Israelische Produkte brauchen besondere Herkunftskennzeichnung

Lebensmittelrecht
19.11.201941 Mal gelesen
Der Europäische Gerichtshof spricht ein Machtwort bei der Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln aus Israel.

Auf Lebensmitteln, die aus den vom Staat Israel besetzten Gebieten stammen, müssen ihre genauen Herkunftsgebiete angegeben werden. Exportierte Waren müssen in der Europäischen Union daher gesondert gekennzeichnet werden.

Streitige Kennzeichnungspflicht nach europäischer Vorgabe

Seit Israel 1967 im Sechstagekrieg das Westjordanland, Ost-Jerusalem und die zu Syrien gehörenden Golanhöhen eroberte, herrschen in besetzten Gebieten stetig Konflikte zwischen Palästinensern und Israelis. Der Streit um die besetzten Gebiete wirkt sich inzwischen auch auf das europäische Lebensmittelrecht aus. 

Der EuGH hat sich jüngst mit der Frage der Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln aus Israel im Streit um Wein aus dem Westjordanland zu beschäftigen. Dabei spielt ein französischer Erlass von 2016 eine entscheidende Rolle, wonach eine besondere Kennzeichnung von Lebensmitteln aus den von Israel besetzten Gebieten verlangt wird. Er stützt sich dabei auf EU-Vorgaben zur Ursprungskennzeichnung von Lebensmitteln. Gegen diesen Erlass klagte eine jüdische Organisation und ein Weinbauer.  

Die Kennzeichnungspflicht im Lebensmittelrecht

Grundsätzlich legt die europäische Lebensmittelverordnung fest, dass das Ursprungsland oder der Herkunftsort eines Lebensmittels anzugeben ist, wenn ohne diese Angabe eine Irreführung der Verbraucher möglich ist. Insbesondere wenn der Verbraucher den Eindruck gewinnen könnte, dass ein Lebensmittel aus einem anderen, als seinem tatsächlichen Ursprungsland kommt, ist eine genaue Kennzeichnung geboten. Das Lebensmittelrecht ist damit stets auf den Verbraucherschutz ausgerichtet und soll Verbraucher ausreichend Informationen über ihre Lebensmittel ermöglichen.  

Begriffsbestimmung durch den EuGH

In dem Streit um die Kennzeichnungspflicht von Lebensmittel aus Israel wirken sich für den EuGH insbesondere auch völkerrechtliche Erwägungen aus. Dafür musste der EuGH die in der Lebensmittel-Verordnung relevanten Begriffe wie "Ursprungsland", "Land" und "Gebiet" definieren. Dies allerdings erweist sich unter dem Gesichtspunkt der umstrittenen Besetzung von Gebieten durch Israel als nicht einfach.   

Der Begriff "Ursprungsland" wird vom EuGH durch einen Verweis auf den Zollkodex der Union definiert. Danach gelten als Ursprungswaren eines bestimmten Landes oder Gebietes Waren, die entweder dort vollständig gewonnen, hergestellt oder dort der letzten wesentlichen Be-oder Verarbeitung unterzogen worden sind. Der Begriff "Staat" bezeichne eine souveräne Einheit, die innerhalb einer geografischen Grenze sämtliche nach Völkerrecht zustehenden Befugnisse ausübt. Bezüglich des Wortes "Gebiet" gehe laut EuGH aus dem Zollkodex hervor, das damit andere Einheiten als "Länder" oder "Staaten" gemeint seien.

Völkerrecht trifft Lebensmittelrecht

Die Richter am EuGH mussten nun die völkerrechtlichen Erwägungen zu dem umstrittenen Staatsgebiet von Israel und der Behandlung der besetzten Gebiete auf die europäischen Grundsätze im Lebensmittelrecht übertragen.

Kernaussage der EuGH-Entscheidung ist, dass die Verbraucher irregeführt werden könnten, wenn auf Lebensmitteln der Staat Israel als "Ursprungsland" angegeben werde, obwohl die Lebensmittel tatsächlich aus Gebieten stammten, die jeweils über einen eigenen völkerrechtlichen Status, der sich von dem des Staates Israel unterscheide, verfügten, aber von diesem Staat besetzt seien und im Sinne des humanitären Völkerrechts einer beschränkten Hoheitsgewalt dieses Staates als Besatzungsmacht unterlägen. Im Ergebnis ist nach Ansicht des EuGH die Angabe des Herkunftsgebietes daher verpflichtend, um zu vermeiden, dass der Verbraucher im Bezug auf die Tatsache irregeführt wird, dass der Staat Israel in diesem Gebiet als Besatzungsmacht und nicht als souveräne Einheit präsent ist. Für Lebensmittel, die aus einer israelischen Siedlung in einem besetzten Gebiet stammen, sei daher die Angabe "israelische Siedlung" verpflichtend. Lediglich mit der Angabe des Ursprungsgebietes könnte auch hier der Verbraucher in die Irre geführt werden.

Verbraucher soll auch ethische Kaufentscheidung treffen können

In dieser außenpolitisch heiklen Entscheidung des EuGH stellt das Gericht klar, dass Israel durch seine Siedlungen in besetzten Gebieten eine Umsiedlungspolitik verfolge, bei der Israel außerhalb seines Hoheitsgebietes unter Verstoß gegen humanitäres Völkerrecht agiere. Der Verbraucher müsse aber wissen, ob sein Lebensmittel aus einer Siedlung komme, die in einem dieser Gebiete unter Verstoß des Völkerrechtes errichtet worden ist, so die Entscheidung des EuGH.

Der EuGH betont, dass der Verbraucher in die Lage versetzt werden muss, die Wahl seiner Lebensmittel auch anhand ethischer Erwägungen treffen zu können. Daher sei hier eine umfassende Bereitstellung von Herkunftsinformationen erforderlich. 

 

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