Bundesgerichtshof
Urt. v. 27.03.1956, Az.: I ZR 191/54
Rechtsmittel
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 27.03.1956
- Aktenzeichen
- I ZR 191/54
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1956, 13943
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Hamburg - 30.07.1954
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- DB 1956, 594 (Kurzinformation)
- DB 1956, 592 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
der Firma J. M. & Co., Bankgeschäft, H., P.straße ...,
Prozessgegner
die Firma Aconda E. L. & Co. GmbH, vertreten durch ihre Geschäftsführer, Frau L. und Günter G., H., M.straße ...,
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Zwischen dem Anspruch auf den anerkannten Saldo und den dem Saldo zugrunde liegenden Rechnungsposten besteht in aller Regel kein rechtlicher Zusammenhang.
- 2.
Die Anwendung der Vorschrift des §302 Abs. 1 ZPO kann nicht durch Parteivereinbarung ausgeschlossen werden.
hat der Erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 1956 unter Mitwirkung der Bundesrichter Dr. Birnbach, Dr. Nastelski, Dr. Christoph, Dr. Weiß und Dr. Nörr
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg vom 30. Juli 1954 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin hat bei der Beklagten seit dem 1. Januar 1952 ein Bankkonto unterhalten, das, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, ein Guthaben der Klägerin in Höhe von 14.391,70 DM aufweist. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Auszahlung dieses Guthabens, ferner Schadensersatz in Höhe von 26.299,71 DM, weil die Beklagte einen Arrest erwirkt und vollstreckt hatte, der auf den Widerspruch der Klägerin aufgehoben worden ist. Gegen die Klagesumme von insgesamt 40.691,41 DM hat die Beklagte unter Bestreitung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin mit Gegenansprüchen aus abgetretenen Forderungen, positiver Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung aufgerechnet. Ihre Gegenforderungen stützt die Beklagte auf folgenden Sachverhalt:
Die Klägerin, die schon früher mit den Brüdern Franz und Fritz M. in Geschäftsverbindung gestanden war, hat durch die von Franz und Fritz M. am 21. Dezember 1951 gegründete, inzwischen in Konkurs geratene Firma K. Schokoladenfabrik GmbH (künftig K. genannt) Schokoladenerzeugnisse in Lohnarbeit herstellen lassen. Die K. übersandte ihre Rechnungen über die von ihr hergestellten und an die Klägerin gelieferten Erzeugnisse, getrennt nach Lohn und Material, jeweils an die Klägerin, die nach Prüfung und Fälligwerden der Rechnungsbeträge die Beklagte anwies, ihr Konto zugunsten der K. entsprechend zu belasten. Die K. liess sich ihrerseits ihre Rechnungen, für die die Klägerin Zahlungsfristen beanspruchte, jeweils von der Beklagten (in manchen Fällen auch von der Klägerin) bevorschussen. Zu diesem Zwecke reichte sie die Durchschriften ihrer Rechnungen nebst vordatierten Bankquittungen, von den Beteiligten Tratten genannt, bei der Beklagten ein, die hierauf der K. Kredit gewährte. Wurden die Rechnungen fällig und von der Klägerin nach entsprechender, an die Beklagte gerichteter Anweisung bezahlt, also die Tratten eingelöst, so händigte die Beklagte der Klägerin die Quittungen aus. Die Beklagte liess sich das Rohstoff- und Warenlager der K. zur Sicherung übereignen und die der K. aus den jeweiligen Lieferungen zustehenden Forderungen gegen die Klägerin abtreten. Während die Beklagte behauptet, die Klägerin habe von dieser Art der Kreditgewährung an die K. sowie von den Zessionen und der Sicherungsübereignung Kenntnis gehabt, bestreitet dies die Klägerin.
Im Frühjahr 1952 entstand der Verdacht, dass die K. der Beklagten Rechnungen zur Kreditgewährung eingereicht habe, denen keine Warenlieferungen an die Klägerin zugrunde lagen. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 4. Juni 1952 der Klägerin unter Mitteilung der Forderungsabtretung eine Zusammenstellung von Rechnungen der K. über Beträge von mehr als 100.000,- DM übersandt und um Bestätigung der Ordnungsmässigkeit der abgetretenen Forderungen sowie um Überweisung der Beträge gebeten. Die Klägerin hat mit dem Hinweis, keine Waren erhalten zu haben, die Bezahlung verweigert.
Gegen die Inhaber der K., die Brüder Fritz und Franz M., und gegen den früheren Prokuristen der Beklagten, O., ist ein Strafverfahren u.a. wegen Betrugs eingeleitet worden. Die auf Grund des vorliegenden Sachverhalts angeklagten Fritz M. und O. sind freigesprochen worden, weil der Nachweis des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem durch ihre Täuschungshandlungen bei der Beklagten entstandenen Irrtum und deren Vermögensdispositionen nicht zu führen sei.
Die Beklagte behauptet, die Klägerin schulde aus Lieferungen der K. nach dem Prüfungsbericht der Deutschen W.-AG vom 7. Juli 1952 mindestens noch einen Betrag von 28.858,85 DM. Von dieser Summe habe die Klägerin 12.388,75 DM durch Stundungsersuchen und Teilzahlung anerkannt.
Die Beklagte behauptet weiter, die Klägerin habe bei dem Betrug der Gesellschafter der K. Beihilfe geleistet. Nur unter Mitwirkung der Klägerin habe die K. bei der Beklagten laufend Tratten einreichen können, die nicht beliefert worden seien; die Klägerin habe sie, die Beklagte, bewusst in dem Glauben gelassen, die fingierten Tratten würden eingelöst werden.
Die Klägerin ist den Behauptungen der Beklagten, auf Grund deren diese auch den später aufgehobenen Arrest erwirkt hatte, entgegen getreten und hat behauptet, sie habe selbst noch eine Restforderung von 2.300 DM gegen den Kamerun.
Das Landgericht hat durch Teilurteil die Beklagte zur Auszahlung des Kontoguthabens von 14.391,70 DM nebst Zinsen vorbehaltlos verurteilt. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil im Zinsausspruch und ferner dahin abgeändert, dass die Entscheidung über die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen aus positiver Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung vorbehalten bleibe.
Hiergegen wendet sich die Revision, die die Klageabweisung erstrebt, soweit das Teilurteil ergangen ist. Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der Klägerin auf Grund des zwischen den Parteien abgeschlossenen Girovertrags an sich ein Anspruch auf Auskehrung ihres Kontoguthabens von 14.391,70 DM zustehe. Insoweit werden auch von der Revision keine Angriffe erhoben. Das Oberlandesgericht bejaht sodann die Zulässigkeit der Aufrechnung mit den von der Beklagten erhobenen Gegenansprüchen, da es sich um fällige Geldforderungen handle. Es verneint das Bestehen von Gegenforderungen aus abgetretenem Recht, hält einen rechtlichen Zusammenhang zwischen dem Kontokorrentguthaben der Klägerin und den noch nicht zur Entscheidung reifen Gegenansprüchen der Beklagten aus positiver Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung nicht für gegeben und hat daher die Beklagte zur Auszahlung des Guthabens unter Vorbehalt der Aufrechnung mit diesen Gegenansprüchen verurteilt.
II.
Die Revision rügt die Verletzung des §302 Abs. 1 ZPO. Das Berufungsgericht leugne zu Unrecht, so meint die Revision, den Rechtlichen Zusammenhang; das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis sei das einheitliche Rechtsverhältnis, aus dem auch der Anspruch aus positiver Vertragsverletzung herzuleiten sei. Das Berufungsgericht habe den rechtlichen Zusammenhang mit den Gegenforderungen aus abgetretenem Recht angenommen und daher das Bestehen dieser Forderungen geprüft; dann müsse aber auch für die Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung der rechtliche Zusammenhang angenommen werden, da der Tatbestand der positiven Vertragsverletzung nicht von dem übrigen Vertragsverhältnis gelöst werden könne. Dazu komme, dass die Beklagte unbestritten auf ihre Bankbedingungen verwiesen habe, wonach gegen das Guthaben mit allen Forderungen der Bank - gleichviel aus welchem Rechtsgrund - aufgerechnet werden könne, wodurch zumindest das gemeinsame Rechtsverhältnis im Sinne des §302 ZPO hergestellt werde.
