Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesfinanzhof
Urt. v. 08.08.2013, Az.: VI R 76/12
Kindergeldberechtigung für das Kind der Partnerin einer eingetragenen Lebenspartnerschaft
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 08.08.2013
Referenz: JurionRS 2013, 46429
Aktenzeichen: VI R 76/12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Schleswig-Holstein - 07.11.2012 - AZ: 2 K 194/11

Fundstellen:

BFHE 242, 362 - 364

BFH/NV 2013, 1984-1985

BFH/PR 2014, 13

BStBl II 2014, 36-37

DB 2013, 17 (Pressemitteilung)

DB 2013, 6

DStR 2013, 8

DStR 2013, 2328-2329

DStRE 2013, 1400

EStB 2013, 412

FamRB 2014, 13

FamRZ 2013, 1973

FR 2014, 348

FStBW 2014, 250-251

FStHe 2014, 250-251

GStB 2014, 6

GV/RP 2014, 6-7

HFR 2013, 1117-1118

KSR direkt 2013, 5

NJ 2013, 10-11 (Pressemitteilung)

NJW 2013, 3392

NVwZ 2013, 6 (Pressemitteilung)

NWB 2013, 3436

NWB direkt 2013, 1073

StB 2013, 420

StBW 2013, 1061

StBW 2013, 1002

StX 2013, 678-679

WISO-SteuerBrief 2013, 19

BFH, 08.08.2013 - VI R 76/12

Amtlicher Leitsatz:

1. Ein Kindergeldanspruch wird nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 2 Abs. 8 EStG i.d.F. des Gesetzes vom 15. Juli 2013 gewährt, wenn ein eingetragener Lebenspartner in seinen Haushalt die Kinder seines eingetragenen Lebenspartners aufnimmt.

2. Die in § 2 Abs. 8 EStG i.d.F. des Gesetzes vom 15. Juli 2013 bestimmte Gleichstellung von Lebenspartnern und Lebenspartnerschaften mit Ehegatten und Ehen ist in allen Fällen anzuwenden, in denen das Kindergeld noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. § 52 Abs. 2a EStG i.d.F. des Gesetzes vom 15. Juli 2013 gilt insoweit entsprechend.

Gründe

I.

1

Streitig ist, ob zugunsten eines eingetragenen Lebenspartners ein Kindergeldanspruch besteht, wenn dieser in seinen Haushalt die Kinder seines eingetragenen Lebenspartners aufnimmt.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) lebt in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Sie wohnt gemeinsam mit ihren beiden minderjährigen Kindern, ihrer eingetragenen Lebenspartnerin sowie mit deren beiden minderjährigen Kindern in einem Haushalt. Für ihre Kinder erhält sie Kindergeld. Darüber hinaus begehrte sie für den Zeitraum ab Dezember 2009 vergeblich Kindergeld für die in dem gemeinsamen Haushalt versorgten Kinder ihrer eingetragenen Lebenspartnerin nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ihrer Auffassung nach verstoße es gegen Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht, dass nach dieser Vorschrift ein Kindergeldanspruch nur bei der Haushaltsaufnahme von Kindern des Ehegatten, nicht jedoch bei der Aufnahme von Kindern eines eingetragenen Lebenspartners bestehe.

3

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 306 veröffentlichten Gründen ab.

4

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Verfassungs- und Gemeinschaftsrechts.

5

Sie beantragt,

das Urteil des FG, den Ablehnungsbescheid vom 18. Mai 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) zu verpflichten, zugunsten der Klägerin ab Dezember 2009 zusätzlich Kindergeld für die beiden Kinder ihrer eingetragenen Lebenspartnerin festzusetzen.

6

Die Familienkasse beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

7

Die Revision ist begründet; sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Stattgabe der Klage. Entgegen der Entscheidung des FG wird aufgrund geänderter Rechtslage ein Kindergeldanspruch zugunsten eines eingetragenen Lebenspartners gewährt, wenn dieser in seinen Haushalt die Kinder seines eingetragenen Lebenspartners aufnimmt.

8

1. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG besteht ein Kindergeldanspruch für die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder seines Ehegatten.

9

a) Dies gilt nunmehr auch für die Aufnahme von Kindern eines eingetragenen Lebenspartners. Denn gemäß § 2 Abs. 8 EStG i.d.F. des Gesetzes vom 15. Juli 2013 zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2013 (Gesetz vom 15. Juli 2013 --BGBl I 2013, 2397--) sind die Regelungen des Einkommensteuergesetzes zu Ehegatten und Ehen auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

10

b) Die in § 2 Abs. 8 EStG i.d.F. des Gesetzes vom 15. Juli 2013 bestimmte Gleichstellung von Lebenspartnern und Lebenspartnerschaften mit Ehegatten und Ehen ist in allen Fällen anzuwenden, in denen das Kindergeld noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist.

11

§ 52 Abs. 2a EStG i.d.F. des Gesetzes vom 15. Juli 2013 bestimmt zwar, dass § 2 Abs. 8 EStG i.d.F. des Gesetzes vom 15. Juli 2013 nur bei noch nicht bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen Anwendung finden soll. Diese Regelung gilt allerdings entsprechend für noch nicht bestandskräftige Kindergeldfestsetzungen. Dies ergibt sich zunächst aus § 31 Satz 3 EStG. Hiernach wird das Kindergeld als Steuervergütung gezahlt. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen Einkommensteuer- und Kindergeldfestsetzungen ist folglich die Gleichbehandlung von Lebenspartnern und Lebenspartnerschaften mit Ehegatten und Ehen auch insoweit geboten, als Kindergeldfestsetzungen noch nicht bestandskräftig sind. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz vom 15. Juli 2013 eine Gleichbehandlung von Ehegatten und Lebenspartnern für das gesamte Einkommensteuergesetz und mithin auch für das in dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes geregelten Kindergeldrecht bezweckte (BTDrucks 17/13870, S. 6). Anhaltspunkte dafür, dass diese Gleichstellung nicht auch für noch nicht bestandskräftige Kindergeldfestsetzungen Gültigkeit haben soll, bestehen nicht.

12

2. Da die Vorentscheidung diesen Maßstäben nicht entspricht, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif und der Klage stattzugeben. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat die Klägerin die beiden minderjährigen Kinder ihrer eingetragenen Lebenspartnerin, für die sie Kindergeld beantragt hat, in ihren Haushalt aufgenommen. Der begehrte Kindergeldanspruch steht ihr daher nach § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, § 32 Abs. 3 EStG i.V.m. § 2 Abs. 8 EStG i.d.F. des Gesetzes vom 15. Juli 2013 sowie entsprechend § 52 Abs. 2a EStG i.d.F. des Gesetzes vom 15. Juli 2013 zu.

Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet.