Banken bewerben bestimmte Zertifikate gern damit, dass sie zu 100% kapitalgeschützt seien. Diese oft Garantiezertifikate genannten Papiere garantieren danach dem Anleger die Rückzahlung des Kapitaleinsatzes zum Laufzeitende. Dabei wird in der Regel ein Großteil der Anlagesumme in eine Anleihe investiert, die das Kapital absichern soll, während ein kleinerer Teil in spekulative Geschäfte wie Optionen angelegt wird, um für eine möglichst hohe Rendite zu sorgen.
Bedeutet das, dass der Kunde sich darauf verlassen kann, dass er sein Geld in jedem Fall zurück erhält? Nein, und zwar in mehrfacher Hinsicht:
Der Anleger trägt nämlich nicht nur das Ausfallrisiko des Schuldners der Anleihe - sondern darüber hinaus auch das Verlustrisiko bis hin zum Totalverlust, wenn die Emittentin des Zertifikats Pleite geht. Dass dies auch großen Emittenten passieren kann, haben viele Anleger jüngst bei Lehman Brothers erlebt.
Somit kann das Kapital also trotz der Anpreisung verloren gehen, und zwar vollständig. Die Frage bleibt, ob die Aussage "100% kapitalgeschützt" ein Aufklärungsfehler ist, der den Kunden ggf. zur Rückabwicklung des Kaufs berechtigt.
Zwar dürften die Banken in trickreicher Lesart die Aussage "100 % Kapitalschutz" so interpretieren wollen, das 100 % vom Kapital durch die Anleihe geschützt sind, wenn eben auch nicht vollständig, da verschiedene Risiken bleiben. Nach diesseitiger Rechtsauffassung jedoch darf ein unvoreingenommener, unbefangener Kunde annehmen, dass ein 100 %iger Schutz gemeint ist. Dieser Aufklärungsfehler entfällt u.E. auch dann nicht, wenn der Prospekt oder Flyer irgendwo an versteckter Stelle einen den Eindruck des 100 %igen Schutzes korrigierenden, klein gedruckten Hinweis auf das Totalverlustrisiko enthält.
Gerichte haben, soweit ersichtlich, über die angesprochene Frage noch nicht entschieden. Das dürfte allerdings in Kürze im Zuge der massenhaften Prozesse um Zertifikate zu erwarten sein.
Klaus Hünlein, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht