LG Stuttgart verurteilt Daimler auch bei finanziertem Fahrzeugerwerb

Mercedes GLE im Abgasskandal
03.11.202063 Mal gelesen
Das LG Stuttgart entschied mit Urteil vom 16.10.2020 - 29 O 446/19 -, dass die Daimler AG auch bei einem finanzierten Fahrzeugerwerb Schadensersatz schulde.

Die 29. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart entschied mit Urteil vom 16.10.2020 - 29 O 446/19 -, dass die Daimler AG auch bei einem finanzierten Fahrzeugerwerb Schadensersatz schulde. Laut Landgericht Stuttgart stellt das in dem Fahrzeug verbaute Konstruktionsteil, das die Abgasrückführung abhängig vom Prüfstand beeinflusst, eine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Deswegen steht der Klägerin wegen sittenwidriger Schädigung durch die Daimler AG ein Zahlungsanspruch in Höhe von 28.787,36 Euro und ein Freistellungsanspruch gegenüber der finanzierenden Bank zu. Die Klägerin wird von HAHN Rechtsanwälte vertreten.

Die Klägerin erwarb am 24. März 2018 bei einem mitverklagten Autohaus einen Mercedes Benz GLE 350d 4MATIC zu einem Kaufpreis von 69.534,00 Euro als Gebrauchtfahrzeug. Das Fahrzeug verfügt über einen OM 642-Motor der Schadstoffklasse Euro 6 und wies bei Erwerb eine Laufleistung von 42.766 Kilometern auf. Auf den Kaufpreis leistete die Klägerin eine Anzahlung von 20.000,00 Euro. Zur Finanzierung des Restkaufpreises sowie der Zusatzversicherungsleistungen schloss die Klägerin mit der Mercedes-Benz Bank AG einen Darlehensvertrag über eine Nettodarlehenssumme von 50.295,40 Euro ab. Die monatlich zu zahlenden Raten betrugen ab April 2018 444,09 Euro. Die Schlussrate beträgt 38.248,65 Euro. Am 16. September 2019 hatte die Daimler AG die Kundin wegen eines Pflichtrückrufs angeschrieben.

Das Gericht stellt fest, dass das in dem Pkw verbaute Emissionskontrollsystem eine unzulässige Abschalteinrichtung sei. Deren Verwendung durch die Beklagte sei als vorsätzlich und sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB zu bewerten. Die Daimler AG sei ihrer sekundären Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen und habe die klägerischen Behauptungen nicht hinreichend bestritten. Der Einsatz einer Abschalteinrichtung zum Schutz vor konkreten unmittelbaren Beschädigungsrisiken sei in diesem Fall nicht ersichtlich und von Daimler so auch nicht vorgetragen worden. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Klägerin auch aktivlegitimiert. Soweit die Beklagte sich auf die dem Darlehensvertrag zugrunde liegende Abtretung berufe, sei diese unwirksam (vgl. Verfügung des OLG Stuttgart vom 12.05.2020 – 16a U 15/19 -).

Die Klägerin kann nach Rechtskraft des Urteils ihren Mercedes GLE 350d 4MATIC gegen Erstattung des Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung zurückgeben. „HAHN Rechtsanwälte vertritt im Rahmen des Abgasskandals bei Daimler bundesweit mittlerweile etwa 4.000 Betroffene. Aufgrund von illegalen Abschalteinrichtungen in Mercedes-Dieselfahrzeugen konnten schon zahlreiche Schadensersatzklagen gewonnen werden“, weiß der Hamburger Rechtsanwalt Peter Hahn. Allein in den letzten Wochen konnte HAHN Rechtsanwälte bei verschiedenen Landgerichten insgesamt sechs positive Urteile gegen die Daimler AG erstreiten.