BGH schiebt der Abzocke durch unseriöse Branchenverzeichnisse einen Riegel vor

Wirtschaft und Gewerbe
30.07.2012836 Mal gelesen
Ein Urteil des BGH bringt die erwünschte Klarheit bei untergeschobenen Enträgen in Online-Branchenverzeichnisse und gibt den unseriösen Anbietern keinen Zahlungsanspruch

Unseriöse Betreiber von Branchenverzeichnissen nutzen seit vielen Jahren die tägliche Hektik im Geschäftsleben aus. Sie versenden unaufgefordert Anträge für die Eintragung in ein Branchenverzeichnis im Internet. Die formularmäßig aufgemachten Angebotsschreiben für diesen Eintrag, das nach seiner Gestaltung und dem Inhalt darauf angelegt ist, bei einem flüchtigen Leser den Eindruck hervorzurufen, mit der Unterzeichnung und Rücksendung des Schreibens werden lediglich die Aktualisierung von Eintragungsdaten im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses vorgenommen, führt bei vielen mittelständischen Unternehmen zur Verwirrung, da Wochen nach Rücksendung der Anträge unerwartet eine Rechnung vorgelegt wird. Die Unternehmer haben übersehen, dass die Angebotsformulare so ausgelegt sind, dass die im Kleingedruckten versteckte Entgeltklausel schlicht übersehen wird. Die Auseinandersetzungen mit den Rechnungen der Betreiber des Branchenverzeichnisses sowie deren Anwälte sind überaus lästig.

 Der BGH hat nunmehr in einem Urteil vom 26. Juli 2012, AZ: VII ZR 262/11, dieser unseriösen Geschäftspraxis Einhalt geboten und festgestellt, dass überraschende Entgeltklauseln für Einträge in Online-Branchenverzeichnisse unwirksam sind. Solche Klauseln werden nicht Vertragsbestandteil. Der BGH hat dabei berücksichtigt, dass Grundeinträge in einem Branchenverzeichnis im Internet oft auch unentgeltlich angeboten werden.

 Folgender Fall lag der Entscheidung zugrunde. Die Klägerin unterhält ein Branchenverzeichnis im Internet. Um Eintragungen zu gewinnen, übersendet sie Gewerbetreibenden ein Formular, welches sie als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank." bezeichnet. In der linken Spalte befinden sich mehrere Zeilen für Unternehmensdaten. Nach einer Unterschriftszeile, deren Beginn mit einem fettgedruckten "X" hervorgehoben ist, heißt es in vergrößerter Schrift: "Rücksendung umgehend erbeten" und (unterstrichen) "zentrales Fax". Es folgt die fett und vergrößert wiedergegebene Faxnummer der Klägerin.

 Die rechte Seite des Formulars besteht aus einer umrahmten Längsspalte mit der Überschrift "Hinweise zum Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen, Vergütungshinweis sowie Hinweis nach § 33 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz)". In dem sich anschließenden mehrzeiligen Fließtext ist unter anderem folgender Satz enthalten: ".Vertragslaufzeit zwei Jahre, die Kosten betragen 650 Euro netto pro Jahr.."

 Der nichtsahnende Geschäftsführer füllte das unaufgefordert zugesandte Formulare aus und sandte dieses zurück. Nach Eintragung der Beklagten in das Branchenverzeichnis sind hierfür der Beklagten € 773,53 in Rechnung gestellt worden. Da die Beklagte sich getäuscht fühlte zahlte sie nicht. Der BGH gab ihr nun Recht.

 Der BGH hat entschieden, dass aufgrund der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars nicht hinreichend deutlich wurde, dass ein entgeltpflichtiges Angebot in Anspruch genommen wird. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass Grundeinträge im Branchenverzeichnis in der überwiegenden Anzahl der Fälle kostenlos angeboten werden. Wird auf die Entgeltpflicht nicht hinreichend deutlich hingewiesen, wird die entsprechende Entgeltklausel gem. § 305 c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil. Die Aufmerksamkeit des gewerblichen Adressaten sei durch die Hervorhebung in Fettdruck und die Formulargestaltung auf die linke Spalte gelenkt. Die erst in der rechten Längsspalte mitgeteilte Entgeltpflicht sei demgegenüber drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlichen aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten gewesen sei.

 In der Vergangenheit hat man neben dem Hinweis auf die Nichteinbeziehung der Entgeltklausel mit der Anfechtung oder dem Widerruf von Willenserklärungen gearbeitet. Das BGH-Urteil bringt nunmehr die gewünschte Rechtssicherheit für alle mittelständischen Unternehmen und entbindet diese von jeglicher Entgeltpflicht bei untergeschobenen Eintragungen in unsinnige Branchenverzeichnisse. Es bleibt die vage Hoffnung, dass somit der Abzocke durch Branchendienste Einhalt geboten ist.

  

Dr. Carsten Hoppmann

Rechtsanwalt Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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