Schwere Körperverletzung: Wichtigkeit eines Körpergliedes und individuelle Körpereigenschaften

Strafrecht und Justizvollzug
13.07.2007 1547 Mal gelesen

Bei der Bemessung der Wichtigkeit des Körpergliedes spielen nach der Rechtsprechung des BGH individuelle Körpereigenschaften eine Rolle.

Das Strafgesetzbuch bestimmt in § 226 StGB folgendes:

§ 226 Schwere Körperverletzung

(1) Hat die Körperverletzung zur Folge, daß die verletzte Person

1. das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,

2. ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder

3. in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,

so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(2) Verursacht der Täter eine der in Absatz 1 bezeichneten Folgen absichtlich oder  issentlich, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu  fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

Dazu hat der BGH nun entschieden, dass bei Beurteilung der Frage, ob ein Körperglied im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 2 StGB wichtig ist, auch individuelle Körpereigenschaften und dauerhafte körperliche (Vor-)Schädigungen des Verletzten zu berücksichtigen sind. Hierzu führt der BGH aus: "Der Senat hält mit der Literatur die Auslegung, die das Tatbestandsmerkmal der "Wichtigkeit" eines Körperglieds durch das Reichsgericht erfahren hat, für zu eng und nicht mehr zeitgemäß. Er ist der Auffassung, dass bei Beurteilung der Frage, ob ein Körperglied im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 2 StGB wichtig ist, auch individuelle Körpereigenschaften und dauerhafte körperliche (Vor-)Schädigungen des Verletzten zu berücksichtigen sind."

Beispielhaft nennt der BGH u.a. die Wertigkeit eines linken Fingers bei einem Linkshänder im Verhältnis zu der Wertigkeit bei einem Rechtshänder. Sodann wird nochmals daruf hingewiesen, dass die Gebrauchsunfähigkeit den Tatbestand erfüllen kann, wobei der in jeder Hinsicht gegebenen Funktionsverlust des betroffenen Körpergliedes nicht vorausgesetzt wird.