Der Revisionsangriff ist nicht begründet. Nach ständiger Rechtsprechung (BGH LM ZPO 302 Nr. 1; BGHZ 16, 124 [BGH 11.01.1955 - I ZR 106/53] [141]; RGZ 68, 32 [zu §273 BGB]; 78, 334 [zu §27]; 134, 144 [zu §27]; 158, 6 [14]; RGWarn 1917 Nr. 134) ist ein rechtlicher Zusammenhang nicht nur dann gegebene wenn die verschiedenen Ansprüche auf demselben Rechtsverhältnis, sondern auch dann, wenn sie auf verschiedenen Rechtsverhältnissen beruhen, sofern nur die Tatbestände, auf die sich die Ansprüche gründen, in einem derartig inneren, natürlichen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, dass es Treu und Glauben widersprechen würde, wollte eine Partei ihren Anspruch ohne Berücksichtigung des Gegenanspruchs durchsetzen. Durch Saldoziehung und Saldoanerkennung werden die in eine laufende Rechnung eingestellten beiderseitigen Ansprüche und Leistungen ausgeglichen (§355 HGB), wobei es keiner Entscheidung der Frage bedarf, ob diese Wirkung bereits mit der Einstellung eines Einzelpostens in die laufende Rechnung eintritt (Staffelkontokorrent; vgl. BGH NJW 1951, 598 mit Anmerkung von Hefermehl; RGRK HGB 2. Aufl. [v. Godin]§355 Anm. 4 b). Mit der Anerkennung des Saldos verlieren jedenfalls die Einzelposten ihre rechtliche Selbständigkeit, übrig bleibt nur der Anspruch auf den Saldo als eine für sich allein bestehende, von den einzelnen Rechnungsposten und ihren Tatbeständen losgelöste abstrakte Forderung. Die schuldumschaffende Wirkung der Saldoanerkennung hat zur Folge, dass der rechtliche Zusammenhang, der auf Grund der Geschäftsverbindung der Bank und des Kunden insbesondere im Hinblick auf den bestehenden Girovertrag zwischen den einzelnen Rechnungsposten vorhanden ist, für den Saldo ausgeschaltet wird. Erst damit wird die Funktion des Bankguthabens als eines dem Bargeld gleichstehenden Buchgeldes erfüllt. Ist der Saldo anerkannt, so bildet das Anerkenntnis die alleinige, nach der Verkehrsanschauung mit den sonstigen Rechtsbeziehungen zwischen Bank und Kunden in keinem inneren Zusammenhang mehr stehende Grundlage für die Klage auf Auszahlung des Bankguthabens.
