Bundesgerichtshof
Urt. v. 13.10.1976, Az.: IV ZR 104/74
Versagung eines Zugewinnausgleichs wegen grober Unbilligkeit; Verweigerung der Erfüllung einer Ausgleichsforderung gemäß § 1381 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); Klärung der Schuldfrage in einem Scheidungsverfahren; Berücksichtigung des Firmenwertes einer freiberuflichen Praxis bei Ermittlung des Zugewinns; Verpflichtung zu einer steuerlichen Zusammenveranlagung unter familienrechtlichen Gesichtspunkten
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 13.10.1976
- Aktenzeichen
- IV ZR 104/74
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1976, 11452
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Hamm - 20.03.1974
- LG Siegen
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- DB 1977, 1183-1184 (Volltext mit amtl. LS)
- DB 1977, 1184 (Volltext mit amtl. LS)
- DNotZ 1977, 314
- FamRZ 1977, 38
- FamRZ 1977, 38, 40
- JZ 1977, 180-182
- LSK-FamR/Hülsmann, § 1372 BGB LS 60
- LSK-FamR/Hülsmann, § 1372 BGB LS 62
- LSK-FamR/Hülsmann, § 1376 BGB LS 41
- LSK-FamR/Hülsmann, § 1376 BGB LS 42
- LSK-FamR/Hülsmann, § 1376 BGB LS 55
- LSK-FamR/Hülsmann, § 1381 BGB LS 7
- MDR 1977, 296-297 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1977, 1448 (amtl. Leitsatz)
- NJW 1977, 2266 (amtl. Leitsatz)
- NJW 1977, 378 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
- a)
Der Schuldner kann grundsätzlich die Erfüllung der Ausgleichsforderung nicht wegen angeblicher Eheverfehlungen des Gläubigers dieser Forderung verweigern, wenn die Ehe im Einverständnis beider Ehegatten ohne Klärung der Schuldfrage aus beiderseitiger gleicher Schuld geschieden und die Regelung des Zugewinnausgleichs späteren Verhandlungen vorbehalten worden ist.
- b)
Beim Zugewinnausgleich ist auch der good will einer freiberuflichen Praxis zu berücksichtigen.
- c)
Grundsätze für die Ermittlung des good will einer freiberuflichen Praxis.
- d)
Ein Ehegatte ist jedenfalls dann gegenüber dem anderen Ehegatten verpflichtet, der gemeinsamen Veranlagung zur Einkommenssteuer zuzustimmen, wenn ihm selbst die gemeinsame Veranlagung keine steuerlichen Nachteile, dem anderen Ehegatten aber steuerliche Vorteile bringt. Die Verletzung dieser Pflicht macht schadensersatzpflichtig.
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Wenn die gemeinsame steuerliche Veranlagung einem Ehegatten steuerliche Vorteile bringt und bei dem anderen Ehegatten keine Nachteile auslöst, muß der letztere der gemeinsamen Veranlagung zustimmen. Verweigert er die Zustimmung, macht er sich schadensersatzpflichtig.
- 2.
Führt die gemeinsame Veranlagung zu einer steuerlichen Höherbelastung des einen Teils und zu einem Vorteil des anderen Teils, so ist ein interner Steuerausgleich vorzunehmen.
- 3.
Der Goodwill einer freiberuflichen Praxis ist beim Steuerausgleich auch zu berücksichtigen (Anwaltspraxen). Die Ansetzung eines Firmenwerts hat jedoch nach den jeweiligen Einzelumständen zu erfolgen.
- 4.
Es hängt von mehreren Feststellungen ab, ob bei einer Praxis eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs ein innerer Wert angenommen werden kann.
- 5.
Die Weigerung des Schuldners, die Ausgleichsforderung (Zugewinnausgleich) zu erfüllen, kann nicht mit der Begründung angeblicher Eheverfehlungen des anderen begründet werden, wenn die Ehe einstimmig aus gleicher Schuld geschieden und die Regelung des Zugewinnausgleichs vorbehalten wurde.
