Schwerbehinderte Arbeitnehmer und diesen gleichgestellte behinderte Menschen genießen besonderen Kündigungsschutz. Schwerbehindertsind Menschen, bei denen ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 vorliegt. Gleichgestellte sind behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 aber mindestens 30. Die Gleichstellung erfolgt auf Antrag durch die Agentur für Arbeit, wenn der Arbeitnehmer in Folge seiner Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen kann oder die Gefahr besteht, dass der Arbeitnehmer ohne die Gleichstellung seinen Arbeitsplatz nicht erhalten können wird.
Unter den Voraussetzungen der §§ 85 ff. Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) steht die Wirksamkeit einer Kündigung gegenüber schwerbehinderten Menschen unter dem Vorbehalt behördlicher Genehmigung. Dies gilt grundsätzlich für jede Kündigung des Arbeitgebers. Hiervon ausgenommen sind lediglich Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Menschen, deren Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Kündigungszuganges ohne Unterbrechung noch nicht länger als 6 Monate besteht. Kündigt der Arbeitgeber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer, so spielt es keine Rolle, ob der Arbeitgeber von der Schwerbehinderung bei Ausspruch der Kündigung Kenntnis hat. Fehlt die erforderliche behördliche Zustimmung, so ist die Kündigung unwirksam. Von Ausnahmefällen abgesehen, ist der Arbeitnehmer nicht von sich aus, weder bei der Einstellung noch im weiteren Verlauf seines Arbeitsverhältnisses verpflichtet, Auskunft über den entsprechenden kündigungsschutzrechtlichen Status zu erteilen. Um die Erfahrung vieler Arbeitgeber zu vermeiden, die erst beim Ausspruch einer Kündigung mit den Rechtsfolgen, d. h. der Unwirksamkeit einer Kündigung konfrontiert werden, sollte man als Arbeitgeber bei der Einstellung von einem durch das Bundesarbeitsgericht nach der gültigen Rechtslage anerkannten Fragerecht Gebrauch machen und später bei Grund zur Annahme gesundheitlicher Einschränkungen, die eine Schwerbehinderung begründen könnten, vorsorglich die behördliche Zustimmung vor Ausspruch einer Kündigung einholen.
In der Vergangenheit gelang es Arbeitnehmern häufig durch kurz vor dem Erhalt einer Kündigung "vorsorglich gestellten " Anerkennungsanträgen ihre Prozesschancen zu verbessern und damit ihre Abfindungen aufzustocken. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit aber zwischenzeitlich durch eine Gesetzesänderung eingeschränkt und für die Inanspruchnahme des besonderen Kündigungsschutzes vorausgesetzt, dass die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nachgewiesen ist. Dies ist dann der Fall, wenn das Versorgungsamt sie festgestellt hat oder eine Gleichstellung durch Bescheid der Agentur für Arbeit erfolgt ist. Ist zum Zeitpunkt des Kündigungszuganges noch ein Verfahren auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft anhängig, bleibt der Sonderkündigungsschutz nur dann erhalten, wenn das Versorgungsamt ohne Verschulden des Antragstellers nach Ablauf einer Frist - in der Regel drei Wochen - noch keine Entscheidung treffen konnte. Damit soll eine missbräuchliche Antragstellung auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft zur Erlangung des Sonderkündigungsschutzes verhindert werden.
Unabhängig von einer behördlichen Feststellung besteht der besondere Kündigungsschutz aber auch dann, wenn die Schwerbehinderung offensichtlich ist. Denn in diesem Fall hat der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung Kenntnis von der Schwerbehinderung und muss deshalb auch unter der neuen Rechtslage zunächst die Zustimmung des Integrationsamtes einholen.