Was der Banker lesen muss

Wirtschaft und Gewerbe
24.11.2008831 Mal gelesen

Eine Bank, die für sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung Kompetenz in Anspruch nimmt, muss den Kunden über alle Umstände unterrichten, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind. Die Bank muss sich auch aus der Wirtschaftspresse informieren. Finden sich dort kritische oder negative Informationen über die Anlage, so hat der Banker den Anleger unabhängig von der Berechtigung der Kritik darauf hinzuweisen oder von einer Empfehlung abzusehen.

 

Der Bundesgerichtshof (Az: BGH XI ZR 89/07) hat jetzt entschieden, dass zur Pflichtlektüre des Bankers zumindest folgende Blätter gehören: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung, das Handelsblatt, die Börsenzeitung und die Financial Times Deutschland.

 

Schon bisher waren Anlageberater und -vermittler verpflichtet, sich aktuelle Informationen über das Anlageobjekt zu verschaffen. Allerdings war noch im Einzelnen streitig, welche Publikationen von dieser Pflicht umfasst sind. Dies hat der BGH nunmehr mit dem genannten Urteil entschieden.

 

Eine weitere Ausdehnung, etwa auf Brancheninformationsdienste, lehnt der BGH ab. Erhält die Bank jedoch Kenntnis von negativen Berichten in einem Brancheninformationsdienst, dann muss sie auch diese berücksichtigen.

 

Es ist noch darauf hinzuweisen, dass eine Bank, die einschlägige Artikel in der Wirtschaftspresse nicht kennt, nur dann haftet, wenn ihr durch das Lesen der Zeitung ein aufklärungspflichtiger Umstand bekannt geworden wäre oder sich in der einschlägigen Fachpresse die Warnungen häuften. Die Kapitalanlage ist aus der Sicht vor der Anlageentscheidung zu überprüfen und diese Prüfung muss zu dem Ergebnis führen, das der Anlageberater zu einem Hinweis verpflichtet war oder ihm eine Empfehlung verwehrt war.

 

In Zukunft wird es also bei Schadensersatzprozessen von Anlegern u.a. darauf ankommen, die genannten 4 Publikationen daraufhin zu überprüfen, ob darin vor der Anlageberatung oder -vermittlung kritische Umstände oder Warnungen über das Anlageobjekt abgedruckt waren.

  

Klaus Hünlein, Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht