Als Zertifikate bezeichnet man derivative Wertpapiere, welche börslich oder außerbörslich gehandelt werden. Ein Zertifikat ist ein Wertpapier in der Rechtsform einer Schuldverschreibung bzw. Anleihe (quasi eine Darlehen an eine Bank). Es ist eine Zweitverbriefung eines Basiswertes oder -papiers und zählt zu den Derivaten und den strukturierten Finanzprodukten. Es ermöglicht dem Inhaber die Partizipation an der Kursentwicklung des dem Zertifikat zugrunde liegenden Wertpapiers oder Finanzinstruments. Dieses "Underlying" oder Basisobjekt kann zum Beispiel eine Einzelaktie, ein Index, ein Aktienkorb oder eine bestimmte Menge eines Rohstoffs sein. Zertifikate sind zum Teil mit begrenzter, zum Teil mit unbegrenzter Laufzeit ausgestattet. Sie werfen keine laufenden Erträge wie Zinsen oder Dividenden ab, und ihr Rückkaufwert am Laufzeitende hängt von der Kursentwicklung des Underlying ab. Zertifikate haben in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung und Beachtung gewonnen. Gab es zunächst nur Zertifikate auf Indizes wie den DAX-30 oder einzelne Aktien, so hat der Erfindungsreichtum der Emittenten vor allem in den ersten Jahren nach dem Börseneinbruch des Jahres 2000 für eine kaum noch überschaubare Vielfalt gesorgt. Diese Vielfalt bezieht sich sowohl auf die Underlyings als auch auf die Konstruktionen der Zertifikate, die vielfach vom Optionsmarkt her bekannte Strategien in sich vereinen.
Es gibt Index-Zertifikate, Basket-Zertifikate, Tracker-Zertifikate, REIT-Zertifikate, Exchange Traded Commodities, Discount-Zertifikate, Bonus-Zertifikate, Hebel-Zertifikate (auch: Turbo- oder Knock-out-Zertifikate, Mini-Futures), Bandbreiten-Zertifikate (Sprint-Zertifikate), Airbag-Zertifikate (auch: R-Bag- oder Protector-Zertifikate), Outperformance-Zertifikate, Garantie-Zertifikate (auch: Kapitalschutz-Zertifikate), 10 Alpha-Zertifikate und Sport-Zertifikate.
Überwiegend Privatanleger investieren pro Jahr in Deutschland weit mehr als 100 Mrd. € in Zertifikate. Ende des Jahres 2008 werden es über 500.000 unterschiedliche Zertifikate in Deutschland geben. Dagegen nehmen sich die 75 unterschiedlichen Zertifikate der insolventen Lehman Brothers Inc. wie die Spitze eines Eisberges aus.
Rund 70% aller jährlich herausgegebenen Zertifikate werden außerbörslich gehandelt. Allein die Deutsche Bank, die Commerzbank und ABM Amro repräsentieren über 50% des börslichen Handels. Dabei halten rund 5 % der Deutschen Zertifikate und 12 % der Bankkunden fragen aktiv nach Zertifikaten.
Die Gemengelage der Rechtsbeziehungen ist dabei klar zwischen Emittent, Bank und Kunde zu unterscheiden. Dabei werden i.d.R. keine Einzelprospekte sondern Basisprospekte mit großem Umfang und Komplexität, Werbeprospekte mit dem Hinweis auf mangelnden Rechtsverbindlichkeit und Nachtragsprospekte verwendet. Es gibt keine klaren Vorgaben zum transparenten Prospektaufbau, zur Rückabwicklung von fehlerhaften Wertpapiergeschäften ("Mistrade"), zur Preisgestaltung und zu illegalen Schmiergeldern.
Hinsichtlich der Begrenzung des Bonitätsrisikos von Emittenten (Lehman - Zertifikate - Schäden) gibt es keinerlei Mindestanforderungen an das haftende Eigenkapital und der Einstufung durch Rating-Agenturen. Es gibt keinerlei Vorgaben zur Klassifizierung, womit die Vergleichbarkeit erheblich erschwert wird. Der Emittentenmarkt ist monopolistisch, ebenso erfolgt die Preisbildung sowie das Markte-Making. Es gibt keinerlei Leerverkaufsmöglichkeiten und unsichtbare Preisaufschläge, womit die Fairness der Preise allein von der Fairness des Anbieters abhängt. Im Ausgabepreis werden Kosten der Produkterstellung, transaktionskosten innerhalb des Basiswertes, Vertriebskosten sowie die Gewinnmarge versteckt. Die Intransparenzen setzten sich fort im Basiswert, im Rückzahlungsbetrag, bei den Einflussfaktoren sowie dem quotierten und dem marktgerechten Preis.
Die Regelwerke der Börsen begünstigen die Emittenten bei der Rückabwicklung fehlerhafter Wertpapiergeschäfte ("Mistrades"). Es gibt keine Quotierungspflicht der Emittenten sowie keinerlei Pflicht zur Verfügungstellung einer reibungslos funktionierenden Infrastruktur.
Der aktive Vertrieb der Zertifikate erfolgt über Banken und Finanzdienstleister. Der Bundesgerichtshof hatte jedoch in seinen beiden "Kickback"- Entscheidungen ( Kickback I, 19.12.2000 und II, 19.12.2006 ) Maßstäbe für die Aufklärungspflichten innerhalb von Vermögensverwalter- und Anlageberaterverträgen gesetzt, damit anleger- und anlagegerechte Investitionsentscheidungen ("Bond-Urteil" v. 6.07.1993) getroffen werden können. Im Grunde geht es dabei um die Offenlegung eines Interessenskonfliktes zwischen den Kundeninteressen und der des Vermögensverwalters oder Anlageberaters wegen bestehender Provisions- und Gebührenbeteiligungsvereinbarung für den Verkauf eines Zertifikates an den Kunden.
Erfolgte die Beratung nach dem Inkrafttreten der MiFID bzw. dem Umsetzungsgesetz (FRUG) nach dem 01.11.2007, so müssen dem Kunden in verständlicher Form angemessene Informationen über die vorgeschlagene Anlagestrategie zur Verfügung gestellt werden.
Für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen von Zertifikatekäufern z.Bsp. gg. Banken, Vermittler und Emittenten gelten kurze Verjährungsfristen der §§37a, 37b IV, 37 c IV WpHG sowie 46 BörsG.
Für weitere Fragen zur Durchsetzung von Schäden durch den Käufe von Zertifikaten steht der Unterzeichner gerne zur Verfügung.