Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.06.1967, Az.: V ZR 4/66

Rechtswirksamer Verkauf und Auflassung eines Grundstücks; Anforderungen an einen Feststellungsantrag; Nichtigkeit eines Kaufvertrages über ein Grundstück; Heilung eines Formmangels durch Eintragung des Erwerbers des Grundstücks im Grundbuch

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
23.06.1967
Aktenzeichen
V ZR 4/66
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1967, 14867
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG München - 03.11.1965
LG Traunstein

Fundstellen

  • DB 1967, 1763 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1967, 828 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Für die bloße Feststellung, daß die in einem Grundstückskaufvertrag enthaltene Auflassungserklärung sich entgegen ihrem Wortlaut noch auf ein weiteres Grundstück beziehe, kann auch dann ein rechtliches Interesse gegeben sein, wenn die Wirksamkeit des gesamten Kaufvertrages im Streit ist.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 1967
unter Mitwirkung
des Senatspräsidenten Dr. Augustin und
der Bundesrichter Dr. Piepenbrock, Dr. Rothe, Dr. Mattern und Hill
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 3. November 1965 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der bisherige Erstkläger, Gärtnermeister Franz G., ist während des Revisionsverfahrens verstorben und von seiner Witwe, der bisherigen Zweitklägerin, allein beerbt worden; sie führt den Rechtsstreit als Alleinklägerin weiter. Im folgenden werden jedoch die Eheleute G. nach wie vor als "die Kläger" bezeichnet.

2

Die Beklagte und ihr 1961 verstorbener Ehemann, den sie allein beerbt hat, waren Miteigentümer eines in der Gemarkung Unterwössen gelegenen Wald- und Wiesengeländes. Dieses als Buchenwaldgrundstück bezeichnete Gelände bestand aus den beiden aneinander grenzenden Flurstücken Nr. 829 (das 7.574 qm groß ist) und Nr. 830 (dessen Fläche 8.659 qm beträgt), und es war seit etwa 1933 an die klagenden Eheleute verpachtet. Durch notariellen Vertrag vom 28. August 1953 verkauften die Beklagte und ihr Ehemann das "Flurstück 830 ... zu 0,8659 ha" an die Kläger und ließen es an sie auf. Die Kläger wurden im Grundbuch als Eigentümer des genannten Flurstücks eingetragen.

3

Mit der im August 1962 erhobenen Klage haben die Kläger von der Beklagten die Auflassung des Flurstücks Nr. 829 verlangt. Auch dieses, so behaupten sie, sei ihnen im Jahre 1953 mit verkauft worden. Die Vertragschließenden hätten damals die Übertragung des ganzen Buchenwaldgrundstücks an die Käufer vereinbart, also einschließlich der Nr. 829; wenn letztere im Kaufvertrag nicht mit erwähnt worden sei, so beruhe das lediglich auf einem Versehen. Die Beklagte, die um Abweisung der Klage gebeten hat, bestreitet diese Behauptungen. Nachdem das Oberlandesgericht ein der Klage stattgebendes landgerichtliches Urteil auf Berufung der Beklagten wegen Verfahrensverstoßes aufgehoben und die Sache in die erste Instanz zurückverwiesen hatte, stellte sich bei der Beweisaufnahme heraus, daß der seinerzeit vereinbarte und auch tatsächlich gezahlte Kaufpreis nicht, wie vom Notar beurkundet, 20.000 DM betrug, sondern 35.000 DM. Daraufhin hat die Beklagte zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages noch geltend gemacht, der Kaufvertrag sei wegen "Unterverbriefung" seinem gesamten Umfang nach nichtig.

4

Das Landgericht ist dem gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Hiergegen haben die Kläger Berufung eingelegt und nunmehr, unter Abstandnahme von ihrem bisherigen Leistungsantrag, um Feststellung gebeten,

daß die Auflassungserklärung nebst Eintragungsbewilligung im notariellen Kaufvertrag vom 28. August 1953 sich nicht nur auf Flurstück Nr. 830, sondern auch auf Flurstück 829 beziehe.

