII ZR 210/65 - WM 1968, 398 und vom 29. Juni 1966 - VIII ZR 84/64 = WM 1966, 944). An diesem zuletzt im Urteil vom 31. Mai 1978 - VIII ZR 108/77 - WM 1978, 924 bekräftigten Grundsatz hält der erkennende Senat fest. Für eine Erweiterung der Ausnahmetatbestände bietet der vorliegende Fall keinen Anlaß.
3.
Der Klägerin kann nicht zum Vorwurf gemacht werden, sie habe einen Irrtum des Beklagten über sein Bürgenrisiko veranlaßt. Soweit in dem angefochtenen Urteil ausgeführt ist, der Beklagte sei bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages ersichtlich und auch für die Klägerin erkennbar davon ausgegangen, daß die Klägerin der BTG Kredit nur in der durch Garantie-Erklärungen verbunden mit Rechnungssammellisten der Vertragspartner der BTG gesicherten Höhe gewährt habe und gewähre, mag das zutreffen. Gegen dieses Prinzip hat die Klägerin jedoch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht verstoßen. Danach hatte die Klägerin sich nämlich auf Antrage der BTG bereit erklärt, den von dieser ausgestellten Scheck über 670. 000 DM einzulösen, d.h. die Bevorschussung von Forderungen der Firma Maier in dieser Höhe zu kreditieren, "weil dieser Betrag der Höhe nach damals durch Garantie-Erklärungen anderer Vertragspartner abgesichert war". Richtig ist, daß die Klägerin bei diesem Engagement auf Sicherheiten in Gestalt einer Garantie-Erklärung der Firma M. "unterlegt durch die jeweiligen Rechnungssammellisten" verzichtet hat. Diese Möglichkeit stand ihr aber nach dem Inhalt des Bürgschaftsvertrages offen. Darin heißt es ausdrücklich, die Garantie-Erklärung bleibe auch dann unverändert in Kraft, wenn die Bürgschaftsgläubigerin Sicherheiten freigebe. War die Kläger aber berechtigt, während des Bestehens der Kreditbürgschaft im Einzelfall eine Sicherheit freizugeben, ohne sich dadurch den übrigen Bürgen gegenüber eine positive Vertragsverletzung zuschulden kommen zu lassen, so kann ihr auch nicht angelastet werden, wenn sie in einem konkreten Falle von vornherein auf die Hereinnahme "einer durch Rechnungssammellisten unterlegten Garantie-Erklärung" verzichtete. Da der Beklagte eine Bürgschaft mit insoweit eindeutigem Inhalt eingegangen ist, fehlt es auch an jeder Grundlage für die vom Berufungsgericht nicht näher begründete Annahme, er hätte, wenn er von dem Vorgang M. unterrichtet worden wäre, die Bürgschaft nicht übernommen. Dann aber kann auch dahingestellt bleiben, ob angesichts des Inhalts der Bürgschaft eine Aufklärungspflicht der Klägerin insoweit überhaupt angenommen werden könnte. Der erkennende Senat hält, hiervon abgesehen, daran fest, daß der Bürge sich über das Risiko seiner Bürgschaft selbst Klarheit verschaffen muß.
V.
Das angefochtene Urteil konnte mithin keinen Bestand haben, da es einer weiteren Aufklärung nicht bedarf, konnte der erkennende Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO).
Aufgrund der wirksam vereinbarten Kreditbürgschaft ist der Beklagte verpflichtet, die der Klägerin im ersten Rechtszuge zuerkannten Leistungen zu erbringen. Seine Berufung gegen das Urteil des Landgerichts mußte deshalb zurückgewiesen werden.
VI.
Als unterlegene Partei hat der Beklagte auch die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu tragen (§ 91 ZPO).