Geltendmachung von Einzelforderungen nach Abschluss des Zugewinnausgleichverfahrens

Kredit und Bankgeschäfte
03.07.20091694 Mal gelesen

In seiner Entscheidung vom 12.11.2008, XII ZR 134/04, hat der BGH die Zulässigkeit der Geltendmachung einer Einzelforderung nach beendetem Zugewinnausgleich bejaht.

Sachverhalt
Die Parteien hatten seit 1986 getrennt gelebt, wurden allerdings erst im Jahr 2001 rechtskräftig geschieden. Anlässlich der Scheidung schlossen sie folgenden Vergleich:
 
  1. Es besteht Einigkeit darüber, dass Zugewinnausgleichsansprüche nicht bestehen.
  2. [.]
  3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass keinerlei gegenseitige Ansprüche mehr bestehen, soweit sie familienrechtlicher Art sind oder sich auf das Hausgrundstück in . beziehen.
Mit der im Jahr 2002 erhobenen Klage verlangt die Klägerin Rückzahlung eines im Juni 1987 (40.000,00 DM) und eines im Frühjahr 1989 (30.000,00 DM) gewährten Darlehens. Das LG hat der Klage stattgegeben, das KG hat sie abgewiesen. Der BGH hat das Urteil aufgehoben und die Sache an das KG zurückverwiesen.
 
Entscheidungsgründe
Die gesonderte Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen unter Ehegatten ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht durch den Vorrang des Güterrechts ausgeschlossen. Allerdings sind bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs sämtliche Ansprüche (auch zivilrechtliche Ansprüche der Ehegatten untereinander) zu berücksichtigen. Insofern kann bei richtiger Handhabung der güterrechtlichen Vorschriften das Ergebnis des Zugewinnausgleichs durch die gesonderte Geltendmachung einzelner Ansprüche regelmäßig nicht verfälscht werden.
 
Nicht gebilligt hat der BGH die Auffassung des KG, wonach nach einem rechtskräftig abgeschlossenen Zugewinnausgleichsverfahren (wie hier der Fall), in dem ein zivilrechtlicher Anspruch nicht berücksichtigt worden sei, dieser nicht mehr geltend gemacht werden könne, wenn dieser nachträglich das Ergebnis des Zugewinnausgleichs verfälschen würde.
 
Im vorliegenden Fall lasse die Formulierung des Vergleichs die nachträgliche Geltendmachung anderer als der darin genannten Ansprüche sogar ausdrücklich zu.
 
Darüber hinaus wäre zu prüfen gewesen, ob eine doppelte Inanspruchnahme des Schuldners vorliegt:
 
a) Hatten - ohne Berücksichtigung des Darlehens - die Klägerin ein um mindestens 70.000,00 DM unter ihrem Anfangsvermögen liegendes Endvermögen und der Beklagte kein sein Anfangsvermögen übersteigendes Endvermögen, so haben beide keinen Zugewinn erzielt, der auszugleichen wäre, und zwar auch dann nicht, wenn das Darlehen zutreffend als Aktiv- bzw. Passivposten im jeweiligen Endvermögen berücksichtigt worden wäre. Eine Doppelbelastung des Beklagten durch seine Inanspruchnahme auf Rückzahlung des Darlehens scheidet in diesem Fall aus.
 
b) Eine Doppelbelastung des Beklagten in voller Höhe des Darlehens läge hingegen - vorbehaltlich der Regelung des § 1378 Abs. 2 BGB - stets dann vor, wenn ohne Berücksichtigung des Darlehens das Endvermögen der Klägerin nicht unter ihrem Anfangsvermögen gelegen und das Endvermögen des Beklagten dessen Anfangsvermögen um mindestens 70.000,00 DM überstiegen hätte. Unabhängig davon, welche der Parteien der anderen danach ausgleichspflichtig gewesen wäre, hätte die Berücksichtigung des Darlehens dann nämlich dazu geführt, dass auf Seiten der Klägerin ein um diesen Betrag höherer, auf Seiten des Beklagten ein um diesen Betrag niedrigerer Zugewinn hätte zugrunde gelegt werden müssen. Im Zugewinnausgleich hätte der Beklagte dann zwangsläufig die Hälfte der Differenz von 140.000,00 DM (70.000,00 DM 70.000,00 DM) mehr erhalten oder aber weniger zahlen müssen, wäre also bei zutreffend durchgeführtem Zugewinnausgleich um exakt den Betrag entlastet worden, der der Darlehensforderung entsprach.
 
c) In allen anderen Fällen würde die Durchsetzung des Darlehensanspruchs nur teilweise zu einer Doppelbelastung des Beklagten führen, deren Ausmaß in Abhängigkeit vom jeweils erzielten Zugewinn zwischen den beiden vorstehenden Extremen schwanken kann.
 
Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen ist daher auch in Fällen, in denen das Zugewinnausgleichsverfahren bereits beendet ist, jedenfalls dann, wenn es durch Vergleich beendet wurde, im Rahmen der Entscheidung über eine Einzelforderung der vorliegenden Art rückblickend zu beurteilen, mit welchem Ergebnis das Zugewinnausgleichsverfahren bei zutreffender Berücksichtigung dieser Forderung geendet hätte.