Besteht zwischen den in die laufende Rechnung bereits eingestellten Posten und dem Saldo kein rechtlicher Zusammenhang, so gilt dies erst recht für Forderungen, die unter bestimmten Voraussetzungen erst künftig in die laufende Rechnung einzustellen sind, solange diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind und daher die Einstellung nicht erfolgt. Zwar sollten nach den Parteivereinbarungen die Forderungsbeträge, die der Kamerun aus Warenlieferungen gegen die Klägerin zustanden, nach Fälligkeit von dem Konto, der Klägerin abgebucht und dem Konto der Kamerun gutgeschrieben werden. Für diese Lastschriften und Gutschriften bedurfte es aber nach der ausdrücklichen Parteivereinbarung (vgl. Schreiben der Klägerin vom 18.1.1952, Schreiben der Beklagten vom 9.6.1952, ferner Schreiben der Beklagten vom 4.6.1952) einer schriftlichen Anweisung (Einlösungsauftrag) der Klägerin. Solange diese Anweisung nicht vorlag, durften die Forderungen der K., auch wenn sie - sei es mit oder ohne Wissen der Klägerin - an die Beklagte abgetreten waren, nach der getroffenen Vereinbarung in die zwischen den Parteien bestehende laufende Rechnung nicht aufgenommen werden. In richtiger Erkenntnis dieser Rechtslage hat die Beklagte sie auch nicht in das Kontokorrent aufgenommen. Damit fehlt es an dem rechtlichen Zusammenhang zwischen solchen etwaigen Gegenforderungen und dem Saldo. Das Berufungsgericht wäre daher in der Lage gewesen, ein Vorbehaltsurteil nach §302 ZPO zu erlassen, ohne das Bestehen der Gegenforderungen aus abgetretenem Recht zu prüfen, hätte allerdings dann einen entsprechenden Vorbehalt auch hinsichtlich der Aufrechnung mit diesen Forderungen in das Urteil aufnehmen müssen. Andererseits kann das Gericht, wenn mit mehreren mit der Klageforderung nicht im rechtlichen Zusammenhang stehenden Gegenforderungen aufgerechnet wird, mit der Rechtskraftwirkung des §322 Abs. 2 ZPOüber eine der Gegenforderungen entscheiden und die Entscheidung über die Aufrechnung mit den übrigen Gegenforderungen vorbehalten, wie dies im vorliegenden Fall geschehen ist.
Die Beklagte hat ihren angeblichen Anspruch aus positiver Vertragsverletzung der Klägerin bisher so wenig substantiiert, dass eine Prüfung, ob ein rechtlicher Zusammenhang gegeben ist, nicht möglich ist. Die Vorschrift des §302 bezweckt die Verhinderung der Prozessverschleppung durch ungeklärte Gegenforderungen. Eine dem Schutze der Beklagten dienende weitherzige Auslegung des Begriffes des rechtlichen Zusammenhangs ist bei einer Klageforderung aus anerkanntem Bankguthaben nicht am Platz, sie würde mit der oben erwähnten Funktion des Giroverkehrs in Widerspruch stehen. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, welchen Vertrag und welche Vertragspflichten die Klägerin verletzt habe. Wollte sie etwa behaupten, die Klägerin habe den Girovertrag verletzt, so fehlt es an einer schlüssigen Begründung einen solchen Behauptung. Da sich die Klägerin vereinbarungsgemäss die Anerkennung der Rechnungen der K. auf Richtigkeit und Fälligkeit ausdrücklich vorbehalten hatte, konnte die Beklagte mit der Bezahlung der Rechnungen der K. erst nach entsprechender Anweisung der Klägerin rechnen. Es hätte also des Vortrages bestimmter Tatsachen bedurft, um den Anspruch aus positiver Vertragsverletzung als schlüssig erscheinen zu lassen. Der ohne das Vorhandensein tatsächlicher Unterlagen gemachte allgemeine Vorwurf betrügerischer Handlungsweise vermag den Anspruch nicht zu rechtfertigen. Das unschlüssige Vorbringen stellt nicht nur die Begründetheit des Gegenanspruchs in Frage, sondern steht schon der Annahme eines rechtlichen Zusammenhangs entgegen.
Dass die angebliche Forderung der Beklagten aus unerlaubter Handlung mit der Saldoforderung der Klägerin in keinem rechtlichen Zusammenhang steht, bedarf keiner Ausführung.
Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 6. August 1952 vorgetragen, auf Grund ihrer Bankverbindungen sei sie berechtigt, gegen das Guthaben der Klägerin mit allen Forderungen, gleichgültig aus welchem Rechtsgrunde, aufzurechnen. Die Klägerin hat dies bestritten; der Aufforderung der Klägerin, die Bankbedingungen vorzulegen, ist die Beklagte nicht nachgekommen. Auch wenn eine solche Vereinbarung, deren es im Hinblick auf §387 BGB nicht bedurfte, getroffen worden wäre, würde hierdurch ein rechtlicher Zusammenhang nicht hergestellt worden sein (Stein-Johnas-Schönke, ZPO §302 Fußnote 3).
III.
Die Revision ist der Auffassung, die Beklagte sei nach Nr. 19 Abs. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken für den Verkehr mit Nichtbankierkunden (AGB) berechtigt, die ihr obliegenden Leistungen zurückzubehalten, auch wenn sie nicht auf demselben Rechtsverhältnis beruhen; damit sei ein Zurückbehaltungsrecht vereinbart, das zumindest zu einer Verurteilung Zug um Zug hätte führen müssen.
Auch dieser Revisionsangriff geht fehl. Die Beklagte hat kein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht, sondern aufgerechnet. Stehen der Beklagten Gegenforderungen in entsprechender Höhe zu, so muss die Klage abgewiesen werden, es kann dann keine Verurteilung Zug um Zug erfolgen. Stehen aber der Beklagten keine Gegenforderungen zu, so fehlt es auch an den Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts. Selbst wenn aber die Beklagte mit ihren angeblichen Gegenforderungen nicht aufgerechnet, sondern sich hierwegen ausdrücklich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen hätte, wäre die Rechtslage nicht anders. Bei beiderseits fälligen Geldforderungen ist die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts regelmässig als Aufrechnung anzusehen, da die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts einen der Aufrechnung gleichkommenden Erfolg hat (RGZ 83, 138 [140]; 85, 108 [110]; 123, 6 [8]). Dem steht die Entscheidung des erkennenden Senats vom 2.12.1952 I ZR 58/52 nicht entgegen. In diesem Urteil (S. 10) hat der Senat in Auslegung der §§390, 404 BGB ausgeführt, eine Forderung könne nach §390 nicht aufgerechnet werden, der eine Einrede entgegengetzt werden kann, ohne dass die Einrede tatsächlich erhoben zu sein braucht. Wird dagegen bei beiderseits fälligen Geldforderungen die Einrede des Zurückbehaltungsrechts tatsächlich erhoben, so ist sie als Erklärung der Aufrechnung anzusehen. Damit ist selbst in einem solchen Falle die Vorschrift des §302 Abs. 1 ZPO anwendbar. Die Anwendung dieser Vorschrift könnte auch nicht durch Parteivereinbarung ausgeschlossen werden. Diese Bestimmung stellt zwar den Erlass eines Vorbehaltsurteils in das Ermessen des Gerichts, gestattet aber den Parteien nicht, durch Vereinbarung das Ermessen des Gerichts auszuschalten (vgl. Rosenberg Lehrbuch des Zivilprozessrechts, 6. Aufl. §7 Nr. 2).
IV.
Die Revision hat eine Reihe von Verfahrensrügen gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts, dass der Beklagten die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen aus abgetretenem Recht nicht zustehen, erhoben. Diese Rügen wären zwar nicht geeignet, den Erlass eines Vorbehaltsurteils in Frage zu stellen, müssten aber im Falle ihrer Berechtigung dazu führen, das Urteil des Berufungsgerichts dahin zu ändern, dass auch die Entscheidung über die Aufrechnung mit Forderungen aus abgetretenem Recht vorbehalten bleibt. Die Rügen sind jedoch nicht begründet.
1.
Das Berufungsgericht stützt seine Entscheidung auf die vom Sachverständigen Sauerzopf erstatteten Gutachten. Es stellt fest, dass der Sachverständige alle vorhandenen und noch greifbaren Unterlagen der beteiligten Firmen, insbesondere auch der K., einschliesslich der Lieferscheine berücksichtigt und die Prüfung mit aller gebotenen Sorgfalt vorgenommen habe. Gegenstand der Prüfung waren, wie sich aus den Gutachten ergibt, insbesondere das gesamte vom Konkursverwalter der K. zur Verfügung gestellte Schriftgut der K. einschliesslich der dort befindlichen Lieferscheine und Rechnungen die Geschäftsbücher (einschliesslich des Wareneingangsbuchs der Klägerin, die bei ihr befindlichen Rechnungen und Lieferscheine und die von ihr eingelösten Bankquittungen), die von der Beklagten überreichten Unterlagen (Zessionslisten der K.), nicht eingelöste Bankquittungen, der von Frau B. (Buchhalterin der K.) aufgestellte Kontoauszug und die von Franz M. eingereichten Abrechnungen und Listen. Die Revision irrt also, wenn sie glaubt, der Sachverständige habe nur die Bücher der Klägerin und die Listen der K. geprüft; sie übersieht, dass der Sachverständige sein in diesem Rechtsstreit abgegebenes Gutachten auf Grund und unter Bezug auf seine beiden im Strafverfahren abgegebenen Gutachten, die den Parteien in dem vorliegenden Rechtsstreit zugänglich gemacht worden sind, erstattet hat.