In dem Rechtsstreit
hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes
auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 1976
durch
die Richter Professor Johannsen, Dr. Bukow, Knüfer, Rottmüller und Dehner
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Beklagten und die Anschlußrevision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. März 1974 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, ihrem geschiedenen Ehemann, Ausgleich des Zugewinns.
Die Klägerin hat am 17. Mai 1970 den Beklagten verlassen. Beide Parteien beauftragten daraufhin Rechtsanwälte mit der Wahrnehmung ihrer Interessen. Diese vereinbarten, daß der Beklagte der Klägerin außer einem Prozeßkostenvorschuß einen Betrag von 10.000,- DM überweisen solle.
Der Anwalt des Beklagten bestätigte diese Vereinbarung mit einem Schreiben vom 13. Juli 1970, in dem es u. a. heißt:
"Herr M... hat an seine Frau bereits am 10. d.Mts. auf die besprochene Vorschußleistung von 10.000,- DM einen à-conto-Betrag von 4.50O,- DM bezahlt. Den Rest erhält Frau M... als weiteren Vorschuß diese Woche.
Wir stellen der guten Ordnung halber noch einmal klar, daß es sich hierbei um Leistungen handelt, die in Erwartung der Notwendigkeit des alsbaldigen Zugewinnausgleichs schon vorweg gemacht werden. Sollte es wider Erwarten nicht zu einer Scheidung kommen, so hätte Frau M... den entsprechenden Betrag zurückzuzahlen, es sei denn, daß die Zugewinngemeinschaft vertraglich aufgehoben wird. "
Anfang Juli 1970 erhob der Beklagte Scheidungsklage, die der Klägerin am 31. August 1970 zugestellt wurde. In der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 1971 schlossen die Parteien einen Scheidungsvergleich, der u. a. folgende Bestimmungen enthält:
I.
Die Beklagte verzichtet vom Tage der Rechtskraft der Scheidung ab auf jeglichen Unterhalt für die Zukunft gegenüber ihrem Mann, ebenso auf jeden Beitrag ihres Mannes zu ihrem Unterhalt, soweit nicht in Ziff. II etwas abweichendes geregelt ist. ...
II.
...
III.
Der Kläger zahlt an die Beklagte ferner eine einmalige Übergangsbeihilfe von 8.500,- DM. ...
IV.
Über die Verteilung des Zugewinns und des Hausrats werden die Parteien in gesonderte Verhandlungen eintreten.
Im selben Termin wurde die Ehe der Parteien in deren Einverständnis aus beiderseitigem gleichen Verschulden geschieden. Das Urteil wurde noch am 15. Januar 1971 rechtskräftig.
Nunmehr betrieb die Klägerin die Zwangsvollstreckung zur Aufhebung der Gemeinschaft an dem Haus der Parteien. Dieses Verfahren erledigte sich dadurch, daß der Beklagte den Anteil der Klägerin an dem damals mit 60.409,35 DM belasteten Haus zum Preise von 80.000,- DM kaufte.
In der Klage hat die Klägerin ihren Zugewinnanspruch auf 150.006,20 DM errechnet. Davon hat sie in der ersten Instanz einen Teilbetrag von 50.000,- DM geltend gemacht.
Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags ausgeführt:
Ein Ausgleich des Zugewinns wäre im vorliegenden Fall grob unbillig (§ 1381 BGB). Die Klägerin habe mit mehreren Personen die Ehe gebrochen. Er, der Beklagte, habe ihr immer wieder verziehen und sich um die Rettung der Ehe bemüht; er habe damit jedoch keinen Erfolg gehabt. Auch wirtschaftlich würde ihn der Zugewinnausgleich hart treffen.
Die Berechnung des Zugewinns durch die Klägerin sei unzutreffend. Insbesondere sei der Ansatz eines Firmenwerts für das Vermessungsbüro nicht gerechtfertigt.
