Eine Gegenabmahnung als 'Retourkutsche' kann rechtsmißbräuchlich sein

Zivilrecht, Prozess und Zwangsvollstreckung
06.08.2008974 Mal gelesen

Wer sich als Unternehmer nach einer Abmahnung durch einen Mitbewerber seinerseits mit einer Abmahnung gegen diesen Mitbewerber zur Wehr setzen will, handelt u.U. rechtsmißbräuchlich.

 
Das Landgericht München I hat in einem Urteil (Az. 1 HK O 5136/07 vom 28.11.2007) eine starke Indizwirkung für eine unmittelbare Gegenabmahnung als "Retourkutsche" bejaht. Eine derartige Abmahnung ist nach § 8 Abs. 4 UWG nicht zulässig, wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf  Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Allerdings bedarf es einer genauen Analyse der Motivationslage desjenigen, der die Gegenabmahnung ausspricht vor dem Hintergrund der Interessen beider Parteien und insbesondere hinsichtlich der kostenrechtlichen Folgen.
 

In einem zweiten Urteil (Az. 1 HK O 8475/07 vom 26.01.2008) hat das LG München diese Einschränkung konkretisiert:

Es darf nicht grundsätzlich von einer rechtsmißbräuchlichen Abmahnung ausgegangen werden, wenn diese bloß zeitlich auf die Abmahnung des Mitbewerbers folgt. Der Abgemahnte soll einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß bei seinem Konkurrenten auch in einem solchen Fall geltend machen können.

Die Abmahnung muss im Interesse der Durchsetzung eines fairen Wettbewerbs ausgesprochen worden sein.
 
Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Parteien in einem direkten Wettbewerb stehen, ihr Verhalten gegenseitig regelmäßig beobachten und neue Wettbewerbsverletzungen zeitnah rügen.
Auch wenn die Gegenabmahnung ein gleichartiges oder gleichwertiges Interesse verfolgt, kann davon ausgegangen werden, dass sie zur Beseitigung des wettbewerbsrechtlichen Verstoßes dient und nicht zur Erlangung eines Kostenerstattungsanspruchs.
 

Fazit: Eine Gegenabmahnung bleibt also zulässig, sofern sie einem berechtigten Interesse (dem Wettbewerbsschutz) dient. Kommt es dem Abgemahnten hingegen nicht auf die Lauterkeit des Wettbewerbs an und will er seinem Mitbewerber lediglich finanziell schaden, erfüllt diese Abmahnung den Mißbrauchstatbestand gem. § 8 Abs. 4 UWG und ist unzulässig.

 
 © RA Axel Mittelstaedt 2008, Kanzlei für gewerblichen Rechtsschutz, www.designvocat.com