2.
Die Revision rügt, dass die von Franz M. aufgestellten Listen, die Unterlagen der K. und der Klägerin nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen seien. Nach Erstattung des auch auf diese Unterlagen gestützten Sachverständigen-Gutachtens vom 26. April 1954 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung hat jedoch die Beklagte - abgesehen von den Lieferscheinen - die Vorlage dieser Unterlagen nicht verlangt. Insoweit kann daher die Revision mit ihrer Rüge nicht gehört werden (§295 ZPO).
3.
Dem Antrag der Beklagten, der Klägerin die Vorlage sämtlicher Lieferscheine aufzugeben, hat das Berufungsgericht nicht entsprochen, da die Lieferscheine dem Sachverständigen vorlagen, der sie bei seiner Prüfung berücksichtigte. Dabei wurde nach den Ausführungen des Sachverständigen die Prüfung gerade dadurch erschwert, dass die Lieferscheine mit den Rechnungen wert- und hinweismässig nicht in Zusammenhang gebracht werden konnten, so dass den Lieferscheinen nach Ansicht des Sachverständigen die Beweiskraft abzusprechen ist.
Der Antrag der Beklagten auf Vorlage sämtlicher Lieferscheine entbehrt der erforderlichen Bestimmtheit. Die Beklagte konnte nach §422 ZPO, §810 BGB nur die Vorlage derjenigen Lieferscheine verlangen, die sich auf Lieferungen bezogen, bei denen ihr von der Kamerun der Vergütungsanspruch abgetreten wurde. Nach den Feststellungen des Sachverständigen (Gutachten vom 22.11.1952 Tz 89, 104) hat aber die Klägerin auch solche Tratten eingelöst, deren Rechnungsbeträge der Beklagten nicht zediert worden waren. Auf die Vorlage der diese Rechnungsbeträge betreffenden Lieferscheine hat die Beklagte keinen Anspruch; sie konnte daher nicht die Vorlage sämtlicher Lieferscheine verlangen, sondern hätte die Lieferscheine, die die an sie abgetretenen Forderungen betrafen, im einzelnen bezeichnen müssen. Die Behauptung der Revision, die Klägerin habe sich auf diese Unterlagen bezogen und sei daher gemäss §423 vorlagepflichtig, ist aktenmässig nicht belegt. Der von der Revision angezogene Schriftsatz vom 6. August 1952 ist nicht ein solcher der Klägerin, wie die Revision behauptet, sondern ein Schriftsatz der Beklagten. Die Klägerin ist in ihrem Schriftsatz vom 18. August 1952 dem Antrag der Beklagten auf Vorlage ihrer, der Klägerin, Unterlagen ausdrücklich entgegengetreten. Die im Arrestprozess erklärte Bereitwilligkeit der Klägerin, ihre Bücher durch die Deutsche W.-AG überprüfen zu lassen, erfüllt nicht die Voraussetzungen des §423. Das Berufungsgericht hat daher den Antrag der Beklagten, der Klägerin die Vorlage sämtlicher Lieferscheine aufzugeben, im Ergebnis zutreffend abgelehnt.
4.