5

Diesem Antrag hat das Oberlandesgericht stattgegeben und die begehrte Feststellung getroffen.

6

Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die jetzige Alleinklägerin möchte das Rechtsmittel zurückgewiesen haben.

Entscheidungsgründe

7

1.

Daß der Übergang der Kläger von der Leistungszur Feststellungsklage keine Klageänderung war, hat der Berufungsrichter unter Hinweis auf § 268 Nr. 2 ZPO zutreffend angenommen (Baumbach/Lauterbach, ZPO 29. Aufl. § 268 Anm. 2 C). Auch die Zulässigkeit der Feststellungsklage ist von ihm im Ergebnis mit Recht bejaht worden.

8

a)

Hinsichtlich dieser Frage, die trotz Fehlens entsprechender Revisionsangriffe von Amts wegen zu prüfen ist (RGZ 73, 82, 84 f; 100, 123, 126), könnten Zweifel nach der Richtung bestehen, ob die Klagepartei im Sinne von § 256 ZPO ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung hat. Was sie mit dem vorliegenden Prozeß erreichen will, ist ihre grundbuchliche Eintragung als Eigentümer des streitigen Flurstücks 829, auf das sich nach ihrer Behauptung der Kaufvertrag vom 28. August 1953 entgegen seinem Wortlaut mit erstreckt haben soll. Traf letzteres zu, dann durften die Kläger freilich nicht, wie sie das zunächst getan haben, auf Auflassung klagen; denn der Vertrag enthielt bereits eine Auflassungserklärung, deren Gegenstand, falls ein gemeinsamer Irrtum der Vertragschließenden über die Bezeichnung der zu übereignenden Fläche vorlag, auch das genannte Flurstück bildete; für eine nochmalige Auflassung war daher vom eigenen Standpunkt der Kläger aus kein Raum. Diese Erkenntnis hat sie ersichtlich dazu veranlaßt, die bisherige Auflassungsklage fallen zu lassen. Wenn sie aber nunmehr um Feststellung baten, daß auch das Flurstück 829 mit verkauft und aufgelassen worden sei, so wirkt das auf den ersten Blick aus dem Grunde bedenklich, weil die neue Antragstellung nicht sämtliche unter den Parteien streitigen Punkte zu erfassen scheint. Gestritten wurde nämlich nicht bloß über den gegenständlichen Umfang des Kaufvertrages, sondern im Lauf des Verfahrens war, als die Vereinbarung und Zahlung eines nicht notariell beurkundeten Überpreises von 15.000 DM bekannt wurde, noch der weitere Streitpunkt hinzugekommen, ob jener Vertrag wegen Nichteinhaltung der in § 313 BGB vorgeschriebenen Form etwa gemäß § 125 Satz 1 BGB nichtig sei. Während das Gericht, bevor es einer Leistungsklage stattgeben durfte, ohne weiteres auch hierzu hätte Stellung nehmen müssen, nötigt der neue, auf den Inhalt des Vertrages beschränkte Feststellungsantrag nicht unbedingt zu einer solchen Stellungnahme.

9

Gleichwohl kann letzten Endes das Feststellungsinteresse nicht verneint werden. Den Klägern war es, als sie ihren Antrag änderten, nicht bloß darum zu tun, den tatsächlichen Inhalt des Kaufvertrages geklärt zu wissen. Sie wollten vielmehr vernünftigerweise eine richterliche Feststellung dahin herbeiführen, daß ihnen das streitige Flurstück rechtswirksam verkauft und aufgelassen worden sei (wobei hier von dem etwaigen Erfordernis einer behördlichen Genehmigung zunächst einmal abgesehen wird; vgl. dazu unten Nr. 4). In diesem Sinne hat ersichtlich auch das Berufungsgericht den Klageantrag aufgefaßt, was daraus hervorgeht, daß es sich in den Entscheidungsgründen seines Urteils eingehend mit dem zweiten Streitpunkt der Parteien - d.h. mit dem Problem, ob die §§ 313, 125 Satz 1 BGB auf den vorliegenden Fall anwendbar sind - auseinandergesetzt hat. Inwieweit diesen Ausführungen Rechtskraft zukommt, mag dahinstehen. Ein Erfolg des Feststellungsbegehrens ist auf jeden Fall nicht ohne praktische Bedeutung für die Klagepartei. Ihr wird dadurch die weitere Rechtsverfolgung erleichtert, weil dann zum mindesten der gegenständliche Umfang des Kaufvertrages ein für allemal feststeht.

10

b)

Versteht man den Feststellungsantrag in dem angegebenen Sinne, so erledigt sich damit zugleich ein weiteres Bedenken, das daraus hergeleitet werden könnte, daß der Antrag seinem Wortlaut nach nicht im Sinne von § 256 ZPO auf das Bestehen eines Rechtsverhältnisses, sondern auf eine Tatsache gerichtet zu sein scheint. Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder Gegenständen; die Feststellung bloßer rechtserheblicher Tatsachen genügt nicht (BGHZ 22, 43, 47) [BGH 15.10.1956 - III ZR 226/55]. Ob sich dieses Bedenken, wie der Berufungsrichter meint, bereits damit ausräumen läßt, daß es hier um die Auslegung des Kaufvertrages nach §§ 133, 157 BGB gehe (unter Bezugnahme auf Baumbach/Lauterbach a.a.O. § 256 Anm. 2 C b am Ende), ist allerdings zweifelhaft; denn eine Vertragsauslegung, die sich damit begnügen würde, das von den Beteiligten am 28. August 1953 Gewollte zu ermitteln, läge nur auf tatsächlichem Gebiet. Da es indessen den Klägern, wie bereite ausgeführt, darauf ankam, den wirksamen Verkauf nebst Auflassung auch des Flurstücks 829 festgestellt zu wissen, hat ihr Begehren, trotz seiner äußerlichen Einkleidung in die Form einer Tatsachenbehauptung, in Wirklichkeit ein Rechtsverhältnis zum Gegenstand (vgl. Stein/Jonas/Schönke, ZPO 18. Aufl. § 256 Bem. II 1 d).

11

2.

Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Oberlandesgericht - anders als das Landgericht - keine Nichtigkeit des Kaufvertrages auf Grund der §§ 313, 125 Satz 1 BGB angenommen hat. Die Vertragschließenden haben zwar am 28. August 1953 nicht den wirklich vereinbarten Kaufpreis von 35.000 DM, sondern nur einen solchen von 20.000 DM beurkunden lassen. Aber die Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form (Schwarzkauf) berührte die Rechtswirksamkeit des Vertrages deshalb nicht, weil im vorliegenden Fall die Sonderregelung des § 4 der Verordnung über die Preisüberwachung und die Rechtsfolgen von Preisverstößen im Grundstücksverkehr - Grundstückspreisverordnung - vom 7. Juli 1942 (RGBl I 451; in der Fassung der Verordnung PR Nr. 75/52 vom 28. November 1952, BGBl I 792) zum Zuge kam. Am Tage des Vertragsabschlusses war die Grundstückspreisverordnung, soweit es sich - wie hier - um unbebaute Grundstücke handelte, noch in Geltung (Urteil des erkennenden Senats vom 8. Februar 1961, V ZR 118/59, LM PreisüberwVO § 4 Nr. 11). Daß die Vertragschließenden, als sie dem Notar nicht den richtigen Kaufpreis angaben, in Täuschungsabsicht gehandelt haben, ist unstreitig. Die Voraussetzungen des § 4 GrdstPrVO waren also erfüllt. Das hat, wie das angefochtene Urteil zutreffend darlegt, zur Folge, daß keine Vertragsnichtigkeit nach Maßgabe der allgemeinen Gesetzesbestimmungen über Schwarzkäufe eintrat; die Veräußerer blieben vielmehr an den Vertrag gebunden und mußten den beurkundeten niedrigeren Kaufpreis gegen sich gelten lassen. Gegenüber dem Versuch der Beklagten, etwas Abweichendes aus dem Urteil des Senats vom 19. Juni 1964, V ZR 37/63 (NJW 1964, 1672) herzuleiten, hat das Berufungsgericht mit Recht darauf hingewiesen, daß jene Entscheidung ein bebautes Grundstück zum Gegenstand hatte und infolgedessen hier nicht einschlägig war.

12

Wenn die Revision demgegenüber auf die grundlegende Bedeutung des § 313 BGB verweist und den Standpunkt vertritt, es sei keineswegs anzunehmen, daß der dort für gewisse Grundstücksgeschäfte eingeführte Formzwang durch § 4 GrdstPrVO habe geändert werden sollen, zumal da auch der Wortlaut der letztgenannten Vorschrift nicht zur Annahme einer solchen Änderung zwinge, so ist das nicht stichhaltig. Laut § 4 a.a.O. "gilt ... das beurkundete Entgelt als vereinbart". Diese Vereinbarung hinge, was die Revision verkennt, völlig in der Luft, wenn kein rechtswirksamer Vertrag bestünde; der Käufer müßte dann zwar den Kaufpreis (in der beurkundeten Höhe) entrichten, hätte aber seinerseits keinen Anspruch gegen den Verkäufer auf Übereignung des Grundstücks; daß ein derartiges Ergebnis nicht den Absichten des Gesetzgebers entspräche, der vielmehr umgekehrt den Käufer aus wirtschaftepolitischen Erwägungen hat begünstigen wollen (Urteil des Senats vom 16. Oktober 1957, V ZR 155/55, NJW 1958, 99, 100 [BGH 16.10.1957 - V ZR 155/55] r. Sp.), bedarf keiner weiteren Erörterung. Das mit der Grundstückspreisverordnung verfolgte Ziel, die Vereinbarung überhöhter Preise zu unterbinden, war also entgegen der Meinung der Revision ohne eine - gegenständlich und zeitlich begrenzte - Außerkraftsetzung des § 313 BGB gerade nicht zu erreichen.

13

Mit ihrem Versuch, den Anwendungsbereich des § 4 GrdstPrVO auf diejenigen Fälle zu beschränken, in denen durch Eintragung des Erwerbers im Grundbuch gemäß § 313 Satz 2 BGB eine Heilung des Formmangels eingetreten ist, setzt sich die Revision in Widerspruch zu dem eindeutigen Wortlaut jener Vorschrift, die eine solche Einschränkung nicht enthält. Dem Gesetzgeber war, als er die Grundstückspreisverordnung schuf, der Unterschied zwischen nichtgeheilten und geheilten Formmängeln gegenwärtig, wie die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 a.a.O. erkennen läßt; allein er hat davon abgesehen, diese Unterscheidung auch in den § 4 a.a.O. einzuführen. Deshalb erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Ansicht der Revision, daß es dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit besser entsprochen hätte, wenn den Vertragspartnern die Möglichkeit gegeben worden wäre, einen formwidrigen Kaufvertrag solange nicht zu vollziehen, als noch keine Heilung nach § 313 Satz 2 BGB eingetreten sei.

14

Soweit die Revision in den bisher zur Grundstückspreisverordnung ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs eine Stellungnahme zu der Frage vermißt, ob im Anwendungsfall des § 4 a.a.O. der Kaufvertrag rechtswirksam bleibe, übersieht sie, daß der erkennende Senat dies schon wiederholt bejaht hat (z.B. Urteil vom 21. Mai 1954, V ZR 1/54, LM PreisüberwVO § 4 Nr. 3: "... daß § 4 ... den unrichtig beurkundeten Vertrag aufrechterhält, wenn ..."; Urteil vom 22. April 1959, V ZR 159/57, LM a.a.O. Nr. 8: "Ist ... § 4 GrdstPrVO ... anzuwenden, so wären ... beide Vertragsteile an den beurkundeten Vertrag gebunden und die Beklagte könnte sich auf den Scheincharakter der dort abgegebenen Erklärungen kraft gesetzlicher Vorschrift nicht berufen"; ferner das bereits angeführte Urteil vom 16. Oktober 1957: "Zum Nachteil des Verkäufers zieht ... nach dieser gesetzlichen Regelung der Abschluß eines Schwarzgeschäfts die zivilrechtliche Folge nach sich, daß der Verkäufer an das Geschäft gebunden bleibt, das verkaufte Grundstück hergeben und darüber hinaus noch den Mehrerlös an den Käufer zurückerstatten muß"). Hieran ist festzuhalten (vgl. auch Soergel/Siebert/Schmidt, BGB 9. Aufl. § 313 Anm. 18).

15

3.

Die Entscheidung hängt somit davon ab, ob am 28. August 1953 nicht bloß das Flurstück 830 verkauft worden ist, sondern entgegen dem Vertragswortlaut zugleich das benachbarte Flurstück 829. Daß eine solche unrichtige Bezeichnung des von den Beteiligten übereinstimmend Gewollten (falsa demonstratio) unschädlich wäre, hat das angefochtene Urteil zutreffend und insoweit auch von der Revision unbeanstandet vorausgesetzt; denn auch bei Verträgen, deren Wirksamkeit an die Einhaltung der in § 313 BGB vorgeschriebenen Form geknüpft ist, macht eine unvollständige oder unrichtige Erklärung des Vertragswillens die tatsächlich getroffenen Vereinbarungen nicht ungültig, wenn die Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit nur die Beschreibung des Vertragsgegenstandes betrifft (RGZ 73, 154, 157; Urteile des Senats vom 23. Oktober 1963, V ZR 256/62, WM 1964, 94, 95, und vom 24. Juni 1964, V ZK 85/62, WM 1964, 911, 913; BGB RGRK 11. Aufl. § 313 Anm. 62).

16

Eine derartige Falschbezeichnung liegt nach Ansicht des Berufungsgerichts hier vor. Es geht davon aus, daß zur Ermittlung des wirklichen Willens neben dem Text des notariellen Vertrages auch außerhalb dieser Urkunde liegende Umstände zu berücksichtigen seien und daß die Kläger die besonderen Umstände, die für einen Mitverkauf des Flurstücks 829 sprächen, beweisen müßten. Den Beweis erachtet es, wie dann im einzelnen dargelegt wird, als geführt. Das Urteil setzt sich dabei unter Würdigung des Beweisergebnisses insbesondere mit dem Inhalt der Verhandlungen, die dem Vertragsabschluß vorausgegangen waren, und mit dem späteren Verhalten der Vertragspartner auseinander, verwertet die Zeugenaussage des beurkundenden Notars sowie gewisse Äußerungen, die ein am Buchenwaldgrundstück wirtschaftlich beteiligter Dritter seinerzeit über den Gegenstand des Kaufvertrages gemacht hat, stellt die Höhe des tatsächlich gezahlten Kaufpreises in Rechnung und gelangt auf Grund dieser Erwägungen zu dem Ergebnis, die Vertragschließenden seien sich darüber einig gewesen, daß unter der Bezeichnung "Flurstück Nr. 830" das ihnen wohlbekannte ganze Buchenwaldgrundstück. bestehend aus den Flurnummern 829 und 830, auf die Käufer habe übergehen sollen.

17

Diese Urteilsausführungen werden von der Revision als fehlerhaft bekämpft. Sie halten jedoch einer rechtlichen Nachprüfung stand. Es handelt sich um die Auslegung eines nichttypischen Vertrages, die in erster Linie dem Tatrichter obliegt und in der Revisionsinstanz nur daraufhin untersucht werden kann, ob sie auf Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften, allgemeine Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze beruht. Ein Fehler dieser Art ist hier nicht ersichtlich. Da die Revision aus dem umfangreichen Tatsachenstoff, den das Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat, lediglich einzelne Punkte herausgreift und bemängelt, erscheint es bereits fraglich, ob diese Bemängelungen, selbst wenn sie berechtigt wären, überhaupt das Gesamtergebnis zu erschüttern vermöchten. Indessen kommt es hierauf nicht an, da auch die erhobenen Einzelrügen sich als unbegründet erweisen.

18

Das gilt insbesondere von dem Vorwurf, das Berufung gericht habe ausschließlich auf das Verhalten des inzwischen verstorbenen Ehemannes der Beklagten abgestellt und übersehen, daß auch diese selbst an dem Vertrag als Verkäuferin beteiligt gewesen sei; die Revision übersieht dabei ihrerseits in der Urteilsbegründung die wiederholte Erwähnung gerade der Beklagten persönlich, und zwar sowohl in Verbindung mit ihrem Ehemann (BU S. 16 und 17) als auch für sich allein (S. 18). Die Kaufverträge-Bestimmungen unter Nr. IX ("Die Käufer bewirtschaften das Kaufgrundstück bereits seit etwa 20 Jahren als Pächter ...") und unter Nr. X (Vereinbarung über das Schicksal einer den Verkäufern noch zustehenden Entschädigung für abgetretenes Straßenland) sind vom Berufungsgericht als ein "wenn auch unvollkommener" Ausdruck des Willens der Verkäufer, die Flurnummer 829 mit zu veräußern, angesehen worden; diese Schlußfolgerung, die der Tatrichter selbst, wie die angeführten Worte zeigen, nicht für unbedingt zwingend erachtet hat, ist jedenfalls möglich, und die Revision begibt sich mit ihrem Versuch, aus den genannten Bestimmungen abweichende Schlüsse zu ziehen, auf das ihr verschlossene Gebiet der Tatsachenwürdigung. Das gleiche gilt von der Rüge, das Oberlandesgericht habe zu Unrecht und unter Verletzung des § 286 ZPO dem Umstand, daß die Kläger als berufsmäßige Gärtner einen Blick für die Größe eines Grundstücks haben müßten und sich daher schwerlich bei der Größenangabe im Vertrag um die Hälfte verschätzt haben könnten, keine Bedeutung beigemessen; der Berufungsrichter hat sich bei dieser Beurteilung ersichtlich davon leiten lassen, daß das Buchenwaldgrundstück, wie er selbst feststellt (BU S. 18), ein "buckliges Waldgelände" war, dessen Größe mithin auch der Geübte nicht ohne weiteres abzuschätzen vermochte; außerdem konnten etwaige Bedenken der Käufer hinsichtlich der Grundstücksgröße durch die Antwort des Ehemannes der Beklagten an den Notar, wie sie der frühere Erstkläger in seiner vom Berufungsgericht als glaubhaft beurteilten eidlichen Parteiaussage bekundet hat (das Flurstück 830 sei "der ganze Buchenwald, so wie ihn Herr G. seit 20 Jahren gepachtet hat"), zerstreut worden sein.

19

Rechtsirrtumsfrei ist entgegen der Meinung der Revision die Feststellung im Berufungsurteil, daß die Beklagte und ihr Ehemann seit Abschluß des Kaufvertrages von den Klägern keinen Pachtzins mehr für das Flurstück 829 verlangt haben. Den Einwand der Beklagten, der Pachtzins sei durch die weitere Entrichtung der Grundsteuer seitens der Kläger abgegolten worden, hat das Oberlandesgericht nicht durchgreifen lassen, weil es sich um verschieden hohe Beträge gehandelt habe; der Pachtzins habe seit 1949 jährlich 85 DM, die Steuer dagegen nur 48 DM betragen, und es sei wenig wahrscheinlich, daß der Ehemann der Beklagten zugunsten der Kläger auf einen Pachtzinsteil verzichtet hätte. Wenn die Revision dem entgegenhält, der Pachtzins in ursprünglicher Höhe von 85 DM habe sich auf beide Flurstücke bezogen, also seien in Wirklichkeit Pachtzins für die halbe Fläche und dafür geschuldete Steuer ungefähr gleich hoch gewesen, so übersieht sie, daß von ihrem Standpunkt aus - d.h. bei einer nunmehr auf das Flurstück 829 beschränkten Weiterverpachtung gegen Übernahme der darauf entfallenden Grundsteuer - auch die angeblich als Pachtzins zu entrichtenden Steuerbeträge eine Halbierung erfahren haben würden.

20

Daß die Beklagte nach Vertragsabschluß der Überzeugung war, sie und ihr Ehemann hätten das gesamte Buchenwaldgrundstück, also einschließlich der Flurnummer 829, an die Kläger veräußert, hat das Berufungsgericht nicht lediglich aus einer von dem Zeugen Gründobler bekundeten Äußerung ihres Sohnes entnommen, sondern es stützt seine dahingehende Feststellung vor allem auf die Zeugenaussage Hanslmeier, der zufolge die Beklagte selbst sich 1954 in diesem Sinne geäußert hat; infolgedessen brauchte es nicht, wie die Revision meint, die Beklagte gemäß § 139 ZPO zu befragen, ob sie mit Rücksicht auf Grundoblers Bekundungen ihren Sohn als Gegenzeugen benennen wolle. Zu einer Parteivernehmung der Beklagten nach § 448 ZPOüber ihren Vertragswillen bestand schon aus dem Grunde kein Anlaß, weil sie in der Klagebeantwortung vom 1. Oktober 1962 (S. 1 und 5) selbst vorgetragen hatte, sie sei unwissend und außerordentlich ungewandt, ihr Ehemann habe sie tunlichst aus allen rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten herausgehalten und ihre Mitwirkung bei dem Vertragsabschluß habe sich darauf beschränkt, die notarielle Urkunde mit zu unterschreiben; angesichts dieser Sachdarstellung konnte das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß davon ausgehen, daß die Beklagte alles das gewollt hat, was auch ihr Ehemann wollte.

21

4.

Die Revision hält das Klagebegehren deshalb für unbegründet, weil dem Kaufvertrag so, wie er wirklich geschlossen, aber nicht beurkundet worden sei, die erforderlichen Genehmigungen nach dem Wohnsiedlungsgesetz und nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 45 gefehlt hätten. Der Einwand greift jedoch nicht durch. Selbst wenn trotz zwischenzeitlichen Außerkrafttretens des Wohnsiedlungsgesetzes und des Kontrollratsgesetzes Nr. 45 heute noch - etwa auf Grund der §§ 2 ff GrdstVG - ein Genehmigungserfordernis bestehen sollte, wäre der Vertrag lediglich schwebend unwirksam. Das hätte zur Folge, daß die Beklagte ihren Vertragspartnern gegenüber verpflichtet bliebe, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um die Genehmigung herbeizuführen (BGH Urteil vom 18. April 1966, VIII ZR 279/63, WM 1966, 590, 592). Die Ansicht der Revision, schwebende Unwirksamkeit komme, da der Kaufvertrag von Anfang an nichtig gewesen sei, nicht in Betracht, ist unrichtig; denn wie oben ausgeführt (Nr. 2 und 3), liegt keine Vertragsnichtigkeit vor.

22

5.

Da die Revisionsrügen sich als unbegründet erweisen und das angefochtene Urteil auch keinen sonstigen von Amts wegen zu beachtenden Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten erkennen läßt, ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Dr. Augustin
Dr. Piepenbrock
Rothe
Mattern
Hill