Auf einen eventuellen Zugewinnausgleichsanspruch müsse sich die Klägerin die geleisteten Zahlungen von 10.000,- und 8.500,- DM anrechnen lassen. Berücksichtigt werden müsse auch, daß die Klägerin ihm durch ihr ehewidriges Verhalten wirtschaftlichen Schaden zugefügt habe. Er habe vom Zeitpunkt der Trennung der Parteien an eine Haushälterin einstellen müssen, die - abgesehen von den Sachleistungen - einen Bruttolohn von 1.100,- DM im Monat erhalten habe. Weiterhin verweist der Beklagte darauf, daß die Klägerin durch die Verweigerung der Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung für das Jahr 1970 unstreitig eine Steuermehrbelastung von 2.600,- DM verursacht hat. Im übrigen meint der Beklagte, daß die Klägerin ihm die Hälfte des Aufwands für den Unterhalt der Kinder in der Zeit vom 15. August 1970 bis 15. Mai 1973 ersetzen müsse; denn den Kindern gegenüber seien beide Eltern unterhaltspflichtig gewesen.
Das Landgericht hat angenommen, daß der Klägerin ein Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 78.010,36 DM zustehe. Es hat demgemäß den Beklagten zur Zahlung von 50.000,- DM nebst 4 % Zinsen für die Zeit vom 1. Februar 1971 bis zum 16. Februar 1972 sowie von 10 % Zinsen seit dem 17. Februar 1972 verurteilt. Mit der Mehrzinsforderung hat es die Klägerin abgewiesen. Einen Teilbetrag von 25.000,- DM hat es bis zum 30. Juni 1976 gestundet.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin hat mit Rücksicht auf die drohende Verjährung in der Berufungsinstanz ihren Klageantrag auf den vollen Anspruch erweitert.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der ausgeurteilte Betrag bis zum 30. Juni 1974 nur mit 4 % und seit 1. Juli 1974 mit 7 % zu verzinsen sein solle. Auf die Berufung der Klägerin hat es den Beklagten verurteilt, darüber hinaus an die Klägerin 40.000,- DM nebst 4 % Zinsen für die Zeit vom 1. Februar 1971 bis zum 30. Juni 1974 und nebst 7 % Zinsen vom 1. Juli 1974 an zu zahlen. Soweit die Klägerin eine höhere Verzinsung des zuerkannten Betrages gefordert hatte, ist sie mit der Klage abgewiesen worden. Die Entscheidung über den weitergehenden Klageanspruch hat das Oberlandesgericht dem Schlußurteil vorbehalten.
Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Die Klägerin hat Anschlußrevision eingelegt. Sie greift mit ihr das Berufungsurteil insoweit an, als es dem Beklagten entgegen ihren Anträgen Stundung gewährt und einen Teil ihres Zinsanspruchs abgewiesen hat.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, daß der Klägerin der Ausgleich des Zugewinns nicht wegen grober Unbilligkeit (§ 1381 BGB) versagt werden kann.
Die Parteien haben, nachdem sie einen Vergleich über die Scheidungsfolgen geschlossen haben, ihren Sachvortrag beschränkt und damit eine Klärung der Verschuldensfrage im Scheidungsprozeß unmöglich gemacht. Im Vergleich selbst haben sie "gesonderte Verhandlungen über die Verteilung des Zugewinns" in Aussicht gestellt. Bereits vorher hatte der Beklagte gemäß dem Schreiben seines Anwalts vom 13. Juli 1970 der Klägerin "in Erwartung der Notwendigkeit des alsbaldigen Zugewinnausgleichs" einen Betrag von 10.000,- DM gezahlt. Nachdem der Beklagte im Einvernehmen mit der Klägerin im Ehescheidungsverfahren auf die Klärung der Schuldfrage verzichtet und die Regelung des Zugewinnausgleichs späteren Verhandlungen überlassen hat, kann er in diesem Rechtsstreit die Frage nach der Schuld an der Scheidung nicht erneut aufwerfen, um daraus das Recht herzuleiten, die Erfüllung der Ausgleichsforderung nach § 1381 BGB zu verweigern. Indem er das tut, setzt er sich in treuwidriger Weise in Widerspruch zu seinem Verhalten im Ehescheidungsrechtsstreit. Wenn er aufgrund von Eheverfehlungen der Klägerin den Zugewinnausgleich hätte verweigern wollen, dann hätte er entweder den Streit um die Schuld an der Scheidung im Ehescheidungsprozeß austragen müssen oder seine Zustimmung zu einer einverständlichen Scheidung aus beiderseitiger gleicher Schuld davon abhängig machen müssen, daß zuvor eine Regelung über den Zugewinnausgleich getroffen wurde.