Ob die von der Beklagten überreichten Fotokopien des bei der Klägerin geführten Kontos der K. vollständig waren, wie die Beklagte behauptet, konnte nur anhand der bei der Klägerin befindlichen Unterlagen geprüft werden. Dies hat der Sachverständige getan und dementsprechend diesen Kontoauszug ergänzt. Dabei ist er zu dem Ergebnis gekommene dass nach den Unterlagen der Klägerin dieser noch eine Forderung von 2.394,16 DM gegen die K. zusteht. Hieran vermag auch die Berufung der Beklagten auf eine Auskunft der Waren-T. A.G. und der Buchhalterin G. nichts zu ändern. Die W.-A.G. bringt selbst in ihrem Bericht vom 12. Juni 1952 zum. Ausdruck, dass die die K. betreffenden Buchungen in den Büchern der Klägerin noch nicht vollständig waren, und weist darauf hin, dass es zur Klärung des Rechnungsverhältnisses zwischen den beiden Firmen einer eingehenden Prüfung bedürfe. Im Zeitpunkt des Fotokopierens war, wie der Sachverständige in seinem Gutachten vom 26. April 1954 Tz 13 ausführt, das bei der Klägerin geführte Konto der K. noch nicht abgeschlossen. Der Sachverständige hat bei seinem ergänzenden Abschluss des Kontos Unterlagen verwandt, die in den Fotokopien nicht enthalten sind. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass die Meinung der Beklagten, die Fotokopien seien vollständig, nicht zutrifft. Bei dieser Sachlage bedurfte es keiner Vernehmung der Buchhalterin G..
5.
Auf die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 22. Juli 1954 hätte das Berufungsgericht überhaupt nicht einzugehen brauchen, weil sie nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Im übrigen bestehen aber entgegen der Auffassung der Revision im vorliegenden Fall keine Bedenken dagegen, dass das Berufungsgericht unterstellt hat, die Zeugen Franz M. und Frau B. würden bei ihrer Einvernahme aussagen, dass sie ein Guthaben der K. in Höhe von 36.000 oder 38.000 DM errechnet hätten. Mit Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, dass Franz M. unstreitig fingierte Rechnungen in grosser Zahl ausgestellt hat. Nur unter Heranziehung der Unterlagen der übrigen Beteiligten konnte die durch die Täuschungshandlungen des Franz M. entstandene Verwirrung der Verhältnisse beseitigt werden. Dabei hat sich der Sachverständige gerade auch mit den von Franz M. gefertigten Aufstellungen eingehend auseinandergesetzt. Einen Beweiswert braucht das Oberlandesgericht dem Buchwerk der K. unter diesen Umständen nicht zuzusprechen.
6.
Die Beklagte hat hinsichtlich der Rechnungen
307/308 über (10.551,75 DM + 1.800 DM =) 12.351,75 DM (Tratten über 6.000 + 6.351,75 DM),
670/71 über (6.948 + 1.200 DM =) 8.148,- (Tratten über 4.148 + 4.000 DM),
714/15 über (3.474 + 600 DM =) 4.074 DM (Tratten über 2.037 + 2.037 DM)
behauptet, die Klägerin habe die Tratten über 6.000, 4.148 und 2.037 DM eingelöst und damit durch Teilzahlung die ausstehenden Restbeträge der Tratten über 6.351,75 + 4.000 + 2.037 DM = 12.388,75 DM anerkannt. Sie habe auch um Prolongation der letztgenannten Tratten gebeten, die ihr gewährt worden sei. Das Berufungsgericht führt hierzu aus:
Es sei äusserst zweifelhaft, ob die Beklagte berechtigt wäre, auf einzelne belieferte und nicht bezahlte Rechnungen noch heute Ansprüche zu stützen, nachdem das Gesamtergebnis der Geschäftsverbindung der Klägerin und der K. ein Guthaben der ersteren ergebe. Es könne zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Klägerin bezüglich der bezeichneten Rechnungen für Teilbeträge Anweisung zur Belastung ihres Kontos zu Gunsten der K. erteilt und für die Restbeträge Stundung von der Beklagten erbeten und erhalten habe. In dem Stundungsersuchen liege allenfalls ein aussergerichtliches Geständnis gegenüber der Beklagten, der K. entsprechende Beträge zu schulden. Keinesfalls aber könne in solchem Stundungsersuchen ein abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis im Sinne der §§780 ff BGB gesehen werden, aus dem die Beklagte oder die K. selbständige Ansprüche selbst dann herleiten könnte, wenn Lieferungen auf die entsprechenden Rechnungen nicht erfolgt seien oder die Endabrechnung ein Guthaben der Klägerin ergebe. Den Feststellungen des Sachverständigen sei aber auch darin zu folgen, dass gerade auf die in Rede stehenden, einzeln aufgeführten Rechnungen in Wahrheit eine Lieferung nicht getätigt worden sei.
