Rücknahme eines Verwaltungsaktes
1 Allgemein
Aufhebung eines rechtswidrigenVerwaltungsaktes.
Es wird zwischen folgenden Formen der Rücknahme unterschieden:
Die Rücknahme rechtswidriger belastenderVerwaltungsakte.
Die Rücknahme rechtswidriger begünstigenderVerwaltungsakte.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts ist die Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass.
Die Rücknahme selbst ist ebenfalls ein Verwaltungsakt.
Die Rücknahmeregelung in § 48 VwVfG ist gegenüber Rücknahmeregelungen spezieller Gesetze subsidiär.
2 Die Rücknahme eines rechtswidrigen belastenden Verwaltungsakts
Ein rechtswidriger belastender Verwaltungsakt kann mit Wirkung für die Vergangenheit und für die Zukunft zurückgenommen werden. Die Rücknahme steht im Ermessen der Verwaltung.
Bei der Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes über eine Sozialleistung wird diese gemäß § 44 SGB X längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erstattet.
Bei Leistungen nach dem SGB XII wird der rückwirkende Erstattungszeitraum gemäß § 116a SGB XII auf ein Jahr beschränkt.
3 Die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts
Bei rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakten ist zu differenzieren:
- a)
Der Verwaltungsakt betrifft Geldleistungen oder teilbare Sachleistungen (Leistungsbescheide):
Diese Leistungsbescheide dürfen nicht zurückgenommen werden, wenn der Adressat auf der Richtigkeit des Bescheides vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist.
Das Vertrauen ist schutzwürdig, wenn der Betroffene die Leistungen verbraucht hat oder Vermögensdispositionen getroffen hat, die er nicht oder nur schwer rückgängig machen kann.
Nicht verbraucht ist Geld, das zur Kredittilgung verwendet wurde oder mit dem Sachwerte angeschafft wurden, die wertmäßig noch im Vermögen des Betroffenen vorhanden sind.
»Eine »ohne Verwaltungsakt zu Unrecht« im Sinne von § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X erbrachte Leistung kann auch dann vorliegen, wenn die Leistung aufgrund eines Verwaltungsakts erfolgt, der von Anfang an unwirksam ist (vgl. BSG 04.09.2013 - B 10 EG 7/12 R). Allerdings ist der Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 26. April 2012, der ihrer streitigen Wohngeldleistung an die Klägerin zugrunde lag, weder von Anfang an unwirksam gewesen noch unwirksam geworden; er war - was für die Rückforderung nach § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht genügt - lediglich von Anfang an rechtswidrig und wäre deshalb nur einer von der Beklagten nicht ausgesprochenen Rücknahme zugänglich gewesen« (BVerwG 23.04.2019 – 5 C 2/18).
- b)
Übrige Verwaltungsakte:
Die Rücknahme des Verwaltungsakts steht im Ermessen der Behörde, begründet aber einen Anspruch auf den Ausgleich des Vertrauensschadens für den Betroffenen.
4 Frist
Die Rücknahmemöglichkeit eines rechtswidrigen Verwaltungsakts ist befristet. Die Behörde kann den Verwaltungsakt nur innerhalb eines Jahres zurücknehmen, nachdem sie von den die Rechtswidrigkeit begründenden Tatsachen Kenntnis erhalten hat.
Eine Ausnahme besteht, wenn der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt wurde.
5 Zuständigkeit
Sachlich zuständig ist die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Rücknahme gemäß § 3 VwVfG.
Beispiel:
Der Führerschein wurde von dem Straßenverkehrsamt in Detmold ausgestellt. Der Inhaber wohnt nun in Göttingen. Örtlich zuständig für die Rücknahme ist nun das Straßenverkehrsamt in Göttingen.