Dementsprechend kann der Beklagte auch nicht mit der Behauptung gehört werden, er sei durch ehewidriges Verhalten der Klägerin wirtschaftlich geschädigt worden. Damit erledigen sich die Verfahrensrügen, mit denen der Beklagte geltend macht, das Berufungsgericht habe die Schuldfrage nicht hinreichend aufgeklärt.
II.
1.
Entgegen der Ansicht der Revision bestehen keine Bedenken dagegen, bei der Ermittlung des Zugewinns auch den Firmenwert (good will) einer freiberuflichen Praxis zu berücksichtigen. Die Angehörigen freier Berufe führen zwar keine Firma; ihre Praxen können jedoch einen inneren Wert haben, der sich darin äußert, daß der Erwerber einer solchen Praxis bereit ist, für sie einen höheren Preis zu zahlen, als es dem reinen Sachwert der Praxiseinrichtung entspricht. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß der Inhaber der Praxis in vielen Fällen nicht beabsichtigt, diese zu veräußern und dadurch ihren inneren Wert zu realisieren. Die Veräußerung ist nicht der einzige Weg, um den vorhandenen inneren Wert nutzbar zu machen. Das kann dadurch geschehen (und geschieht vielfach auch), daß der Praxisinhaber einen jüngeren Kollegen als Sozius aufnimmt, der ihm ein Entgelt für die ihm dadurch eingeräumte Chance zahlt. Dieses kann darin bestehen, daß jener den bisherigen Alleininhaber erheblich entlastet, ohne daß dessen Einnahmen dadurch geschmälert werden, oder daß er ihm aus seinen Einkünften später einen Beitrag zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung leistet. Der Bundesgerichtshof hat demgemäß auf dem Gebiet des Entschädigungsrechts den good will einer Anwaltspraxis berücksichtigt (BGH NJW RzW 1957, 83). Es ist nicht einzusehen, warum für den Zugewinnausgleich etwas anderes gelten soll.
Dies bedeutet nun allerdings nicht, daß für eine freiberufliche Praxis stets ein Firmenwert anzusetzen wäre. Es muß vielmehr im Einzelfall geprüft werden, ob und in welcher Höhe ein Firmenwert besteht, wobei es u. a. auf die Art der Praxis, die besonderen örtlichen Verhältnisse, die Zusammensetzung der Klientel und die Dauer des Bestehens der Praxis ankommen kann.
2.
Bedenken bestehen gegen die Art und Weise, in der die Vorinstanzen das Vorhandensein und die Höhe des Firmenwerts ermittelt haben.
Das Landgericht hat über die Höhe des Firmenwerts das Gutachten eines in Frankfurt/M. ansässigen Wirtschaftsprüfers eingeholt. Daß dieser mit den Verhältnissen der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure im Lande Nordrhein-Westfalen besonders vertraut wäre, ist nicht ersichtlich; sollte er auf diesem Gebiet Kenntnisse gehabt haben, so hat er sie jedenfalls in seinem Gutachten nicht verwertet. Er ermittelte vielmehr den Finnenwert ganz abstrakt durch eine Gegenüberstellung von Substanz- und Ertragswert der Praxis, wobei er Methoden anwendete, die die Betriebswirtschaftslehre für die Bewertung gewerblicher Unternehmungen entwickelt hat. Es führt dazu aus, es komme bei diesen Methoden nur darauf an, "die Bilanzen mehrerer, dem Bewertungsstichtag vorausgegangener Jahre und eine Aufstellung des zum Stichtag vorhandenen Sachvermögens zu besitzen; aus Sach- und Ertragswert" ergebe sich "der gesuchte Geschäftswert". Daß es sich bei dem "Unternehmen" des Beklagten um eine freiberufliche Praxis handelt, übersieht er zwar nicht; er berücksichtigt dies aber nur in der Weise, daß er dem Beklagten einen höheren "Unternehmerlohn" zubilligt, als er sich aus dem bei gewerblichen Betrieben üblichen Berechnungsschema ergeben würde, und ferner dadurch, daß er von einer kürzeren "Laufzeit" als bei einem Unternehmen mit "objektiv gebundenem good will" ausgeht.