Die Revision rügt, dass die Buchhalterin G. nicht zur Frage der Stundung vernommen wurde. Dabei übersieht die Revision, dass G. gar nicht für dieses Beweisthema, sondern zu der Frage der Vollständigkeit der Fotokopien als Zeugin benannt wurde (Schriftsatz vom 1. Juni 1954). Im übrigen ist diese Revisionsrüge auch unerheblich, da das Berufungsgericht die Stundungsvereinbarung unterstellt. Die Stundung und die Buchung der fraglichen Rechnungsbeträge in den Büchern der Klägerin könnten nur Beweisanzeichen für die Lieferungen sein. Schon das Landgericht hat aber zutreffend darauf hingewiesen, dass es durchaus möglich war, dass die Klägerin um Stundung einzelner Rechnungsbeträge (bzw. der dafür gegebenen Tratten) für nicht gelieferte Ware bat, wenn sie damit rechnete, dass die Ware oder eine entsprechende Ware demnächst geliefert würde. Die Beklagte war ersichtlich selbst früher nicht der Auffassung gewesen, dass die Klägerin durch die angeblichen Stundungsersuchen die drei Forderungen anerkannt habe; sonst hätte sie im Schreiben vom 4. Juni 1952 auf die bewilligte Stundung hingewiesen. Das Berufungsgericht stellt aber in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen fest, dass Lieferungen nicht erfolgt sind, so dass es auf die Stundung der Buchung nicht ankommt.
7.
Unbegründet ist auch der Angriff, den die Revision gegen das Berufungsurteil im Zusammenhang mit der Erörterung der Beträge von 4.000 DM (Rechnung 670/671) und 2.037 DM (Rechnung 714/715) erhebt. Die Revision meint, der Rechnungsbetrag über 4.000 DM sei ungeklärt geblieben, weil nach den an Hand des Gutachtens getroffenen Feststellungen das Berufungsgericht eine Rechnung über 4.000 DM eingelöst wurde, während eine andere Rechnung über den gleichen Betrag nicht beliefert wurde. Die Ansicht des Berufungsgerichts es handle sich hier um zwei verschiedene Rechnungen, ist jedoch durchaus möglich, besonders im Hinblick darauf, dass von Franz M. fingierte Rechnungen ausgestellt wurden.
Nicht ersichtlich ist, inwiefern die Annahme des Berufungsgerichts von Rechtsirrtum beeinflusst sein soll, dass es sich bei dem Betrag von 2.037 DM, den der Sachverständige unter Tz 93 Nr. 13, 97 Nr. 3 und 102 des Gutachtens vom 22. November 1952 erörtert, jeweils um den gleichen Posten handelt. Dass schliesslich die Rechnungen bei der Verhaftung des Franz M. (5. März 1952) sich auf dessen Schreibtisch befunden haben, schliesst nicht aus, dass sie später von Fritz M. der Klägerin übergeben wurden.
Im übrigen hätte die Beklagte, wenn sie weitere Aufklärungen für notwendig hielt, die Vernehmung des Sachverständigen beantragen können, was sie jedoch nicht getan hat.
VI.
Nach alledem erweist sich die Revision in vollem Umfange als unbegründet. Sie war daher mit der Kostenfolge des §97 ZPO zurückzuweisen.