Damit allein wird jedoch den Besonderheiten der freiberuflichen Tätigkeit nicht hinreichend Rechnung getragen. Die gewerbliche Produktion ist in der Regel eine Gemeinschaftsleistung von Unternehmer und Arbeitnehmern; der Unternehmer ermöglicht zwar die Produktion durch die Beschaffung der Produktionsmittel und er leitet die Produktion, stellt aber in der Regel die Ware nicht selbst her. Demgegenüber erbringt der Angehörige eines freien Berufs eine höchstpersönliche Leistung, bei der er lediglich für untergeordnete, nicht zum eigentlichen Berufsbild gehörende Tätigkeit Hilfskräfte einsetzt. Für öffentlich bestellte Vermessungsingenieure mag zwar insofern etwas anderes gelten, als sie auch vermessungstechnisch ausgebildete Hilfskräfte beschäftigen können, die nicht die für einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur erforderliche Qualifikation besitzen. Dennoch rechtfertigt dieser Umstand noch nicht die Gleichstellung ihrer Praxen mit gewerblichen Betrieben.
Das Berufungsgericht wird zunächst zu prüfen haben, ob bei der Praxis eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs in Nordrhein-Westfalen überhaupt ein innerer Wert angenommen werden kann. Dazu müssen zwei Feststellungen getroffen werden. Einmal, ob es in nennenswertem Umfang vorkommt, daß öffentlich bestellte Vermessungsingenieure im Lande Nordrhein-Westfalen ihre Praxis als Ganzes verkaufen, und ob bei solchen Verkäufen ein Preis gezahlt wird, der nach den Vorstellungen der Vertragsparteien wesentlich über dem reinen Sachwert der Praxiseinrichtung liegt. Weiter muß festgestellt werden, ob es bei dem Kreis dieser freiberuflich Tätigen üblich ist, sich wenigstens einen Teil der Alters- oder Hinterbliebenenversorgung dadurch zu verschaffen, daß ein jüngerer Kollege in die Praxis als Sozius eintritt und daß die so eingegangene Verpflichtung wertmäßig das Entgelt für die Mitbenutzung und gegebenenfalls die spätere Übernahme der reinen Sachwerte nicht unerheblich übersteigt.
Wenn diese Fragen oder auch nur eine von ihnen zu bejahen ist, muß durch Befragen eines geeigneten Sachverständigen festgestellt werden, ob auch die Praxis des Beklagten die Möglichkeit bietet, in dieser Weise genutzt zu werden, und wie hoch der Wert für eine solche Nutzung anzusetzen ist. Er würde den inneren Wert der Praxis darstellen. Da maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung der Tag der Klagerhebung ist (§ 1384 BGB), könnte die Beweisaufnahme darauf gerichtet werden, welchen (Netto-)Kaufpreis der Beklagte hätte erzielen können, wenn er die Praxis an diesem Tage an einen Nachfolger verkauft hätte.
III.
Gegenüber dem Anspruch der Klägerin auf Zugewinnausgleich hat der Beklagte zwei Gegenansprüche zur Aufrechnung gestellt, nämlich einmal einen Anspruch auf Ersatz der von ihm gegenüber den gemeinsamen Kindern erbrachten Unterhaltsleistungen und einen Anspruch auf Ersatz des Schadens, den er durch die Weigerung der Klägerin, einer gemeinsamen Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1970 zuzustimmen, erlitten hat. Es handelt sich hierbei um echte Gegenforderungen und nicht etwa nur um Rechnungsposten im Rahmen des Zugewinnausgleichs. Als solche können nur Verbindlichkeiten in Betracht kommen, die bis zu dem nach § 1384 BGB für die Berechnung des Zugewinns maßgebenden Stichtag entstanden sind. Ersatz des Aufwands für den Unterhalt der Kinder begehrt der Beklagte für die Zeit nach diesem Stichtag. Ebenso ist der Schaden, den er durch die getrennte Veranlagung zur Einkommenssteuer erlitten hat, erst danach entstanden. Der Beklagte kann mit diesen beiden Ansprüchen gegenüber der Zugewinnausgleichsforderung der Klägerin aufrechnen, wenn sie bestehen würden.
1.
Einen Anspruch des Beklagten auf Ersatz seiner Unterhaltsleistungen hat das Berufungsgericht verneint, weil der Beklagte seinen Kindern gegenüber allein unterhaltspflichtig gewesen sei. Die hierfür gegebene Begründung ist frei von Rechtsfehlern und wird auch von der Revision nicht angegriffen.
2.
Dagegen konnte das Berufungsgericht dem Beklagten einen Anspruch auf Ersatz seines steuerlichen Schadens nicht mit der von ihm gewählten Begründung versagen. Zu diesem Punkt wird im Berufungsurteil ausgeführt, die Klägerin sei in der Wahl der Art und Weise, wie sie veranlagt werden wollte, frei gewesen. Eine Vereinbarung über diesen Punkt hätten die Parteien nach dem eigenen Vortrag des Beklagten nicht geschlossen. Das Berufungsgericht unterscheidet dabei nicht hinreichend genau zwischen der steuerrechtlichen und der familienrechtlichen Seite. Steuerrechtlich steht es einer Ehefrau zweifellos frei, ob sie sich mit der gemeinsamen Veranlagung der Ehegatten einverstanden erklärt oder nicht. Familienrechtlich kann jedoch eine Verpflichtung zur Zusammenveranlagung bestehen. Aus dem Wesen der Ehe ergibt sich für beide Ehegatten die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung eigener Interessen möglich ist. Die Ehefrau ist daher ihrem Ehemann gegenüber verpflichtet, in eine Zusammenveranlagung einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des Ehemanns verringert, die Ehefrau aber keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird (LG Zweibrücken MDR 1976, 144 [LG Zweibrücken 30.09.1975 - 3 S 85/75]; Lange in Soergel/Siebert, BGB 10. Aufl. § 1353 BGB Rn. 23). Umgekehrt wäre es auch dem Ehemann nicht gestattet, seinerseits die getrennte Veranlagung zu wählen und dadurch die Zugewinnausgleichsforderung seiner Ehefrau zu schmälern. Die dadurch bewirkte Steuermehrbelastung könnte, soweit sie auf den vor dem Stichtag liegenden Zeitraum entfällt, nach § 1375 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 BGB dem Endvermögen hinzuzurechnen sein.
Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, daß die Zusammenveranlagung der Klägerin irgendwelche steuerlichen Nachteile gebracht hätte. Für den Beklagten bedeutete dagegen die getrennte Veranlagung unstreitig eine steuerliche Mehrbelastung von 2.600,- DM. Die familienrechtliche Verpflichtung, der Zusammenveranlagung zuzustimmen, blieb auch nach der Scheidung als Nachwirkung der Ehe bestehen.
Die Klägerin war auch nicht berechtigt, ihre Zustimmung zur Zusammenveranlagung davon abhängig zu machen, daß der Beklagte sie an der zu erwartenden Steuerersparnis hälftig beteiligte. Wenn die Steuergesetzgebung dem Verheirateten gegenüber dem Junggesellen steuerliche Vorteile einräumt, dann trägt sie damit der Tatsache Rechnung, daß der Ehemann den Unterhalt der gesamten Familie bestreitet, also erhöhten finanziellen Lasten ausgesetzt ist. Dieses Ziel wurde früher durch die Einreihung der Verheirateten in eine besondere Steuerklasse, heute durch die Möglichkeit der Zusammenveranlagung erreicht. Es entspricht demnach auch der Billigkeit, daß die Steuerersparnis demjenigen Ehegatten zugute kommt, der den Unterhaltsaufwand der Familie bestreitet.
Der Beklagte wäre allerdings dann zum internen Steuerausgleich verpflichtet gewesen, wenn sich infolge der Zusammenveranlagung zwar für ihn eine geringere, für die Klägerin aber eine größere Steuerbelastung als bei getrennter Veranlagung ergeben hätte (OLG Köln OLG 1969, 332). Die Klägerin behauptet jedoch nicht, daß ihr durch die Zusammenveranlagung irgendwelche Nachteile entstanden wären; es spricht sogar sehr viel dafür, daß die gesamte Einkommenssteuerschuld der Ehegatten von dem Beklagten zu entrichten war.
Die Klägerin ist dem Beklagten für den durch die unberechtigte Verweigerung der Zustimmung zur Zusammenveranlagung entstandenen Schaden ersatzpflichtig. Zwar begründet die Verletzung der Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft in der Regel keinen Schadensersatzanspruch (Heckelmann bei Erman, BGB 6. Aufl. § 1353 Rdn. 20; Scheffler/Königer in BGB-RGRK 10./11. Aufl. § 1353 Anm. 52; Dölle, Familienrecht § 33 III 1 b). Dem liegt die Überlegung zugrunde, daß die Erfüllung der persönlichen Pflichten, die aus dem Wesen der ehelichen Lebensgemeinschaft fließen, nur durch die auf freier sittlichen Entscheidung beruhenden ehelichen Gesinnung gewährleistet werden kann; damit, ist jeder, auch indirekter staatlicher Zwang, wie etwa durch Zubilligung einer Vertragsstrafe oder eines Schadensersatzanspruchs, unvereinbar (BGHZ 34, 80; 37, 38 [BGH 14.03.1962 - IV ZR 253/61]; 46, 392 [BGH 23.01.1967 - II ZR 166/65]; BGH LM BGB § 823 [Af] Nr. 1 b). Das gilt aber nur für solche Pflichten, die dem eigentlichen, höchstpersönlichen Bereich der Ehe angehören, dagegen nicht für rein geschäftsmäßige Handlungen wie die Unterzeichnung einer Steuererklärung. Wieso bei derartigen Handlungen ein staatlicher Zwang mit dem Wesen der Ehe unvereinbar sein soll, ist nicht erkennbar.
IV.
Unbegründet ist die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die vom Beklagten in Erwartung des alsbaldigen Zugewinns geleistete Zahlung von 10.000,- DM nicht berücksichtigt. Diesen Posten hat es vielmehr (auf S. 26 Abs. 1) von der Ausgleichsforderung abgesetzt.
V.
Auch der Anschlußrevision kann ein Erfolg nicht versagt bleiben. Zwar bestehen gegen das Berufungsurteil, soweit es einen Teil des Zinsanspruchs abgewiesen und dem Beklagten Stundung der Ausgleichszahlung bewilligt hat, keine rechtlichen Bedenken. Nachdem jedoch das Berufungsurteil in der Hauptsache aufgehoben worden ist, kann auch die Entscheidung über die Stundung und die Zinsen nicht bestehen bleiben. Die Frage, ob die Ausgleichsforderung zu stunden und zu verzinsen ist, hängt wesentlich von der Höhe der Ausgleichsforderung ab. Sollte das Berufungsgericht nach nochmaliger Verhandlung zu dem Ergebnis kommen, daß der Klägerin eine geringere als die im ersten Berufungsurteil zugesprochene Ausgleichsforderung zusteht, dann könnte unter Umständen dem Beklagten eine sofortige Zahlung oder eine höhere Verzinsung zuzumuten sein. Würde die Anschlußrevision zurückgewiesen, dann würde das Berufungsurteil insoweit bestehen bleiben, als es die Klägerin mit einem Teil ihres Zinsanspruchs abgewiesen hat. Damit das Berufungsgericht bei der erneuten Entscheidung auch in der Zinsfrage völlig frei ist, muß das Berufungsurteil auch insoweit aufgehoben werden, als in ihm zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.